BGH: OSCAR – Markenverletzung durch Ausstrahlung einer Fernsehsendung über Satellit Urteil vom 08.03.2012 – I ZR 75/10

Leitsätze:

a) Im Verhältnis zum Verwechslungsschutz stellt die Geltendmachung einer identischen Verletzung der Marke im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG denselben Streitgegenstand dar. Werden aus einem Schutzrecht sowohl Ansprüche wegen Verwechslungsschutz nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 als auch wegen Bekanntheitsschutz nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG geltend gemacht, handelt es sich ebenfalls um einen einheitlichen Streitgegenstand (Fortführung von BGH, Beschluss vom 24. März 2011 -I ZR 108/09, BGHZ 189, 56 Rn. 3 – TÜV I; Urteil vom 17. August 2011 -I ZR 108/09, GRUR 2011, 1043 Rn. 27 -TÜV II).

b) Ob eine zeichenrechtlich relevante Verletzungshandlung im Inland vorliegt, hängt davon ab, ob das Angebot einen hinreichenden wirtschaftlich relevanten Inlandsbezug („commercial effect“) aufweist. Dabei ist eine Gesamtabwägung vorzunehmen, bei der auf der einen Seite zu berücksichtigen ist, wie groß die Auswirkungen der Kennzeichenbenutzung auf die inländischen wirtschaftlichen Interessen des Zeicheninhabers sind. Auf der anderen Seite ist maßgebend, ob und inwieweit die Rechtsverletzung sich als unvermeidbare Begleiterscheinung technischer oder organisatorischer Sachverhalte darstellt, auf die der Inanspruchgenommene keinen Einfluss hat oder ob dieser etwa – zum Beispiel durch die Schaffung von Bestellmöglichkeiten aus dem Inland oder die Lieferung auch ins Inland – zielgerichtet von der inländischen Erreichbarkeit profitiert (Fortführung von BGH, Urteil vom 13. Oktober 2004 -I ZR 163/02, GRUR 2005, 431, 433 – HOTEL MARITIME).

BGH, Urteil vom 08.03.2012 – I ZR 75/10OSCAR
MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 1, 2, 3; Brüssel-I-VO Art. 5 Nr. 3

BUNDESGERICHTSHOF

URTEIL

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 15. Dezember 2011 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Pokrant, Dr. Schaffert, Dr. Koch und Dr. Löffler für Recht erkannt:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Kammergerichts vom 26. März 2010 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin veranstaltet die jährlich in Hollywood/USA stattfindenden „Academy Awards“, umgangssprachlich „Oscar-Verleihung“ genannt, in deren Rahmen die „Oscar-Statuetten“ als Preise für herausragende Leistungen im Spielfilmbereich vergeben werden. Sie ist Inhaberin der am 31. August 1984 für Dienstleistungen auf dem Gebiet der Unterhaltung, nämlich Förderung der Filmindustrie auf dem Gebiet der Unterhaltungsfilme, durch Verleihung von Preisen, Prämien und Prädikaten innerhalb der Spielfilmbranche, eingetragenen deutschen Wortmarke Nr. 1067586 „OSCAR“ (Klagemarke 1). Außerdem ist für sie seit dem 25. Oktober 1993 die gleichlautende deutsche Wortmarke Nr. DD653568 für „Erziehung und Unterhaltung“ eingetragen (Klagemarke 2). Die Klägerin erteilt jedes Jahr einer Fernsehgesellschaft die Lizenz zur Übertragung der „Oscar-Verleihung“ in Deutschland. Die Übertragung wird umfangreich beworben; in den Medien wird darüber ausführlich berichtet.

2
Die Beklagten haben ihren Sitz in Italien. Die Beklagte zu 1 betreibt den italienischen Fernsehsender RAI mit den Programmen RAI uno, RAI due, RAI tre und RAI international. In den Programmen wurden in den Jahren 2000 bis 2006 Fernsehsendungen mit den Titeln „Oscar del vino“, „La Kore Oscar della Moda“ und „Oscar TV“ gesendet, die italienische Preisverleihungsveranstaltungen zum Inhalt hatten. Die italienischsprachigen Sendungen konnten in Deutschland über Satellit und über das Kabelnetz empfangen werden.

3
Die Klägerin sieht darin eine Verletzung der Rechte an ihren bekannten Marken und ein wettbewerbswidriges Verhalten der Beklagten. Gleiches gelte im Hinblick auf eine Sendung mit dem Titel „Oscar della Musica“, die im Oktober 2002 auch in Deutschland gesendet worden sei. Für die Rechtsverletzungen sei auch die Beklagte zu 2 verantwortlich. Diese vertreibe seit ihrer Gründung im Jahr 2003 die Programme von RAI mit Einverständnis der Beklagten zu 1 im Ausland und lasse das Programm außerhalb Italiens senden.

4
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagten unter Androhung näher bezeichneter Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr die Bezeichnung „Oscar“ im Zusammenhang mit der Übermittlung und Ausstrahlung audiovisueller Produktionen, Programme oder Fernsehshows betreffend die Auslobung oder Verleihung von Auszeichnungen, Preisen, Prämien, Prädikaten oder Trophäen und/oder die Initiierung, die Organisation, die Durchführung oder die Werbung für derartige Auslobungen oder Verleihungen zu benutzen oder benutzen zu lassen, insbesondere wenn dies mittels folgender Bezeichnungen geschieht: „Oscar del vino“, „La Kore Oscar della Moda“, „Oscar TV“, „Oscar della Musica“;

5
Weiter hat die Klägerin beantragt, die Beklagten zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung zu verurteilen und deren Verpflichtung zur Leistung von Schadensersatz festzustellen.

6
Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten und haben die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte in Abrede gestellt.

7
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht der Klage mit der Maßgabe stattgegeben, dass der Unterlassungsantrag durch Streichung des Wortes „insbesondere“ auf die konkreten Verletzungsformen bezogen wurde. Ferner hat das Berufungsgericht die erst im Februar 2003 gegründete Beklagte zu 2 im Hinblick auf die Bezeichnung „Oscar della Musica“ von dem Unterlassungsgebot ausgenommen und ihre Verurteilung zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung und die Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht nur für solche Handlungen ausgesprochen, die ab Februar 2003 begangen worden sind.

8
Mit der vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstreben die Beklagten die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

9
I. Das Berufungsgericht hat die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte bejaht und die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche aufgrund der Klagemarke 1 nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3, Abs. 5 und 6 MarkenG, § 242 BGB für begründet erachtet. Hierzu hat es ausgeführt:

10
Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte folge aus Art. 5 Nr. 3 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (nachfolgend: Brüssel-I-VO). Aufgrund der Aussendung der streitgegenständlichen Fernsehsendungen in das deutsche Kabelnetz und per Satellit liege der Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten sei, in Deutschland. Abweichendes ergebe sich nicht aus dem Sendelandprinzip, wie es in der Richtlinie 93/83/EWG des Rates vom 27. September 1993 zur Koordinierung bestimmter urheber- und leistungsschutzrechtlicher Vorschriften betreffend Satellitenrundfunk und Kabelweiterverbreitung vom 6. Oktober 1993 (ABl. Nr. L 248 S. 15, nachfolgend: Satelliten-und Kabelrichtlinie) geregelt sei. Die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche aus Marken- und Wettbewerbsrecht seien von der Satelliten- und Kabelrichtlinie nicht erfasst; die Voraussetzungen für ihre analoge Anwendung lägen nicht vor.

11
In Deutschland hätten nicht nur die Sendungen „Oscar del vino“, „La Kore Oscar della Moda“ und „Oscar TV“, sondern – im Oktober 2002 – auch die Sendung „Oscar della Musica“ empfangen werden können. Hierin liege ein markenrechtlich relevantes Handeln in Bezug auf inländische Marken, weil die Ausstrahlung der italienischen Fernsehprogramme nach dem eigenen Vortrag der Beklagten zu 1 ihrem Auftrag gemäß darauf gerichtet sei, das Verständnis und die Kenntnis der italienischen Kultur und Sprache in der Welt zu fördern. Die angegriffenen Bezeichnungen seien markenmäßig benutzt worden, weil ihnen nach dem in Deutschland anzutreffenden Verkehrsverständnis derjenigen Deutschen, die der italienischen Sprache mächtig seien, und der hier aufgewachsenen Italiener eine herkunftshinweisende Bedeutung zukomme.

12
Es sei Verwechslungsgefahr im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG gegeben. Bei der Klagemarke 1 handele es sich um eine im Inland bekannte Marke mit entsprechend gesteigerter Kennzeichnungskraft. Die angegriffenen Bezeichnungen seien der Klagemarke 1 in überdurchschnittlichem Maße ähnlich, weil sie durch den Bestandteil „Oscar“ geprägt würden. Auch liege überdurchschnittliche Dienstleistungsähnlichkeit vor. Nach diesen Umständen sei eine Verwechslungsgefahr jedenfalls dergestalt anzunehmen, dass die einschlägigen Verkehrskreise zu der irrigen Annahme verleitet würden, auch die in Rede stehenden Veranstaltungen und deren Ausstrahlung in Deutschland seien unter der Produktverantwortung der klagenden Markeninhaberin entstanden oder die in Rede stehenden Dienstleistungen stammten zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen.

13
Ferner rechtfertigten sich die Klageansprüche aus § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG unter den Gesichtspunkten einer unlauteren Ausnutzung der Wertschätzung und der Unterscheidungskraft sowie wegen unlauterer Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft der bekannten Klagemarke 1.

14
Die Eingriffe in das Markenrecht der Klägerin seien widerrechtlich erfolgt. Auf eine Gestattung der Verwendung aufgrund einer Einigung der Klägerin mit der Produzentin der Sendung „La Kore Oscar della Moda“ könnten sich die Beklagten nicht berufen, da die Ausstrahlung nach Deutschland davon nicht erfasst worden sei. Da die Benutzung des Zeichens „Oscar“ in Deutschland nicht beschreibend verstanden werde und zudem gegen die guten Sitten verstoße, komme ein Benutzungsrecht nach § 23 Nr. 2 MarkenG nicht in Betracht. Die Einrede der Nichtbenutzung der Klagemarke 1 sei unbegründet, weil die „Oscar“-Verleihung mit Einwilligung der Klägerin jährlich auch in Deutschland ausgestrahlt werde. Für die Markenverletzung sei ab ihrer Errichtung im Februar 2003 auch die Beklagte zu 2 verantwortlich, die zum selben Konzern gehöre wie die Beklagte zu 1 und deren Geschäftszweck die Auslandsausstrahlung und der Auslandsvertrieb von Fernsehprogrammen sei, den sie aktiv betrieben habe. Weil die Klägerin erst im Juli 2006 Kenntnis von den Ausstrahlungen der Fernsehsendungen in Deutschland erlangt habe, seien die Ansprüche im Zeitpunkt der Klageerhebung im September 2006 weder verjährt noch verwirkt gewesen.

15
II. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Beklagten führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Es fehlen hinreichende Feststellungen für eine relevante Verletzungshandlung im Inland.

16
1. Das Berufungsgericht ist allerdings rechtsfehlerfrei von der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte ausgegangen.

17
a) Die auch unter der Geltung des § 545 Abs. 2 ZPO in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfende internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte (vgl. BGH, Urteil vom 13. Oktober 2004 – I ZR 163/02, GRUR 2005, 431, 432 = WRP 2005, 493 – HOTEL MARITIME) ergibt sich aus Art. 5 Nr. 3 in Verbindung mit Art. 60 Abs. 1 Brüssel-I-VO.

18
Danach kann eine Person, die ihren Sitz im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates hat, in einem anderen Vertragsstaat vor dem Gericht des Ortes verklagt werden, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist, wenn eine unerlaubte Handlung oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden. Unter die Zuständigkeit des Gerichtsstands der unerlaubten Handlung nach Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO fallen auch Klagen, die Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche wegen Kennzeichenrechtsverletzungen zum Gegenstand haben (vgl. BGH, GRUR 2005, 431, 432 – HOTEL MARITIME zu Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ; MünchKomm.ZPO/Gottwald, 3. Aufl., Art. 5 EuGVVO Rn. 56). Der Ort des schädigenden Ereignisses meint sowohl den Ort des ursächlichen Geschehens als auch den Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs (vgl. EuGH, Urteil vom 7. März 1995 – C-68/93, Slg. 1995, I-415 = GRUR Int. 1998, 298 Rn. 20 – Shevill). Der Gerichtsstand hängt nicht davon ab, dass tatsächlich eine Verletzung des nationalen Rechts erfolgt ist. Es reicht aus, dass eine Verletzung behauptet wird und diese nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann (BGH, GRUR 2005, 431, 432 – HOTEL MARITIME; BGH, Urteil vom 30. März 2006 – I ZR 24/03, BGHZ 167, 91 Rn. 21 – Arzneimittelwerbung im Internet; Urteil vom 15. Februar 2007 -I ZR 114/04, BGHZ 171, 151 Rn. 18-Wagenfeld-Leuchte).

19
b) Das Berufungsgericht hat die internationale Zuständigkeit bejaht und sich dabei auf die Beurteilung des Landgerichts gestützt, wonach Verletzungsort der im Streitfall in den geltend gemachten Verstößen gegen das Markenrecht liegenden unerlaubten Handlungen auch Berlin sei, weil die angegriffenenFernsehsendungen dort im Kabelnetz und per Satellit empfangen worden seien. Dies lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

20
aa) Ohne Erfolg meint die Revision, der Umstand allein, dass die ausschließlich in Italien abgestrahlten Fernsehsendungen in Deutschland empfangbar seien, könne eine internationale Zuständigkeit nicht begründen. Erforderlich sei vielmehr, dass sich die Sendungen bestimmungsgemäß auch an Fernsehzuschauer in Deutschland richteten.

21
Die Frage, ob für die Begründung des Gerichtsstands der unerlaubten Handlung nach Art. 5 Nr. 3 Brüssel-I-VO wegen behaupteter Rechtsverletzungen im Internet erforderlich ist, dass sich der Internetauftritt bestimmungsgemäß auch auf das Inland richtet, wird nicht einheitlich beantwortet (vgl. zu Kennzeichenrechtsverletzungen BGH, GRUR 2005, 431, 432 – HOTEL MARITIME, mwN; zu Wettbewerbsverstößen BGHZ 167, 91 Rn. 21 – Arzneimittelwerbung im Internet; zu Persönlichkeitsrechtsverletzungen vgl. BGH, Vorlage-beschluss vom 10. November 2009 – VI ZR 217/08, GRUR 2010, 261 Rn. 18 = WRP 2010, 108 sowie die insoweit ergangene Vorlageentscheidung EuGH, Urteil vom 25. Oktober 2011 – C-509/09, GRUR 2012, 300 Rn. 48 ff. = WRP 2011, 1571 – eDate). Die Frage bedarf im Streitfall keiner Entscheidung. Denn die hier in Rede stehenden Fernsehsendungen richten sich bestimmungsgemäß auch an die Verkehrskreise im Inland. Nach den Feststellungen des Landgerichts, auf die das Berufungsgericht konkret Bezug genommen hat, ist die Satellitenausstrahlung der italienischen Fernsehprogramme durch die Beklagte zu 1 darauf gerichtet, das Verständnis und die Kenntnis der italienischen Kultur und Sprache in der Welt zu fördern, so dass sich die Programme nach dem eigenen Vortrag der Beklagten zu 1 auch an die deutsche Bevölkerung richten. Die Revision hat nicht gerügt, dass diese Feststellung verfahrensfehlerhaft getroffen worden sei. Soweit die Revision geltend macht, dass die Sendungen allein in italienischer Sprache ohne deutsche Übersetzung gesendet worden seien, steht dies der Annahme einer bestimmungsgemäßen Aussendung jedenfalls an all diejenigen Fernsehzuschauer in Deutschland nicht entgegen, die die italienische Sprache verstehen.

22
bb) Entgegen der Ansicht der Revision lässt sich die alleinige internationale Zuständigkeit der Gerichte in Italien im Streitfall nicht aus einer entsprechenden Anwendung des Sendelandprinzips herleiten, das der Satelliten- und Kabelrichtlinie zugrunde liegt.

23
(1) Dagegen sprechen zunächst systematische Erwägungen. Die Richtlinie trifft keine Regelung zur internationalen Zuständigkeit. Die Vorschrift des Art. 1 Abs. 2 Buchst. a der Satelliten- und Kabelrichtlinie bestimmt als „öffentliche Wiedergabe über Satellit“ die Handlung, mit der die programmtragenden Signale in eine ununterbrochene Kommunikationskette, die zum Satelliten und zurück zur Erde führt, eingegeben werden. Nach Art. 1 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie findet die öffentliche Wiedergabe über Satellit nur in dem Mitgliedstaat statt, in dem die Signale eingegeben werden. Dieses durch § 20a Abs. 1 UrhG in das deutsche Recht umgesetzte Sendelandprinzip beschreibt weder die internationale Zuständigkeit, noch stellt es eine Kollisionsnorm zur Anwendbarkeit des materiellen Rechts dar. Vielmehr kanalisiert es das Senderecht durch eine materiellrechtliche Definition der entscheidenden Handlung auf eine einzige Rechtsordnung (vgl. Ahrens in Gloy/Loschelder/Erdmann, Handbuch des Wettbewerbsrechts, 4. Aufl., § 68 Rn. 26; MünchKomm.BGB/Drexl, 5. Aufl., Internationales Immaterialgüterrecht Rn. 124).

24
Die Regelung des Art. 1 Abs. 2 der Satelliten- und Kabelrichtlinie ist zudem allein auf das materielle nationale Urheberrecht beschränkt und daher auf die hier geltend gemachte Verletzung von Markenrechten nicht anzuwenden. Die Richtlinie erfasst bereits nach ihrer Überschrift nur das Urheberrecht und die Leistungsschutzrechte. Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie beschränkt den Anwendungsbereich des Sendelandprinzips zudem ausdrücklich auf die Zwecke der Richtlinie. Nach den Erwägungsgründen 2 und 3 der Richtlinie sollen durch die Richtlinie zwar Hindernisse im Bereich der grenzüberschreitenden Rundfunksendungen abgebaut werden. Aus den Erwägungsgründen 5 bis 7 der Richtlinie ergibt sich aber, dass der Gefahr der Rechtsunsicherheit und das damit einhergehende Hindernis für den freien Verkehr der Programme allein aufgrund unterschiedlicher nationaler Urheberrechtsvorschriften begegnet werden soll. Wie aus Erwägungsgrund 12 folgt, soll die Satelliten- und Kabelrichtlinie als Ergänzung zur Fernsehrichtlinie einen einheitlichen Rechtsraum nur in Bezug auf das Urheberrecht schaffen (vgl. auch BGH, Urteil vom 7. November 2002 -I ZR 175/00, BGHZ 152, 317, 325 f. – Sender Felsberg).

25
(2) Der Zweck der Satelliten- und Kabelrichtlinie spricht ebenfalls gegen eine Erstreckung des Sendelandprinzips in entsprechender Anwendung auf das Markenrecht. Eine vergleichbare Interessenlage besteht nicht. Eine solche lässt sich insbesondere nicht aus Erwägungsgrund 14 der Richtlinie herleiten, wonach die die grenzüberschreitende Programmverbreitung über Satelliten behindernde Rechtsunsicherheit durch eine Regelung auf Gemeinschaftsebene beseitigt werden soll. Im Bereich des hier in Rede stehenden nationalen Markenrechts fehlt es an der Gefahr, dass der Rechteinhaber seine Markenrechte in allen Mitgliedstaaten geltend macht, in denen die Satellitensendung empfangen werden kann, da der Schutz der inländischen Marke aufgrund des Territorialprinzips auf das Gebiet eines Mitgliedstaats beschränkt ist (vgl. BGH, GRUR 2005, 431, 432 – HOTEL MARITIME). Anders als das Urheberrecht ist das Markenrecht durch die Markenrechtsrichtlinie zudem gemeinschaftsweit harmoni-siert, so dass die Problematik voneinander abweichender nationaler Vorschriften nicht einmal dann besteht, wenn ein Zeichen in verschiedenen Mitgliedstaaten aufgrund mehrfacher Eintragung oder Verkehrsgeltung als Marke Schutz beanspruchen kann.

26
Soweit die Revision geltend macht, eine der urheberrechtlichen Problematik vergleichbare Interessenlage ergebe sich daraus, dass der Titel und die über Satellit ausgestrahlte Sendung, der Urheberrechtsschutz zukomme, untrennbar miteinander verbunden seien, führt dies zu keiner abweichenden Beurteilung. Denn im Streitfall stützt sich die Klage gerade nicht auf einen Schutz eines Titels, sondern allein auf den Schutz der eingetragenen Marken.

27
Ebenso macht die Revision erfolglos geltend, dass die Anwendung des Sendelandprinzips zur Bestimmung der internationalen Zuständigkeit zwingend geboten sei, um der Gefahr zu begegnen, dass im Fall eines auf Markenrecht gestützten Verbots die Aussendung der technisch nicht auf das Gebiet eines Mitgliedstaats zu beschränkenden europäischen Satellitensendung unmöglich würde. Ob und in welchem Maße ein derartiges Verbot ausgesprochen wird, ist keine Frage der internationalen Zuständigkeit, sondern beurteilt sich nach den Regeln des anzuwendenden Rechts sowie des Bestehens und der Reichweite eines materiellrechtlichen Unterlassungsanspruchs (vgl. dazu unten unter II 3 b).

28
(3) Nach den vorstehenden Ausführungen bestehen hinsichtlich der Auslegung der Satelliten- und Kabelrichtlinie keine vernünftigen Zweifel. Dementsprechend ist auch keine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union veranlasst (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 – Rs 283/81, Slg. 1982, 3415 = NJW 1983, 1257 Rn. 16 – Cilfit).

29
2. Die Klage ist nicht wegen fehlender Bestimmtheit der Klageanträge unzulässig.

30
Im Streitfall stützt die Klägerin ihr Klagebegehren auf zwei eingetragene Marken, für die sie sowohl Verwechslungsschutz nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG als auch Bekanntheitsschutz nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG geltend macht. Zudem hält sie das Verhalten der Beklagten für wettbewerbswidrig. Damit hat die Klägerin ihr Klagebegehren jedenfalls insoweit alternativ auf verschiedene Streitgegenstände gestützt, als sie aus zwei Klagezeichen und wegen wettbewerbswidrigen Verhaltens gegen die Beklagten vorgeht (vgl. BGH,Urteil vom 17. August 2011 – I ZR 108/09, GRUR 2011, 1043 Rn. 25 ff. = WRP 2011, 1454 – TÜV II).

31
Die alternative Klagehäufung, bei der ein einheitliches Klagebegehren aus mehreren prozessualen Ansprüchen (Streitgegenständen) hergeleitet wird und dem Gericht die Auswahl überlassen bleibt, auf welchen Klagegrund es die Verurteilung stützt, verstößt zwar gegen das Gebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, den Klagegrund bestimmt zu bezeichnen (vgl. BGH, Beschluss vom 24. März 2011 – I ZR 108/09, BGHZ 189, 56 Rn. 10 – TÜV I). Auf den Hinweis des Senats hat die Klägerin allerdings klargestellt, dass sie ihr Klagebegehren in erster Linie auf die Klagemarke 1 und sodann hilfsweise auf die Klagemarke 2, äußerst hilfsweise auf Ansprüche aus UWG stützt. Diese an sich schon in der Klage gebotene Klarstellung konnte die Klägerin auch noch in der Revisionsinstanz nachholen; sie ist verfahrensrechtlich unbedenklich, weil das Berufungsgericht die Verurteilung sowohl auf Verwechslungsgefahr als auch auf einen Schutz der bekannten Klagemarke gestützt hat (vgl. BGH, GRUR 2011, 1043 Rn. 37 -TÜV II).

32
Auf die von der Klägerin vorsorglich erklärte Reihenfolge von Ansprüchen aus der Verletzung einer bekannten Marke und Ansprüchen wegen Verwechslungsgefahr kommt es nicht an. Im Verhältnis zum Verwechslungsschutz stellt die Geltendmachung einer identischen Verletzung der Marke im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG denselben Streitgegenstand dar (vgl. BGH, GRUR 2011, 1043 Rn. 27 – TÜV II). Werden aus einem Schutzrecht sowohl Ansprüche wegen Verwechslungsschutz nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG als auch wegen Bekanntheitsschutz nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG geltend gemacht, handelt es sich ebenfalls um einen einheitlichen Streitgegenstand (noch offengelassen in BGHZ 189, 56 Rn. 3 – TÜV I; BGH, GRUR 2011, 1043 Rn. 27 – TÜV II). Entsprechendes gilt im Hinblick auf den Schutz der geschäftlichen Bezeichnung nach § 15 Abs. 2, Abs. 3 MarkenG.

33
3. Die Revision hat jedoch Erfolg, weil die bislang vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen nicht ausreichen, um eine relevante Verletzungshandlung im Inland anzunehmen.

34
a) Nach dem im Immaterialgüterrecht maßgeblichen Territorialitätsprinzip richtet sich der Schutz der inländischen Kennzeichen der Klägerin nach dem Recht des Schutzlandes und damit nach deutschem Recht (BGH, GRUR 2005, 431, 432 – HOTEL MARITIME; BGH, Urteil vom 28. Juni 2007 – I ZR 49/04, BGHZ 173, 57 Rn. 26 – Cambridge Institute; Büscher in Büscher/Dittmer/Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz Urheberrecht Medienrecht, 2. Aufl., § 14 MarkenG Rn. 67, jeweils mwN). Aufgrund des Territorialitätsprinzips ist der Schutzbereich einer inländischen Marke auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland beschränkt. Ein Unterlassungsanspruch nach § 14 Abs. 2, Abs. 5 MarkenG setzt deshalb eine das Kennzeichenrecht verletzende Benutzungshandlung im Inland voraus. Diese ist nach § 14 Abs. 3 Nr. 2, 3 MarkenG regelmäßig gegeben, wenn im Inland unter dem Zeichen Waren oder Dienstleistungen angeboten werden (BGH, GRUR 2005, 431, 432 – HOTEL MARITIME, mwN).

35
b) Allerdings ist nicht jede Kennzeichenbenutzung im Inland dem Schutz von Kennzeichen nach der nationalen Rechtsordnung unterworfen. Ob eine relevante Verletzungshandlung im Inland vorliegt, bedarf dann besonderer Feststellungen, wenn das dem Inanspruchgenommenen vorgeworfene Verhalten seinen Schwerpunkt im Ausland hat. Anderenfalls droht die Gefahr, dass es – im Widerspruch zur Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV – zu einer uferlosen Ausdehnung des Schutzes nationaler Kennzeichenrechte und zu einer unangemessenen Beschränkung der wirtschaftlichen Entfaltung ausländischer Unternehmen kommen kann (vgl. BGH, GRUR 2005, 431, 432 – HOTEL MARITIME, mwN).

36
Der Senat hat deshalb entschieden, dass die Anwendung des nationalen Kennzeichenrechts auf Kennzeichenbenutzungen im Internet nicht dazu führen darf, dass jedes im Inland abrufbare Angebot ausländischer Dienstleistungen bei Verwechslungsgefahr mit einem inländischen Kennzeichen kennzeichenrechtliche Ansprüche auslöst. Erforderlich ist vielmehr, dass das Angebot einen hinreichenden wirtschaftlich relevanten Inlandsbezug („commercial effect“) aufweist (BGH, GRUR 2005, 431, 433 – HOTEL MARITIME; vgl. auch Ingerl/ Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., Einl. Rn. 59; Fezer, Markenrecht, 4. Aufl., Einl. H Rn. 40). Dabei ist eine Gesamtabwägung vorzunehmen, bei der auf der einen Seite zu berücksichtigen ist, wie groß die Auswirkungen der Kennzeichenbenutzung auf die inländischen wirtschaftlichen Interessen des Zeicheninhabers sind (BGH, GRUR 2005, 431, 433 – HOTEL MARITIME). Auf der anderen Seite ist maßgebend, ob und inwieweit die Rechtsverletzung sich als unvermeidbare Begleiterscheinung technischer oder organisatorischer Sachverhalte darstellt, auf die der Inanspruchgenommene keinen Einfluss hat oder ob dieser etwa -zum Beispiel durch die Schaffung von Bestellmöglichkeiten aus dem Inland oder die Lieferung auch ins Inland – zielgerichtet von der inländischen Erreichbarkeit profitiert (vgl. Ingerl/Rohnke aaO Einl. Rn. 59 f.) und die Beeinträchtigung des Zeicheninhabers dadurch nicht nur unwesentlich ist (BGH, GRUR 2005, 431, 433 – HOTEL MARITIME; Fezer aaO Einl. H Rn. 48). Diese Grundsätze sind nicht auf Kennzeichenbenutzungen im Internet beschränkt, sondern gelten auch für entsprechende Sachverhalte, bei denen – wie im Streitfall – ein im Ausland vorgenommenes Verhalten Auswirkungen auf inländische Schutzrechte hat.

37
c) Das Berufungsgericht hat ein markenrechtlich relevantes Handeln in Bezug auf inländische Marken unter Bezugnahme auf die Feststellung des Landgerichts bejaht, wonach die Ausstrahlung der italienischen Fernsehprogramme nach dem eigenen Vortrag der Beklagten zu 1 darauf gerichtet ist, das Verständnis und die Kenntnis der italienischen Kultur und Sprache in der Welt zu fördern. Diese Feststellung allein reicht jedoch für die Annahme eines hinreichenden wirtschaftlich relevanten Inlandsbezugs nach den dargelegten Grundsätzen nicht aus. Erforderlich ist darüber hinaus eine Gesamtabwägung der Interessen der Parteien, in die neben dem Gewicht der Auswirkungen der Kennzeichenbenutzung auf die inländischen wirtschaftlichen Interessen des Zeicheninhabers auch einfließen muss, inwieweit es den Beklagten möglich und zumutbar war, Rechtsverletzungen im Inland zu vermeiden. Die Beklagten haben dazu vorgetragen, dass die Satelliten Eutelsat und ASTRA das Abstrahlungsgebiet eines Fernsehprogramms nicht auf einen Mitgliedstaat beschränken könnten, sondern die über diese Satelliten verbreiteten Fernsehprogramme immer in mehreren Mitgliedstaaten empfangbar seien. Eine europäische Satellitensendung werde unmöglich, wenn ihr Titel auch nur in einem Mitgliedstaat dort bestehende Kennzeichenrechte verletze.

38
III. Das Berufungsurteil ist somit aufzuheben. Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist. Insbesondere kann die Klage entgegen der Auffassung der Revision nicht deswegen abgewiesen werden, weil es an den weiteren Voraussetzungen einer Markenrechtsverletzung durch die Beklagten fehlt.

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Das Berufungsgericht hat eine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG jedenfalls in der Form angenommen, dass die einschlägigen Verkehrskreise zu der irrigen Annahme verleitet würden, auch die in Rede stehenden Veranstaltungen und deren Ausstrahlungen in Deutschland seien unter der Produktverantwortung der klagenden Markeninhaberin entstanden oder die in Rede stehenden Dienstleistungen stammten zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen. Das Berufungsgericht hat weiter angenommen, dass sich ein Anspruch auch aus § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG ergibt. Dies lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

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1. Das Berufungsgericht ist zutreffend von einer markenmäßigen Verwendung im Inland ausgegangen. Ohne Erfolg rügt die Revision in diesem Zusammenhang, das Berufungsgericht habe den Vortrag der Beklagten unbeachtet gelassen, dass jedenfalls in Italien der Begriff „Oscar“ ein generischer Begriff für alle Arten von Preisen sei. Hieraus ergebe sich auch eine Prägung der in Deutschland lebenden Italiener und der Deutschen mit ausreichenden italienischen Sprachkenntnissen, auch wenn sie sich nicht in Italien aufhielten. Das Berufungsgericht hat das – von der Klägerin bestrittene – Vorbringen der Beklagten nicht unbeachtet gelassen. Es hat im Zusammenhang mit der Prüfung des Markenschutzes nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG angenommen, die Beklagte zu 1 habe die angegriffenen Bezeichnungen markenmäßig benutzt. Dass der Begriff „Oscar“ in Italien möglicherweise beschreibend verstanden werde, stehe einer Verwendung als Marke in Deutschland nicht entgegen. Anders als die Revision annimmt, kann die Beurteilung des Berufungsgerichts nicht als widersprüchlich oder mit der Lebenserfahrung unvereinbar angesehen werden.

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2. Die Revision rügt ferner ohne Erfolg, eine gedankliche Verknüpfung zwischen der Klagemarke und den angegriffenen Bezeichnungen scheide aus, weil der Verkehr in Deutschland den „Oscar“ eindeutig der in den USA ansässigen Klägerin als Veranstalterin der bekannten Film-Preisverleihung zuordne. Sie macht vergebens geltend, aufgrund der überragenden Bekanntheit und der ausschließlichen Verwendung des Begriffs „Oscar“ für die jährlich in den Vereinigten Staaten stattfindende Verleihung der „Oscar-Statuette“ im Rahmen dieser Preisverleihung nehme der Verkehr eine gedankliche Verbindung mit der bekannten Marke nicht vor und gehe von vornherein nicht von wirtschaftlichen oder organisatorischen Zusammenhängen zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1 aus.

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Zwar mag die Gefahr tatsächlicher Verwechslungen mit zunehmendem Bekanntheitsgrad des Zeichens sinken, weil das Zeichen dem Verkehr so häufig begegnet, dass er Fehlvorstellungen über sein tatsächliches Aussehen weniger unterliegen wird. Es werden jedoch erfahrungsgemäß dem Verkehr besonders kennzeichnungskräftige, insbesondere bekannte oder sogar berühmte Kennzeichnungen eher in Erinnerung bleiben. Solche ihm bekannten Kennzeichnungen wird der angesprochene Verkehr deshalb auch eher in einer anderen Kennzeichnung wiederzuerkennen glauben. Demgemäß genießen besonders kennzeichnungskräftige oder sogar bekannte Marken grundsätzlich einen umfassenderen Schutz als Marken, deren Kennzeichnungskraft geringer ist (vgl. Erwägungsgrund 11 MarkenRL; EuGH, Urteil vom 11. November 1997 -C-251/95, Slg. 1997, I-6191 = GRUR 1998, 387 Rn. 24 – Sabèl/Puma; Urteil vom 29. September 1998 – C 39/97, Slg. 1998, I-5507 = GRUR 1998, 922 Rn. 18 – Canon; BGH, Urteil vom 5. April 2001 – I ZR 168/98, GRUR 2002, 171, 175 = WRP 2001, 1315 – Marlboro-Dach, mwN; Ingerl/Rohnke aaO § 14 Rn. 604 f.). Hinzu kommt die erhöhte Schutzbedürftigkeit intensiv benutzter Marken. Denn je bekannter die Marke ist, desto größer ist die Zahl der Wettbewerber, die ähnliche Zeichen benutzen möchten (EuGH, Urteil vom 10. April 2008 – C-102/07, Slg. 2008, I-2439 = GRUR 2008, 503 Rn. 36 – adidas/Marca Mode CV).

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3. Das Berufungsgericht ist ferner zutreffend davon ausgegangen, dass sich die Beklagte zu 1 nicht auf eine Zustimmung der Klägerin zur Benutzung berufen kann. Insbesondere ist nicht anzunehmen, dass eine Einigung zwischen der Klägerin und der Produzentin der Sendung „La Kore Oscar della Moda“ zustande gekommen ist, wonach diese Titelbezeichnung in Deutschland benutzt werden darf. Denn das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die Zustimmung zur Zeichenbenutzung, die in einer Einigung zwischen der Klägerin und der Produzentin der Sendung aus dem Jahr 2004 enthalten war, eine Ausstrahlung in Deutschland nicht erfasste. Hiergegen wendet die Revision ohne Erfolg ein, diese Feststellungen verstießen gegen die Denkgesetze, weil die Sendung lediglich in Italien ausgestrahlt worden und in Deutschland lediglich zu empfangen gewesen sei. Das Berufungsgericht hat den Begriff „Ausstrahlung“nicht im Sinne einer reinen Aussendung des Signals in Italien verstanden, sondern in dem Sinne, dass das Fernsehsignal in Deutschland empfangen werden kann. Diese Sichtweise lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

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4. Entgegen der Ansicht der Revision steht auch § 23 Nr. 2 MarkenG einem Unterlassungsanspruch der Klägerin nicht entgegen. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Benutzung von „Oscar“ für in Deutschland ausgestrahlte Preisverleihungen bereits keine Angabe über Merkmale oder Eigenschaften von Dienstleistungen darstelle, sondern sich an die herkunftshinweisende, von der Klägerin ins Leben gerufene und bekannt gemachte Bezeichnung für die amerikanische Filmpreisverleihung anlehne. Das Berufungsgericht hat zudem einen Verstoß gegen die guten Sitten im Sinne von § 23 MarkenG angenommen, weil die angegriffenen Bezeichnungen die Wertschätzung der bekannten Klagemarke ausnutzten und zudem deren Unterscheidungskraft beeinträchtigten und ausnutzten. Auch diese Beurteilung lässt Rechtsfehler nicht erkennen.

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5. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, die Annahme eines Unterlassungsanspruchs verstoße gegen die unionsrechtliche Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV, weil es sich bei dem Wort „Oscar“ in Italien um eine Gattungsbezeichnung für Preise und Auszeichnungen handele und die Beklagten in Italien wegen der Verwendung der angegriffenen Bezeichnungen nicht in Anspruch genommen werden könnten. Es stellt keine unzulässige Behinderung des innergemeinschaftlichen Handels dar, wenn einem in einem Mitgliedstaat ansässigen Unternehmen wegen Verwechslungsgefahr mit einem ähnlichen ursprungsgleichen Zeichen die zeichenmäßige Verwendung einer Bezeichnung verboten wird, die der Verwender in seinem Heimatstaat rechtmäßig benutzt (vgl. EuGH, Urteil vom 22. Juni 1994 – C-9/93, Slg. 1994, I-2789 = GRUR Int. 1994, 614 Rn. 60 – Ideal Standard II). Die Ausübung gewerblicher nationaler Schutzrechte ist insoweit nach Art. 36 Satz 1 AEUV vorrangig gerechtfertigt (vgl. Ingerl/Rohnke aaO Einl. Rn. 26; Hacker in Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Aufl., Einl. Rn. 8; zur Dienstleistungsfreiheit vgl. Ohly in Piper/Ohly/Sosnitza, UWG, 5. Aufl., Einf. C Rn. 25). Die Gefahr einer unverhältnismäßigen Ausdehnung des nationalen Schutzrechts ist zudem dadurch begegnet, dass es für das Verbot – wie bereits ausgeführt – eines hinreichenden wirtschaftlich relevanten Inlandsbezugs bedarf.

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6. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass auch die Sendung „Oscar della Musica“ im Oktober 2002 in den Programmen der Beklagten zu 1 gesendet wurde und in Deutschland zu empfangen war.

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Die Revision wendet sich gegen diese Feststellung vergebens mit der Rüge, das Berufungsgericht habe verkannt, dass die Beklagte zu 1 das dahingehende Vorbringen der Klägerin hinreichend bestritten habe und die Klägerin die Ausstrahlung dieser Sendung lediglich ins Blaue hinein behauptet habe. Die Klägerin hat zur Verletzungshandlung ausreichend substantiiert vorgetragen. Insbesondere ist die Darlegung, die Beklagte zu 1 habe die Sendung „Oscar della Musica“ im Oktober 2002 gesendet und nach Deutschland ausgestrahlt, geeignet, ihre Rechtsbehauptung zu stützen. Einer weiteren Substantiierung hätte es nur dann bedurft, wenn die Beklagte zu 1 die Behauptung der Klägerin hinreichend bestritten hätte. Dies hat sie indes nicht getan. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat sie sich auf die Behauptung der Klägerin allein mit Nichtwissen im Sinne von § 138 Abs. 4 ZPO erklärt. Auch die Revision zeigt kein weiteres Bestreiten der Beklagten zu 1 auf, sondern verweist ebenfalls nur auf das Bestreiten in der Klageerwiderung, das sich auf die Erklärung mit Nichtwissen beschränkt hat. Eine solche Erklärung ist aber nur zulässig, wenn sich der behauptete Vorgang außerhalb des eigenen Geschäfts- und Verantwortungsbereichs der Partei befindet, die sich mit Nichtwissen erklärt (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 29. Aufl., § 138 Rn. 16). Der Umstand, ob eine bestimmte Fernsehsendung in einem der Programme der Beklagten zu 1 gesendet und nach Deutschland ausgestrahlt worden ist, steht nicht außerhalb dessen, was im Geschäfts- und Verantwortungsbereich der Beklagten zu 1 liegt. Als Folge der nach § 138 Abs. 4 ZPO nicht zulässigen Erklärung ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass das Vorbringen der Klägerin nach § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden gilt (vgl. Zöller/Greger aaO § 138 Rn. 13).

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7. Das Berufungsgericht hat mit Recht auch die Haftung der Beklagten zu 2 – im zuerkannten Umfang – für die Markenverletzungen angenommen.

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Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die für die Aktivitäten der Beklagten zu 1 im Ausland zuständige „RAI international“ bis zum Jahr 2003 eine unselbständige Abteilung der Beklagten zu 1 war; 2003 sei dann die Beklagte zu 2 in der Rechtsform einer italienischen Aktiengesellschaft gegründet worden. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Beklagte zu 2 das für die Ausstrahlung und den Vertrieb von Fernsehprogrammen im Ausland verantwortliche Unternehmen war. Sie sei im Rahmen ihres Geschäftszwecks auch tatsächlich aktiv geworden. Dies ergebe sich aus den vorgelegten Geschäftsberichten der „RAI GROUP“, die für die Jahre 2003 bis 2005 ein variierendes Umlaufvermögen zwischen etwa 55.000 € und rund 508.000 € auswiesen. Soweit ein der Beklagten vorgelegter Handelsregisterauszug aus dem Jahr 2007 die Beklagte zu 2 mit dem Status „inaktiv“ führe, besage dies nichts für die Jahre 2003 bis 2006, in denen die Verletzungshandlungen begangen worden seien. Es hätte der Beklagten zu 2 oblegen, im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast näher zu erläutern, weshalb sie existiere und in den Geschäftsberichten als aktives Unternehmen geführt werde, wenn gleichwohl nicht sie, sondern die Beklagte zu 1 nach wie vor die internationalen Aktivitäten betreibe. Diese Beurteilung ist frei von Rechtsfehlern.

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Ohne Erfolg wendet die Revision ein, das Berufungsgericht habe sich rechtsfehlerhaft über den Inhalt des Handelsregisterauszugs hinweggesetzt. Das Berufungsgericht hat den Inhalt des Registerauszugs beachtet. Dessen Inhalt steht den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht zwingend entgegen. Denn es ist keineswegs erfahrungswidrig, dass Umstände, die in ein öffentliches Register von Rechts wegen einzutragen sind, dort tatsächlich nicht zur Eintragung gelangen.

Unterschriften

Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 27.11.2007 – 15 O 760/06
KG Berlin, Entscheidung vom 26.03.2010 – 5 U 189/07

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