BPatG: Keine Verwechslungsgefahr zwischen den Marken „WELT“ und „WEST“ für Filterzigaretten

Zwischen den beiderseitigen Marken „WELT“ und „WEST“ besteht nach der Überzeugung des Senats in seiner jetzigen, gegenüber der Beschlussfassung vom 25. Januar 2006 geänderten Besetzung keine Verwechslungsgefahr i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.

Angesichts der rückläufigen Marktanteile der unter der Widerspruchsmarke vertriebenen Filterzigaretten sowie des seit dem Dezember 2006 gültigen Werbeverbots für Tabakwaren verfügen auch die vom Senat selbst ermittelten in den Jahren 1999 bzw. 2006 gehaltenen Marktanteile jedenfalls für den Entscheidungszeitpunkt über keine ausreichende Aussagekraft, was den Grad der Bekanntheit der Widerspruchsmarke bei den beteiligten Verkehrskreisen betrifft.

Bei den Wörtern „WELT“ und „WEST“ ist nicht zu befürchten, dass sich der Verkehr bei diesen verhört oder verliest, weil sowohl die Konturen als auch die Aussprache der beiden abweichenden Buchstaben „L“ und „S“ sich so deutlich unterscheiden und im kurzen Gesamtbild noch so deutlich in Erscheinung treten, dass diese Unterschiede bei den zwei jeweils aus nur vier Buchstaben bestehenden, einsilbigen Wörtern nicht unbemerkt bleiben werden.

BPatG, Beschluss vom 13.05.2009 – 26 W (pat) 324/03WELT ./. WEST II
§ 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG

B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache

betreffend die IR-Marke 730 038

hat der 26. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 13. Mai 2009 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Fuchs-Wissemann, den Richter Reker und den Richter Lehner

beschlossen:

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

G r ü n d e

I
Gegen die Schutzbewilligung für die IR-Marke 730 038

WELT

für die Waren „Cigarettes et autres articles de tabac“ in der Bundesrepublik Deutschland ist Widerspruch erhoben worden aus der auf Grund von Verkehrsdurchsetzung für die Ware „Filterzigaretten“ eingetragenen Marke 1 152 164

WEST.

Die Markenstelle hat den Widerspruch sowie die Erinnerung der Widersprechenden zurückgewiesen, weil zwischen der ihrer Ansicht nach durchschnittlich kennzeicnungskräftigen Widerspruchsmarke und der angegriffenen Marke trotz teilweiser Identität der Waren nicht die Gefahr von Verwechslungen i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG bestehe. Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Widersprechende habe zwar eine durch umfangreiche Benutzung erworbene erhöhte Kennzeichnungskraft ihrer Marke geltend gemacht. Diese habe jedoch nicht berücksichtigt werden können, weil die Markeninhaberin eine nachträgliche Steigerung der Kennzeichnungskraft bestritten habe und diese deshalb nicht „liquide“ sei. Bei den beiderseitigen Marken handele es sich um kurze und überschaubare Wörter, bei denen schon geringe Abweichungen Verwechslungen ausschlössen. Die Unterschiede in den Konsonanten „S“ und „L“ führten angesichts der geringen Wortlängen zu deutlich verschiedenen Schrift- und Klangbildern. Zudem wiesen beide Marken jeweils einen sofort erfassbaren, unterschiedlichen Begriffsgehalt auf, der die Gefahr von Verwechslungen weiter reduziere.

Auf die hiergegen erhobene Beschwerde der Widersprechenden hat der Senat mit Beschluss vom 25. Januar 2006 die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle aufgehoben und der angegriffenen Marke wegen des Widerspruchs den Schutz in der Bundesrepublik Deutschland verweigert.

Auf die Rechtsbeschwerde der Markeninhaberin hat der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs den Senatsbeschluss mit Beschluss vom 1. März 2007 aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückverwiesen, weil nicht ausgeschlossen werden könne, dass die Entscheidung des Bundespatentgerichts auf einer Verletzung des rechtlichen Gehörs der Markeninhaberin beruhe (Art. 103 Abs. 1 GG).

Die Widersprechende, auf deren Hilfsantrag hin der Senat nach der Zurückverweisung der Sache zur mündlichen Verhandlung geladen hat, hat mitgeteilt, dass sie den Termin zur mündlichen Verhandlung nicht wahrnehmen werde, und zugleich um Entscheidung nach Aktenlage gebeten.

Sie ist der Auffassung, der Senat habe in seinem Beschluss vom 25. Januar 2006 zu Recht die Gefahr von Verwechslungen bejaht. Die beiderseitigen Waren seien identisch bzw. hochgradig ähnlich. Die Widerspruchsmarke weise eine deutlich überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft auf. Sie gehöre zu den bekanntesten Marken im Tabakbereich. In einzelnen Segmenten, z. B. bei Tobacco Rolls und bei Feinschnitt, sei sie sogar seit Jahren der Marktführer. Nicht nur durch den Vertrieb und die Bewerbung von Tabakprodukten, sondern auch durch die langjährige Sponsortätigkeit im Bereich der Formel 1 habe die Marke einen erhöhten Bekanntheitsgrad erreicht. Zur Glaubhaftmachung der behaupteten gesteigerten Kennzeichnungskraft ihrer Marke hat die Widersprechende eidesstattliche Versicherungen vorgelegt, die u. a. Angaben zu den unter der Widerspruchsmarke mit Filterzigaretten in den Jahren 1994 bis 2007 erzielten Umsätzen sowie zu den Marktanteilen der Widerspruchsmarke in diesen Jahren enthalten. Sie hat weiterhin u. a. Beispiele aus der Werbung für die Widerspruchsmarke, Muster von mit der Widerspruchsmarke versehenen Zigarettenpackungen sowie Rechnungskopien vorgelegt. Im Übrigen vertritt sie die Ansicht, dass die Bekanntheit der Widerspruchsmarke amts-und gerichtsbekannt sei. Die beiderseitigen Marken wiesen eine erhebliche schriftbildliche und klangliche Ähnlichkeit auf, da sie in drei von vier Buchstaben übereinstimmten, wobei die erfahrungsgemäß am stärksten beachteten Wortanfänge identisch seien und sich die einzige Abweichung nur an wenig auffälliger Stelle, nämlich in der Mitte der Markenwörter befinde. Angesichts des nur geringen phonetischen Unterschieds der Markenwörter sei ein Verhören bei ungünstigen Übermittlungsbedingungen nicht auszuschließen. Auch der unterschiedliche Sinngehalt der Markenwörter könne angesichts der Gefahr eines Verhörens bei mündlichen Bestellungen nicht entscheidend zur Verminderung der Verwechslungsgefahr beitragen.

Die Widersprechende beantragt sinngemäß,

die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben und der IR-Marke 730 038 wegen des Widerspruchs aus der Marke 1 152 164 den Schutz in der Bundesrepublik Deutschland zu verweigern.

Die Markeninhaberin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hält die Beschlüsse der Markenstelle in der Sache für zutreffend. Zwischen den Marken bestehe keine Verwechslungsgefahr. Die Kennzeichnungskraft der von Haus aus rein beschreibenden, nur auf Grund von Verkehrsdurchsetzung eingetragenen Widerspruchsmarke sei zum Zeitpunkt ihrer Eintragung nur durchschnittlich gewesen, weil im Wege der Verkehrsdurchsetzung eingetragenen Marken nach ständiger Rechtsprechung des BGH im Regelfall zunächst nur eine normale Kennzeichnungskraft zukomme. Eine weitere Steigerung der Kennzeichnungskraft nach dem Eintragungstag sei durch die von der Widersprechenden vorgelegten Unterlagen nicht nachgewiesen und werde bestritten. Auf Grund des ständigen Rückgangs der Absätze von Zigaretten und des Werbeverbots für Tabakwaren müsse vielmehr gefolgert werden, dass die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke seit ihrer Eintragung bis zur Registrierung der angegriffenen Marke und auch in der Folgezeit eher geringer geworden sei. Hiervon ausgehend bestehe zwischen den beiderseitigen Marken auch bei einer Benutzung für identische Waren keine die Gefahr von Verwechslungen begründende Ähnlichkeit. Die Markenwörter „WELT“ und „WEST“ hätten jeweils einen dem deutschen Verkehr bekannten, sehr unterschiedlichen Begriffsgehalt, der eventuelle klangliche und schriftbildliche Ähnlichkeiten maßgeblich reduziere. Zudem handele es sich bei beiden Marken um kurze, einsilbige Wörter, bei denen schon geringe Abweichungen eine Verwechslungsgefahr ausschließen könnten.

Die Unterschiede zwischen den in den beiderseitigen Marken enthaltenen abweichenden Konsonanten „L“ und „S“ seien sowohl klanglich als auch schriftbildlich so deutlich, dass ein Verlesen oder ein Verhören nicht befürchtet werden müsse.

II
Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist unbegründet. Zwischen den beiderseitigen Marken besteht nach der Überzeugung des Senats in seiner jetzigen, gegenüber der Beschlussfassung vom 25. Januar 2006 geänderten Besetzung keine Verwechslungsgefahr i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.

Die Gefahr von Verwechslungen im Sinne der vorstehend genannten Bestimmung ist unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (EuGH GRUR 1998, 387 – Sabèl/Puma). Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke. Im Einzelfall kann ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren bzw. eine erhöhte Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke ausgeglichen werden und umgekehrt (EuGH GRUR 1998, 922, 923 – Canon).

Auch unter Berücksichtigung dieser Wechselwirkung zwischen den einzelnen Faktoren besteht zwischen den beiderseitigen Marken nicht die Gefahr von Verwechslungen i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.

Zwar ist – was auch die Markeninhaberin nicht in Abrede stellt – für die Prüfung der Verwechslungsgefahr von einer teilweisen Identität der beiderseitigen Waren auszugehen, weil die Ware „Cigarettes“, für die die Widerspruchsmarke um Schutz nachsucht, auch Filterzigaretten umfasst, für die die Widerspruchsmarke eingetragen ist. Auch im Übrigen besteht zwischen Filterzigaretten und den übrigen Tabakprodukten eine hochgradige Warenähnlichkeit. Dies erfordert einen deutlichen Abstand der Marken, um eine Verwechslungsgefahr verneinen zu können. Den insoweit erforderlichen Abstand hält die angegriffene Marke gegenüber der Widerspruchsmarke ein, bei der aus den nachstehend dargelegten Gründen zu Gunsten der Widersprechenden nur eine allenfalls leicht erhöhte Kennzeichnungskraft unterstellt werden kann, sofern überhaupt trotz des Bestreitens einer erhöhten Kennzeichnungskraft deren Prüfung veranlasst ist (vgl. BPatG GRUR 1997, 840 – Lindora/Linola)

Aus dem Umstand, dass eine von Haus aus schutzunfähige Marke auf Grund festgestellter Verkehrsdurchsetzung eingetragen worden ist, folgt zunächst nur, dass sie die Schutzhindernisse des § 8 Abs. 2 Nr. 1 – 3 MarkenG überwunden hat und damit im Zeitpunkt ihrer Eintragung in der Regel eine normale Kennzeichnungskraft besitzt (BGH GRUR 2003, 1040, 1043 – Kinder; GRUR 2007, 1071, 1072 – Kinder II; GRUR 2008, 719, 722 – idw Informationsdienst Wissenschaft). Um von einer weiteren Steigerung der Kennzeichnungskraft ausgehen zu können, muss ein nahezu einhelliger Zuordnungsgrad nachgewiesen werden (BGH a. a. O. – Kinder: 48,5% nicht ausreichend; a. a. O. – Kinder II : 61,3% nicht ausreichend). Einen solchen nahezu einhelligen Zuordnungsgrad wies die Widerspruchsmarke zum Zeitpunkt ihrer Eintragung nicht auf, wie sich aus dem zum Nachweis der Verkehrsdurchsetzung eingereichten Gutachten der GFM Gesellschaft für Marktforschung ergibt, das für das Jahr 1983 einen Zuordnungsgrad von (nur) 48% ausweist.

Liegt der Nachweis der Verkehrsdurchsetzung -wie im Fall der im Jahre 1990 eingetragenen Widerspruchsmarke – bereits längere Zeit zurück, ist bei der Geltendmachung von Rechten aus dieser Marke im Einzelfall ferner zu prüfen, ob sich deren Kennzeichnungskraft nach der Eintragung bis zum maßgeblichen Zeitpunkt verringert oder erhöht hat. Maßgeblich ist insoweit sowohl der Prioritätszeitpunkt der jüngeren Marke als auch der Zeitpunkt der Entscheidung über den Widerspruch. Eine gesteigerte Kennzeichnungskraft muss also schon im Prioritätszeitpunkt der jüngeren Marke vorgelegen haben und auch im Entscheidungszeitpunkt noch fortbestehen (BGH GRUR 2008, 903, 904, Nr. 14 -SIERRA ANTIGUO). Für die Zuerkennung einer nachträglich weiter erhöhten Kennzeichnungskraft und damit eines erweiterten Schutzumfangs ist eine durch intensive und nicht nur kurzfristige Benutzung entstandene gesteigerte Verkehrsbekanntheit erforderlich, zu deren Feststellung alle relevanten Umstände heranzuziehen sind. Dazu zählen insbesondere der von der Marke gehaltene Marktanteil, die Intensität, geografische Verbreitung und Dauer der Markenverwendung, die dafür aufgewendeten Werbemittel und die dadurch erreichte Bekanntheit in den jeweiligen Verkehrskreisen. Diese Bekanntheit kann nicht ohne weiteres allein aus den erzielten Umsätzen hergeleitet werden, weil selbst umsatzstarke Marken wenig bekannt sein können. Insoweit lassen nur objektive Statistiken oder demoskopische Befragungen sowie Angaben über Werbeaufwendungen zuverlässige Schlüsse auf die Verkehrsbekanntheit einer Marke zu (BGH a. a. O – Kinder; GRUR 2002, 544, 547 -BANK 24).

Die von der Widersprechenden glaubhaft gemachten, im Inland unter der Widerspruchsmarke mit Filterzigaretten erzielten Umsätze lassen für sich genommen somit noch keinen Schluss auf eine weitere Erhöhung der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke bis zum Prioritätstag der jüngeren Marke und darüber hinaus bis zur Entscheidung über den Widerspruch zu. Die ergänzenden Angaben der Widersprechenden zu den Marktanteilen, die sie mit der Widerspruchsmarke in dem Marktsegment der Filterzigaretten in den Jahren 1994 bis 2007 gehalten hat, lassen zwar einen Schluss dahingehend zu, dass die Widerspruchsmarke über einen längeren Zeitraum eine nicht ganz unbeträchtliche Marktstellung innegehabt hat. Sie lassen jedoch zugleich erkennen, dass die Bedeutung der Widerspruchsmarke seit dem Jahre 2000 ständig abgenommen hat, wie sich aus einer Verringerung des Marktanteils um rund 25% bis zum Jahre 2007 ergibt. Bei dieser sich aus dem eigenen Vortrag der Widersprechenden ergebenden Sachlage hätte es angesichts des substantiellen Bestreitens der Markeninhaberin zum Nachweis einer deutlichen Steigerung der Bekanntheit und damit der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke der Vorlage weiterer Unterlagen, wie z. B. demoskopischer Befragungen zur Bekanntheit der Widerspruchsmarke in den maßgeblichen Verkehrskreisen, bzw. eines substantiierten Vortrags und der Glaubhaftmachung des Umfangs der Werbeaufwendungen für die Widerspruchsmarke bedurft. Angesichts der rückläufigen Marktanteile der unter der Widerspruchsmarke vertriebenen Filterzigaretten sowie des seit dem Dezember 2006 gültigen Werbeverbots für Tabakwaren verfügen auch die vom Senat selbst ermittelten, den Beteiligten zugestellten Ergebnisse einer Internetrecherche über die mit der Widerspruchsmarke in den Jahren 1999 bzw. 2006 gehaltenen Marktanteile jedenfalls für den Entscheidungszeitpunkt über keine ausreichende Aussagekraft, was den Grad der Bekanntheit der Widerspruchsmarke bei den beteiligten Verkehrskreisen betrifft. Damit ist für die Prüfung der Verwechslungsgefahr der Marken nunmehr nur von einer allenfalls leicht erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen, bei deren Zugrundelegung die Unterschiede der Marken auch im Bereich identischer Waren für die Verneinung einer Verwechslungsgefahr noch ausreichen.

Die Ähnlichkeit der beiderseitigen Marken „WELT“ und „WEST“ ist nach Überzeugung des Senats insgesamt als nur sehr gering zu bewerten. Zwar stimmen diese, worauf die Widersprechende im Ausgangspunkt zu Recht verweist, formal betrachtet in drei von vier Buchstaben überein und unterscheiden sich nur durch ihren jeweils dritten Buchstaben „L“ bzw. „S“. Jedoch handelt es sich bei beiden Markenwörtern um Kurzwörter, die durch einzelne Abweichungen im Verhältnis stärker beeinflusst werden und im Allgemeinen auch besser und genauer in Erinnerung bleiben als längere Markenwörter. Dies hat zur Folge, dass bei ihnen im Einzelfall auch Abweichungen in nur einem Buchstaben eine Verwechslungsgefahr ausschließen können (vgl. u. a. BPatG mitt. 1989, 243 – Mona/Moras; HABM-BK GRUR-RR 2007, 204, 206 – she/SHE; SchweizBG GRUR Int. 1996, 1235, 1236 – BOSS/BOKS).

Auch bei den Wörtern “WELT” und “WEST” ist entgegen der Ansicht der Widersprechenden nicht zu befürchten, dass sich der Verkehr bei diesen verhört oder verliest, weil sowohl die Konturen als auch die Aussprache der beiden abweichenden Buchstaben „L“ und „S“ sich so deutlich unterscheiden und im kurzen Gesamtbild noch so deutlich in Erscheinung treten, dass diese Unterschiede bei den zwei jeweils aus nur vier Buchstaben bestehenden, einsilbigen Wörtern nicht unbemerkt bleiben werden.

Die Gefahr möglicher Verwechslungen der Marken wird zudem durch die unterschiedlichen Bedeutungen der beiden Markenwörter „WELT und „WEST“ weiter entscheidungserheblich vermindert. Nach ständiger Rechtsprechung können Übereinstimmungen im Schrift- und Klangbild von Marken durch deren abweichenden Begriffsgehalt so reduziert werden, dass eine Verwechslungsgefahr zu verneinen ist, weil bildliche und klangliche Unterschiede vom Leser oder Hörer wesentlich schneller und besser erfasst werden, so dass es gar nicht erst zu Verwechslungen kommt (BGH GRUR 1992, 130, 132 – Bally/BALL; EuG GRUR Int. 2003, 1017, 1019, Nr. 54 – BASS-PASH). Voraussetzung für eine derartige Reduzierung der Verwechslungsgefahr durch einen abweichenden Begriffsgehalt ist, dass dieser vom Verkehr auch bei flüchtiger Wahrnehmung sofort erfasst wird und sein Verständnis keinen weitergehenden Denkvorgang erfordert (BGH GRUR 2004, 600, 601 – d-c-fix/CD-FIX). Da es sich bei den beiderseitigen Marken um geläufige Begriffe der deutschen Alltagssprache handelt und zudem beide Marken einen unterschiedlichen, jeweils sofort erfassbaren Begriffsgehalt aufweisen, werden die durchschnittlich aufmerksamen und verständigen Abnehmer der beiderseitigen Waren die Marken trotz ihrer quantitativ vorhandenen teilweisen klanglichen und schriftbildlichen Übereinstimmungen nicht miteinander verwechseln.

Bei dieser, was die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke betrifft, teilweise veränderten Sachlage muss der Beschwerde der Widersprechenden der Erfolg versagt bleiben.

Anlass für eine Auferlegung der Kosten des Beschwerdeverfahrens auf eine der Beteiligten gemäß § 71 Abs. 1 S. 1 MarkenG bietet die Sach- und Rechtslage nicht.

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