BGH: Seifenspender

BGH, Urteil vom 16.03.2006 – I ZR 51/03 – Seifenspender (OLG Köln)
MarkenG § 14 Abs. 2

a) Die Verkehrskreise, die das gekennzeichnete Produkt bestimmungsgemäß verwenden, gehören auch dann regelmäßig zu dem von der Marke angesprochenen Publikum, wenn sie selbst nicht unmittelbar über die Nachfrage entscheiden.

b) Bleibt für den Benutzer eines Waschraums das auf einer Flasche mit Reinigungsmittel angebrachte Herkunftskennzeichen deutlich erkennbar, auch wenn die Flasche in einen Metallspender eingesetzt ist, kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass der Verkehr in der Marke auf dem Spender einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft des Reinigungsmittels sieht (Abgrenzung zu BGHZ 100, 51 – Handtuchspender).

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 16. März 2006 durch die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant, Dr. Büscher und Dr. Schaffert für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 10. Januar 2003 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Tatbestand:

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Die Klägerin ist ein führendes Unternehmen auf dem Markt für Hautschutz-, Hautreinigungs- und Hautpflegemittel sowie dazugehörige Spendersysteme. Sie vertreibt ihre Produkte unter den Marken „Stockhausen“ und „STOKO“ zum Einsatz in Spendersystemen in Waschräumen. Die ebenfalls mit den Marken der Klägerin versehenen, aus Metall gefertigten Spender werden den Kunden leihweise überlassen. Diese Spender können auch Flaschen mit Hautreinigungs- oder -pflegemitteln anderer Hersteller aufnehmen. Im Streitfall geht es um die Spender für so genannte Softflaschen.

2
Die Beklagte vertreibt Softflaschen mit Hautreinigungsmitteln, die in die Spender der Klägerin eingesetzt werden können. Diese Spender weisen auf der Vorderseite eine Aussparung auf, so dass das mit dem Kennzeichen der Beklagten versehene Etikett der eingesetzten Softflasche sichtbar bleibt. Sie bietet selbst keine Spender für derartige Flaschen an.

3
Die Klägerin ist der Auffassung, das Einsetzen der Flaschen der Beklagten in ihre Spendersysteme verletze ihre Markenrechte. Sie hat die Beklagte auf Unterlassung und Auskunftserteilung in Anspruch genommen und die Feststellung ihrer Verpflichtung zur Leistung von Schadensersatz beantragt.

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Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.

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Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben (OLG Köln GRUR-RR 2003, 104).

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Mit ihrer – vom Berufungsgericht zugelassenen – Revision verfolgt die Klägerin ihre in der Revisionsinstanz zur Klarstellung neu formulierten Klageanträge weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

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I. Das Berufungsgericht hat eine Verletzung der Marken der Klägerin verneint. Zur Begründung hat es ausgeführt:

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Zwar stelle das Einfüllen einer Ware in eine mit einer fremden Marke gekennzeichnete Verpackung eine Markenverletzung dar. Im Streitfall sähen aber die angesprochenen Verkehrskreise einen mit der Marke der Klägerin gekennzeichneten Spender nicht als Verpackung oder Umhüllung des dort eingesetzten Hautreinigungsmittels an. Zweifelhaft sei bereits, ob die Benutzer der betrieblichen Waschräume und Toiletten – wie der Bundesgerichtshof in einem einen ähnlichen Sachverhalt betreffenden Fall entschieden habe – als beteiligte Verkehrskreise angesehen werden könnten. Denn die Parteien belieferten ausschließlich oder überwiegend Industrieunternehmen. Die dort über den Einkauf entscheidenden Mitarbeiter wüssten, dass bei der Beklagten erworbene, in die Spender der Klägerin eingesetzte Softflaschen nicht aus dem Hause der Klägerin stammten. Doch auch die Benutzer der Waschräume sähen die auf dem Spender befindliche Kennzeichnung nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft des Reinigungsmittels an. Der Betrachter erkenne aufgrund der Aussparung in der Vorderseite des Spenders deutlich, dass die eingesetzte Flasche der Beklagten nicht oder jedenfalls nicht zwangsläufig von der Klägerin stamme. Unter diesen Umständen komme der Betrachter gar nicht auf die Idee, den Spender als Umhüllung des (flüssigen) Hautreinigungsmittels anzusehen. Im Übrigen sei der Verkehr im Zweifel daran gewöhnt, in Spendern der Klägerin auch Produkte anderer Hersteller vorzufinden.

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II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg. Mit Recht hat das Berufungsgericht in dem beanstandeten Verhalten der Beklagten keine Verletzung der auf den Spendern angebrachten Marken der Klägerin gesehen.

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1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass das Nachfüllen der Spender mit dem Reinigungsmittel in den Waschräumen der jeweiligen Kunden im geschäftlichen Verkehr geschieht. Diese Waschgelegenheiten sind einer unbestimmten Vielzahl von Personen zugänglich. Damit liegt ein Verhalten im geschäftlichen Verkehr vor, und zwar unabhängig davon, ob die Kunden die Benutzung der Waschgelegenheiten nur den eigenen Mitarbeitern oder auch Dritten eröffnen (vgl. BGHZ 100, 51, 58 – Handtuchspender).

11
2. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Softflasche der Beklagten werde durch das Einsetzen in den Spender nicht mit der auf dem Spender angebrachten Marke der Klägerin gekennzeichnet. Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision ohne Erfolg.

12
a) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kommen im Streitfall als angesprochenes Publikum nicht allein die Mitarbeiter in Betracht, die als Nachfragedisponenten in den Industrieunternehmen für den Einkauf der in Rede stehenden Reinigungsmittel zuständig sind; vielmehr werden durch die auf den Spendern und den Reinigungsmitteln angebrachten Kennzeichen zumindest auch – wenn nicht in erster Linie – die Benutzer der Waschräume angesprochen (vgl. BGHZ 100, 51, 56 – Handtuchspender).

13
Kommt es im Markenrecht – wie hier bei der Frage, ob der mit den Marken der Klägerin versehene Spender als Verpackung des in den Spender eingesetzten Reinigungsmittels anzusehen ist – auf die Auffassung der beteiligten Verkehrskreise an, ist auf das von der Marke angesprochene Publikum abzustellen (vgl. Ingerl/ Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., § 14 Rdn. 280 m. w. N.). Die mit der Marke verbundene, auf die Herkunftsfunktion der Marke zurückgehende Möglichkeit, auf eine gleich bleibende Qualität des auf diese Weise gekennzeichneten Produkts hinzuweisen, spielt nicht allein eine Rolle, wenn die mit der Marke versehene Ware erstmals in Verkehr gebracht wird. Sie kommt generell gegenüber demjenigen zum Zuge, der das Produkt tatsächlich verwendet und in der Lage ist, den positiven Eindruck einer bestimmten Qualität mit der Marke zu verbinden. Daher gehören die Verkehrskreise, die das gekennzeichnete Produkt bestimmungsgemäß verwenden, regelmäßig zu dem von der Marke angesprochenen Publikum. Ihr Verständnis ist immer dann von Bedeutung, wenn im Markenrecht auf die Verkehrsauffassung abgestellt wird. Im Übrigen ist anerkannt, dass eine Markenverletzung auch durch die Gefahr von Verwechslungen begründet werden kann, die nach dem Verkauf des mit der Marke gekennzeichneten Produkts eintreten (vgl. EuGH, Urt. v. 12. 11. 2002 – C-206/01, Slg. 2002, I-10273 Tz 57 = GRUR 2003, 55 = WRP 2002, 1415 – Arsenal Football Club plc/Reed; vgl. dazu auch EuGH, Urt. v. 12. 1. 2006 – C-361/04 P, GRUR 2006, 237 Tz 46 – PICASSO/PICARO; BGHZ 158, 236, 250 – Internet-Versteigerung, m. w. N.).

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b) Das Berufungsgericht hat – nach Inaugenscheinnahme des mit der Softflasche der Beklagten gefüllten Spenders der Klägerin – festgestellt, der Betrachter erkenne aufgrund der Aussparung in dem Spender klar und deutlich, dass das verwendete Reinigungsmittel von der Beklagten stamme. Die von der Revision gegen diese tatrichterliche Feststellung erhobenen Rügen sind unbegründet.

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aa) Die Revision rügt ohne Erfolg, das Berufungsgericht habe einen falschen Prüfungsmaßstab zugrunde gelegt, soweit es angenommen habe, der Verkehr wisse, dass die Spender und die in sie eingesetzten Softflaschen jedenfalls nicht zwangsläufig aus demselben Betrieb stammten. Das Berufungsgericht hat mit dieser Formulierung nicht zum Ausdruck bringen wollen, eine Markenverletzung setze voraus, dass der Verkehr das Zeichen auf dem Spender „zwangsläufig“ auf das in dem Spender befindliche Reinigungsmittel beziehe. Vielmehr hat das Berufungsgericht aufgrund der getroffenen Feststellung, dass das Zeichen auf dem Spender im konkreten Fall eindeutig nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der in den Spender eingesetzten Softflasche der Beklagten verstanden wird, den zutreffenden Schluss gezogen, der Verkehr erkenne, dass das in den Spender eingesetzte Reinigungsmittel durchaus von einem anderen Hersteller stammen könne.

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bb) Das Berufungsgericht hat seine Annahme, der Verkehr sehe in den Spendern keine Verpackung der Reinigungsmittel, auch darauf gestützt, der Verkehr sei – weil in die Spender der Klägerin sämtliche Softflaschen aller Hersteller passten – im Zweifel daran gewöhnt, in den Spendern der Klägerin auch Reinigungsmittel anderer Hersteller vorzufinden. Dabei handelt es sich um eine Vermutung, die auch nicht dadurch entkräftet wird, dass das auf der Flasche befindliche Kennzeichen bei den Reinigungsmitteln anderer Hersteller wegen der Position des Etiketts und der Konsistenz der Softflaschen, die sich – anders als die Flaschen der Beklagten – infolge der Entnahme des Reinigungsmittels immer mehr zusammenziehen, häufig nicht sichtbar ist. Immerhin ist festzustellen, dass sich wegen der Kompatibilität der Metallspender kein einheitliches Erscheinungsbild einzustellen vermag, wie es zu erwarten wäre, wenn der Spender aus demselben Hause stammte wie die eingesetzte Flasche mit dem Reinigungsmittel.

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cc) Ebenfalls ohne Erfolg rügt die Revision, das Berufungsgericht habe unbeachtet gelassen, dass der Verkehr die Kennzeichnung auf den Flaschen der Beklagten möglicherweise als eine Zweitmarke der Klägerin ansehe. Wie dem Berufungsurteil zu entnehmen ist, stützen sich die Ausführungen zur Verkehrsauffassung maßgeblich auf den eigenen Eindruck, den sich die Mitglieder des Senats des Berufungsgerichts von dem mit einer gefüllten Softflasche der Beklagten bestückten Metallspender der Klägerin verschafft haben. Danach kommt der Betrachter – anders als in dem der Entscheidung „Handtuchspender“ (BGHZ 100, 51) zugrunde liegenden Fall – im Streitfall gar nicht erst auf den Gedanken, den Metallspender der Klägerin als Verpackung des (flüssigen) Hautreinigungsmittels anzusehen, weil bereits die Flasche als Verpackung des Reinigungsmittels wahrgenommen werde. Unter diesen Umständen hatte das Berufungsgericht keine Veranlassung, auf den Gesichtspunkt einer Zweitmarke einzugehen, zumal bei Verwendung einer Zweitmarke üblicherweise eine Verbindung zur Erstmarke besteht, die dem Verkehr anzeigt, dass die beiden Marken aus demselben Hause stammen. Die Revision rügt nicht, dass das Berufungsgericht in diese Richtung gehendes Vorbringen der Klägerin übergangen habe.

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dd) Entsprechendes gilt für die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe dem Umstand nicht genügend Beachtung geschenkt, dass die Marke der Klägerin auf den Metallspendern vom Verkehr als Hinweis auf eine zwischen den Parteien bestehende Handelsbeziehung verstanden werde. Der Senat entnimmt den Ausführungen des Berufungsgerichts, dass sich beim Betrachter ein solcher Eindruck nicht einstellt.

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ee) Die Revision rügt schließlich, das Berufungsgericht habe den Vortrag der Klägerin übergangen, wonach es in der Vergangenheit vermehrt zu Kundenreklamationen hinsichtlich der in den Spendern der Klägerin eingesetzten Hautschutzerzeugnisse gekommen sei; dabei habe sich regelmäßig herausgestellt, dass in den betreffenden Spendern Produkte der Wettbewerber eingesetzt gewesen seien. Dieser Vortrag ist nicht geeignet, das vom Berufungsgericht festgestellte Verkehrsverständnis in Zweifel zu ziehen. Denn unstreitig ist bei Konkurrenzprodukten, die sich ebenfalls in die Spender der Klägerin einsetzen lassen, entweder wegen der Position des Etiketts oder wegen der Beschaffenheit der sich bei Entnahme zusammenziehenden Softflaschen nicht gewährleistet, dass das auf der Flasche befindliche Kennzeichen erkennbar bleibt. Unter diesen Umständen können sich die Reklamationen ohne weiteres auf ein Konkurrenzprodukt bezogen haben.
Der ohnehin recht vage Vortrag der Klägerin ist daher nicht geeignet, für den Streitfall eine Verwechslungsgefahr darzulegen.

20
III. Danach ist die Revision der Klägerin mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

(Unterschriften)

Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 11.04.2002 – 31 O 795/01
OLG Köln, Entscheidung vom 10.01.2003 – 6 U 89/02

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