BGH: Verbraucherzentrale Urteil vom 31.03.2010 – I ZR 36/08

Ein Schlechthinverbot, das sich nur gegen einen einzelnen Bestandteil eines aus mehreren Bestandteilen zusammengesetzten und nur in dieser Gesamtheit im geschäftlichen Verkehr benutzten Vereinsnamens richtet, kommt nicht in Betracht, weil im Regelfall nicht ausgeschlossen werden kann, dass der angegriffene Bestandteil, wenn er mit anderen Bestandteilen kombiniert wird, keine Verwechslungsgefahr mit dem Klagezeichen begründet.

BGH, Urteil vom 31.03.2010 – I ZR 36/08Verbraucherzentrale
MarkenG § 5 Abs. 2, § 15 Abs. 2 und 4

URTEIL

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 31. März 2010 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Bergmann und Dr. Koch

für Recht erkannt:

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Kammergerichts vom 22. Januar 2008 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger, der in seinem Vereinsnamen die Bezeichnung „Verbraucherzentrale Bundesverband“ führt, ist der Bundesverband aller 16 Verbraucherzentralen der Bundesländer sowie weiterer 22 verbraucher- und sozialschutzorientierter Organisationen in Deutschland. Der Beklagte tritt seit Januar 2006 als „Verbraucherzentrale für Kapitalanleger e.V.“ auf. Er verfolgt nach seiner Satzung den Zweck, die Interessen von außenstehenden Aktionären z.B. durch Ausübung des Rede-, Frage- und Stimmrechts auf Hauptversammlungen wahr-zunehmen.

2
Der Kläger ist der Ansicht, die Bezeichnung des Beklagten verletze sein Namensrecht sowie seine geschäftliche Bezeichnung und sei irreführend.

3
Der Kläger hat beantragt,

dem Beklagten unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr die Bezeichnung „Verbraucherzentrale“ als Namen oder Bestandteil des Namens zu verwenden.

4
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Dagegen wendet sich der Beklagte mit seiner vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt.

Entscheidungsgründe:

5
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, dem Kläger stehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 15 Abs. 2 und 4, § 5 Abs. 1 und 2 MarkenG zu. Zur Begründung hat es ausgeführt:

6
Der Kläger könne für den Bestandteil „Verbraucherzentrale“ seines Vereinsnamens Kennzeichenschutz nach § 5 Abs. 2 MarkenG beanspruchen. Für einen Teil der Firmenbezeichnung könne der vom Schutz des vollständigen Firmennamens abgeleitete Schutz als Unternehmenskennzeichen beansprucht werden, wenn es sich um einen unterscheidungsfähigen Bestandteil handele, der seiner Art nach im Vergleich zu den übrigen Firmenbestandteilen geeignet erscheine, sich im Verkehr als schlagwortartiger Hinweis auf das Unternehmen durchzusetzen. Ein derart hoher Grad an originärer Unterscheidungskraft sei dem Bestandteil „Verbraucherzentrale“ zwar nicht beizumessen. Ihm sei allerdings originäre Unterscheidungskraft auch nicht vollständig abzusprechen. Es handele sich weder um eine reine Gattungsbezeichnung noch um einen glatt beschreibenden Begriff.

7
Es sei davon auszugehen, dass der Kläger für den Namensbestandteil „Verbraucherzentrale“ aufgrund von Verkehrsgeltung Kennzeichenschutz erlangt habe. Zwar seien den angesprochenen Verkehrskreisen die Existenz und die Tätigkeit der Verbraucherzentralen der einzelnen Länder bekannt, nicht dagegen diejenige des Klägers als Zusammenschluss der 16 Verbraucherzentralen der Länder und weiterer 22 verbraucher- und sozialschutzorientierter Organisationen in Deutschland. Durch die Tätigkeit der dem Kläger angeschlossenen Verbraucherzentralen der Länder habe die Bezeichnung „Verbraucherzentrale“ Verkehrsgeltung erlangt. Der Verbraucher verbinde damit die jeweilige Verbraucherzentrale des Landes, in dem er wohne. Der Kläger könne sich als Dachverband der Verbraucherzentralen der Länder auf die von seinen Mitgliedern durchgesetzte Verkehrsgeltung der Bezeichnung „Verbraucherzentrale“ berufen.

8
Zwischen dem Namensbestandteil „Verbraucherzentrale“ des Klägers und dem Namen des Beklagten bestehe jedenfalls Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn. Der Namensbestandteil des Klägers verfüge über eine durch Verkehrsgeltung erworbene durchschnittliche Kennzeichnungskraft. Zwischen den Tätigkeitsbereichen der Parteien bestehe eine Branchenähnlichkeit. Die Ähnlichkeit zwischen den sich gegenüberstehenden Zeichen ergebe sich daraus, dass die Bezeichnung „Verbraucherzentrale“ auch im Namen des Beklagten enthalten sei.

9
II. Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

10
1. Das Berufungsgericht hat den Beklagten gemäß dem Unterlassungsantrag des Klägers verurteilt, im geschäftlichen Verkehr die Bezeichnung „Verbraucherzentrale“ als Namen oder Bestandteil des Namens zu verwenden. In dieser Fassung ist das Verbotsbegehren schon deshalb unbegründet, weil es zu sehr von der konkreten Verletzungsform abstrahiert und daher zu weit reicht. Nach den Feststellungen des Landgerichts, auf die das Berufungsgericht Bezug genommen hat, tritt der Beklagte im Verkehr als „Verbraucherzentrale für Kapitalanleger e.V.“ auf. Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt – und der Kläger hat dies auch nicht behauptet -, dass der Beklagte im geschäftlichen Verkehr die Bezeichnung „Verbraucherzentrale“ in Alleinstellung verwendet. Den von ihm angenommenen Unterlassungsanspruch wegen Verwechslungsgefahr hat das Berufungsgericht vielmehr ersichtlich aus der Verwendung der Bezeichnung „Verbraucherzentrale für Kapitalanleger e.V.“ unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr (§ 15 Abs. 2 und 4 Satz 1 MarkenG) hergeleitet. Mit dieser Begründung kann das beantragte Schlechthinverbot des Bestandteils „Verbraucherzentrale“ jedoch schon deshalb nicht zugesprochen werden, weil nicht auszuschließen ist, dass der angegriffene Bestandteil – wenn er mit anderen Bestandteilen kombiniert wird – keine Verwechslungsgefahr begründet (vgl. BGH, Urt. v. 31.7.2008 – I ZR 21/06, GRUR 2008, 1108 Rdn. 25 = WRP 2008, 1537 – Haus & Grund III, m.w.N.). Anhaltspunkte für eine Erstbegehungsgefahr (§ 15 Abs. 4 Satz 2 MarkenG) dahingehend, dass der Beklagte die Bezeichnung „Verbraucherzentrale“ als Namen in Alleinstellung in greifbar naher Zukunft verwenden wird, lassen sich weder den Feststellungen des Berufungsgerichts noch dem Klagevorbringen entnehmen.

11
2. Soweit der Kläger sein Unterlassungsbegehren zusätzlich auf andere Anspruchsgrundlagen (§§ 12, 1004 BGB; §§ 3, 5, 8 UWG) gestützt hat – und diese nicht ohnehin durch den kennzeichenrechtlichen Schutz nach §§ 5, 15 MarkenG verdrängt werden (vgl. BGH, Urt. v. 24.4.2008 – I ZR 159/05, GRUR 2008, 1099 Rdn. 10 = WRP 2008, 1520 – afilias.de, m.w.N.) -, geht die Verurteilung insoweit aus den dargelegten Gründen gleichfalls zu weit.

12
III. Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 ZPO). Die Frage, ob der Unterlassungsantrag zu sehr über die konkrete Verletzungsform hinaus verallgemeinert, ist in den Vorinstanzen nicht angesprochen worden. Das hat zur Folge, dass die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen ist, um dem Kläger Gelegenheit zu geben, seinen Klageantrag neu zu fassen (vgl. BGH, Urt. v. 11.12.2003 – I ZR 74/01, GRUR 2004, 344 = WRP 2004, 481 – Treuepunkte, m.w.N.). Nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts und dem Vorbringen der Parteien ist dem Senat eine abschließende Entscheidung, ob dem Kläger ein Unterlassungsanspruch gegen den Beklagten wegen der Verwendung der Bezeichnung „Verbraucherzentrale für Kapitalanleger e.V.“ als Vereinsnamen zusteht, nicht möglich.

13
1. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass dem Namen eines Vereins (hier: des Klägers) grundsätzlich als geschäftliche Bezeichnung gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 MarkenG Schutz zukommen kann. Nach dieser Vorschrift gelten solche Zeichen als Unternehmenskennzeichen, die im geschäftlichen Verkehr als Name eines Geschäftsbetriebs oder Unternehmens benutzt werden. Der Namensschutz steht auch eingetragenen Vereinen zu, wenn sie ihren Vereinsnamen im geschäftlichen Verkehr benutzen (vgl. BGH, Urt. v. 31.7.2008 – I ZR 21/06, GRUR 2008, 1108 Rdn. 29 = WRP 2008, 1537 – Haus & Grund III, m.w.N.). Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Kläger als Bundesverband der ihm angehörigen Verbraucherzentralen der Länder und der sonstigen verbraucher- und sozialschutzorientierten Organisati-onen am geschäftlichen Verkehr teilnimmt. Es ist ferner mit Recht davon aus-gegangen, dass kennzeichenrechtlichen Schutz nicht nur der vollständige Ver-einsname, sondern auch eine aus ihm abgeleitete – für sich genommen unterscheidungskräftige – Kurzbezeichnung beanspruchen kann, die der Verein entweder selbst im geschäftlichen Verkehr benutzt oder die geeignet ist, dem Verkehr als Kurzbezeichnung zu dienen (vgl. BGH, Urt. v. 31.7.2008 – I ZR 158/05, GRUR 2008, 1102 Rdn. 12 = WRP 2008, 1530 – Haus und Grund I).

14
2. Dagegen lässt sich den Ausführungen des Berufungsgerichts nicht mit hinreichender Deutlichkeit entnehmen, ob der Bezeichnung „Verbraucherzentrale“ im Vereinsnamen des Klägers eine originäre Unterscheidungskraft zukommt oder ob davon auszugehen ist, dass dieser Bestandteil die erforderliche Unterscheidungskraft erst durch Verkehrsgeltung erlangt haben kann.

15
a) Das Berufungsgericht führt zur originären Unterscheidungskraft der Bezeichnung „Verbraucherzentrale“ zum einen aus, dieser sei zwar kein derart hoher Grad an originärer Unterscheidungskraft beizumessen, dass sie geeignet erscheine, sich im Verkehr als schlagwortartiger Hinweis auf das Unternehmen des Klägers durchzusetzen. Zum anderen meint das Berufungsgericht aber, der Bezeichnung, bei der es sich um keine reine Gattungsbezeichnung handele und die auch nicht glatt beschreibend verwendet werde, sei eine originäre Unter-scheidungskraft auch nicht vollständig abzusprechen. Anschließend stellt das Berufungsgericht allerdings wieder darauf ab, der Namensbestandteil „Verbraucherzentrale“ des Klägers habe durch Verkehrsgeltung Kennzeichenschutz erlangt. Diese Ausführungen werden von den Parteien mit Recht als widersprüchlich beanstandet.

16
b) Auch die weiteren Feststellungen des Berufungsgerichts lassen insoweit eine eigene Beurteilung durch das Revisionsgericht nicht zu.

17
aa) Bei Verbandsnamen ist zwar an die Anforderungen für die Unterscheidungskraft ein großzügiger Maßstab anzulegen, weil der Verkehr daran gewöhnt ist, dass diese Bezeichnungen aus einem Sachbegriff gebildet sind und sich an den jeweiligen Tätigkeitsbereich anlehnen (BGH, Urt. v. 31.7.2008 – I ZR 21/06, GRUR 2008, 1108 Rdn. 33 – Haus & Grund III). Ein (bloß) beschreibender Anklang steht daher der Annahme einer originären Unterscheidungskraft eines Verbandsnamens nicht entgegen. Eine über einen (bloßen) Anklang hinausgehende bestimmte beschreibende Verwendung (vgl. BGH, Urt. v. 29. 1.1999 – I ZR 178/96, GRUR 1999, 492, 494 = WRP 1999, 523 – Altberliner) des Namensbestandteils des Klägers hat das Berufungsgericht verneint. Die Bezeichnung „Verbraucherzentrale“ möge zwar beschreibend sein, soweit das Wort „Verbraucher“ enthalten sei, da der Kreis der Personen, in deren Interesse der Kläger und die ihm angeschlossenen Verbraucherzentralen der Länder nach ihrem jeweiligen Vereinszweck tätig würden, aus Verbrauchern bestehe. Unter „Zentrale“ sei aber im Allgemeinen eine im Mittelpunkt des Geschehens befindliche Stelle zu verstehen, von der aus etwas organisiert, verwaltet und geleitet werde. Die Bezeichnung „Verbraucherzentrale“ sei daher schon deshalb nicht rein beschreibend, weil sich aus der Bedeutung dieser Wortkombination noch keine eindeutigen Schlüsse auf das Tätigkeitsfeld des Klägers ziehen ließen. Man könne der Bezeichnung allenfalls entnehmen, dass Verbraucherinteressen gebündelt würden. In welche Richtung diese Interessenwahrnehmung ziele, bleibe jedoch offen.

18
bb) Ob diese Feststellungen auch bei Anlegung des gebotenen großzügigen Maßstabs die Annahme rechtfertigen, dass der Verkehr der Bezeichnung „Verbraucherzentrale“ einen (originären) Herkunftshinweis entnimmt, wird das Berufungsgericht gegebenenfalls zu überprüfen haben. Denn den Umstand, dass der Bezeichnung „Verbraucherzentrale“ keine bestimmte Ausrichtung der Interessenwahrnehmung entnommen werden kann, könnten die angesproche-nen Verbraucher auch dahin verstehen, dass eine Beschränkung auf einen bestimmten Tätigkeitsbereich gerade nicht gegeben sei, sondern der Kläger nach seinem Vereinszweck die Interessen der Verbraucher allgemein verfolge. Die damit verbundene bloß gattungsmäßige Bezeichnung des Vereinszwecks des Klägers wäre dann nicht originär schutzfähig (vgl. BGH, Urt. v. 30.1.2003 – I ZR 136/99, GRUR 2003, 792, 793 – Festspielhaus II; Urt. v. 16.12.2004 – I ZR 69/02, GRUR 2005, 517, 519 = WRP 2005, 614 – Literaturhaus).

19
cc) Sollte der Bezeichnung „Verbraucherzentrale“ aufgrund der geringen Anforderungen bei Verbandsnamen eine originäre Unterscheidungskraft zu-kommen, wäre diese allerdings gering. Es wäre daher bei Zugrundelegung einer nur geringen (originären) Unterscheidungskraft zu prüfen, ob der Beklagte unter Berücksichtigung der vom Berufungsgericht angenommenen Branchennähe zwischen den Tätigkeitsbereichen der Parteien dann mit der Aufnahme des Zusatzes „für Kapitalanleger“ in seinen Vereinsnamen einen ausreichenden Abstand zum Kläger einhielte. Der Annahme einer Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne könnte dabei entgegenstehen, dass dem Verkehr nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bekannt ist, dass die dem Kläger angehörigen Verbraucherzentralen der Bundesländer als Zusatz zu ihrem Vereinsnamen ausschließlich den Namen des jeweiligen Bundeslandes verwenden. Dies schließt allerdings, wovon auch das Berufungsgericht ausgegangen ist, nicht von vornherein aus, dass der Verkehr annehmen könnte, zur Verbandsorganisation des Klägers gehörten nunmehr auch Untergliederungen, deren Tätigkeitsbereich nicht regional, sondern nach sachlichen Kriterien beschränkt sei.

20
c) Das Berufungsgericht ist allerdings von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft ausgegangen, weil die Bezeichnung „Verbraucherzentrale“ durch intensiven Gebrauch Verkehrsgeltung erlangt habe. Diese Annahme beruht jedoch, wie die Revision mit Recht beanstandet, auf rechtsfehlerhaften Erwägungen.

21
aa) Die Bezeichnung „Verbraucherzentrale“ soll nach Ansicht des Berufungsgerichts auch für den Kläger durch die Tätigkeit der ihm angeschlossenen sechzehn Verbraucherzentralen der Länder Verkehrsgeltung erlangt haben. Diese Annahme des Berufungsgerichts ist zwar im Ausgangspunkt nicht zu beanstanden. Einzelnen Mitgliedsunternehmen einer Unternehmensgruppe oder einer Verbandsorganisation kann die Verkehrsbekanntheit eines einheitlich benutzten Unternehmenskennzeichens zugute kommen, wenn der Verkehr das Kennzeichen auch dem einzelnen Unternehmen zuordnet (vgl. BGH, Urt. v. 13.10.2004 – I ZR 66/02, GRUR 2005, 61, 62 = WRP 2005, 97 – CompuNet/ComNet II, m.w.N.). Die Zuordnung der Verkehrsbekanntheit zu den jeweiligen Mitgliedsunternehmen folgt – wovon das Berufungsgericht möglicherweise ausgegangen ist – aber nicht bereits aus Rechtsgründen allein aus dem Umstand, dass diese einer gemeinsamen Organisation angehören. Entscheidend ist vielmehr stets, wie der Verkehr die gemeinschaftliche Benutzung desselben Schlagworts durch die verschiedenen Unternehmen der betreffenden Organisation auffasst (vgl. BGH, Urt. v. 18.5.1973 – I ZR 12/72, GRUR 1973, 661, 662 – Metrix; Urt. v. 27.6.1975 – I ZR 81/74, GRUR 1975, 606, 607 = WRP 1975, 668 – IFA). Die Benutzung einer Bezeichnung durch nur regional oder örtlich tätige Mitglieder einer Verbandsorganisation ist daher nur dann dem Dachverband zuzuordnen, wenn der Verkehr die betreffende Bezeichnung nicht nur jeweils dem Orts- oder Landesverband zuordnet, dem er begegnet, sondern der gesamten Organisation und damit auch dem Dachverband (BGH, Urt. v. 30.7.2008 – I ZR 21/06, GRUR 2008, 1108 Rdn. 46 – Haus & Grund III).

22
bb) Dass der Verkehr die Verwendung der Bezeichnung „Verbraucherzentrale“ durch einen (nur) in dem jeweiligen Bundesland tätigen Verein einer gemeinsamen Organisation zuordnet, deren Dachverband der Kläger ist, hat das Berufungsgericht nicht rechtsfehlerfrei festgestellt. Es ist zwar wie bereits das Landgericht davon ausgegangen, dass den angesprochenen Verkehrskreisen die Existenz und die Tätigkeit der Verbraucherzentralen der einzelnen Länder bekannt sind. Das Berufungsgericht hat jedoch im Rahmen der Prüfung, ob der Kläger für seinen Namensbestandteil „Verbraucherzentrale“ durch eigene Verkehrsgeltung Kennzeichenschutz erlangt hat, weiter ausdrücklich festgestellt, dass dies nicht für die Existenz und die Tätigkeit des Klägers als Zusammenschluss der 16 Verbraucherzentralen der Länder und 22 weiterer verbraucher- und sozialschutzorientierter Organisationen in Deutschland gilt. Nach der – insoweit in Übereinstimmung mit dem Landgericht getroffenen – Feststellung des Berufungsgerichts verbindet der Verbraucher die Bezeichnung „Verbraucherzentrale“ mit der jeweiligen Verbraucherzentrale des Landes, in dem er wohnt, weil ihm nicht bekannt ist, dass es einen Zusammenschluss der Verbraucherzentralen der Länder mit dem Kläger als Dachverband gibt. Auf der Grundlage dieser Feststellungen scheidet dann aber die Annahme aus, der Verkehr könne die Verwendung der Bezeichnung „Verbraucherzentrale“ durch den Verein des jeweiligen Bundeslandes, dem er begegne, nicht nur diesem, sondern einer Organisation zuordnen, dem dieser Verein als Mitglied und der Kläger als Dachverband angehören.

23
cc) Andererseits stehen diese Feststellungen des Berufungsgerichts – wie die Revisionserwiderung mit Recht im Wege der Gegenrüge beanstandet – in Widerspruch zu seiner der Prüfung einer Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne zugrunde gelegten Annahme, der Begriff „Verbraucherzentrale“ habe sich allgemein zu einem Hinweis auch auf den Kläger und nicht nur auf die ihm angeschlossenen Verbraucherzentralen entwickelt. Die bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts bieten daher insgesamt keine Grundlage für eine eigene Sachentscheidung des Revisionsgerichts.

Unterschriften

Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 22.08.2006 – 103 O 37/06
KG Berlin, Entscheidung vom 22.01.2008 – 5 U 164/06

Haben Sie Fragen?

Die Kanzlei Breuer Lehmann Rechtsanwälte ist auf Markenrecht spezialisiert. Gerne stehen wir Ihnen als Ansprechpartner zu Markenschutz, Markenanmeldung und Abmahnungen zur Verfügung. Sie erreichen uns telefonisch unter 089 666 610 89 oder per E-Mail an info@breuerlehmann.de.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.