BPatG: Abbildung einer Säulenhalle (Tempelmotiv) – Verwechslungsgefahr mit einer Bildmarke Beschluss vom 22.02.2011 – 27 W (pat) 254/09

Zwar kann eine Verwechslungsgefahr auch gegeben sein, wenn der Gesamteindruck einer mehrteiligen Marke durch einen mit der Gegenmarke übereinstimmenden oder verwechselbaren Bestandteil geprägt wird oder dieser Bestandteil eine selbstständig kennzeichnende Stellung einnimmt (EuGH GRUR 2005, 1042, 1044 [Nr. 32 ff.] – Thomson life; BGH GRUR 2006, 859, 861 [Nr. 21] – Malteserkreuz).
Auch wenn man hier der Tempeldarstellung eine den Gesamteindruck prägende oder sonst selbständig kennzeichnende und damit kollisionsbegründende Stellung zusprechen wollte, unterscheiden sich die dann maßgeblichen bildlichen Darstellungen ausreichend, so dass sie bei dem von Haus aus nicht besonders originellen Motiv nicht zu einer Verwechslungsgefahr führen können.

BPatG, Beschluss vom 22.02.2011 – 27 W (pat) 254/09Tempelmotiv
§ 9 Abs. 1 Nr. 1 und 2 MarkenG

B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 307 71 044

hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 22. Februar 2011 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht, den Richter Kruppa und die Richterin am Landgericht Werner beschlossen:

Die Beschwerde des Widersprechenden wird zurückgewiesen.

G r ü n d e

I.
Gegen die am 2. November 2007 angemeldete und am 11. Februar 2008 für die Dienstleistungen der

Klasse 41: Coaching; Demonstrationsunterricht in praktischen Übungen; Durchführung von pädagogischen Prüfungen; Erziehung und Unterricht; Fernkurse; Fernunterricht; Organisation und Durchführung von kulturellen und sportlichen Veranstaltungen; Organisation und Veranstaltung von Konferenzen; Personalentwicklung durch Aus- und Fortbildung; Publikation von Druckerzeugnissen (auch in elektronischer Form), ausgenommen für Werbezwecke; Publikation von Zeitschriften und Büchern in elektronischer Form, auch im Internet,
Klasse 42: Durchführung wissenschaftlicher Untersuchungen; Erstellung wissenschaftlicher Gutachten; Recherche- und Entwicklungsdienste bezüglich neuer Produkte für Dritte; sozialwissenschaftliche Beratung; Zertifizierungen,
Klasse 44: Dienstleistungen eines Psychologen; Dienstleistungen eines Sanitäters; Dienstleistungen eines Arztes; Dienstleistungen eines Chiropraktikers; Dienstleistungen von Schönheitssalons; Durchführung medizinischer und klinischer Untersuchungen; Durchführung von Massagen; Ernährungsberatung; Gesundheitsund Schönheitspflege; Gesundheitsberatung; physiotherapeutische Behandlung

eingetragene und am 14. März veröffentlichte Wort-/Bildmarke 307 71 044.0

hat der Widersprechende am 11. Juni 2008 aus seiner am 8. Januar 1997 eingetragenen und am 1. April 2006 verlängerten Bildmarke 396 11 523.3,

eingetragen für die Waren und Dienstleistungen der

Klasse 5: Pharmazeutische und veterinär-medizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke,
Klasse 41: Ausbildung, Erziehung, Unterricht, Fernkurse, Musikunterricht, insbesondere zur Therapie, Unterricht durch Rundfunk und Fernsehen, Weiterbildung, Büchervermietung, Filmproduktion, Filmvermietung, Filmvorführungen, Rundfunk- und Fernsehunterhaltung, Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern, Zeitungen und Zeitschriften,
Klasse 43: Beherbergung und Verpflegung von Gästen, Betrieb von Bädern, Schwimmbädern und Saunen,
Klasse 44: Dienstleistungen eines Altenheims und Pflegeheims,
Dienstleistungen eines Erholungsheims und eines Sanatoriums, Dienstleistungen eines Krankenhauses sowie Dienstleistungen eines medizinischen Labor,

Widerspruch eingelegt.

Die mit einer Beamtin des höheren Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch mit Beschluss vom 20. August 2009 zurückgewiesen.
Dazu ist ausgeführt, die Widerspruchsmarke verfüge über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Anhaltspunkte für eine durch intensive Nutzung gesteigerte Kennzeichnungskraft bestünden nicht.
Die für das angegriffene Zeichen registrierten Dienstleistungen seien teilweise, nämlich z. B. hinsichtlich der Dienstleistungen Erziehung, Unterricht, Fernkurse usw., identisch. Auf den ursprünglich erhobenen Einwand der Nichtbenutzung der Widerspruchsmarke habe die Inhaberin des angegriffenen Zeichens verzichtet.
Trotz identischer Dienstleistungen und damit strenger Anforderungen an den einzuhaltenden Markenabstand bestehe keine Verwechslungsgefahr.
Bei der angegriffenen Marke handle es sich um eine Wort-Bildmarke, bei der Widerspruchsmarke um eine Bildmarke. Im Fall einer Wort-Bildmarke messe das Publikum in der Regel dem Wort als einfachster und kürzester Bezeichnungsform eine prägende Bedeutung zu. Danach werde hier die angegriffene Marke mit „quadromedica…die Heilpraktikerschule“ benannt. Für die widersprechende Bildmarke kämen dagegen „Tempel“, „Säulenhalle“, „Akropolis“ o. ä. als Benennungen in Betracht. Es bestünden somit keine klanglichen oder schriftbildlichen Berührungspunkte.
Die Marken unterschieden sich auch bildlich. Die Darstellung der Säulenhalle mit vier Säulen in der angegriffenen Marke sei zeichnerisch sehr klar und exakt, die der Widerspruchsmarke dagegen sei etwas grob, unscharf und mit Schatten versehen. Sie zeige fünf Säulen. Auch die Perspektive in den Bildern sei anders, da die beiden mittleren Säulen bei der angegriffenen Marke nach hinten versetzt und bei der Widerspruchsmarke in einer Linie nebeneinander angeordnet seien. Ferner stehe der Tempel der Widerspruchsmarke auf Stufen, die der jüngeren Marke fehlten.
Das angesprochene Publikum werde die Tempeldarstellung in der angegriffenen Marke daher nicht dem Widersprechenden zuordnen.

Dieser Beschluss ist dem Widersprechenden am 2. September 2009 zugestellt worden.

Dagegen wendet er sich mit seiner Beschwerde vom 28. September 2009, die er mit Schriftsatz vom 14. Januar 2011 begründet hat.

Er ist der Auffassung, bei deutlicher Dienstleistungsnähe halte das angegriffene Zeichen den gebotenen markenrechtlichen Abstand nicht ein.
Anhand der vorgelegten Benutzungsunterlagen habe er nachgewiesen, dass die Widerspruchsmarke eine erhöhte Kennzeichnungskraft erlangt habe.
Er benutze die Widerspruchsmarke für den gesamten in Frage stehenden Dienstleistungsbereich seit ca. 20 Jahren in Deutschland, und zwar sowohl als Marke für die genannten Dienstleistungen, als auch als Unternehmenskennzeichen. Inzwischen gehöre er in dem relevanten Bereich zu den Marktführern.
Allerdings sei auf Grund der bestehenden Dienstleistungsidentität und Zeichenähnlichkeit eine Verwechslungsgefahr auch unter Zugrundelegung durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke gegeben.
Die beiden abgebildeten Tempel der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke seien einander in hohem Maß ähnlich. Beide Tempelabbildungen seien frontal, zeigten nur die Vorderseite, enthielten flachwinklige Dächer, die mit einem inneren Dreieck abgesetzt seien und auf runden Tempelsäulen ruhten und deren Dachkanten leicht über die äußeren Säulen überstünden, wobei die Säulen nicht verziert seien und dachwärts mit einer schlichten Verbreiterung endeten.
Der mit dem Bild transportierte Begriff „Tempelmotiv“ und die damit vermittelte Assoziation seien in den beiden einander gegenüberstehenden Marken identisch. Das Tempelmotiv werde auf den ersten Blick auch vom flüchtigen Betrachter wahrgenommen und habe eine bestimmte Bedeutung. Das einprägsame Tempelmotiv in der angegriffenen Marke dominiere den Gesamteindruck; jedenfalls aber komme ihm eine selbstständig prägende Bedeutung zu.
Den Wortzusatz würden die Angesprochenen bei der Wahrnehmung des Gesamtzeichens vernachlässigen, zumal er beschreibend sei. Dies gelte auch für den Bestandteil „quadromedica“; den an medizinischer und Heilpraktiker-Ausbildung Interessierten sei die Bedeutung von „medica“ als „bezogen auf Medizin“ bzw. „medizinisch“ und von „quadro“ als „vier“ bekannt.
Es bestehe auch eine assoziative Verwechslungsgefahr.
Das Tempelmotiv begegne dem Publikum in der älteren Marke seit zwei Jahrzehnten nicht nur als Marke, sondern auch als Unternehmenskennzeichen. Das selbstständig prägende Tempelmotiv mit erhöhter Kennzeichnungskraft werde auch in der angegriffenen Marke als Unternehmenskennzeichen verstanden. Der Verbraucher werde – ebenso wie in der Entscheidung „Malteserkreuz II“ – zumindest wirtschaftliche und organisatorische Verbindungen zwischen den Inhabern der Marken annehmen.
Schließlich genieße die Widerspruchsmarke Motivschutz.
Er habe mit dem Tempelmotiv bei den Angesprochenen einen umfassenden Assoziationsgehalt dahingehend aufgebaut, dass sich in dem Tempel Menschen begegnen, die Heilkünste erfahren und erlernen könnten, und dass der Tempel nach allen Seiten offen sei, also für Schulmedizin und alternative Heilmethoden. Die Säulen des Tempels würden mit den fünf Hauptrichtungen des Angebots verbunden. Das Dach symbolisiere die ganzheitliche Weltanschauung des Ausbildungskonzepts.

Der Widersprechende beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 20. August 2009 aufzuheben und auf seinen Widerspruch die Wort-/Bildmarke 307 71 044.0 zu löschen.

Demgegenüber beantragt die Inhaberin des angegriffenen Zeichens,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, Verwechslungsgefahr zwischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke bestehe nicht.
Das angegriffene Zeichen und die Widerspruchsmarke böten keine identischen Waren an. Soweit sich eine Übereinstimmung der angebotenen Dienstleistungen im markenrechtlichen Sinn bei „Ausbildung, Erziehung, Unterricht“ ergäbe, halte die angegriffene Marke den für die Verneinung der Verwechslungsgefahr erforderlichen Abstand zur widersprechenden Marke ein. Der Gesamteindruck der beiden Marken sei nicht geeignet, eine Verwechslungsgefahr zu begründen.

Die angegriffene Marke werde von dem Zusammenspiel von Wort- und Bildbestandteilen und auch durch die Beschreibung „die Heilpraktikerschule“ bestimmt, da sie sich zu einem zusammengehörigen betrieblichen Herkunftshinweis verbänden. Dabei werde der Gesamteindruck wesentlich durch den Wortbestandteil der angegriffenen Marke geprägt. Die Firmierung „quadromedica“ sei in der Marke
gleich doppelt enthalten und falle aufgrund von Größe und Aufmachung als erstes ins Auge. Der Tempel trete bei der Betrachtung in den Hintergrund.
Selbst bei einer isolierten, analysierenden Betrachtungsweise des angegriffenen Zeichens könne sich eine Verwechslungsgefahr mit der Widerspruchsmarke nicht ergeben, da der Wortbestandteil „quadromedica“ die Marke insgesamt präge.
Auch eine Verwechslungsgefahr aufgrund der konkreten bildlichen Ausgestaltung der Marken komme nicht in Betracht. Selbst eine isolierte und damit grundsätzlich unzulässige Betrachtung der Bildbestandteile zeige deutliche Unterschiede. Bei der Widerspruchsmarke handle es sich um eine schematisch-künstlerische Darstellung eines klassischen griechischen fünfsäuligen Tempels mit Schattenwurf und angedeutetem Untergrund. Das Motiv des angegriffenen Zeichens weiche schon durch den im Giebel des Tempels enthaltenen Äskulapstab und den Textblock deutlich davon ab. Die Firmierung korrespondiere dabei auf besondere Weise mit dem Bildbestandteil der angegriffenen Marke; die vier Säulen symbolisierten die vier konzeptionellen Schwerpunkte der Schule („quadro“) und der Äskulapstab stehe für den medizinischen Kontext der Ausbildung („medica“).
Dass keine Verwechslungsgefahr bestehe, gelte umso mehr, da die Widerspruchsmarke eine nur geringe Kennzeichnungskraft habe. Der dargestellte Tempel sei ein gängiges Motiv, das für sich genommen nur ein Minimum an Unterscheidungskraft aufweise. Gesichtspunkte, aus denen sich eine durchschnittliche
Kennzeichnungskraft ergeben könnten, seien nicht ersichtlich.

II.
Die statthafte und auch sonst zulässige Beschwerde des Widersprechenden hat in der Sache keinen Erfolg.

1.
Da kein Antrag auf Anberaumung einer mündlichen Verhandlung vorliegt und der Senat eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich erachtet, kann im schriftlichen Verfahren entschieden werden, nachdem die Inhaberin des angegriffenen Zeichens ausreichend Gelegenheit hatte, zu der Beschwerde des Widersprechenden schriftlich Stellung zu nehmen (§ 69 MarkenG). Der Widersprechende hatte seinerseits ebenfalls ausreichend Gelegenheit, seine Beschwerde zu begründen.

2.
Mit der Markenstelle kann eine Gefahr von Verwechslung der Vergleichsmarken nach § 43 Abs. 2 Satz 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1 und 2 MarkenG nicht festgestellt werden.

a)
Die Eintragung einer Marke ist auf den Widerspruch aus einer prioritätsälteren Marke nach § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zu löschen, wenn zwischen beiden Zeichen wegen Zeichenidentität oder -ähnlichkeit und Dienstleistungs- bzw. Warenidentität oder -ähnlichkeit unter Berücksichtigung der
Kennzeichnungskraft der älteren Marke die Gefahr von Verwechslungen einschließlich der Gefahr, dass die Marken miteinander gedanklich in Verbindung gebracht werden, besteht. Dabei stehen die vorgenannten Komponenten miteinander in einer Wechselbeziehung, wobei ein größerer Grad einer Komponente
den geringeren Grad einer anderen Komponente ausgleichen kann oder ungekehrt (st. Rspr.; vgl. BGH 2010, 235 – AIDA/AIDU; GRUR 2005, 326 – IL PATRONE/PORTONE; GRUR 1999, 241 – Lions; EuGH GRUR 2005, 1042 – THOMSON LIFE ; MarkenR 1999, 236 – Lloyd/Loints).

Der Schutz der älteren Marke ist dabei auf die Fälle zu beschränken, in denen die Benutzung eines identischen oder ähnlichen Zeichens durch einen Dritten die Funktionen der älteren Marke, insbesondere ihre Hauptfunktion zur Gewährleistung der Herkunft der Waren oder Dienstleistungen gegenüber den Verbrauchern, beeinträchtigt oder beeinträchtigen könnte (vgl. EuGH GRUR 2007, 318 – Adam Opel/Autec).

b)
Nach diesen genannten Grundsätzen ist vorliegend keine Gefahr von Verwechslungen gegeben.

aa)
Die Widerspruchsmarke ist mit der Darstellung eines griechischen Tempels mit fünf gleichartig nebeneinander angeordneten Säulen und mit einem flach darüber verlaufenden Spitzdach entgegen der Annahme des Widersprechenden allenfalls durchschnittlich kennzeichnungskräftig.

Der Senat vermag entgegen der Annahme des Widersprechenden insbesondere nicht festzustellen, dass die Widerspruchsmarke über eine gesteigerte Kennzeichnungskraft verfügt.
Soweit der Widersprechende eine mindestens überregionale Bekanntheit seiner Bildmarke geltend macht, ist dieses Vorbringen weder hinreichend dargelegt noch auf eine Verwendung der Widerspruchsmarke als Herstellermarke für Waren und Dienstleistungen der Klassen 5, 41, 43 und 44 bezogen, so dass für eine gesteigerte Kennzeichnungskraft nicht ausreichend vorgetragen ist.

Auch wenn der Widersprechende seine Marke seit zwei Jahrzehnten sowohl für alle in Rede stehenden Dienstleitungen als auch als Unternehmenskennzeichen verwendet, hat er mit den vielen eingereichten Unterlagen dennoch keine konkreten Angaben zu dem von der Marke gehaltene Marktanteil, der Intensität und geographischen Verbreitung der Markenverwendung, den aufgewendeten Werbemitteln für die unterschiedlichen Dienstleistungen oder deren genauen Umsatzzahlen und der dadurch erreichten Bekanntheit bei den angesprochenen Verbraucherkreisen für die jeweiligen Dienstleistungen gemacht.
Die Aussage, er gehöre „in dem relevanten Bereich zu den Marktführern“, ist eine Schlussfolgerung, deren Tatsachengrundlage der Widersprechende in dem Verfahren nicht nachprüfbar offengelegt hat, zumal der beanspruchte Bereich nahezu unüberschaubar groß ist.

Der Widersprechende verkennt, dass allein der Umstand, dass er seine Marke für die von ihm angebotenen Waren und unterschiedlichen Dienstleistungen und als Unternehmenskennzeichen umfassend für seine Programme, Kataloge, Fortbildungsmaterialien, Werbung und seine „gesamten firmenbezogenen Außenauftritte“ benutzt, nicht zwingend zu dem Schluss führt, dass die benutzte Marke auch erhöhte Bekanntheit erlangt hat.

bb)
Nachdem die Benutzung der Widerspruchsmarke von der Inhaberin des angegriffenen Zeichens nicht mehr bestritten wird, ist bei der Beurteilung der Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit für die Widerspruchsmarke von dem im Register Eingetragenen auszugehen.

Die von der jüngeren Marke beanspruchten Dienstleistungen der Klassen 41 und 44 werden identisch auch unter der Widerspruchsmarke angeboten.
Ob und gegebenenfalls in welchem Grad die Dienstleistungen der Klasse 42 des jüngeren Zeichens zu den Waren und Dienstleistungen der Klassen 5 und 44 der älteren Marke ähnlich sind, kann dahingestellt bleiben, da selbst bei den identischen Dienstleistungen keine Verwechslungsgefahr besteht.

cc)
Auch wenn insoweit strenge Anforderungen an den erforderlichen Markenabstand zu stellen sind, um eine Verwechslungsgefahr im markenrechtlichen Sinn auszuschließen, reichen die begrifflichen, klanglichen und schriftbildlichen Abweichung aus, um die Gefahr von Verwechslungen im Sinn von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG
hinreichend sicher auszuschließen.

(1)
Die Gefahr unmittelbarer Verwechslungen zwischen den Vergleichsmarken besteht nicht.
Stellt man die Marken einander in ihrer Gesamtheit gegenüber, verhindert der im jüngeren Zeichen rechts der Graphik angeordnete Textblock, dem in der Widerspruchsmarke nichts vergleichbares gegenübersteht, eine unmittelbare Verwechslungsgefahr in klanglicher und schriftbildlicher Hinsicht.

Zwar kann eine Verwechslungsgefahr auch gegeben sein, wenn der Gesamteindruck einer mehrteiligen Marke durch einen mit der Gegenmarke übereinstimmenden oder verwechselbaren Bestandteil geprägt wird oder dieser Bestandteil eine selbstständig kennzeichnende Stellung einnimmt (EuGH GRUR 2005, 1042, 1044 [Nr. 32 ff.] – Thomson life; BGH GRUR 2006, 859, 861 [Nr. 21] – Malteserkreuz).
Auch wenn man jedoch hier der Tempeldarstellung eine den Gesamteindruck prägende oder sonst selbständig kennzeichnende und damit kollisionsbegründende Stellung zusprechen wollte, unterscheiden sich die dann maßgeblichen bildlichen Darstellungen ausreichend.

Allein der Umstand, dass in beiden Marken ein Tempel oder eine Säulenhalle abgebildet ist, führt noch nicht zu einer Übereinstimmung der Motive.
Die Darstellung der Säulenhalle im angegriffenen Zeichen ist zeichnerisch sehr klar und zeigt einen Tempel mit vier Säulen, von denen die beiden mittleren leicht nach hinten versetzt sind, was eine räumliche Wirkung erzeugt. Darüber befindet sich über dem Architrav ohne Fries ein flaches Spitzdach, in dessen Giebel das Wort „quadromedica“ zu lesen und ein orangefarbener Äskulapstab abgebildet ist, von dem ein orangefarbiger Schein über das Dach hinausgeht. Das Motiv erscheint – ohne Berücksichtigung der daneben befindlichen Wortbestandteile – quadratisch.

Bei der Widerspruchsmarke handelt es sich um eine schematisch-künstlerische Darstellung eines Tempels mit fünf in einer Linie nebeneinander angeordneten Säulen auf drei Stufen und angedeutetem Untergrund und darüber auf Architrav und Fries mit deutlich erkennbaren Methopen ein flaches Spitzdach mit Schattenwurf. Die Abbildung erscheint in die Breite gestreckt. Demgegenüber sind die Übereinstimmungen in den Bildbestandteilen nicht von so ausschlaggebender Bedeutung, dass sie bei dem von Haus aus nicht besonders originellen Motiv zu einer Verwechslungsgefahr führen würden.

Der Widersprechende kann für das von ihm verwendete Tempelmotiv keine so erhöhte Kennzeichnungskraft geltend machen, dass ihm auch dann ein Hinweis auf den Inhaber der älteren Marke entnommen wird, wenn es als Bestandteil eines jüngeren Zeichens auftritt (grdl. BGH GRUR 2003, 880, 881 – City Plus; GRUR 2006, 859, 862 – Nr. 31 – Malteserkreuz; GRUR 2007, 888, 889 – Euro Telekom), wie der Senat unter aa) bereits festgestellt hat. Dies gilt auch, soweit sich das Tempelbild in der Widerspruchsmarke als bundesweit benutzter Firmenname darstellen sollte (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 9 Rn. 283, 332; BGH GRUR 2003, 1040 – Kinder; GRUR 2004, 775 – EURO 2000;
GRUR 2008, 903 – Sierra Antiguo).

(2)
Es besteht auch nicht die Gefahr, dass die Verbraucher die Vergleichsmarken im Sinn von § 9 Abs. 1 Nr. 2, 2. Halbs. MarkenG gedanklich miteinander in Verbindung bringen.
Dies wäre der Fall, wenn der Verbraucher, der die Unterschiede der Marken wahrnimmt und sie deshalb nicht unmittelbar verwechselt, auf Grund von Gemeinsamkeiten in der Markenbildung oder in prägenden Einzelteilen Anlass hätte, das jüngere Zeichen (irrtümlich) dem Inhaber der älteren Marke zuzuordnen oder auf Grund dieser Umstände auf sonstige wirtschaftliche oder organisatorische Verbindungen zwischen den Markeninhabern, vor allem im Sinn einer gemeinsamen Produktverantwortung zu schließen. Ausschließlich assoziative Gedankenverbindungen, die zwar behindernde, rufausbeutende oder verwässernde Wirkung haben, nicht jedoch zu eigentlichen Herkunftsverwechslungen führen, erfasst § 9 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 MarkenG nicht (EuGH GRUR 2005, 1042 – Thomson Life; BGHZ 167, 322 – Malteserkreuz). Eine assoziative Verwechslungsgefahr wird regelmäßig dann bejaht, wenn die Widersprechende bereits mit einer Serie von Marken aufgetreten ist, die das in den Vergleichsmarken übereinstimmende Element als Stammbestandteil enthalten und trotz der abweichenden Bestandteile das Publikum die jüngere Marke mit der Widerspruchsmarke als ein davon abgeleitetes Serienzeichen in Verbindung bringt (vgl. z. B. BGH GRUR 1996, 200, 202 – Innovadiclophlont; GRUR 2000, 886, 887 – Bayer/BeiChem).

Dies ist hier nicht der Fall.
Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der Widersprechende bereits mit einer Serie von Marken aufgetreten ist, die das in den Vergleichsmarken übereinstimmende Element jeweils als Stammbestandteil enthalten. Unter Berücksichtigung der abweichenden Bestandteile ist auch im Übrigen damit zu rechnen, dass die Verbraucher die jüngere Marke mit der Widerspruchsmarke als ein davon abgeleitetes Serienzeichen in Verbindung bringen.
Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr hängt insoweit von gegenläufigen Faktoren ab. Ohne gesteigerte Kennzeichnungskraft des älteren Zeichens infolge tatsächlicher Benutzung ist die Annahme weniger gerechtfertigt, dass es auch in der jüngeren Zeichenkombination als Hinweis auf den älteren Markeninhaber aufgefasst wird.

Darüber hinaus übersieht der Widersprechende, dass im Unterschied zu der Entscheidung „Malterskreuz II“ (BPatG vom 30. Januar 2008, Az:. 25 W (pat) 42/02 und nachgehend BGH GRUR 2010, 833) vorliegend schon keine hohe Ähnlichkeit der Bildbestandteile in den Vergleichsmarken besteht, die Voraussetzung dafür wäre, die Marken gedanklich miteinander in Verbindung bringen zu können.

Der Widersprechende verbindet mit seiner Bildmarke zwar eine konkrete Assoziation, von der er annimmt, dass an seinen Angeboten Interessierte sie zumindest bemerken. So zeige sich der Tempel nach allen Seiten offen, also für Schulmedizin und alternative Heilmethoden, und die Säulen des Tempels trügen die fünf Hauptrichtungen des Angebots, während das Dach die ganzheitliche Weltanschauung des Ausbildungskonzepts symbolisiere.
Dem entspricht das angegriffene Zeichen mit seinen Hinweisen auf eine Heilpraktikerschule mit den vier Säulen für die konzeptionellen Schwerpunkte der Schule („quadro“) und dem Äskulapstab für den medizinischen Kontext der Ausbildung („medica“) aber nicht in einem Maße, dass dies zu einer assoziativen Verwechslungsgefahr führen könnte.

Tempel und Säulenhallen sind beliebte Motive. Anbieter in vielen Bereichen, so z. B. für Medizin und Heilkunde im weitesten Sinn, bei religiösen Zusammenhängen ebenso wie im juristischen Bereich oder in der Astrologie und Astronomie und auch in Kunst, Kultur und Sport, verwenden sie häufig. Dies spricht dagegen, sie als für einen Anbieter typisch anzusehen und diesen alle entsprechenden Abbildungen assoziativ zuzuordnen.

4.
Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeit besteht kein Anlass (§ 71 Abs. 1 MarkenG).

5.
Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen.
Der Senat hat nicht über eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, sondern auf der Grundlage der einschlägigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesgerichtshofs über einen Einzelfall entschieden. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist auch nicht zur Rechtsfortbildung oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich, weil diese Entscheidung nicht von denen anderer Senate des Bundespatentgerichts oder anderer nationaler Gerichte abweicht. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung, die der Senat anhand der tatsächlichen Gegebenheiten getroffen hat.

Unterschriften

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