BPatG: „DON’T PANIC i’M ISLAMIC“ nicht als Marke schutzfähig

Der Slogan DON’T PANIC i’M ISLAMIC ist nicht als Marke für Waren der Klassen 14 (Schmuck), 16 und 25 (Bekleidung) schutzfähig. Dass der Slogan der englischen Sprache entstammt und eine gewisse Ironie in seiner Aussage enthält, vermag eine hinreichende Unterscheidungskraft nicht zu begründen. Zum einen wird die aus gängigen englischen Begriffen (die den deutschen Ausdrücken angenähert sind wie „PANIC“ = „panisch“ und „ISLAMIC“ = „islamisch“) zusammengesetzte Wortfolge von einem entscheidungserheblichen Teil des Verkehrs in ihrer Bedeutung auf Anhieb verstanden; dies gilt auch im Hinblick auf die Verneinung mit „DON’T“, die zum grammatikalischen Grundwissen die englische Sprache betreffend zählt.

BPatG, Beschluss vom 06.05.2009 – 29 W (pat) 55/07 – DON’T PANIC i’M ISLAMIC
§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG

B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 306 20 860.1

hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) in der Sitzung vom 6. Mai 2009 durch die Vorsitzende Richterin Grabrucker, die Richterin Kopacek und den Richter Dr. Kortbein

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

G r ü n d e

I.
Die Wortmarke

DON’T PANIC i’M ISLAMIC

ist für die Waren der

Klasse 14: Schmuckwaren, soweit in Klasse 14 enthalten;

Klasse 16: Papier, Pappe (Karton), Waren aus Papier und Pappe (Karton), nämlich Pappbecher, Papierschmuck, Briefpapier, Notizbücher, Notiztafeln, Adressbücher, Briefmappen, Verpackungsbehälter, Verpackungstüten, Einwickelpapier; Druckereierzeugnisse, nämlich Zeitungen, Zeitschriften, Comic-Hefte, Magazine, Broschüren, Faltblätter, Prospekte, Programmhefte, Pressemappen, Bücher, Buchhüllen, Plakate (Poster), Transparente; Aufkleber, auch selbstklebend; Lehr-und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate) in Form von Druckereierzeugnissen; Fotografien, Bilder (Drucke und Gemälde); Kalender, Abziehbilder (auch solche aus Vinyl und solche zum Aufbügeln), Papier- und Vinyl-Aufkleber;

Klasse 25: Bekleidung, Schuhe und Kopfbedeckungen, soweit in Klasse 25 enthalten

am 29. März 2006 zur Eintragung in das Register angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Beschluss vom 26. Oktober 2006 und die dagegen gerichtete Erinnerung mit Beschluss vom 28. Februar 2007 als nicht unterscheidungskräftige und freihaltebedürtige Angabe nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen. Die angemeldete Wortmarke „DON’T PANIC i’M ISLAMIC“ sei mit „Keine Panik, ich bin islamisch“ zu übersetzen. Bei dieser Wortfolge handele es sich um einen ohne weiteres verständlichen, nur allgemein die Aufmerksamkeit des Publikums weckenden, reinen Werbeslogan, der nicht geeignet sei, die beanspruchten Waren und Dienstleistungen hinsichtlich ihrer Herkunft aus einem Unternehmen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Der angemeldeten Marke fehle daher jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG). Da die Aussage der zur Marke angemeldeten Wortfolge von den inländischen Verkehrskreisen eindeutig erfasst werden könne, müsse es ferner den Mitbewerbern unbenommen bleiben, gleiche oder ähnliche Waren mit der erkennbar bewerbenden vorliegenden Angabe im Verkehr zu bezeichnen. Daher bestehe ein Freihaltebedürfnis (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG).

Gegen diese Beschlüsse richtet sich die Beschwerde der Anmelder. Sie führen im Wesentlichen aus, dass es für die Beurteilung des Freihaltebedürfnisses unbeachtlich sei, dass die Bedeutung der zur Marke angemeldeten Wortfolge von den inländischen Verkehrskreisen eindeutig erfasst werde. Da ein beschreibender Bezug dieser Bedeutung zu den angemeldeten Waren nicht gegeben sei, könne sie nicht zur Beschreibung von Merkmalen dieser Waren dienen. Wegen der fehlenden Beschreibungseignung komme der angemeldeten Wortfolge auch keine werbende Bedeutung zu, weshalb sie unterscheidungskräftig sei. Die Originalität und Prägnanz der angemeldeten Wortfolge sei ein weiteres Indiz für ihre Unterscheidungskraft. Die Kombination des angeblich in der westlichen Welt negativ besetzten Begriffs „ISLAMIC“ mit der positiven Aussage „DON`T PANIC“ zeuge von Originalität. Außerdem verleihe die gleichlautende Endung der Worte „PANIC“ und „ISLAMIC“ der angemeldeten Wortfolge eine schutzbegründende Prägnanz.

Die Anmelder beantragen daher sinngemäß,

die Beschlüsse vom 26. Oktober 2006 und vom 28. Februar 2007 aufzuheben.

II.
Die nach § 66 Abs. 1 und 2 MarkenG zulässige Beschwerde erweist sich als unbegründet. Die angemeldete Wortfolge „DON`T PANIC i`M ISLAMIC“ weist für die beanspruchten Waren nicht die erforderliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG auf.

1. Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl. EuGH GRUR 2004, 428 – Henkel; BGH GRUR 2003, 1050 – Cityservice). Die Unterscheidungskraft ist im Hinblick auf die Waren und Dienstleistungen, für die sie angemeldet worden ist, und im Hinblick auf die Anschauung der maßgeblichen normal informierten sowie angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher zu beurteilen. Dabei ist ferner zu berücksichtigen, dass die Verbraucher ein als Marke verwendetes Zeichen in der Regel so aufnehmen, wie es ihnen entgegentritt, ohne es einer näheren analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. EuGH GRUR 2004, 431 Rn. 53 – Henkel; BGH GRUR 2001, 1151 – marktfrisch). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere solche Marken, denen das angesprochene Publikum für die hinsichtlich der fraglichen Waren oder Dienstleistungen lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt (vgl. EuGH GRUR 2004, 674 Rn. 86 – Postkantoor; BGH GRUR 2005, 417 – BerlinCard) oder etwa eine bloße Anpreisung oder Werbeaussage allgemeiner Art (vgl. BGH GRUR 1995, 410 – Turbo; GRUR 2001, 735 – Test it; GRUR 2002, 1070 – Bar jeder Vernunft) zuordnet. Von diesen Grundsätzen ist auch bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft von Wortfolgen wie Slogans oder Redewendungen auszugehen, ohne dass gegenüber anderen Wortmarken strengere Anforderungen an die Unterscheidungskraft gerechtfertigt sind (BGH GRUR, a. a. O. – Bar jeder Vernunft).

Die Kürze, eine gewisse Originalität und Prägnanz einer Wortfolge können Indizien für deren Eignung sein, die Waren oder Dienstleistungen eines bestimmten Anbieters von denen anderer zu unterscheiden. Auch können die Mehrdeutigkeit und Interpretationsbedürftigkeit einer Werbeaussage einen Anhalt für eine hinreichende Unterscheidungskraft bieten (vgl. BGH GRUR 2001, 1043, 1044 f. – Gute Zeiten – Schlechte Zeiten; BGH GRUR 2002, 1070, 1071 – Bar jeder Vernunft). Insgesamt ist aber entscheidend, ob die Wortfolge einen im Vordergrund stehenden, auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen bezogenen Inhalt besitzt oder es sich um eine allgemeine Werbeaussage handelt, die nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird.

1.1. Für „Druckereierzeugnisse, nämlich Zeitungen, Zeitschriften, Comic-Hefte, Magazine, Broschüren, Faltblätter, Prospekte, Programmhefte, Pressemappen, Bücher, Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate) in Form von Druckereierzeugnissen“ beschränkt sich die angemeldete Wortfolge auf eine verständliche Beschreibung des Inhalts der Werke. Dieser besteht in der Darstellung der Lebenssituationen von Menschen, die zwar dem islamischen Glauben angehören, sich aber vom Gedankengut terroristischer Gruppen distanzieren. Unter dem Titel „Don’t panic, I’m Islamic“ wurden beispielsweise Dokumentationen und Artikel der BBC seit dem Jahr 2005 publiziert, vgl. www.bbc.co.uk/…: „Don`t pan ic, I`m Islamic Tamer explains how his life has changed since 9/11 und how this is now set to continue. …“. In Deutschland wurden Schulbücher und Zeitschriften unter diesem Titel veröffentlicht, vgl. www.schattenblick.de/…: „Ein Religionsbuch für den Schulunterricht bricht den Bann…“; www.buchhandel.de/…: Derw isch 04 -don`t panic, I`m islamic zeitschrift für viel.seitige … Dieses Heft versammelt schwerpunktmäßig Texte zu den Themen Migration, Integration und (Feindbild) Islam. …“. Die Wortfolge „DON`T PANIC, i’M ISLAMIC“ besitzt somit eine lediglich beschreibende Aussagekraft, um den angesprochenen Verkehrskreisen einen Eindruck über den Inhalt der damit betitelten Werke zu vermitteln. Daher fehlt es an einem betrieblichen Herkunftshinweis für alle beanspruchten Druckereierzeugnisse. Eine inhaltlich thematische Aussage liegt auch hinsichtlich der Waren „Plakate (Poster), Transparente, Aufkleber, auch selbstklebend, Abziehbilder (auch solche aus Vinyl und solche zum Aufbügeln); Papier- und Vinylaufkleber“ vor, die die angemeldete Wortfolge als Beschriftung bzw. Aufdruck enthalten können.

1.2. Für die übrigen Waren der Klasse 16 „Papier, Pappe (Karton), Waren aus Papier und Pappe (Karton), nämlich Pappbecher, Papierschmuck, Briefpapier, Notizbücher, Notiztafeln, Adressbücher, Briefmappen, Verpackungsbehälter, Verpackungstüten, Einwickelpapier, Druckereierzeugnisse nämlich Buchhüllen; Fotografien, Bilder (Drucke und Gemälde); Kalender“ sowie für die angemeldeten Waren der Klasse 14 (Schmuckwaren) und Klasse 25 (Bekleidung, Schuhe, Kopfbedeckungen) kommt der Wortfolge „DON’T PANIC i’M ISLAMIC“ zwar keine unmittelbar beschreibende Bedeutung in Form einer thematischen Aussage zu. Es handelt sich bei den angemeldeten Zeichen diesbezüglich auch nicht um eine bloße Anpreisung oder Werbeaussage allgemeiner Art, die Verbraucher, etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung, stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstehen (BGH GRUR 2003, 1050 – Cityservice). Die angemeldete Wortfolge enthält indes eine (gesellschafts-)politische Aussage, die zwar keinen Werbespruch darstellt, vom Verkehr ihrer konkreten Verwendung wegen aber als allgemeiner Sinnspruch gesehen und deshalb ebenfalls nicht als herkunftshinweisend aufgefasst wird. Vergleichbar hierzu sind bekannte schlagwortartige Aussagen wie etwa „ATOMKRAFT? NEIN DANKE“ oder „Keine Macht den Drogen“. Der Verkehr begegnet derartigen Sprüchen als Ausdruck persönlicher Gefühle und Empfindungen im Bereich der Politik und Gesellschaft in vielfältiger Weise, insbesondere als Beschriftung auf verschiedensten Waren wie Aufklebern, aber auch auf Postkarten, Bekleidungsstücken (vor allem auf T-Shirts und Sweat-Shirts), Kopfbedeckungen (z. B. Schirmmützen), Schuhen oder Schmuckwaren (z. B. auf sog. Buttons). Der Erwerb entsprechender Waren beruht maßgeblich auf dem jeweiligen Spruch und seiner Eignung, die Gefühle des Käufers zum Ausdruck zu bringen, und nicht auf einer irgendwie gearteten Vorstellung über die Herkunft der so gekennzeichneten Waren aus einem bestimmten Unternehmen.

Dass der vorliegend angemeldete Sinnspruch der englischen Sprache entstammt und eine gewisse Ironie in seiner Aussage enthält, vermag eine hinreichende Unterscheidungskraft nicht zu begründen. Zum einen wird die aus gängigen englischen Begriffen (die den deutschen Ausdrücken angenähert sind wie „PANIC“ = „panisch“ und „ISLAMIC“ = „islamisch“) zusammengesetzte Wortfolge von einem entscheidungserheblichen Teil des Verkehrs in ihrer Bedeutung auf Anhieb verstanden; dies gilt auch im Hinblick auf die Verneinung mit „DON`T“, die zum grammatikalischen Grundwissen die englische Sprache betreffend zählt. Auch sind englischsprachige Sinnsprüche im deutschen Verkehr nicht ungebräuchlich – wie z. B. die Aussage „Big Brother is watching you“ zeigt, die als Zitat aus dem Roman „1984“ von O… oder verkürzt auf „Big Brother“ häufig als Synonym für den „Überwachungsstaat“ gebraucht wird (wobei „Big Brother“ zudem als Titel einer sog. „Reality-Show“ im Fernsehen zusätzlich Popularität erlangt hat). Zum anderen sind gerade ironische Aussagen geeignet, subjektive Gefühle und Gedanken, mit denen sich die Käufer identifizieren können, zum Ausdruck zu bringen, so dass hieraus ebenfalls nicht die Annahme des Verkehrs, einem betrieblichen Herkunftshinweis zu begegnen, hergeleitet werden kann.

1. Soweit nicht ausgeschlossen ist, dass das Zeichen auf den genannten Waren, wie beispielsweise auf Bekleidungsstücken, an einer Stelle in einer Aufmachung angebracht sein könnte, dass es vom Verkehr ohne weiteres als Marke verstanden wird, kann diese Überlegung in die Frage nach der Schutzfähigkeit von Wortmarken im Registerverfahren nicht miteinbezogen werden. Im Registerverfahren kann bei einer Wortmarke die Stelle und die besondere Art der Anbringung nicht in der Prüfung berücksichtigt werden. Sollte sich der Schutz der Wortmarke lediglich aus ihrer Position ergeben, wäre die Positionsmarke die richtige Markenkategorie (vgl. BPatG 29 W (pat) 85/07 – TOOOR!). Dabei gilt aber zu berücksichtigen, dass Slogans üblicher Weise nicht zur Kennzeichnung von Bekleidungsstücken dienen.

2. Ob der Eintragung der angemeldeten Marke neben der fehlenden Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG auch das Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegensteht, kann im Ergebnis dahingestellt bleiben. Nach dem Wortlaut des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind jedenfalls von der Eintragung nur solche Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus beschreibenden Angaben bestehen. Dies ist im Hinblick auf das angemeldete Zeichen jedoch bereits aufgrund der Wortelemente „DON`T PANIC“ zu verneinen.

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