BPatG: FUSSBALL WM 2006 II

BPatG, Beschluss vom 17.01.2007 – 32 W (pat) 237/04 – FUSSBALL WM 2006 II
MarkenG §§ 52 Abs. 2, 54, 90 Abs. 1 und 2; ZPO § 307

1. Im markenrechtlichen Löschungsverfahren kommt ein Anerkenntnis im Sinne des § 307 S. 1 ZPO nicht in Betracht.

2. Zur Entscheidung über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens nach Zurückverweisung der Sache durch den Bundesgerichtshof, wenn von mehreren Beteiligten Rechtsbeschwerde mit unterschiedlichem Erfolg eingelegt wurde.

BESCHLUSS

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 301 19 919
(hier: verbundene Löschungsverfahren S 158/03, S 210/03 und S 312/03)

hat der 32. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 17. Januar 2007 unter Mitwirkung …

beschlossen:

1. Es wird festgestellt, dass die Wirkungen der Eintragung der deutschen Marke Nr. 301 19 919 – FUSSBALL WM 2006 über die bereits rechtskräftig ausgesprochene Teillöschung hinaus in vollem Umfang als von Anfang an nicht eingetreten gelten.

2. Die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens tragen die Markeninhaberin zu 6/10 und die Antragstellerin zu 2) zu 4/10. Die Markeninhaberin trägt die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens der Antragstellerinnen zu 1) und zu 3) in vollem Umfang und die der Antragstellerin zu 2) zu 6/10. Im Übrigen tragen die Verfahrensbeteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

3. Die Verfahrensbeteiligten tragen ihre im Beschwerdeverfahren angefallenen Kosten selbst.

Gründe

I.
Die am 26. März 2001 angemeldete Wortmarke

FUSSBALL WM 2006

ist am 18. Juli 2002 unter der Nr. 301 19 919 für Waren der Klassen 1, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 14, 15, 16, 18, 20, 21, 24, 25, 26, 27, 28, 29, 30, 31, 32, 33 und 34 sowie für Dienstleistungen der Klassen 35, 36, 37, 38, 39, 40, 41 und 42 in das Markenregister eingetragen worden.

Die Rechtsvorgängerin der Antragstellerin zu 1) und die Antragstellerin zu 2) haben die vollständige Löschung der Marke beantragt. Die Antragstellerin zu 3) hat die Löschung für die beanspruchten Waren der Klasse 14 begehrt. Die Markeninhaberin hat der Löschung widersprochen. Die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Löschungsanträgen stattgegeben.

Auf die Beschwerde der Markeninhaberin hat der erkennende Senat den Beschluss der Markenabteilung teilweise aufgehoben (Beschluss vom 3. August 2005, GRUR 2005, 948 – FUSSBALL WM 2006). Unter Zurückweisung der Beschwerde der Markeninhaberin im Übrigen hat das Bundespatentgericht die Löschungsanträge der Antragstellerinnen zu 1) und 2) insoweit zurückgewiesen.

Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde hat die Markeninhaberin ihr Begehren, die Löschungsanträge insgesamt zurückzuweisen, mit der Beschränkung weiterverfolgt, dass die Zurückweisung der Löschungsanträge nicht mehr hinsichtlich der Dienstleistung „Organisation und Bewerbung von Fußballveranstaltungen“ verlangt werde. Die Antragstellerin zu 2) hat sich mit ihrer Rechtsbeschwerde gegen den angefochtenen Beschluss gewandt, soweit die Beschwerde der Markeninhaberin Erfolg hatte. Die Antragstellerinnen zu 1) und zu 3) haben keine Rechtsbeschwerde eingelegt.

Die Rechtsbeschwerde der Markeninhaberin hatte keinen Erfolg. Auf die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin zu 2) hat der Bundesgerichtshof den angefochtenen Beschluss des Senats im Umfang der Zurückweisung ihres Löschungsantrags aufgehoben und die Sache insoweit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Bundespatentgericht zurückverwiesen (GRUR 2006, 850 – FUSSBALL WM 2006).

Den Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren hat der Bundesgerichtshof im Verhältnis zur Antragstellerin zu 1) auf 600.000 €, im Verhältnis zur Antragstellerin zu 2) auf 1.000.000 € und im Verhältnis zur Antragstellerin zu 3) auf 50.000 € festgesetzt.

Mit Schriftsatz vom 9. Januar 2007 hat die Markeninhaberin gegenüber dem Deut-schen Patent- und Markenamt auf die streitgegenständliche Marke verzichtet.

Die Antragstellerin zu 2) beantragt,

festzustellen, dass die streitgegenständliche Marke 301 19 919 mit Wirkung ex tunc nichtig war.

Sie macht geltend, dass der Verzicht auf die streitgegenständliche Marke nur ex nunc ab dem 9. Januar 2007 wirke, die Marke 301 19 919 jedoch noch Grundlage zahlreicher zwischen der Markeninhaberin und der Antragstellerin zu 2) anhängiger Verletzungsverfahren sei. Die Markeninhaberin erkennt den Feststellungsantrag an.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.
1. Der Feststellungsantrag der Antragstellerin zu 2) ist, soweit die Löschung der Streitmarke noch nicht rechtskräftig angeordnet ist, zulässig. Durch den Verzicht der Markeninhaberin auf die streitgegenständliche Marke vom 9. Januar 2007 hat sich das Löschungsverfahren nicht in vollem Umfang in der Hauptsache erledigt. Denn die Antragstellerin zu 2) hat im vorliegenden Fall ein besonderes Rechtsschutzinteresse an der Feststellung der vollständigen Nichtigkeit der Markeneintragung ex tunc (vgl. BGH GRUR 2001, 337, 339 – EASYPRESS; zu der vergleichbaren Situation im Patentnichtigkeitsverfahren vgl. BGH GRUR 1965, 231, 233 – Zierfalten). Der Verzicht hat lediglich zum Erlöschen des Rechts ex nunc geführt, so dass zwischen dem Zeitraum der Eintragung und des Verzichts eventuell entstandene Ansprüche weiter bestehen bleiben (BGH GRUR 2001, 337, 339 – EASYPRESS; Kirschneck, in: Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 48 Rdn. 9; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., § 48 Rdn. 11). Die von der Antragstellerin mit ihrem Löschungsantrag angestrebte Löschung wegen Nichtigkeit sollte dagegen gemäß § 52 Abs. 2 MarkenG dazu führen, dass die Wirkungen der Eintragung im Umfang der Löschung als von Anfang an nicht eingetreten gelten. Die Marke 301 19 919 ist im Verhältnis zwischen der Markeninhaberin und der Antragstellerin zu 2) weiterhin Grundlage von Verletzungsverfahren. Die Markeninhaberin hat in der mündlichen Verhandlung zwar erklärt, den Feststellungsantrag der Antragstellerin zu 2) anzuerkennen. Sie hat jedoch nicht auf die ihr gegen die Antragstellerin zu 2) möglicherweise noch zustehenden Ansprüche verzichtet (vgl. BGH GRUR 1965, 231, 233 – Zierfalten). Die „Anerkennung“ des Feststellungsantrags durch die Markeninhaberin ist insoweit nicht ausreichend.

2. Der Feststellungsantrag ist auch in der Sache begründet. Das ergibt sich zwar wiederum nicht schon aus dem Anerkenntnis der Markeninhaberin. In Verfahren der vorliegenden Art ist ein prozessuales Anerkenntnis entsprechend § 307 S. 1 ZPO nicht möglich, da dies mit dem Grundsatz der Amtsermittlung (§ 73 Abs. 1 MarkenG) unvereinbar wäre (vgl. für die insoweit vergleichbare Sachlage im Patentnichtigkeitsverfahren (Busse/Keukenschrijver, PatG, 6. Aufl., § 83 Rdn. 28; Schulte, Patentgesetz, 7. Aufl., § 83 Rdn. 6; BPatGE 17, 86, 88). Der Bundesgerichtshof hat jedoch in seiner Entscheidung über die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin zu 2) festgestellt, dass auch in Bezug auf diejenigen Waren und Dienstleistungen, hinsichtlich derer der Senat in dem mit der Rechtsbeschwerde angegriffenen Beschluss den Löschungsantrag der Antragstellerin zu 2) zurückgewiesen hat, die Voraussetzungen der Löschung gemäß §§ 50 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG erfüllt sind. Der Löschungsantrag hätte daher nunmehr in vollem Umfang Erfolg haben müssen. Es war daher antragsgemäß festzustellen, dass die Wirkungen der Eintragung der deutschen Marke Nr. 301 19 919 – FUSSBALL WM 2006 als von Anfang an nicht eingetreten gelten (vgl. § 52 Abs. 2 MarkenG).

3. Die Entscheidung über die Kosten der Rechtsbeschwerde beruht auf § 90 Abs. 1 und 2 MarkenG.

Dabei war insbesondere zu berücksichtigen, dass nach § 90 Abs. 2 Satz 1 MarkenG die durch eine erfolglose Rechtsbeschwerde veranlassten Kosten zwingend dem Rechtsbeschwerdeführer aufzuerlegen sind, ohne dass insoweit Raum für eine Billigkeitsentscheidung bliebe (Ströbele/Hacker, a. a. O., § 90 Rdn. 3).

a) Da die Markeninhaberin mit ihrer Rechtsbeschwerde unterlegen ist, hat sie nach § 90 Abs. 2 Satz 1 MarkenG 6/10 der Gerichtskosten zu tragen. Zwar handelt es sich dabei nur um einen Teil der Gerichtskosten. Jedoch entspricht dieser Anteil dem vollen Wert der – erfolglosen – Rechtsbe-schwerde der Markeninhaberin. Dies ergibt sich aus der Gegenüberstellung des im Verhältnis zu der Antragstellerin zu 1), die keine Rechtsbeschwerde eingelegt hat, maßgeblichen Gegenstandswerts (600.000,– €) und des im Verhältnis zu der Antragstellerin zu 2), die selbst auch Rechtsbeschwerde eingelegt hat, festgesetzten Gegenstandswerts (1.000.000,– €).

Hinsichtlich der übrigen 4/10 der Gerichtskosten, die durch die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin zu 2) veranlasst worden sind, verbleibt es bei dem in § 90 Abs. 1 Satz 3 MarkenG zum Ausdruck kommenden Grundsatz, dass jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt. Dies bedeutet, dass die Antragstellerin zu 2) diesen ihr nach der Kostenrechnung des Bundesgerichtshofs vorläufig überbürdeten Teil der Gerichtskosten endgültig zu tragen hat. Insoweit ist auch nichts dafür vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass dieser Teil der Gerichtskosten aus Gründen der Billigkeit nach § 90 Abs. 1 Satz 1 MarkenG ebenfalls der Markeninhaberin aufzuerlegen wäre. Die unterschiedliche Beurteilung der Schutzfähigkeit der streitgegenständlichen Marke ließen die Verteidigung der Markeninhaberin im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht als von vorneherein aussichtslos erscheinen. Eine Bösgläubigkeit der Markeninhaberin bei der Anmeldung der Streitmarke hat der Bundesgerichtshof ausdrücklich verneint.

b) Aus § 90 Abs. 2 Satz 1 MarkenG ergibt sich zwingend, dass die Markeninhaberin die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerinnen zu 1) und 3) in vollem Umfang zu tragen hat. Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin zu 2) gelten die Ausführungen zu der Verteilung der Gerichtskosten entsprechend. Dies bedeutet, dass die Markeninhaberin nach § 90 Abs. 2 Satz 1 MarkenG 6/10 der außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin zu 2) zu tragen hat. Die restlichen 4/10 ihrer außergerichtlichen Kosten trägt die Antragstellerin zu 2) nach § 90 Abs. 1 Satz 3 MarkenG selbst. Auch insoweit sind keine Gründe ersichtlich, der Markeninhaberin die Kosten aus Gründen der Billigkeit vollständig aufzuerlegen. Ebenso hat die Markeninhaberin ihre durch die Rechtsbeschwerde verursachten außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.

4. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens bestand kein Anlass, diese einer der Beteiligten aufzuerlegen (§ 71 Abs. 1 MarkenG).

(Unterschriften)

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