BGH: Zoladex

a) Stellt sich der Parallelimport eines Arzneimittels allein deswegen als rechtswidrig dar, weil die Vorabinformation des Markeninhabers, die Voraussetzung für die Erschöpfung gewesen wäre, unterblieben ist, kommt im Rahmen der Schadensberechnung nach der Lizenzanalogie ein verhältnismäßig niedriger Vergütungssatz in Betracht.

b) Der Parallelimporteur, der es versäumt, den Markeninhaber vorab zu informieren, und der deswegen eine Markenverletzung begeht, kann – wenn der Markeninhaber diese Art der Schadensberechnung gewählt hat – verpflichtet sein, den Gewinn aus dem Vertrieb des parallelimportierten Arzneimittels vollständig herauszugeben.

BGH, Urteil vom 29.07.2009 – I ZR 87/07Zoladex
MarkenG § 14 Abs. 6 a.F., § 24

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 29. Juli 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Prof. Dr. Büscher, Dr. Schaffert, Dr. Bergmann und Dr. Kirchhoff

für Recht erkannt:

Die Revisionen der Klägerin und der Beklagten gegen das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 3. Zivilsenat, vom 26. April 2007 werden zurückgewiesen.

Von den Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Klägerin 64%, die Beklagte 36%.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin, ein Pharmaunternehmen, vertreibt in Deutschland die Arzneimittel „Zoladex“ und „Nolvadex“; für beide Bezeichnungen genießt sie Markenschutz. Sie nimmt die Beklagte, die diese Arzneimittel ohne Vorabinformation der Klägerin aus dem Ausland nach Deutschland eingeführt und hier vertrieben hat, für die Zeit vom 31. Dezember 1996 bis zum 1. November 1999 wegen Verletzung ihrer Markenrechte auf Schadensersatz in Anspruch. Nachdem sie insoweit ein rechtskräftig gewordenes Feststellungsurteil erwirkt hat (OLG Hamburg GRUR-RR 2005, 114), macht sie nunmehr gegenüber der Beklagten Schadensersatz in Höhe von 70.739,79 € zuzüglich Zinsen geltend. Dabei verlangt sie wegen des Vertriebs des Arzneimittels „Nolvadex“ die Herausgabe eines Verletzergewinns in Höhe von 23.312,93 € und wegen des Vertriebs des Arzneimittels „Zoladex“, mit dem die Beklagte Umsätze in Höhe von 466.268,63 € erzielt hat, unter Zugrundelegung eines Lizenzsatzes von 10% eine Lizenzgebühr in Höhe von 46.626,86 €. Darüber hinaus begehrt sie von der Beklagten die Erstattung von zur Durchsetzung ihrer Ansprüche vorgerichtlich aufgewendeten Anwaltskosten in Höhe von 800 € sowie Zinsen.

2
Die Klägerin hat unter Berücksichtigung von zwei Teilzahlungen, die die Beklagte in der Zeit zwischen der Einreichung und der Zustellung der Klage geleistet hat, beantragt, die Beklagte zu verurteilen,

an die Klägerin 70.739,79 € nebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. November 1999 abzüglich am 28. Februar 2005 gezahlter 8.525,37 € und am 1. März 2005 gezahlter 2.584,11 € zu zahlen.

3
Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 21.288,02 € zuzüglich Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 20.728,52 € seit dem 22. Februar 2005, aus 559,50 € seit dem 19. Mai 2005 sowie aus 9.325,37 € für die Zeit vom 1. November 1999 bis zum 28. Februar 2005 stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen (LG Hamburg MD 2006, 655).

4
Das Berufungsgericht hat die Berufung, mit der die Klägerin ihr Zahlungsbegehren im vollen Umfang weiterverfolgt hat, und die Anschlussberufung, mit der die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage erstrebt hat, zurückgewiesen (OLG Hamburg OLG-Rep 2009, 31).

5
Mit ihren vom Berufungsgericht zugelassenen Revisionen verfolgen die Parteien ihre Klage- bzw. Klageabweisungsanträge weiter. Sie beantragen jeweils, das Rechtsmittel der Gegenseite zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

6
I. Das Berufungsgericht hat – wie zuvor das Landgericht – hinsichtlich der die Marke „Zoladex“ betreffenden Rechtsverletzung einen Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe einer Lizenzvergütung von 2% der von der Beklagten mit dem Arzneimittel erzielten Umsätze für begründet erachtet und daher angenommen, dass der Klägerin in dieser Hinsicht statt der begehrten 46.626,86 € nur die von der Beklagten in der Zeit zwischen Einreichung und Zustellung der Klage bezahlten 9.325,37 € zustehen. Das Landgericht sei deshalb mit Recht auch davon ausgegangen, dass der Anspruch der Klägerin auf Ersatz außergerichtlicher Kosten nur in Höhe von 559,50 € begründet sei. Hinsichtlich der Verletzung der Marke „Nolvadex“ habe das Landgericht eine Minderung des von der Beklagten herauszugebenden Verletzergewinns im Ergebnis richtig verneint. Ebenfalls zutreffend sei seine Beurteilung, dass die Beklagte den insoweit herauszugebenden Betrag erst ab dem 22. Februar 2005 zu verzinsen habe.

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II. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revisionen stand.

8
1. Verletzung der Marke „Zoladex“

9
a) Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass die Klägerin wegen der Verletzung der Marke „Zoladex“ eine Vergütung für eine fiktive Lizenz in Höhe von lediglich 2% des von der Beklagten mit rechtsverletzend gekennzeichneten Arzneimitteln erzielten Umsatzes verlangen kann (§ 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 6 MarkenG a.F.).

10
aa) Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei auf die Besonderheiten des Parallelimports von Arzneimitteln abgestellt und aufgrund dieser Umstände einen höheren Vergütungssatz als 2% des Umsatzes nicht als gerechtfertigt angesehen. Vernünftige Vertragsparteien eines Lizenzvertrags hätten – wovon das Berufungsgericht mit Recht ausgegangen ist – im Streitfall bei der Bemessung der Lizenzvergütung berücksichtigt, dass es nicht um die Erstkennzeichnung der Ware, sondern um den Parallelvertrieb von Originalware in Deutschland ging, die zuvor ordnungsgemäß in der Europäischen Union in Verkehr gebracht worden war und dem Konzern der Klägerin bereits entsprechende Einnahmen verschafft hatte. Vernünftige Vertragsparteien eines Lizenzvertrages hätten auch dem Umstand das nötige Gewicht beigemessen, dass die Ware bei Beachtung der von der Rechtsprechung entwickelten Vorgaben an sich ohne Zustimmung des Markeninhabers und damit lizenzfrei nach Deutschland hätte eingeführt und hier vertrieben werden können. Schließlich hat das Berufungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass das Markenrecht der Klägerin im Streitfall nur deswegen nicht erschöpft war, weil die Beklagte lediglich ihrer Obliegenheit zur Vorabinformation des Markeninhabers nicht nachgekommen war. Eine schwererwiegende Beeinträchtigung der Interessen der Klägerin, wie sie – etwa im Falle einer rufschädigenden Aufmachung des umgepackten Arzneimittels – mit der Nichterfüllung anderer Erschöpfungsbedingungen einhergeht, steht nicht in Rede. Dass diese Umstände auf der Ebene der Schadenszurechnung nicht als rechtmäßiges Alternativverhalten berücksichtigt werden dürften, hindert ihre Berücksichtigung bei der Berechnung des Schadens nicht.

11
bb) Die Revision der Klägerin wendet demgegenüber vergeblich ein, die Argumentation vom rechtmäßigen Alternativverhalten beim Arzneimittel-Parallelimport müsse auch bei der Schadensberechnung nach der Lizenzanalogie zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen stets ausgeschlossen werden (so auch Schickert, PharmR 2005, 125 f. und 128). Denn der Markeninhaber könne den Schadensersatz statt nach der Lizenzanalogie wahlweise auch nach dem tatsächlich entgangenen Gewinn oder dem Verletzergewinn berechnen; bei diesen alternativen Berechnungsmethoden komme es aber nicht darauf an, ob bei rechtmäßigem Verhalten Lizenzgebühren angefallen wären.

12
Dieser Argumentation steht schon entgegen, dass sie gegen das im Rahmen der dreifachen Schadensberechnung zu beachtende Verbot der Vermengung der einzelnen Berechnungsmethoden verstößt (vgl. BGHZ 119, 20, 25 – Tchibo/Rolex II; 122, 262, 265 – Kollektion-Holiday, jeweils m.w.N.; Hacker in Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 14 Rdn. 356). Auf die Frage, ob – wofür vieles spricht – dieses Verbot auch unter der Geltung der Richtlinie 2004/47/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums weitergilt (dazu eingehend Hacker in Ströbele/Hacker aaO), kommt es im Streitfall nicht an, weil auf die zugrunde liegenden Verletzungsfälle ohnehin altes Recht anzuwenden ist. Es kommt hinzu, dass das rechtmäßige Alternativverhalten eine hypothetisch gebliebene Schadensursache darstellt, so dass die Frage seiner Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung eine am Schutzzweck der verletzten Norm ausgerichtete Wertung erfordert (vgl. BGHZ 168, 352 Tz. 21; Palandt/Heinrichs, BGB, 68. Aufl., Vorb v § 249 Rdn. 96 m.w.N.). Dagegen sind diejenigen Umstände, die nach Auffassung des Berufungsgerichts den Ansatz eines relativ niedrigen Lizenzsatzes rechtfertigen, als beim Abschluss des für die Schadensberechnung nach der Lizenzanalogie maßgeblichen fiktiven Lizenzvertrags tatsächlich gegeben zu unterstellen (vgl. auch Schickert, PharmR 2005, 125, 128).

13
cc) Ebenfalls ohne Erfolg weist die Revision der Klägerin darauf hin, dass das Verbotsrecht des Markeninhabers gegenüber einem Parallelimporteur, der Arzneimittel unter Verstoß gegen die Verpflichtung zur Vorabunterrichtung des Markeninhabers auf den Markt gebracht hat, gemäß dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften in der Sache „Boehringer/Swingward II“ (Urt. v. 26.4.2007 – C-348/04, Slg. 2007, I-3391 = GRUR 2007, 586 Tz. 61 = WRP 2007, 627) nicht vom Verbotsrecht des Markeninhabers gegenüber dem Vertreiber gefälschter Waren unterschieden werden könne. Der Gerichtshof hat in seinen weiteren Ausführungen klargestellt, dass eine nationale Maßnahme, nach der der Markeninhaber beim Vertrieb nicht gefälschter Ware ohne vorherige Unterrichtung des Markeninhabers eine finanzielle Entschädigung auf derselben Grundlage verlangen könne wie im Falle einer Fälschung, zwar nicht als solche dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz widerspreche; es sei aber Sache des nationalen Gerichts, die Höhe der finanziellen Entschädigung im Einzelfall insbesondere unter Berücksichtigung des Umfangs des dem Markeninhaber durch den Verstoß des Parallelimporteurs entstandenen Schadens sowie unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu bestimmen (EuGH GRUR 2007, 586 Tz. 63 – Boehringer/Swingward II). Danach steht das Gemeinschaftsrecht der Beurteilung des Berufungsgerichts nicht entgegen, vernünftige Parteien eines fiktiven Lizenzvertrags hätten bei der Festlegung der Lizenzgebühr insbesondere berücksichtigt, aus welchen Gründen die Nutzung der Marke rechtswidrig gewesen sei, und hätten deshalb bei einem allein wegen der unterbliebenen Vorabinformation rechtswidrigen Vertrieb des parallelimportierten Arzneimittels einen niedrigeren Vergütungssatz vereinbart.

14
b) Aus den vorstehenden Ausführungen folgt zugleich, dass der Klägerin wegen der Verletzung der Marke „Zoladex“ weder ein weitergehender Zinsanspruch noch ein über den gewährten Betrag hinausgehender Anspruch auf Erstattung außergerichtlicher Kosten zusteht.

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2. Verletzung der Marke „Nolvadex“

16
a) Die Revision der Beklagten wendet sich ohne Erfolg gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die Beklagte den Gewinn, den sie mit dem mangels Vorabinformation der Klägerin unberechtigt eingeführten und vertriebenen Arzneimittel „Nolvadex“ erzielt hat, in voller Höhe an die Klägerin herausgeben muss.

17
aa) Mit Recht hat das Berufungsgericht zur Begründung auf den Umstand verwiesen, dass parallelimportierte Arzneimittel in Deutschland ohne Verwendung der zur Bezeichnung des Arzneimittels angebrachten Marke aus arzneimittelrechtlichen Gründen nicht verkehrsfähig sind. Unabhängig davon verbietet sich – worauf das Berufungsgericht ebenfalls hingewiesen hat – eine Unterscheidung danach, ob der Markterfolg gegebenenfalls noch von anderen Umständen abhängt, auch deswegen, weil der Parallelimporteur über die erforderlichen Hinweise auf seine Rolle als Importeur und Umpacker hinaus nur in beschränktem Umfang Eingriffe in die Packung vornehmen darf (vgl. BGH, Urt. v. 14.6.2007 – I ZR 173/04, GRUR 2007, 1075 Tz. 29 ff. = WRP 2007, 1472 – STILNOX; Urt. v. 24.4.2008 – I ZR 30/05, GRUR 2008, 1087 Tz. 19 ff. = WRP 2008, 1557 – Lefax/Lefaxin). Dem kann die Beklagte nicht mit dem – auf der Ebene der abstrakten Schadensberechnung unzulässigen – Einwand begegnen, dass sie die Vorabinformation ganz einfach hätte erteilen und das Arzneimittel dann uneingeschränkt hätte vertreiben können. Bei der Berechnung des Schadens nach dem Verletzergewinn kann – wovon das Berufungsgericht mit Recht ausgegangen ist – eine wertende Betrachtung allenfalls an die Frage der Ursächlichkeit zwischen Kennzeichenbenutzung und Gewinneintritt unter Einbeziehung eventueller Mitursachen für den Absatzerfolg anknüpfen. Die Annahme des Berufungsgerichts, im Streitfall seien solche Mitursachen jedoch wegen der besonderen Rechtslage beim Parallelimport von Arzneimitteln sowie im Hinblick auf die Unzulässigkeit der Vermischung unterschiedlicher objektiver Berechnungsweisen nicht zu berücksichtigen, lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

18
bb) Entgegen der Revision der Beklagten ist das Berufungsgericht auf den Einwand eingegangen, bei der Berechnung der Höhe des Gewinnherausgabeanspruchs sei zu berücksichtigen, dass „Nolvadex“ auch von anderen Parallelimporteuren habe vertrieben werden können. Mit Recht hat das Berufungsgericht indessen diesen Umstand als unerheblich angesehen. Um dem Ausgleichsgedanken Rechnung zu tragen, wird bei der Bemessung des Schadensersatzes anhand des Verletzergewinns gerade fingiert, dass der Rechtsinhaber ohne die Rechtsverletzung durch Verwertung seines Schutzrechts den gleichen Gewinn erzielt hätte wie der Verletzer (BGHZ 145, 366, 372 – Gemeinkostenanteil; 150, 32, 45 – Unikatrahmen; 181, 98 Tz. 74 – Tripp-Trapp-Stuhl). Dementsprechend spielt es hier – anders als bei der Berechnung des Schadens nach dem entgangenen Gewinn oder nach der Lizenzanalogie – keine Rolle, ob die Klägerin sich den Gewinn ohne das Eingreifen der Beklagten mit berechtigt handelnden Parallelimporteuren hätte teilen müssen.

19
cc) Die Überleitung des gesamten von der Beklagten mit dem Vertrieb des Arzneimittels „Nolvadex“ erzielten Gewinns auf die Klägerin steht auch nicht in Widerspruch zum Gemeinschaftsrecht. Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat sich im Urteil „Boehringer/Swingward II“ (GRUR 2007, 586 Tz. 57 ff.) zu der Frage geäußert, ob der Inhaber einer für ein Arzneimittel verwendeten Marke aufgrund eines Verstoßes des Parallelimporteurs eine finanzielle Entschädigung auf derselben Grundlage verlangen kann wie im Falle einer Warenfälschung. Auch im vorliegenden Zusammenhang sind dabei die bereits vorstehend unter II 1 a cc wiedergegebenen Ausführungen in den Textziffern 61 und 63 der Entscheidung von besonderem Belang. Der Gerichtshof hat sich mit ihnen die von der Generalanwältin Sharpston in ihren Schlussanträgen vom 6. April 2006 vertretene Auffassung, die Sanktion im Falle einer unterbliebenen Vorabinformation müsse weniger schwer ausfallen als bei einem Verstoß gegen die übrigen vier Voraussetzungen des Umpackens (Tz. 76), nicht zu eigen gemacht.

20
dd) Das Berufungsgericht hat bei seiner Beurteilung des Sachverhalts schließlich auch nicht den Grundsatz vernachlässigt, dass der Verletzergewinn allein insoweit herauszugeben ist, als er auf der Rechtsverletzung beruht (st. Rspr.; vgl. BGHZ 181, 98 Tz. 41 – Tripp-Trapp-Stuhl, m.w.N.). Seine Beurteilung, der von der Beklagten erzielte Gewinn gebühre auch unter Berücksichtigung dieses Grundsatzes in voller Höhe der Klägerin, weil das von der Beklagten eingeführte Arzneimittel ohne die Verwendung der Marke der Klägerin aus arzneimittelrechtlichen Gründen in Deutschland nicht verkehrsfähig gewesen sei, lässt keine Überschreitung des dem Tatrichter in dieser Hinsicht eingeräumten Schätzungsermessens erkennen (vgl. BGHZ 181, 98 Tz. 42 – Tripp-Trapp-Stuhl, m.w.N.; vgl. auch Schickert, PharmR 2005, 125, 128 f.).

21
b) Ohne Erfolg wendet sich die Revision der Klägerin schließlich dagegen, dass das Berufungsgericht den Zinsanspruch verneint hat, den die Klägerin auf der Grundlage des § 819 BGB hinsichtlich des ihr wegen Verletzung der Marke „Nolvadex“ zugesprochenen Schadensersatzes für die Zeit vom 1. November 1999 bis zum 22. Februar 2005 geltend gemacht hat.

22
Das Berufungsgericht hat hierzu ausgeführt, bei der Herausgabe des Verletzergewinns handele es sich um eine nur deliktsrechtlich, nicht bereicherungsrechtlich zu begründende Rechtsfolge; § 819 BGB sei daher nicht anwendbar. Diese Beurteilung entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Nach ihr stellt die unberechtigte Inanspruchnahme eines Immaterialgüterrechts durch einen Dritten zwar einen Eingriff in den Zuweisungsgehalt dieses Rechts dar. Der unberechtigte Gebrauch als solcher kann vom Dritten aber nicht herausgegeben werden. Für die Bestimmung des daher gemäß § 818 Abs. 2 BGB zu leistenden Wertersatzes ist der objektive Wert des Erlangten maßgeblich; dieser Wert besteht nicht in dem vom Dritten erzielten Gewinn, sondern in der für den Gebrauch des Rechts angemessenen und üblichen Lizenz (vgl. BGHZ 82, 299, 305 ff. – Kunststoffhohlprofil II; 99, 244, 248 f. – Chanel No. 5 I; BGH, Urt. v. 28.6.2007 – I ZR 132/04, GRUR 2008, 258 Tz. 41 = WRP 2008, 232 – INTERCONNECT/T-InterConnect; vgl. auch – zur Leistungskondiktion – BGH, Urt. v. 14.3.2000 – X ZR 115/98, GRUR 2000, 685, 686 = WRP 2000, 766 – Formunwirksamer Lizenzvertrag, m.w.N.; a.A. Fezer, Marken-recht, 4. Aufl., § 14 Rdn. 1054). Ein überzeugender Grund, von diesen Grundsätzen im vorliegend zu beurteilenden Fall abzuweichen, ist nicht ersichtlich und wird auch von der Revision der Klägerin nicht geltend gemacht.

23
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 1 ZPO.

Bornkamm Büscher Schaffert Bergmann Kirchhoff

Vorinstanzen:
LG Hamburg, Entscheidung vom 30.06.2005 – 327 O 126/05
OLG Hamburg, Entscheidung vom 26.04.2007 – 3 U 160/05

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