EuGH, Urteil vom 11.09.2007 – C-17/06 – Céline
„Marken – Art. 5 Abs. 1 Buchst. a und Art. 6 Abs. 1 Buchst. a der Ersten Richtlinie 89/ 104/ EWG – Recht des Inhabers einer eingetragenen Marke, der Benutzung eines mit der Marke identischen Zeichens durch einen Dritten zu widersprechen – Benutzung des Zeichens als Gesellschaftsbezeichnung, Handelsname oder Firmenzeichen – Recht des Dritten, seinen Namen zu benutzen“
Leitsätze des Urteils
1. Rechtsangleichung – Marken – Richtlinie 89/104 – Recht des Inhabers einer Marke, sich der Benutzung eines identischen Zeichens für identische Waren durch einen Dritten zu widersetzen – Benutzung der Marke im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie – Begriff
(Richtlinie 89/104 des Rates, Art. 5 Abs. 1 Buchst. a)2. Rechtsangleichung – Marken – Richtlinie 89/104 – Recht des Inhabers einer Marke, sich der Benutzung eines identischen Zeichens für identische Waren durch einen Dritten zu widersetzen – Umfang
(Richtlinie 89/104 des Rates, Art. 5 Abs. 1 Buchst. a)3. Rechtsangleichung – Marken – Richtlinie 89/104 – Beschränkung der Wirkungen der Marke
(Richtlinie 89/104 des Rates, Art. 6 Abs. 1 Buchst. a)1. Die Benutzung einer Gesellschaftsbezeichnung, eines Handelsnamens oder eines Firmenzeichens, die mit einer älteren Marke identisch sind, durch einen dazu nicht berechtigten Dritten stellt eine „Benutzung für Waren oder Dienstleistungen“ dar, wenn sie zur Unterscheidung dieser Waren oder Dienstleistungen erfolgt.
Das ist der Fall, wenn ein Dritter das Zeichen, das seine Gesellschaftsbezeichnung, seinen Handelsnamen oder sein Firmenzeichen bildet, auf den Waren anbringt, die er vertreibt, oder wenn der Dritte das Zeichen, auch ohne es anzubringen, in der Weise benutzt, dass eine Verbindung zwischen dem Zeichen, das die Gesellschaftsbezeichnung, den Handelsnamen oder das Firmenzeichen des Dritten bildet, und den vom Dritten vertriebenen Waren oder den von ihm erbrachten Dienstleistungen hergestellt wird. Der genannte Begriff umfasst hingegen nicht die Benutzung nur zur näheren Bestimmung einer Gesellschaft oder zur Bezeichnung eines Geschäfts, weil eine solche Benutzung für sich genommen nicht den Zweck hat, Waren oder Dienstleistungen zu unterscheiden. Es ist Sache des nationalen Gerichts, zu prüfen, ob die Benutzung eines Zeichens eine Benutzung für Waren oder Dienstleistungen im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie ist.
(vgl. Randnrn. 20-24 und Tenor)2. Die Benutzung eines Zeichens, das mit einer Marke identisch ist, die für Waren oder Dienstleistungen eingetragen ist, die mit denjenigen identisch sind, für die diese Marke eingetragen ist, durch einen dazu nicht berechtigten Dritten kann gemäß Art. 5 Abs. 1 Buchst. a der Ersten Richtlinie 89/104 über die Marken nur verboten werden, wenn sie die Funktionen der Marke und insbesondere ihre Hauptfunktion, d. h. die Gewährleistung der Herkunft der Waren oder Dienstleistungen gegenüber den Verbrauchern, beeinträchtigt oder beeinträchtigen kann. Das ist der Fall, wenn das Zeichen von dem Dritten für seine Waren oder Dienstleistungen in der Weise benutzt wird, dass die Verbraucher es als Bezeichnung des Ursprungs der betreffenden Waren oder Dienstleistungen auffassen. Es ist Sache des nationalen Gerichts, zu prüfen, ob die Benutzung eines solchen Zeichens die Hauptfunktion der Marke beeinträchtigt oder beeinträchtigen kann.
(vgl. Randnrn. 26-28 und Tenor)3. Nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. a der Ersten Richtlinie 89/104 über die Marken gewährt die Marke ihrem Inhaber nicht das Recht, einem Dritten zu verbieten, seinen Namen und seine Anschrift im geschäftlichen Verkehr zu benutzen, sofern die Benutzung den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel entspricht. Es ist Sache des nationalen Gerichts, zu beurteilen, ob dieses Tatbestandsmerkmal erfüllt ist, wobei es berücksichtigen muss, inwieweit zum einen die Verwendung des eigenen Namens durch den Dritten von den beteiligten Verkehrskreisen oder zumindest einem erheblichen Teil dieser Kreise als Hinweis auf eine Verbindung zwischen den Waren oder Dienstleistungen des Dritten und dem Markeninhaber oder einer zur Benutzung der Marke befugten Person aufgefasst wird, und zum anderen, inwieweit der Dritte sich dessen hätte bewusst sein müssen. Hierbei ist ebenfalls zu berücksichtigen, ob es sich um eine Marke handelt, die in dem Mitgliedstaat, in dem sie eingetragen ist und in dem Maßnahmen zu ihrem Schutz beantragt werden, eine gewisse Bekanntheit genießt, die der Dritte beim Vertrieb seiner Waren oder Dienstleistungen ausnutzen könnte.
(vgl. Randnrn. 30, 34-35 und Tenor)
URTEIL DES GERICHTSHOFS (Große Kammer)
11. September 2007(*)
In der Rechtssache C?17/06
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Cour d’appel de Nancy (Frankreich) mit Entscheidung vom 9. Januar 2006, beim Gerichtshof eingegangen am 17. Januar 2006, in dem Verfahren
Céline SARL
gegen
Céline SA
erlässt
DER GERICHTSHOF (Große Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, der Kammerpräsidenten P. Jann, C. W. A. Timmermans, A. Rosas, K. Lenaerts und R. Schintgen sowie der Richter A. Tizzano, J. N. Cunha Rodrigues, A. Borg Barthet, M. Ileši? (Berichterstatter), J. Malenovský, J.?C. Bonichot und T. von Danwitz,
Generalanwältin: E. Sharpston,
Kanzler: M.-A. Gaudissart, Referatsleiter,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 7. November 2006,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
– der Céline SA, vertreten durch P. de Candé, avocat,
– der französischen Regierung, vertreten durch G. de Bergues und J.?C. Niollet als Bevollmächtigte,
– der italienischen Regierung, vertreten durch I. M. Braguglia als Bevollmächtigten im Beistand von S. Fiorentino, avvocato dello Stato,
– der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch V. Jackson als Bevollmächtigte im Beistand von M. Tappin, Barrister,
– der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch W. Wils als Bevollmächtigten,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwältin in der Sitzung vom 18. Januar 2007
folgendes
Urteil
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 5 Abs. 1 der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. 1989, L 40, S. 1, im Folgenden: Richtlinie).
2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Céline SA und der Céline SARL über die Benutzung der Gesellschaftsbezeichnung „Céline“ und des Firmenzeichens „Céline“ durch die Céline SARL.
Rechtlicher Rahmen
3 Art. 5 („Rechte aus der Marke“) der Richtlinie bestimmt in den Abs. 1, 3 und 5:
„(1) Die eingetragene Marke gewährt ihrem Inhaber ein ausschließliches Recht. Dieses Recht gestattet es dem Inhaber, Dritten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr
a) ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie eingetragen ist;
b) ein Zeichen zu benutzen, wenn wegen der Identität oder der Ähnlichkeit des Zeichens mit der Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die Marke und das Zeichen erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, die die Gefahr einschließt, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.
…
(3) Sind die Voraussetzungen der Absätze l und 2 erfüllt, so kann insbesondere verboten werden:
a) das Zeichen auf Waren oder deren Aufmachung anzubringen;
b) unter dem Zeichen Waren anzubieten, in den Verkehr zu bringen oder zu den genannten Zwecken zu besitzen oder unter dem Zeichen Dienstleistungen anzubieten oder zu erbringen;
c) Waren unter dem Zeichen einzuführen oder auszuführen;
d) das Zeichen in den Geschäftspapieren und in der Werbung zu benutzen.
…
(5) Die Absätze 1 bis 4 berühren nicht die in einem Mitgliedstaat geltenden Bestimmungen über den Schutz gegenüber der Verwendung eines Zeichens zu anderen Zwecken als der Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen, wenn die Benutzung dieses Zeichens die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.“
4 Art. 6 („Beschränkung der Wirkungen der Marke“) der Richtlinie sieht in Abs. 1 vor:
„Die Marke gewährt ihrem Inhaber nicht das Recht, einem Dritten zu verbieten,
a) seinen Namen oder seine Anschrift,
…
im geschäftlichen Verkehr zu benutzen, sofern die Benutzung den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel entspricht.“
Ausgangsverfahren und Vorlagefrage
5 Die Haupttätigkeit der Céline SA, die unter dieser Bezeichnung am 9. Juli 1928 gegründet wurde, besteht in der Kreation und im Vertrieb von Bekleidungsartikeln und Modeaccessoires.
6 Sie meldete am 19. April 1948 die Wortmarke CÉLINE an, deren Eintragung seitdem stets verlängert wurde, zuletzt am 6. März 1998, für alle Waren der Klassen 1 bis 42 im Sinne des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung, u. a. für „Bekleidung und Schuhe“.
7 Herr Grynfogel ließ sich am 25. September 1950 für die Führung eines Geschäfts für Konfektionskleidung für Herren und Damen unter dem Firmenzeichen „Céline“ ins Handels- und Gesellschaftsregister von Nancy eintragen.
8 Die Céline SARL erklärte, dass sie ihr Recht auf Benutzung des Firmenzeichens „Céline“ über die jeweiligen Inhaber des Geschäfts von Herrn Grynfogel ableite. Sie wurde am 31. Januar 1992 für die Führung eines Geschäfts für Prêt-à-porter, Unterwäsche, Konfektion, Pelzwaren, Bekleidung und verschiedene Accessoires unter diesem Firmenzeichen im Handels- und Gesellschaftsregister eingetragen.
9 Nachdem die Céline SA hiervon erfahren hatte, erhob sie Klage gegen die Céline SARL auf Unterlassung der Verletzungen der Marke CÉLINE und der wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen durch widerrechtliche Aneignung der Gesellschaftsbezeichnung „Céline“ und des Firmenzeichens „Céline“ sowie auf Schadensersatz.
10 Mit Urteil vom 27. Juni 2005 gab das Tribunal de grande instance de Nancy allen Anträgen der Céline SA statt und untersagte der Céline SARL jede Benutzung des Begriffs „Céline“, allein oder in Kombination, für welchen Zweck auch immer, gab ihr auf, ihre Gesellschaftsbezeichnung zu ändern und einen Begriff zu wählen, der nicht mit der älteren Marke CÉLINE sowie dem Firmenzeichen „Céline“ verwechselt werden konnte, und verurteilte sie zur Zahlung von Schadensersatz an die Céline SA in Höhe von 25 000 Euro.
11 Am 4. Juli 2005 legte die Céline SARL bei der Cour d’appel de Nancy Berufung gegen dieses Urteil ein und machte geltend, dass die Benutzung eines mit der älteren Marke identischen Zeichens als Gesellschaftsbezeichnung oder Firmenzeichen keine Markenverletzung darstelle, weil weder eine Gesellschaftsbezeichnung noch ein Firmenzeichen die Funktion hätten, Waren oder Dienstleistungen zu kennzeichnen, und es jedenfalls beim Publikum über die Herkunft der Waren nicht zu Verwechslungen kommen könne, da die Céline SA auf dem Markt für Luxusbekleidung und -accessoires exklusiv positioniert sei.
12 Die Cour d’appel de Nancy hat das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Ist Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie dahin auszulegen, dass die Übernahme einer eingetragenen Wortmarke durch einen dazu nicht berechtigten Dritten als Gesellschaftsbezeichnung, Handelsname oder Firmenzeichen für den Vertrieb identischer Waren eine Benutzung dieser Marke im geschäftlichen Verkehr darstellt, die der Inhaber aufgrund seines ausschließlichen Rechts unterbinden kann?
Zur Vorlagefrage
13 Mit seiner Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die Benutzung eines mit einer älteren Wortmarke identischen Zeichens als Gesellschaftsbezeichnung, Handelsname oder Firmenzeichen durch einen dazu nicht berechtigten Dritten für den Vertrieb von Waren, die mit denjenigen identisch sind, für die die Marke eingetragen wurde, eine Benutzung darstellt, die der Markeninhaber nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie unterbinden kann.
Zur Auslegung des Art. 5 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie
14 Nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie gewährt die eingetragene Marke ihrem Inhaber ein ausschließliches Recht. Nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie gestattet es dieses ausschließliche Recht dem Inhaber, Dritten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die die Marke eingetragen ist. Andere Bestimmungen der Richtlinie, wie z. B. Art. 6, legen bestimmte Beschränkungen der Wirkungen der Marke fest.
15 Um zu vermeiden, dass der dem Markeninhaber gewährte Schutz von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat anders ausfällt, ist es Sache des Gerichtshofs, Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie und insbesondere den dort verwendeten Begriff „benutzen“ einheitlich auszulegen (Urteile vom 12. November 2002, Arsenal Football Club, C?206/01, Slg. 2002, I?10273, Randnr. 45, und vom 25. Januar 2007, Adam Opel, C?48/05, Slg. 2007, I?0000, Randnr. 17).
16 Wie sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs (Urteile Arsenal Football Club, vom 16. November 2004, Anheuser-Busch, C?245/02, Slg. 2004, I?10989, und Adam Opel) ergibt, kann der Inhaber einer eingetragenen Marke die Benutzung eines mit seiner Marke identischen Zeichens durch einen Dritten gemäß Art. 5 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie nur verbieten, wenn die folgenden vier Voraussetzungen erfüllt sind:
– Die Benutzung muss im geschäftlichen Verkehr stattfinden;
– sie muss ohne die Zustimmung des Markeninhabers erfolgen;
– sie muss für Waren oder Dienstleistungen erfolgen, die mit denjenigen identisch sind, für die die Marke eingetragen wurde, und
– sie muss die Funktionen der Marke und insbesondere ihre Hauptfunktion, d. h. die Gewährleistung der Herkunft der Waren oder Dienstleistungen gegenüber den Verbrauchern, beeinträchtigen oder beeinträchtigen können.
17 Im Ausgangsverfahren steht fest, dass die Benutzung des mit der fraglichen Marke identischen Zeichens im Zusammenhang mit einer auf einen wirtschaftlichen Vorteil gerichteten kommerziellen Tätigkeit und nicht im privaten Bereich erfolgt. Das Zeichen wird also im geschäftlichen Verkehr benutzt (vgl. entsprechend Urteile Arsenal Football Club, Randnr. 40, und Adam Opel, Randnr. 18).
18 Es steht ebenfalls fest, dass dieses Zeichen ohne Zustimmung des Inhabers der im Ausgangsverfahren fraglichen Marke benutzt worden ist.
19 Die Céline SARL bestreitet hingegen, dass das mit der fraglichen Marke identische Zeichen „für Waren“ im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie benutzt werde.
20 Aus der Systematik des Art. 5 der Richtlinie ergibt sich, dass die Benutzung eines Zeichens für Waren oder Dienstleistungen im Sinne der Abs. 1 und 2 dieses Artikels eine Benutzung zur Unterscheidung dieser Waren oder Dienstleistungen ist, während Abs. 5 dieses Artikels die „Verwendung eines Zeichens zu anderen Zwecken als der Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen“ betrifft (Urteil vom 23. Februar 1999, BMW, C?63/97, Slg. 1999, I?905, Randnr. 38).
21 Eine Gesellschaftsbezeichnung, ein Handelsname oder ein Firmenzeichen hat für sich genommen nicht den Zweck, Waren oder Dienstleistungen zu unterscheiden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 21. November 2002, Robelco, C?23/01, Slg. 2002, I?10913, Randnr. 34, und Anheuser-Busch, Randnr. 64). Eine Gesellschaftsbezeichnung soll nämlich eine Gesellschaft näher bestimmen, während ein Handelsname oder ein Firmenzeichen dazu dient, ein Geschäft zu bezeichnen. Wird eine Gesellschaftsbezeichnung, ein Handelsname oder ein Firmenzeichen nur für die nähere Bestimmung einer Gesellschaft oder die Bezeichnung eines Geschäfts benutzt, kann diese Benutzung daher nicht als eine solche „für Waren oder Dienstleistungen“ im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie angesehen werden.
22 Hingegen liegt eine Benutzung „für Waren“ im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie vor, wenn ein Dritter das Zeichen, das seine Gesellschaftsbezeichnung, seinen Handelsnamen oder sein Firmenzeichen bildet, auf den Waren anbringt, die er vertreibt (vgl. in diesem Sinne Urteile Arsenal Football Club, Randnr. 41, und Adam Opel, Randnr. 20).
23 Zudem liegt auch ohne Anbringung eine Benutzung „für Waren oder Dienstleistungen“ im Sinne dieser Bestimmung vor, wenn der Dritte das Zeichen in der Weise benutzt, dass eine Verbindung zwischen dem Zeichen, das die Gesellschaftsbezeichnung, den Handelsnamen oder das Firmenzeichen des Dritten bildet, und den vom Dritten vertriebenen Waren oder den von ihm erbrachten Dienstleistungen hergestellt wird.
24 Im Ausgangsverfahren ist es Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob die Benutzung des Zeichens „Céline“ durch die Céline SARL eine Benutzung für diese Waren im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie ist.
25 Schließlich trägt die Céline SARL vor, dass es beim Publikum hinsichtlich der Herkunft der betreffenden Waren nicht zu Verwechslungen kommen könne.
26 Wie in Randnr. 16 des vorliegenden Urteils ausgeführt, kann die Benutzung eines Zeichens, das mit einer Marke identisch ist, die für Waren oder Dienstleistungen eingetragen ist, die mit denjenigen identisch sind, für die diese Marke eingetragen ist, durch einen dazu nicht berechtigten Dritten gemäß Art. 5 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie nur verboten werden, wenn sie die Funktionen der Marke und insbesondere ihre Hauptfunktion, d. h. die Gewährleistung der Herkunft der Waren oder Dienstleistungen gegenüber den Verbrauchern, beeinträchtigt oder beeinträchtigen kann.
27 Das ist der Fall, wenn das Zeichen von dem Dritten für seine Waren oder Dienstleistungen in der Weise benutzt wird, dass die Verbraucher es als Bezeichnung des Ursprungs der betreffenden Waren oder Dienstleistungen auffassen. In einem solchen Fall kann die Benutzung dieses Zeichens nämlich die Hauptfunktion der Marke gefährden, weil die Marke, damit sie ihre Aufgabe als wesentlicher Bestandteil des Systems eines unverfälschten Wettbewerbs, das der EG?Vertrag errichten und erhalten will, erfüllen kann, die Gewähr bieten muss, dass alle Waren oder Dienstleistungen, die sie kennzeichnet, unter der Kontrolle eines einzigen Unternehmens hergestellt oder erbracht worden sind, das für ihre Qualität verantwortlich gemacht werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil Arsenal Football Club, Randnr. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung sowie Randnrn. 56 bis 59).
28 Im Ausgangsverfahren ist es Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob die Benutzung des Zeichens „Céline“ durch die Céline SARL die Funktionen der Marke CÉLINE und insbesondere ihre Hauptfunktion beeinträchtigt oder beeinträchtigen kann.
Zur Auslegung des Art. 6 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie
29 Nach ständiger Rechtsprechung hat der Gerichtshof dem vorlegenden Gericht, unabhängig davon, worauf dieses bei der Darlegung seiner Fragen Bezug genommen hat, alle Hinweise zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts zu geben, die dem vorlegenden Gericht bei der Entscheidung des bei ihm anhängigen Verfahrens von Nutzen sein können (Urteil Adam Opel, Randnr. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).
30 Insoweit ist daran zu erinnern, dass nach Art. 6 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie die Marke ihrem Inhaber nicht das Recht gewährt, einem Dritten zu verbieten, seinen Namen und seine Anschrift im geschäftlichen Verkehr zu benutzen, sofern die Benutzung den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel entspricht.
31 Der Gerichtshof hat entschieden, dass diese Bestimmung nicht auf die Namen natürlicher Personen beschränkt ist (Urteil Anheuser-Busch, Randnrn. 77 bis 80).
32 Für den Fall, dass das vorlegende Gericht zu dem Schluss kommt, dass die Céline SA die Benutzung des Zeichens „Céline“ durch die Céline SARL gemäß Art. 5 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie verbieten kann, und um diesem Gericht zu ermöglichen, den bei ihm anhängigen Rechtsstreit zu entscheiden, ist daher zu prüfen, ob in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens Art. 6 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie den Markeninhaber daran hindert, einem Dritten zu verbieten, ein mit seiner Marke identisches Zeichen als Gesellschaftsbezeichnung oder Handelsname zu benutzen.
33 Der Gerichtshof hat festgestellt, dass das Tatbestandsmerkmal der „den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe oder Handel“ entsprechenden Benutzung, wie es in Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie enthalten ist, der Sache nach der Pflicht entspricht, den berechtigten Interessen des Markeninhabers nicht in unlauterer Weise zuwider zu handeln (Urteil Anheuser-Busch, Randnr. 82).
34 Bei der Beurteilung, ob das Tatbestandsmerkmal der den anständigen Gepflogenheiten entsprechenden Benutzung erfüllt ist, ist zu berücksichtigen, inwieweit zum einen die Verwendung des eigenen Namens durch den Dritten von den beteiligten Verkehrskreisen oder zumindest einem erheblichen Teil dieser Kreise als Hinweis auf eine Verbindung zwischen den Waren oder Dienstleistungen des Dritten und dem Markeninhaber oder einer zur Benutzung der Marke befugten Person aufgefasst wird, und zum anderen, inwieweit der Dritte sich dessen hätte bewusst sein müssen. Hierbei ist ebenfalls zu berücksichtigen, ob es sich um eine Marke handelt, die in dem Mitgliedstaat, in dem sie eingetragen ist und in dem Maßnahmen zu ihrem Schutz beantragt werden, eine gewisse Bekanntheit genießt, die der Dritte beim Vertrieb seiner Waren oder Dienstleistungen ausnutzen könnte (Urteil Anheuser-Busch, Randnr. 83).
35 Das vorlegende Gericht wird eine Gesamtwürdigung aller im Ausgangsverfahren relevanten Umstände vornehmen müssen, um konkret beurteilen zu können, ob der Céline SARL unlauterer Wettbewerb gegenüber der Céline SA vorgeworfen werden kann (vgl. in diesem Sinne Urteil Anheuser-Busch, Randnr. 84).
36 Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass die Benutzung einer Gesellschaftsbezeichnung, eines Handelsnamens oder eines Firmenzeichens, die mit einer älteren Marke identisch sind, durch einen dazu nicht berechtigten Dritten für den Vertrieb von Waren, die mit denjenigen identisch sind, für die die Marke eingetragen wurde, eine Benutzung darstellt, die der Markeninhaber nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie verbieten darf, wenn es sich um eine Benutzung für Waren handelt, die die Funktionen der Marke beeinträchtigt oder beeinträchtigen kann.
Ist dies der Fall, steht Art. 6 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie einem solchen Verbot nur entgegen, wenn die Benutzung der eigenen Gesellschaftsbezeichnung oder des eigenen Handelsnamens durch den Dritten den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel entspricht.
Kosten
37 Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt:
Die Benutzung einer Gesellschaftsbezeichnung, eines Handelsnamens oder eines Firmenzeichens, die mit einer älteren Marke identisch sind, durch einen dazu nicht berechtigten Dritten für den Vertrieb von Waren, die mit denjenigen identisch sind, für die die Marke eingetragen wurde, stellt eine Benutzung dar, die der Markeninhaber nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. a der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken verbieten darf, wenn es sich um eine Benutzung für Waren handelt, die die Funktionen der Marke beeinträchtigt oder beeinträchtigen kann.
Ist dies der Fall, steht Art. 6 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 89/104 einem solchen Verbot nur entgegen, wenn die Benutzung der eigenen Gesellschaftsbezeichnung oder des eigenen Handelsnamens durch den Dritten den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel entspricht.
(Unterschriften)
* Verfahrenssprache: Französisch.
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