BPatG: Fürst von Metternich – Markenanmeldung historischer Persönlichkeiten Beschluss vom 18.05.2011 – 29 W (pat) 158/10

Der Eintragung der Markenanmeldung „Fürst von Metternich“ steht in Bezug auf die noch beanspruchten Waren Bücher und Dienstleistungen im Bereich Unterhaltung kein absolutes Schutzhindernis, insbesondere auch nicht das der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG oder des Freihaltebedürfnisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, entgegen.

BPatG, Beschluss vom 18.05.2011 – 29 W (pat) 158/10Fürst von Metternich
§ 8 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2 MarkenG

BESCHLUSS

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 306 59 074.3

hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 18. Mai 2011 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin Grabrucker und der Richterinnen Kortge und Dorn
beschlossen:

Die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 14. April 2010 und 29. Januar 2009 werden aufgehoben, soweit die Anmeldung bezüglich der Waren und Dienstleistungen der
Klasse 16: Bücher, nämlich Kochbücher, Restaurantführer und Weinführer; Zeitungen; sämtliche vorstehenden Waren, soweit in dieser Klasse vorhanden;

Klasse 41: Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern, nämlich Kochbüchern, Restaurantführern und Weinführern, und von Zeitungen; Unterhaltung, nämlich musikalische Veranstaltungen und Konzerte, Tanzveranstaltungen, Bälle; kulturelle Aktivitäten, nämlich musikalische Veranstaltungen und Konzerte, Tanzveranstaltungen, Bälle; Organisation und Durchführung von Veranstaltungen im Bereich der Kultur, nämlich musikalische Veranstaltungen und Konzerte, Tanzveranstaltungen, Bälle, und im Bereich des Sports; sämtliche vorbezeichneten Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten,

zurückgewiesen wurde.

Gründe

I.
Das Wortzeichen

Fürst von Metternich

ist am 25. September 2006 zur Eintragung als Marke in das beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geführte Register für nachfolgende Waren und Dienstleistungen angemeldet worden (nach Beanstandung geändertes Verzeichnis vom 24. August 2007, vgl. Bl. 6-8 und Bl. 14 VA):

Klasse 3: Seifen; Parfümeriewaren; ätherische Öle; Mittel zur Körper- und Schönheitspflege;

Klasse 6: Schilder; Tischaufsteller; Straßenaufsteller; Dosen; Dosenverschlüsse; Kästen und Kisten; Papierkörbe; Flaschenkappen; Flaschenverschlüsse; Flaschenstöpsel; sämtliche vorstehenden Waren, soweit in dieser Klasse enthalten;

Klasse 8: Messer und Messerschmiedewaren; Schneidwerkzeuge; Essbestecke;

Klasse 9: Neonröhren für die Werbung; Leuchtschilder; Magnettafeln; bespielte mechanische, magnetische, magneto-optische, optische und elektronische Träger für Ton und/oder Bild (ausgenommen unbelichtete Filme) und/oder Daten einschließlich Disketten, CD-ROM, DVD, Compact-Disc, Video-Disco, Video-Kassetten; auf Datenträgern aufgezeichnete Informationssammlungen; Mauspads (Mausmatten); Computerprogramme; Computersoftware; Spielprogramme für Computer; elektronische Publikationen (herunterladbar); Brillen (Optik) einschließlich Sonnenbrillen und Sportbrillen; Brillenetuis;

Klasse 11: Kühlbehälter; Kühlschränke; Kühlvitrinen; Getränkekühlapparate; Flaschenkühler; Gasanzünder (Feuerzeuge);

Klasse 14: Aschenbecher; Tabletts; Schmuckwaren einschließlich Schlüsselanhänger und Schlüsselbänder, Anstecknadeln, Schmucknadeln, Schmucknadeln, Krawattennadeln, Krawattenklammern, Krawattenhalter, Abzeichen, Amulette, Banknotenklammern, Schmuckkästen; Uhren und Zeitmessgeräte einschließlich Armbanduhren, elektrische Uhren, Taschenuhren, Chronographen, Chronometer; Uhrenetuis; Kerzenleuchter; Streichholzschachteln; Streichholzständer; Salzstreuer; Pfefferstreuer; Essig- und Ölständer; Essig- und Ölkännchen; Zahnstocherbehälter; Teller; Becher; Krüge und Kannen; Behälter, Dosen und Gefäße; sämtliche vorstehenden Waren, soweit in dieser Klasse enthalten;

Klasse 16: Papier; Papierwaren und Schreibwaren; Schilder; Speisekartenmappen; Schiefertafeln zum Schreiben; Drucksachen; Prospekte; Flugblätter; Poster; Postkarten; Plakate; Kalender einschließlich Wandkalender, Abreißkalender; Notizbücher; Blöcke einschließlich Schreibblöcke; Schreibunterlagen; Fahnen; Flaggen; Wimpel; Tischaufsteller; Tischkarten; Anzeigekarten; Platzdeckchen; Tropfdeckchen; Tropfenfänger; Unterlegdeckchen; Tischdeckchen; Untersetzer; Aufkleber; Abziehbilder; Sticker (Papeteriewaren); Transparente; Schreibgeräte; Bleistifte; Tintenstifte; Schreibfedern; Schreibetuis; Schreibmappen; Schreibunterlagen; Papierservietten; Globen (Erdkugeln); Flaschenhüllen; Flaschenverpackungen; Verpackungsbeutel und Verpackungstaschen; Packpapier; Papierbänder; Plakatträger; Schachteln; Dispenser; Bilder; Gemälde (Bilder); Behälter; Kästen für Papier- oder Schreibwaren; Druckereierzeugnisse, Bücher einschließlich Kochbücher und Restaurantführer; Druckschriften; Magazine; Zeitschriften; Zeitungen; sämtliche vorstehenden Waren, soweit in dieser Klasse vorhanden;

Klasse 18: Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus einschließlich Schlüsseletuis, Brillenetuis, Zigaretten- und Zigarrenetuis, Maniküreetuis, Geldbörsen, Brieftaschen, Gürtel, Ledertaschen und Ledermappen; Aktentaschen; Badetaschen; Einkaufstaschen; Verpackungsbeutel und Verpackungstaschen; Reisetaschen; Kleidertaschen und Kleidersäcke; Rucksäcke; Sporttaschen; Reisekoffer; Handkoffer; Dosen und Kästen; Sonnenschirme und Regenschirme; sämtliche vorstehenden Waren, soweit in dieser Klasse enthalten;

Klasse 20: Möbel einschließlich Stühle, Liegestühle, Strandkörbe, Bänke, Tische; Schilder; Spiegel; Bilderrahmen; Bilderleisten (Einrahmungen); Luftmatratzen; Luftkissen; Kissen; Schmuckkästen; Schirmständer; Papierkörbe; Kleiderbügel; aufblasbare Werbeartikel; Dosen; Kästen und Kisten; Flaschenkappen; Flaschenverschlüsse; Flaschenstöpsel; Flaschenverpackungen; Korbwaren; sämtliche vorstehenden Waren, soweit in dieser Klasse enthalten;

Klasse 21: Glaswaren, Porzellan und Steingut; Kaffee-, Tee- und Tafelservice aus Porzellan, Steingut und Keramik; Wein-, Sekt-, Likör, Bier-, Spirituosen- und Bowleservice aus Glas, Keramik oder Steingut; Behälter und Geräte für den Haushalt und Küche einschließlich Isolierbehälter und Isoliergefäße, Kühlflaschen, Kühltaschen, Sekt- und Weinkühler und -kübel, Korkenzieher, Flaschenöffner, Tabletts, Untersetzer, Kerzenleuchter, Windlichter, Flaschen, Feldflaschen, Trinkflaschen, Speise- und Getränkekartenhalter, Serviettenständer, Untersetzerständer, Essig- und Ölkännchen, Essig- und Ölständer, Salzstreuer, Pfefferstreuer, Zahnstocherbehälter, Flaschenträger, Abfalleimer, Körbe, Papier- und Plastikbecher; sämtliche vorstehende Waren, soweit in dieser Klasse enthalten;

Klasse 24: Fahnen; Flaggen; Wimpel; Platzdeckchen; Tischdeckchen; Untersetzer (Tischwäsche); Wachstuch; Badewäsche; Tischwäsche; Bettwäsche; Haushaltswäsche; Heimtextilien; Decken einschließlich Reisedecken; Textilwaren einschließlich Handtücher; Badetücher; Saunatücher; Strandtücher; sämtliche vorstehenden Waren, soweit in dieser Klasse enthalten;

Klasse 25: Bekleidungsstücke einschließlich Hemdblusen, Hemden, Pullover, T-Shirts, Polo-Shirts, Hosen, Jacken, Mäntel, Regenmäntel und -jacken, Windjacken, Kapuzenjacken, Westen, Overalls, Parkas; Accessoires einschließlich Kopftücher, Halstücher, Schultertücher, Einstecktücher, Krawattentücher; Strümpfe; Leibwäsche; Nachtwäsche; Gürtel; Hosenträger; Krawatten; Binder; Schals; Schürzen; Stirnbänder; Badebekleidung; Bademäntel; Schuhe einschließlich Sportschuhe, Strandschuhe, Badesandalen, Badeschuhe, Hausschuhe; Kopfbedeckungen einschließlich Hüte, Mützen, Schirmmützen, Baseball-Caps, Strickmützen und Wollmützen; Kleidertaschen und Kleidersäcke; sämtliche vorstehenden Waren, soweit in dieser Klasse enthalten;

Klasse 26: Abzeichen, nicht aus Edelmetall; Anstecker (Buttons);

Klasse 28: Spiele, Spielzeug, Modellautos; Teddybären; Plüschtiere; Puppen; Spielbälle (große und kleine); Sportgeräte; Sportartikel; Drachen; Golftaschen, mit und ohne Räder; Golfschläger; Golfhandschuhe; sämtliche vorstehenden Waren, soweit in dieser Klasse enthalten;

Klasse 34: Aschenbecher; Feuerzeuge für Raucher; Streichhölzer; Streichholzschachteln; Streichholzständer; sämtliche vorstehenden Waren, soweit in dieser Klasse enthalten;

Klasse 35: Sponsoring in Form von Werbung;

Klasse 36: Finanzielles Sponsoring;

Klasse 41: Veröffentlichung und Herausgabe von Druckereierzeugnissen (ausgenommen für Werbezwecke), insbesondere von Büchern, Zeitschriften, Zeitungen, Magazinen; Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Organisation und Durchführung von Veranstaltungen, insbesondere im Bereich der Kultur und des Sports; sämtliche vorbezeichneten Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten.

Mit Beschlüssen vom 29. Januar 2009 und 14. April 2010, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, hat die Markenstelle für Klasse 16 die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen fehlender Unterscheidungskraft teilweise zurückgewiesen, und zwar für die Waren und Dienstleistungen der

Klasse 16: Drucksachen, Druckereierzeugnisse, Bücher einschließlich Kochbücher und Restaurantführer; Druckschriften; Magazine; Zeitschriften; Zeitungen; sämtliche vorstehenden Waren, soweit in dieser Klasse vorhanden;

Klasse 9: bespielte mechanische, magnetische, magneto-optische, optische und elektronische Träger für Ton und/oder Bild (ausgenommen unbelichtete Filme) und/oder Daten einschließlich Disketten, CD-ROM, DVD, Compact-Disc, Video-Disco, Video-Kassetten; auf Datenträgern aufgezeichnete Informationssammlungen; Computerprogramme; Computersoftware; elektronische Publikationen (herunterladbar);

Klasse 41: Veröffentlichung und Herausgabe von Druckereierzeugnissen insbesondere von Büchern, Zeitschriften, Zeitungen, Magazinen; Unterhaltung; kulturelle Aktivitäten; Organisation und Durchführung von Veranstaltungen, insbesondere im Bereich der Kultur und des Sports; sämtliche vorbezeichneten Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten.

Sie hat ausgeführt, der Name „Fürst von Metternich“ sei den angesprochenen Verkehrskreisen als historisch wichtige Persönlichkeit, nämlich dem Leiter des Wiener Kongresses von 1815, bekannt. Das Anmeldezeichen stelle daher einen allgemein verständlichen Sachhinweis auf das Thema der o. g. Waren und Dienstleistungen dar, nämlich, dass diese sich inhaltlich mit dieser historischen Person befassten. Selbst wer den Namen „Fürst von Metternich“ durch die deutsche Sektmarke kenne, habe den Bezug zu der geschichtlichen Figur, da diesem die Weingüter des Schloss Johannisberg im Rheingau gehörten. Abgesehen davon werde das Publikum nicht annehmen, dass ein Sekthersteller die hier in Rede stehenden Produkte herstelle bzw. anbiete. Das Anmeldezeichen weise daher nicht auf ein bestimmtes Unternehmen hin.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Nachdem sie vom Senat auf die fehlende Erfolgsaussicht ihrer Beschwerde hinsichtlich eines Teils der gegenständlichen Waren und Dienstleistungen hingewiesen wurde, hat sie mit Schreiben vom 17. Mai 2011, per Fax eingegangen am selben Tag, das Verzeichnis in Bezug auf die Waren und Dienstleistungen, für die die Anmeldung vom DPMA zurückgewiesen wurde, wie folgt beschränkt bzw. konkretisiert:

Klasse 16: Bücher, nämlich Kochbücher, Restaurantführer und Weinführer; Zeitungen; sämtliche vorstehenden Waren, soweit in dieser Klasse vorhanden;

Klasse 41: Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern, nämlich Kochbüchern, Restaurantführern und Weinführern, und von Zeitungen; Unterhaltung, nämlich musikalische Veranstaltungen und Konzerte, Tanzveranstaltungen, Bälle; kulturelle Aktivitäten, nämlich musikalische Veranstaltungen und Konzerte, Tanzveranstaltungen, Bälle; Organisation und Durchführung von Veranstaltungen im Bereich der Kultur, nämlich musikalische Veranstaltungen und Konzerte, Tanzveranstaltungen, Bälle, und im Bereich des Sports; sämtliche vorbezeichneten Dienstleistungen, soweit in dieser Klasse enthalten.

Die im angefochtenen Beschluss zurückgewiesenen Waren der Klasse 9 (s. o.) werden nicht mehr beansprucht. Damit ergibt sich in Bezug auf die Klassen 9, 16 und 41 ein geändertes Waren-/Dienstleistungsverzeichnis; im Übrigen bleibt das Verzeichnis unverändert. Auf den Schriftsatz des Beschwerdeführervertreters vom 17. Mai 2011 (Bl. 45 – 48 GA samt Anlage) wird insoweit Bezug genommen.

Zur Begründung hat die Beschwerdeführerin bis zum vorgenannten Hinweis des Senats vorgetragen, dass nicht ersichtlich sei, aus welchem Grund es sich bei der Bezeichnung „Fürst von Metternich“ um einen Sachhinweis auf das Thema bzw. den Inhalt der u. a. beanspruchten Kochbücher und Restaurantführer in Klasse 16 handeln solle, da es nicht üblich sei, dass sich solche Bücher mit einer historischen Person befassten. Auch Magazine, Zeitschriften und Zeitungen beschäftigten sich in der Regel mit aktuellem Geschehen und nicht monokausal mit einer historischen Person. Daher sei auch kein beschreibender Bezug zu den in Klasse 41 beanspruchten Dienstleistungen der Veröffentlichung und Herausgabe solcher Waren erkennbar. Zudem sei nicht nachvollziehbar, aus welchem Grund das Anmeldezeichen für die Organisation und Durchführung von Veranstaltungen, insbesondere im Bereich der Kultur und des Sports beschreibender Natur sein solle. Insbesondere Sportveranstaltungen wiesen keinerlei inhaltlichen Bezug zu der historischen Figur Fürst von Metternichs auf. Bei der Beurteilung der Eintragungsfähigkeit der Bezeichnung dürfe auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass es sich bei „Fürst von Metternich“ um eine der bekanntesten deutschen Sektmarken handele. Vor diesem Hintergrund würden die beteiligten Verkehrskreise in Bezug auf andere Waren und Dienstleistungen, die mit dieser Bezeichnung versehen seien, keine Verbindung zu der weithin unbekannten historischen Persönlichkeit herstellen, sondern das Zeichen auch insoweit als Herkunftshinweis wahrnehmen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.
Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist im beantragten und tenorierten Umfang begründet.

Der Eintragung des angemeldeten Wortzeichens „Fürst von Metternich“ als Marke steht in Bezug auf die noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen kein absolutes Schutzhindernis, insbesondere auch nicht das der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG oder des Freihaltebedürfnisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG, entgegen.

1.
a) Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, welches die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (EuGH GRUR 2008, 608, 611 Rdnr. 66 f. – EUROHYPO; BGH GRUR 2010, 825, 826 Rdnr. 13 – Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2006, 850, 854 Rdnr. 18 – FUSSBALL WM 2006). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH a. a. O. – FUSSBALL WM 2006; a. a. O. – Marlene-Dietrich-Bildnis II; GRUR 2009, 411 Rdnr. 8 – STREETBALL; 778, 779 Rdnr. 11 – Willkommen im Leben; 949 f. Rdnr. 10 – My World). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft ist die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (vgl. EuGH GRUR 2004, 943, 944 Rdnr. 24 – SAT 2; GRUR 2006, 411, 412 Rdnr. 24 – Matratzen Concord/Hukla; BGH a. a. O. – FUSSBALL WM 2006). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. EuGH GRUR 2004, 428, 431 Rdnr. 53 – Henkel; BGH MarkenR 2000, 420, 421 – RATIONAL SOFTWARE CORPORATION; GRUR 2001, 1151, 1152 – marktfrisch). Ausgehend hiervon besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. u. a. EuGH GRUR 2004, 674, 678 Rdnr. 86 – Postkantoor; BGH GRUR 2001, 1151, 1152 – marktfrisch; GRUR 2001, 1153 – anti KALK; GRUR 2005, 417, 418 – BerlinCard; a. a. O. Rdnr. 19 – FUSSBALL WM 2006; GRUR 2009, 952, 953 Rdnr. 10 – DeutschlandCard) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die – etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. BGH GRUR 2001, 1043, 1044 – Gute Zeiten – Schlechte Zeiten; BGH GRUR 2003, 1050, 1051 – Cityservice; a. a. O. – FUSSBALL WM 2006). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen (BGH a. a. O. 855 Rdnr. 28 f. – FUSSBALL WM 2006).

b) Das angemeldete Wortzeichen weist für die tenorierten Waren und Dienstleistungen weder einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt auf, noch handelt es sich um eine Angabe, durch die ein enger beschreibender Bezug zu ihnen hergestellt werden kann.

aa) Das angemeldete Zeichen setzt sich aus den Wörtern „Fürst“, „von“ und „Metternich“ zusammen.

aaa) „Fürst“ steht für ein „seit dem Mittelalter nach dem Kaiser od. König rangierender, an der Herrschaft über das Reich beteiligten Angehörigen des hohen Adels“ bzw. einen „Angehörigen des Adels im Rang zwischen Graf u. Herzog“ (Duden – Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. Mannheim 2006 [CD-ROM]).

bbb) „Metternich“ ist der Name eines weitverzweigten Adelsgeschlechts aus dem Rheinland. Die Familie brachte unter anderem eine Reihe von Bischöfen und Erzbischöfen hervor und zählt zum deutschen Hochadel. (www.b…de, Anlage 1 zum Beschluss des DPMA vom 29. Januar 2009, Bl. 36 VA; http://de.w…/(Adelsgeschlecht)). Wenn der Name Metternich ohne Zusatz gebraucht wird, steht er zumeist für den bekanntesten Vertreter dieser Familie, den österreichischen Staatsmann Klemens Wenzel Fürst von Metternich (http://de.w…/Metternich). Ab 1801 vom Kaiserlichen Gesandten und Botschafter zum österreichischen Außenminister (1809) und Staatskanzler (1821) aufgestiegen, nahm Metternich (* Koblenz 15.5.1773, † Wien 11.6.1859) entscheidenden Einfluss auf den Verlauf des unter seinem Vorsitz tagenden Wiener Kongresses (1815), der die europäische Ordnung nach dem Sturz Napoleons wieder herstellte bzw. restaurierte. Als politischer Ausgestalter der Heiligen Allianz stand Metternich als führender Politiker der Restaurationszeit für das monarchische Prinzip und bekämpfte die nationalen und liberalen Bewegungen (vgl. www.b…de, www.-w…de www.p…-….de, Anlagen 1-3 zum o. g. Beschluss des DPMA, Bl. 36 – 38 VA; http://de.w…/Metternich).

ccc) Die Präposition „von“ wird bei Namen als Adelsprädikat verwendet (Duden – Deutsches Universalwörterbuch a. a. O.).

bb) Die o. g. Fundstellen belegen, dass der Name „Fürst von Metternich“ den allgemeinen Verkehrskreisen als historisch bedeutsame Persönlichkeit im Zusammenhang mit der Leitung des Wiener Kongresses von 1815 bekannt ist. Der Argumentation der Beschwerdeführerin, dass das Publikum die angemeldete Bezeichnung lediglich mit der bekannten gleichnamigen Sektmarke der Anmelderin (vgl. http://-www.f…php; Enzyklopädie des Deutschen Weins, 1997, S. 543) in Verbindung bringe und schon deshalb als Herkunftshinweis wahrnehme, ist nicht zu folgen, da die Bekanntheit dieses Zeichens für Sekt sich nicht ohne weiteres auf andere Bereiche, die in keinem Bezug zu Sekt stehen, erstreckt.

c) Hinsichtlich der noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen ist das angemeldete Zeichen in den Verkehrsgewohnheiten der jeweiligen Branche dennoch keine Sachaussage.

aa) Für die angemeldeten Waren der Klasse 16 „Bücher, nämlich Kochbücher, Restaurantführer und Weinführer; Zeitungen“ eignet sich „Fürst von Metternich“ nicht als Angabe über den Inhalt dieser Waren.
Zeichen oder Angaben, die sich in der Art eines Titels zur Angabe des Inhalts für die beanspruchten Waren eignen, fehlt regelmäßig die erforderliche Unterscheidungskraft (BGH GRUR 2000, 882, 883 – Bücher für eine bessere Welt; BGH GRUR 2009, 778 Rdnr. 16 – Willkommen im Leben). Nicht maßgeblich ist in diesem Zusammenhang, ob der Werkinhalt durch die Bezeichnung thematisch genau angegeben wird. Auch Werktitel sind oft vage und unbestimmt gehalten. Wird die Bezeichnung als Hinweis auf den – wie auch immer gearteten – Inhalt des Werks verstanden und erlangt sie damit eine werktitel-ähnliche Funktion, dient sie nach Auffassung des Verkehrs jedenfalls nicht als Unterscheidungsmittel der Waren und Dienstleistungen. Die Unterscheidungskraft beurteilt sich auch für die in Rede stehenden Waren nicht nach den geringeren Anforderungen für Werktitel, sondern nach markenrechtlichen Grundsätzen (BGH GRUR 2001, 1043, 1045 – Gute Zeiten – Schlechte Zeiten; GRUR 2009, 949 Rdnr. 17 – My World; BGH GRUR 2010, 1100 Rdnr. 14 – TOOOR!).
Die vom Senat durchgeführte Recherche hat ergeben, dass die historische Persönlichkeit Fürst von Metternichs nicht mit Esskultur in Verbindung gebracht wird. Lediglich hinsichtlich der Geschichte der Original Sacher-Torte lässt sich ein entfernter Bezug zu seiner Person herstellen, da der spätere Hotelier Franz Sacher die nach ihm benannte Schokoladentorte schuf, als dieser selbst noch Koch bei Fürst von Metternich war (www.s…de). Abgesehen davon, dass dieser Zusammenhang den angesprochenen Verkehrskreisen kaum bekannt sein dürfte, ist der Name „Fürst von Metternich“ nicht geeignet, den Inhalt von Kochbüchern oder Restaurantführern zu beschreiben, da diese Bücher sich üblicherweise hauptsächlich mit Rezepten für verschiedene Speisen bzw. der Beschreibung von Restaurants befassen, nicht jedoch mit historischen Persönlichkeiten.

Entsprechendes gilt für die beanspruchten Weinführer. Zwar gehörten dem Fürsten von Metternich die Weingüter des Schlosses Johannisberg im Rheingau (Enzyklopädie des Deutschen Weins, 1997, S. 433; DER BROCKHAUS Wein, 2005, S. 395; Der große JOHNSON, 2009, S. 259). Schloss Johannisberg ist heute eine weltberühmte Weinbergslage, auf der ausschließlich Riesling angebaut wird. Besitzerin der Weinbaudomäne Schloss Johannisberg ist seit einigen Jahren die Fürst von Metternich-Winneburg GbR, die zur Oetker-Gruppe gehört (Eichelmann 2009, Deutschlands Weine, S. 320; Enzyklopädie des Deutschen Weins a. a. O.; DER BROCKHAUS Wein a. a. O.; Der große JOHNSON a. a. O.). Der Name „Fürst von Metternich“ ist jedoch nicht geeignet, den Inhalt von Weinführern zu beschreiben oder einen engen Bezug hierzu herzustellen. Denn Weinführer zeichnen sich gerade dadurch aus, dass sie sich mit einer Vielzahl von unterschiedlichen Weingütern, Weinbaugebieten und Weinen befassen, also nicht nur mit einer bestimmten Weinbergslage. Des Weiteren entspricht es nicht den Kennzeichnungsgewohnheiten in dieser Branche, dass Weinführer nach dem (früheren) Besitzer eines Weinguts benannt werden (siehe die Titel der o. g. Weinführer; ferner: Diners Club – Lexikon der Weine und Spirituosen Deutschland, Rudolf Knoll, 1991; Wo große Weine wachsen, Dr. Hans Ambrosi, 1976; Das große Lexikon vom Wein, Theodor Böttinger, 1974).

Die Bezeichnung „Fürst von Metternich“ ist auch keine Sachangabe über den Inhalt von Zeitungen. Zeitungen erscheinen entweder täglich oder wöchentlich und befassen sich in erster Linie mit aktuellem Geschehen, wie beispielsweise die gängigen Zeitungen Frankfurter Allgemeine, Frankfurter Rundschau, Handelsblatt, Süddeutsche Zeitung, die tageszeitung, DIE WELT, Abendzeitung, BILD, Hamburger Morgenpost, DIE ZEIT, Rheinischer MERKUR (vgl. PressePorträts – Der Wegweiser zum erfolgreichen Presseverkauf, Herbst/Winter 2009, S. 28 – 46, 181 – 182). Es entspricht nicht den Verkehrsgewohnheiten, dass sich eine Tages- oder Wochenzeitung hauptsächlich – und in jeder Ausgabe – mit ein und derselben historischen Persönlichkeit befasst. Das angesprochene Publikum wird daher bei Zeitungen, die mit dem Anmeldezeichen versehen sind, nicht annehmen, dass es sich hierbei um eine Inhaltsangabe handelt.

Hinsichtlich der Waren „Bücher, nämlich Kochbücher, Restaurantführer und Weinführer; Zeitungen“ kommt dem angemeldeten Zeichen „Fürst von Metternich“ im Verkehr daher die Bedeutung eines betrieblichen Herkunftshinweises zu.

Vor diesem Hintergrund ist das Anmeldezeichen auch in Bezug auf die in Klasse 41 beanspruchten Dienstleistungen „Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern, nämlich Kochbüchern, Restaurantführern und Weinführern, und von Zeitungen“ keine Sachaussage.

bb) Hinsichtlich der weiterhin noch beschwerdegegenständlichen Dienstleistungen „Unterhaltung, nämlich musikalische Veranstaltungen und Konzerte, Tanzveranstaltungen, Bälle; kulturelle Aktivitäten, nämlich musikalische Veranstaltungen und Konzerte, Tanzveranstaltungen, Bälle; Organisation und Durchführung von Veranstaltungen im Bereich der Kultur, nämlich musikalische Veranstaltungen und Konzerte, Tanzveranstaltungen, Bälle, und im Bereich des Sports“ ist ebenfalls nicht ersichtlich, inwieweit „Fürst von Metternich“ eine Themen- oder Inhaltsangabe für sie darstellen könnte. Die angesprochenen Verkehrskreise werden bei einer Tanzveranstaltung oder einem Ball unter dem Zeichen „Fürst von Metternich“ nicht annehmen, dass die Bezeichnung auf ein Motto, z. B. im Sinne eines bestimmten Kleidungs- oder Tanzstils aus der Zeit Metternichs hinweist, da dieser mit politischen Ereignissen, nicht jedoch mit einer bestimmten Stilrichtung in Verbindung gebracht wird. Im Zusammenhang mit Konzerten und musikalischen Veranstaltungen eignet sich das Anmeldezeichen ebenfalls nicht als Sachhinweis, da bei diesen Veranstaltungen für den Verkehr kein inhaltlicher Bezug zu der historischen Person Fürst von Metternichs erkennbar ist. Entsprechendes gilt für Sportveranstaltungen.

2.
Wegen der fehlenden Eignung zur Beschreibung der noch beanspruchten Waren und Dienstleistungen kann bei dem Anmeldezeichen auch ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht bejaht werden.

3.
Vor einer Eintragung des angemeldeten Zeichens wird das DPMA noch zu beachten haben, dass aufgrund der Änderung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses im Verfahren vor dem Amt (vgl. Beanstandung mit Bescheid vom 20. Juli 2007, Bl. 6-10 VA, und Einverständniserklärung der Anmelderin mit Schreiben vom 15. Oktober 2007, Bl. 14-18 VA) die Klassen 35 und 36 neu hinzugekommen sind. Dies wurde in den angefochtenen Beschlüssen offenbar noch nicht berücksichtigt.

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