BPatG: Markenanmeldung „Klassik4Kids“ für Tonträger und Veranstaltungen mangels Unterscheidungskraft nicht eintragungsfähig Beschluss vom 13.07.2010 – 27 W (pat) 188/09

Der Markenanmeldung „Klassik4Kids“ für Waren und Dienstleistungen mit Bezug zu klassischer Literatur oder Musik fehlt jegliche Unterscheidungskraft mit der Folge, dass das angemeldete Zeichen nicht als Marke verstanden wird. Die Anmeldemarke besteht aus dem allgemein geläufigen Wort „Klassik“, dem allgemeinen, insbesondere auch in der Werbung gebräuchlichen Ziffernkürzel „4“ für „for“ und dem als sog. Lehnwort in den deutschen Sprachgebrauch eingegangenen ursprünglich englischsprachigen Begriff „Kids“, der mit „Kinder“ übersetzt wird. Die angesprochenen Verkehrskreise werden die Bezeichnung ohne Schwierigkeiten im Sinne von „Klassik für Kinder“ verstehen. In Bezug auf sämtliche beanspruchten Waren und Dienstleistungen, die ausnahmslos einen Bezug zur Klassik haben können, liegt somit ein Hinweis auf das Thema und die Zielgruppe der beanspruchten Waren und Dienstleistungen vor (ebenso 27 W (pat) 85/09 – fashion 4 EVA), den die angesprochenen Verbraucher auch nicht wegen seiner Kombination aus den Wörtern mit der 4 für „for“ als Herkunftshinweis verstehen.

BPatG, Beschluss vom 13.07.2010 – 27 W (pat) 188/09Klassik4Kids
§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG

B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 307 23 189.5

hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 13. Juli 2010 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, Richter Schwarz und
Richter Kruppa

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.
Die Wortmarke

Klassik4Kids

ist am 5. April 2007 für Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16 und 41, nämlich für

„Tonträger; Compact-Disks (Ton, Bild); Compact-Disks (ROM, Festspeicher); Schallplatten; DVDs; Magnetaufzeichnungen, Druckereierzeugnisse; Konzertprogramme; Booklets; Bücher; Kalender; Kataloge; Prospekte; Tickets; Zeitschriften; Zeitschriften (Magazine); Zeitungen; kulturelle Aktivitäten; Konzertaufführungen; Veranstaltung von Ausstellungen für kulturelle und Unterrichtszwecke; Rundfunkunterhaltung; Produktion von Shows; Organisation und Veranstaltung von Konzerten; Organisation und Durchführung von kulturellen Veranstaltungen; Komponieren von Musik; Eintrittskartenvorverkauf (Unterhaltung); Durchführung von Live-Veranstaltungen“

zur Eintragung in das Markenregister angemeldet worden.

Die mit einer Beamtin des höheren Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluss vom 7. April 2009 wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Bei der Wortzusammensetzung „Klassik4Kids“ liege ein beschreibender Hinweis dahingehend vor, dass es sich um Waren und Dienstleistungen handle, die klassische
Literatur oder Musik Kindern nahebringen sollten. Es liege also ein beschreibender Hinweis auf das Thema und die Zielgruppe der beanspruchten Waren und Dienstleistungen vor. Bei den hier angesprochenen Verkehrskreisen handle es sich überwiegend um breite Verkehrskreise, die die Wortkombination ohne Weiteres verstünden. „4“ werde auch häufig für das englische „for“ verwendet, was dementsprechend dem deutschen Wort „für“ klanglich sehr ähnlich sei und „Kids“ für „Kinder“ sei bereits in die deutsche Sprache eingegangen. Somit sei der angemeldete Markenbegriff auch ohne weitergehende
Englischkenntnisse unmittelbar verständlich. Dem Beschluss beigefügt sind mehrere Internetausdrucke, die eine Verwendung von „4Kids“ belegen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der

sie beantragt,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 7. April 2009 aufzuheben und die angemeldete Marke einzutragen.

Die Anmelderin hält die Bezeichnung „Klassik4Kids“ für unterscheidungskräftig, da es sich hierbei um eine lexikalisch nicht nachweisbare Bezeichnung handle. Entgegen den Ausführungen in dem angegriffenen Beschluss werde die Verwendung dieser Bezeichnung auch nicht durch die dem Beschluss beigefügten Internetausdrucke belegt. Der Beschluss habe nicht berücksichtigt, dass sich die Anmelderin die Marken „Klassik für Kids Justus Frantz“ und „Klassik4Kids Justus Frantz“ habe eintragen lassen. Die Unterscheidungskraft der Marke ergebe sich auch aus der Mehrdeutigkeit des Begriffs „Klassik“, der über den Bereich von Literatur und Musik hinaus noch eine Vielzahl von möglichen Bedeutungen habe. Die Anmelderin verweist schließlich auch noch auf die vom Deutschen Patent- und Markenamt eingetragene Marke „Doc 4 Kids“.

II.
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Markenstelle hat zu Recht angenommen, dass der angemeldeten Marke das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft entgegensteht (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

Unterscheidungskraft im Sinne der genannten Vorschrift ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen. Die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (st. Rspr.; EuGH GRUR Int. 2005, 1012, Rdn. 27 ff. – BioID; GRUR 2006, 850 – FUSSBALL WM 2006). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft ist die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrs-
kreise, wobei auf die Sicht des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers abzustellen ist (EuGH GRUR 2004, 943, 944, Rdn. 24 – SAT 2). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass die Verbraucher ein als Marke verwendetes Zeichen in der Regel so aufnehmen, wie es ihnen entgegentritt, ohne es einer näheren analysierenden Betrachtungsweise zu
unterziehen (EuGH GRUR 2004, 428, 431, Rdn. 53 – Henkel). Enthält eine Bezeichnung einen Begriffsinhalt, der für die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird, ist ihr die Eintragung als Marke wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft zu versagen, wenn es sich um Angaben handelt, welche die Verbraucher als übliche Begriffe, aber nicht als Unterscheidungsmittel verstehen (BGH GRUR 2005, 417, 418 – BerlinCard). Dies gilt auch für fremdsprachige Bezeichnungen, die aus gängigen Ausdrücken einer Welthandelssprache oder der einschlägigen Fach- sprache gebildet sind (Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 8 Rdn. 109).

Nach diesen Grundsätzen fehlt der angemeldeten Marke „Klassik4Kids“ für die beschwerdegegenständlichen Waren und Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft, da sie bezüglich dieser Waren und Dienstleistungen einen ohne Weiteres erkennbaren Begriffsinhalt aufweist, der dazu führt, dass das angemeldete Zeichen nicht als Marke verstanden wird. Die Anmeldemarke besteht aus dem allgemein geläufigen Wort „Klassik“, dem allgemeinen, insbesondere auch in der Werbung gebräuchlichen Ziffernkürzel „4“ für „for“ und dem als sog. Lehnwort in den deutschen Sprachgebrauch eingegangenen ursprünglich englischsprachigen Begriff „Kids“, der mit „Kinder“ übersetzt wird.

Die angesprochenen Verkehrskreise werden die Bezeichnung ohne Schwierigkeiten im Sinne von „Klassik für Kinder“ verstehen. In Bezug auf sämtliche beanspruchten Waren und Dienstleistungen, die ausnahmslos einen Bezug zur Klassik haben können, liegt somit ein Hinweis auf das Thema und die Zielgruppe der beanspruchten Waren und Dienstleistungen vor (ebenso 27 W (pat) 85/09 – fashion 4 EVA), den die angesprochenen Verbraucher auch nicht wegen seiner Kombination aus den Wörtern mit der 4 für „for“ als Herkunftshinweis verstehen.

Ob der Gesamtbegriff „Klassik4Kids“ lexikalisch nachweisbar ist oder gar bereits im vorgenannten Sinne verwendet wird, ist für die Beurteilung der Unterscheidungskraft ohne jede Bedeutung (vgl. EuGH GRUR 2004, 146, Rdn. 32 – DOUBLEMINT). Entgegen der Auffassung der Anmelderin begründet auch der Umstand, dass das Wort „Klassik“ mehrere Bedeutungen hat, keine Unterscheidungskraft. Im Rahmen der Beurteilung der Schutzfähigkeit einer Marke nach § 8 Abs. 2 MarkenG ist nämlich stets zu fragen, welchen Sinngehalt diese in Bezug zu den konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen aufweist.

Dass die Anmelderin die Marke mit Zustimmung des angeblichen Erfinders der angemeldeten Bezeichnung angemeldet hat, spielt für die Beurteilung der markenrechtlichen Unterscheidungskraft keine Rolle, da diese grundsätzlich unabhängig von der Person des Anmelders zu erfolgen hat (BGH GRUR 2006, 503 – Casino Bremen).

Aus der Schutzgewährung für andere, vermeintlich ähnlich gebildete deutsche Marken vermag die Anmelderin keinen Anspruch auf Eintragung abzuleiten. Voreintragungen – selbst identischer Marken – führen weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen, welche über die Eintragung zu befinden haben (BGH BlPMZ 1998, 248 – Today). Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke stellt keine Ermessens-, sondern eine Rechtsfrage dar. Im Recht der Europäischen Gemeinschaft (Markenrichtlinie, GMV) gilt nichts Abweichendes,
wie der Europäische Gerichtshof in den letzten Jahren mehrfach festgestellt hat (vgl. MarkenR 2009, 201 – Schwabenpost; GRUR 2004, 674 – Postkantoor; GRUR 2004, 428 – Henkel).

Ob der Eintragung zusätzlich das Schutzhindernis der Merkmalsbezeichnung gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht, kann als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben.

Unterschriften

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Die Kanzlei Breuer Lehmann Rechtsanwälte ist auf Markenrecht spezialisiert. Gerne stehen wir Ihnen als Ansprechpartner zu Markenschutz, Markenanmeldung und Abmahnungen zur Verfügung. Sie erreichen uns telefonisch unter 089 666 610 89 oder per E-Mail an info@breuerlehmann.de.

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