BGH: Michel-Nummern Leitsatzentscheidung

BGH, Urt. v. 3. November 2005 – I ZR 311/02

UrhG § 87

Der Verleger eines als Buch und als CD-Rom erschienenen Briefmarkenkatalogs, in dem die katalogisierten Briefmarken nach einem bestimmten, in der Branche durchgesetzten Nummernsystem geordnet sind, kann von einem Konkurrenten, der einen entsprechenden Katalog mit einem eigenen Nummernsystem auf CD-Rom vertreibt, nicht beanspruchen, dass der Konkurrent sein Produkt nur ohne eine Import- und Exportfunktion für eingegebene Benutzerdaten vertreibt. Dies gilt auch dann, wenn diese Funktion es dem Katalogbenutzer ermöglicht, selbst erstellte Konkordanzlisten, in denen für jede Briefmarke der Nummer des einen Systems die Nummer des anderen Systems zugeordnet wird, zu exportieren oder zu importieren und diese Liste anderen Benutzern des Konkurrenzkatalogs als Datei zur Verfügung zu stellen.

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 3. November 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und Dr. Schaffert
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 29. Zivilsenats des Oberlandesge-richts München vom 21. November 2002 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

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Im Verlag des Klägers erscheinen die erstmals im Jahre 1910 publizierten Briefmarken-Kataloge „Michel“. Die Kataloge werden seitdem laufend neu bearbei-tet und erweitert. Sie sind unter Philatelisten überaus bekannt. Die Kataloge für die deutschsprachigen Sammelgebiete erreichen einen Marktanteil von über 70%. „Michel“-Kataloge erscheinen in regelmäßigen Abständen jeweils aktualisiert in Buchform und als CD-Rom.
Die Beklagten zu 2 und zu 3 (im Folgenden: die Beklagten) betreiben als Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, der Beklagten zu 1, ebenfalls
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einen Verlag, in dem – ausschließlich auf CD-Rom – unter der Bezeichnung „Philotax“ Briefmarkenkataloge für deutschsprachige Sammelgebiete erscheinen.
In den „Michel“-Katalogen des Klägers sind die Briefmarken nach einem Sys-tem geordnet, das auf den Verfasser des ersten „Michel“, den 1944 verstorbenen Georg Hugo Paul Michel-Triller, zurückgeht. Das System folgt geopolitischen, his-torischen und philatelistischen Ordnungsprinzipien und weist jeder Briefmarke in-nerhalb eines Sammelgebiets eine individualisierende, auf Besonderheiten hin-deutende, aus Ziffern und Buchstaben zusammengesetzte Ordnungsnummer zu. Als Beispiel ist nachstehend die Seite 377 des „Michel“-Katalogs Deutschland Spezial 2002, Band 1, wiedergegeben. Sie betrifft eine im Oktober/November 1923, also in der Inflationszeit, herausgegebene Briefmarke mit Nominalwerten von 500.000 bis 20 Mrd. Mark. Die Ordnungsnummern sind dort durch einen Kas-ten hervorgehoben. Die dreistellige arabische Zahl (313 bis 329) wird für jedes Sammelgebiet chronologisch und nach Nominalwerten aufsteigend vergeben (be-ginnend für das Deutsche Reich mit der Zahl 1). Die großen Buchstaben vom An-fang des Alphabets (hier: A und B) kennzeichnen die Trennungsarten (gezähnt oder durchstochen), die Buchstaben P (Plattendruck) und W (Walzendruck) die Druckarten, die kleinen Buchstaben vom Anfang des Alphabets die unterschiedli-chen Farben oder Farbnuancen.
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Da im Handel und unter Sammlern ein Bedürfnis nach einem einheitlichen Katalogisierungssystem besteht, hat sich das Katalogisierungssystem des Klägers (im Folgenden: Michel-Nummern) im Verkehr mit Briefmarken weitgehend durch-gesetzt. Es wird weltweit von etwa 250 bis 300 Lizenznehmern des Klägers ver-wendet.
Die Beklagten gehören nicht zu den Lizenznehmern des Klägers. Sie ver-wenden ein eigenes Nummernsystem (im Folgenden: Philotax-Nummern). Das Programm zum Betrieb der „Philotax“-CD-Rom enthält eine Funktion, die es dem Benutzer ermöglicht, jeder Philotax-Nummer in einem als „Sammler-Nr.“ bezeich-neten Fenster eine kurze Information (nach dem Beklagtenvortrag mit bis zu zwölf Anschlägen) zuzuordnen. Sie bewerben diese Funktion – wie nachstehend abge-bildet – im Internet mit dem Hinweis: „Sammler-Nummer: Eingabealternative zur Philotax-Nummer, Möglichkeit zur Verwendung beliebiger anderer Katalognum-mern.“
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Die durch Eintragung eigener Sammlernummern erzeugten Daten können in Listenform dargestellt, exportiert und in andere (digitale) Philotax-Kataloge impor-tiert werden. Nimmt es beispielsweise ein Sammler auf sich, jeder Philotax-Num-mer die entsprechende Michel-Nummer zuzuordnen, kann er eine Datei mit einer Konkordanz der beiden Nummernsysteme erstellen und anderen Benutzern des Philotax-Katalogs – etwa per E-Mail – eine Kopie dieser Datei überlassen. Der an-dere Benutzer kann dann diese Datei in seinen Philotax-Katalog importieren mit der Folge, dass jeder im Katalog aufgeführten Briefmarke nicht nur die Philotax-Nummer, sondern auch die Michel-Nummer zugeordnet ist. In Sammlerkreisen besteht bei Nutzern des Philotax-Katalogs Nachfrage nach solchen Konkordanz-dateien, die unstreitig u.a. über ein Forum von Benutzern des Philotax-Katalogs befriedigt wird.
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Der Kläger hat behauptet, die Funktion, mit der eine „Sammler-Nr.“ eingege-ben, eine Konkordanzdatei erzeugt und diese Datei exportiert und importiert wer-den könne, diene allein dazu, die Eingabe der Michel-Nummern in das Philotax-Programm zu ermöglichen. Er ist der Ansicht, sein Nummernsystem sei als Da-tenbankwerk oder zumindest als einfache Datenbank urheberrechtlich geschützt. Im Übrigen sei das Verhalten der Beklagten wettbewerbswidrig.
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Der Kläger hat beantragt,
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die Beklagten (einschließlich des Beklagten zu 1) zu verurteilen, es zu unterlassen, in den von ihnen herausgegebenen Briefmarkenkatalog-programmen „Philotax“ eine Importmöglichkeit von Briefmarkennumme-rierungen in Gesamtlistenform zu ermöglichen und hierfür zu werben.
Im Laufe des weiteren Verfahrens hat der Kläger erläutert, dass unter „Ge-samtlistenform“ eine Liste zu verstehen sei, die alle Michel-Nummern eines Sam-melgebietes der einzelnen Philotax-Kataloge erfasse.

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Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten. Sie haben geltend gemacht, die fragliche Export- und Importfunktion gehöre zum Standard von Datenbankpro-grammen und werde vom Verkehr erwartet. Für diese Funktion bestehe eine Vielzahl rechtlich unbedenklicher Nutzungsmöglichkeiten.
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Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß verurteilt. Gegen dieses Urteil haben die Beklagtenvertreter „namens und im Auftrag der Beklagten zu 2 und 3“ Berufung eingelegt. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten zu 1 als unzulässig verworfen. Auf die Berufung der Beklagten zu 2 und zu 3 hat es das angefochtene Urteil aufgehoben und die Klage insoweit abgewiesen (OLG München CR 2003, 564 = ZUM-RD 2003, 306).
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Hiergegen richtet sich die – vom Berufungsgericht zugelassene – Revision des Klägers, mit der er den gegen die Beklagten zu 2 und zu 3 gerichteten Unter-lassungsantrag weiterverfolgt. Die Beklagten beantragen, die Revision zurückzu-weisen.
Entscheidungsgründe:
I. Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch des Klägers ge-genüber den Beklagten verneint. Zur Begründung hat es ausgeführt:
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Es könne unterstellt werden, dass aus der Sicht der Nutzer des Philotax-Katalogs die Möglichkeit, in dem Feld „Sammler-Nr.“ Eintragungen vorzunehmen, im Wesentlichen dazu diene, die entsprechenden Michel-Nummern einzugeben. Denn auf Seiten der Benutzer des Philotax-Katalogs müsse ein erhebliches Inte-resse bestehen, die Philotax-Nummern den Michel-Nummern synoptisch gegen-
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überzustellen, und eine solche einmal geschaffene Konkordanz zu exportieren und mit anderen Sammlern auszutauschen. Doch auch unter diesen Umständen sei der Unterlassungsanspruch nicht zu begründen. Eine drohende Urheber-rechtsverletzung – eine in der Vergangenheit liegende Verletzung sei ohnehin nicht dargetan – sei nicht ersichtlich.
Da es nicht darum gehe, dass der Katalog des Klägers vollständig vervielfäl-tigt werde, komme es darauf an, ob der Kläger für die Michel-Nummern, um deren Übernahme es allein gehe, urheberrechtlichen Schutz beanspruchen könne. Dies sei nicht der Fall. Das Katalogisierungssystem des Klägers folge altbekannten Gliederungsschemata. Die Anwendung eines solchen Systems auf ein möglicher-weise urheberrechtlich geschütztes Ordnungssystem stelle keine persönliche geis-tige Schöpfung i.S. von § 2 Abs. 2 UrhG dar. Es handele sich dabei um eine rein handwerkliche, jedem mit derartigen Gliederungssystemen Vertrauten zugängliche Leistung. Hieran vermöge auch der Umstand nichts zu ändern, dass die bean-standete Programmfunktion dem Verwender durch die Bezugnahme auf den Mi-chel-Katalog dessen Nutzung ermögliche. Eine derartige Bezugnahme gehöre nicht zu den dem Urheber vorbehaltenen Nutzungen seines Werks.
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Ein Anspruch des Klägers lasse sich auch nicht damit begründen, dass es sich bei seinem Katalog um eine Datenbank i.S. von § 87a Abs. 1 Satz 1 UrhG handele. Gemäß § 137g Abs. 2 UrhG bestehe der Datenbankschutz auch für Da-tenbanken, die zwischen dem 1. Januar 1983 und dem 31. Dezember 1997 her-gestellt worden seien. Daraus folge im Umkehrschluss, dass für Datenbanken, die vor dem 1. Januar 1983 hergestellt worden seien, ein solcher Schutz nicht beste-he. Damit sei der überwiegende Teil des vorgelegten Katalogs „Deutschland Spe-zial 2002“ nicht als Datenbank geschützt. Aber auch für die nach 1983 erstellten Datenbankbestände lasse sich der beanspruchte Schutz nicht begründen. Denn für einen Großteil der Nutzer des Philotax-Programms stelle die Kopie der Num-
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mern eine zulässige Nutzung zum privaten Gebrauch dar (§ 87c Abs. 1 Nr. 1 UrhG). Die im Gesetz für Datenbanken, deren Elemente einzeln mit Hilfe elektro-nischer Mittel zugänglich seien, vorgesehene Ausnahme sei nicht einschlägig, weil gerade der Bezug zu den Philotax-Nummern, an dem die Nutzer besonders inte-ressiert seien, mit elektronischen Mitteln nicht zugänglich sei. Dieser Bezug werde vielmehr erst dadurch hergestellt, dass die der jeweiligen Briefmarke entspre-chende Michel-Nummer ermittelt und von Hand eingegeben werde.
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Unter diesen Umständen komme das beantragte Schlechthin-Verbot, mit dem den Beklagten eine Verwendung der beanstandeten Programmfunktion gene-rell untersagt werden solle, nicht in Betracht, auch wenn die Nutzung dieser Funk-tion durch einzelne Sammler in vielen Fällen eine Urheberrechtsverletzung dar-stelle.
Auch unter dem Gesichtspunkt des ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes lasse sich der geltend gemachte Anspruch nicht begründen. Selbst wenn das Katalogisierungssystem des Klägers über wettbewerbliche Ei-genart verfüge, gelte dies nicht für die einzelnen Nummern, um deren Übernahme es bei der beanstandeten Programmfunktion allein gehe.
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II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben kei-nen Erfolg. Das Berufungsgericht hat mit Recht einen Anspruch des Klägers ver-neint, der darauf gerichtet ist, den Beklagten den Vertrieb des Philotax-Programms zu verbieten, das den Import der Michel-Nummern in „Gesamtlistenform“ (wie vom Kläger in Ergänzung seines Antrags erläutert) ermöglicht.
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1. Die Rechtskraft der gegen den Beklagten zu 1 ergangenen landgerichtli-chen Entscheidung wirkt nicht zu Lasten der Beklagten zu 2 und zu 3. Die nach Verwerfung der Berufung rechtskräftige Verurteilung der Gesellschaft hat – entge-
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gen der Ansicht der Revision – nicht zur Folge, dass den beklagten Gesellschaf-tern die Einwendungen abgeschnitten wären, die der Gesellschaft durch das land-gerichtliche Urteil abgesprochen worden sind (§ 129 Abs. 1 HGB analog).
a) Die Revision geht allerdings zutreffend davon aus, dass die Verurteilung der Gesellschaft ungeachtet der von den Gesellschaftern eingelegten Berufung rechtskräftig geworden ist. Die Anerkennung der Rechts- und Parteifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts durch den Bundesgerichtshof (BGHZ 146, 341) bedeutet, dass diese ebenso wie die offene Handelsgesellschaft neben den (per-sönlich haftenden) Gesellschaftern verklagt werden kann. Eine notwendige Streit-genossenschaft, die den Eintritt der Rechtskraft eines gegen einen Streitgenossen gerichteten Urteils verhindert, weil ein anderer Streitgenosse ein Rechtsmittel ein-gelegt hat, besteht zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftern nicht (BGHZ 54, 251, 255; 63, 51, 54 f.; Zöller/Vollkommer, ZPO, 25. Aufl., § 62 Rdn. 7 m.w.N.). Für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts gelten insofern die zur offenen Handelsgesellschaft entwickelten Grundsätze (BGHZ 146, 341, 348 ff.).
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b) Den Beklagten sind keine Einwendungen abgeschnitten, die der Gesell-schaft durch das landgerichtliche Urteil rechtskräftig abgesprochen worden sind. Denn im Streitfall geht es nicht um eine Haftung der Gesellschafter für Verbind-lichkeiten der Gesellschaft (für die offene Handelsgesellschaft: § 128 HGB). Der Kläger macht mit der Klage einen deliktsrechtlichen Unterlassungsanspruch gel-tend. Voraussetzung für das Bestehen eines solchen Anspruchs gegen eine Ge-sellschaft ist dabei stets die unerlaubte Handlung einer natürlichen Person, die der Gesellschaft, etwa über die Bestimmung des § 31 BGB, zuzurechnen ist. Daneben können auch gegen die handelnden Gesellschafter Ansprüche geltend gemacht werden (vgl. BGH, Urt. v. 26.9.1985 – I ZR 86/83, GRUR 1986, 248, 250 f. – Sporthosen; Baumbach/Hefermehl/Köhler, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl., § 8 UWG Rdn. 2.21). Wird in einem solchen Fall neben der Gesellschaft der Gesellschafter
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als handelnde Person auf Unterlassung in Anspruch genommen, handelt es sich nicht um eine Verbindlichkeit der Gesellschaft im Sinne von §§ 128, 129 HGB, für die der Gesellschafter einstehen müsste, sondern um einen Anspruch, der in ers-ter Linie gegen den Gesellschafter persönlich gerichtet ist. Dem Gesellschafter soll dabei das beanstandete Verhalten unabhängig davon untersagt werden, ob sein Verhalten der Gesellschaft zugerechnet werden kann oder nicht. Das Schicksal dieses Anspruchs wird durch die Rechtskraft der gegen die Gesellschaft ergange-nen Entscheidung nicht berührt.
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2. Dem Kläger steht gegen die Beklagten kein Anspruch aus § 97 Abs. 1 i.V. mit § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 16 UrhG oder aus § 97 Abs. 1 i.V. mit § 87b Abs. 1 UrhG zu. Die Beklagten haften nicht als Störer für mögliche Rechtsverletzungen, die darin liegen könnten, dass Nutzer in erheblichem Umfang Daten aus dem Nummernsystem des Klägers kopieren.
Im Streitfall bedarf die Frage keiner Entscheidung, ob der Kläger nicht nur für seine Kataloge, in denen eine umfangreiche, komplexe Datenmenge nach be-stimmten Ordnungsprinzipien gegliedert und übersichtlich dargestellt wird, son-dern auch für das System der Michel-Nummern urheberrechtlichen Schutz aus § 2 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 UrhG genießt. Ebenso wenig kommt es auf die Frage an, ob der Kläger sich auf eine Verletzung seiner Rechte aus § 87b UrhG berufen kann. Die am 1. Januar 1998 in Kraft getretenen §§ 87a bis 87e UrhG sind nach § 137g Abs. 2 Satz 1 UrhG auf Datenbanken anzuwenden, die zwischen dem 1. Januar 1983 und dem 31. Dezember 1997 hergestellt worden sind; soweit es im Streitfall um Daten aus den Katalogen des Klägers geht, die vor dem 1. Januar 1983 erhoben worden sind, unterliegen sie daher grundsätzlich nicht dem Schutz der §§ 87a ff. UrhG (BGH, Urt. v. 21.7.2005 – I ZR 290/02, GRUR 2005, 857, 860 = WRP 2005, 1267 – HIT BILANZ, zum Abdruck in BGHZ vorgesehen). Es kommt auch nicht auf die von der Revision aufgeworfene Frage an, ob bei einer ständig
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gepflegten und fortentwickelten Datenbank der gesamte Datenbestand an dem gesetzlichen Schutz teilhat, selbst wenn eine bestimmte Information vor dem 1. Januar 1983 in die Datenbank aufgenommen worden ist. Denn auch ein nach dem Urheberrechtsgesetz bestehender Schutz für ein urheberrechtlich geschütz-tes Werk oder für eine Datenbank würde nicht dazu führen, dass der Kläger von den Beklagten beanspruchen könnte, ihr Programm „Philotax“ nicht mehr mit der beanstandeten Importfunktion zu vertreiben.
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a) Das Programm der Beklagten eröffnet die Möglichkeit, in Ergänzung der vorhandenen Philotax-Nummern die Nummer eines anderen Katalogisierungssys-tems einzutragen. Dagegen wendet sich der Kläger nicht. Diese Funktion ent-spricht – auf Kataloge in Buchform bezogen – der Möglichkeit, dass sich der Be-nutzer des einen Katalogs die Nummer handschriftlich notiert, die ein anderer Ka-talog der fraglichen Briefmarke zuordnet. Ebenso wenig kann es dem Verwender eines herkömmlichen gedruckten Katalogs verwehrt werden, eine eigene Konkor-danzliste zu erstellen, aus der sich ablesen lässt, welche Nummer in dem einen Katalogisierungssystem der Nummer in dem anderen System entspricht.
b) Liegt in dem Eintrag der Michel-Nummern in das Fenster „Sammler-Nr.“ sowie in dem Ablegen dieser Einzeldaten in einer gesonderten Datei als eigene Konkordanzliste kein Eingriff in ein mögliches Urheber- oder Datenbankrecht, kann es den Beklagten nicht untersagt werden, den Export oder Import dieser Da-ten elektronisch zu ermöglichen. Ein solcher Export und Import von Daten gehört heute zum Standard von Datenbankprogrammen. Er dient zudem nicht allein da-zu, Dritten die Übernahme von Daten zu ermöglichen. Auch derjenige, der eine Konkordanzliste durch eigenhändige Eingaben erstellt hat, hat ein berechtigtes In-teresse daran, diese Daten exportieren und importieren zu können, insbesondere wenn er eine Neuinstallation des Katalogprogramms vornehmen oder die einge-gebenen Daten auf einem weiteren Rechner verwenden möchte. Im Interesse der
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Datensicherung ist eine derartige Export- und Importfunktion ebenfalls unerläss-lich. Nur sie ermöglicht es dem Nutzer, die Daten im Falle eines Datenverlustes erneut einzuspielen.
c) Der Kläger kann von den Beklagten nicht beanspruchen, dass sie ihre CD-Rom nur ohne eine Import- und Exportfunktion für eingegebene Benutzerda-ten vertreiben. Dies gilt selbst dann, wenn diese Funktion es den Nutzern ermög-licht, selbst erstellte Konkordanzlisten, in denen für jede Briefmarke der Philotax-Nummer die Michel-Nummer zugeordnet wird, zu exportieren oder zu importieren und diese Liste anderen Benutzern des Konkurrenzkatalogs als Datei zur Verfü-gung zu stellen.
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3. Einen wettbewerbsrechtlichen Anspruch aus § 1 UWG a.F., §§ 3, 4 Nr. 9 UWG hat das Berufungsgericht im Ergebnis ebenfalls mit Recht verneint. Dabei kann offen bleiben, ob das Nummernsystem des Klägers und die einzelnen verge-benen Nummern über wettbewerbliche Eigenart verfügen. Denn die Beklagten ha-ben weder das System als Ganzes noch einzelne Ordnungsnummern übernom-men. Sie haben lediglich dem einzelnen Benutzer die Möglichkeit eingeräumt, die Vergleichsnummern aus dem System des Klägers selbst einzutragen, ohne dass damit eine vermeidbare Herkunftstäuschung oder eine unangemessene Ausnut-zung oder gar Beeinträchtigung der Wertschätzung des Nummernsystems des Klägers verbunden gewesen wäre. Es fehlt zudem an einem Handeln der Nutzer des Programms der Beklagten, das sich im geschäftlichen Verkehr auswirkt und für das die Beklagten verantwortlich sein könnten. Auch wenn also – was nahe liegt – die wettbewerbliche Eigenart zu bejahen wäre, fehlt es doch an einer Über-nahme und jedenfalls an einem Unlauterkeitsmerkmal, das nach altem (§ 1 UWG a.F.) wie nach neuem Recht (§ 4 Nr. 9 UWG) für einen wettbewerbsrechtlichen Anspruch unerlässlich ist.

III. Danach ist die Revision des Klägers mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
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(Unterschriften)

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