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BPatG: Ristorante

BPatG, Beschluss vom 24.01.2007 – 32 W (pat) 134/04 – Ristorante
§ 8 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3; § 37 Abs. 2 MarkenG

1. Werden zum Nachweis der Durchsetzung einer angemeldeten Marke (§ 8 Abs. 3 MarkenG) sowohl Angaben zu Marktanteil, Absatz, Umsatz und Werbeaufwand, die durch eidesstattliche Versicherungen und Studien von Marktforschungsunternehmen gestützt sind, als auch eine Verbraucherbefragung zur Bekanntheit im Verkehr der unter der Marke angebotenen Waren vorgelegt, so sind sämtliche Unterlagen und die aus ihnen gewonnenen Erkenntnisse im Rahmen einer Gesamtschau zu berücksichtigen (vgl. EuGH GRUR 1999, 723, Nrn. 49, 54 – Chiemsee; GRUR 2002, 804, Nrn. 60, 65 – Philips).

2. Zu den beteiligten Verkehrskreisen i. S. d. § 8 Abs. 3 MarkenG zählt bei Alltagserzeugnissen des Lebensmittelsektors (hier: Tiefkühlpizza), als deren Abnehmer grundsätzlich jeder Verbraucher in Betracht kommt, die Gesamtbevölkerung (vgl. für Dienstleistungen Senatsbeschluss BPatGE 48, 118 = GRUR 2004, 685, 690 – LOTTO; bestätigt durch BGH GRUR 2006, 760, 762). Als nicht beteiligte Kreise könnten nur jene ausgeschieden werden, welche auf eine entsprechende Frage hin erklären, dass sie den Erwerb und die Verwendung von Tiefkühlpizza kategorisch ablehnen.

3. Der nach deutscher Rechtsprechung bisher generell maßgebliche Mindestzuordnungsgrad von 50 % in allgemeinen Verkehrskreisen (vgl. BGH GRUR 2001, 1042, 1043 – REICH UND SCHOEN) ist nicht starr zu handhaben (so bereits BGH GRUR 2006, 760, 762 – LOTTO). Bei Vorliegen besonderer Umstände, z. B. langer Dauer der Benutzung (hier über 20 Jahre), beträchtlichem Marktanteil (hier um die 25 %), hohen Umsatzzahlen (hier im Schnitt der letzten Jahre um die 200 Mio. EURO), kontinuierlichen Werbemaßnahmen, sehr geringer Anzahl von Fehlzuordnungen zu konkret anderen Unternehmen (hier 5,3 %), reicht auch ein Zuordnungsgrad von knapp unter 50 % zur Überwindung des Schutzhindernisses der von Hause aus fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG) aus.

4. Bei der statistischen Auswertung einer Verbraucherumfrage muss die Fehlertoleranz (nach der Gaußschen Verteilungskurve) berücksichtigt werden (neuere Rechtsprechung des Senats, vgl. Beschlüsse vom 17.5.2006, 32 W (pat) 39/03 – Kinder, zur Veröffentlichung vorgesehen, und vom 19.7.2006, 32 W (pat) 217/04 – SCHÜLERHILFE).

5. Die – nicht unmittelbar warenbeschreibende – Bezeichnung „Ristorante“ hat sich im Verkehr als Marke für „Tiefkühlpizza“ durchgesetzt.

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