LG München I: Verwechslungsgefahr zwischen der Zeitschrift „SUPERillu“und Titeln mit dem Bestandteil „Illu“

Zwischen dem bekannten Titel „SUPERillu“ und Zeitschriften dem Bestandteil „Illu-“ (hier: „TV-Illu“, „Fernseh-Illu“, „Illu der Stars“, „Illu mit Herz“ und „Illu von heute“) besteht zumindest mittelbare Verwechslungsgefahr im Sinne von § 15 Abs. 2 MarkenG.

Bei der Bezeichnung „Illu“ handelt es sich um keine gebräuchliche Abkürzung von „Illustrierte“, sondern um eine Wortschöpfung, die der angesprochene Verkehr allein mit dem klägerischen Titel in Verbindung bringt.

Landgericht München I, Urteil vom 19.05.2009 – 33 O 8796/08SUPERillu
§ 15 Abs. 4, 2, § 5 Abs. 1, 3 MarkenG

URTEIL

wegen Unterlassung

erlässt das Landgericht München I, 33. Zivilkammer, durch Vorsitzende Richterin am Landgericht Pecher, Richterin am Landgericht Dr. Heister und Richter am Landgericht Meinhardt aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17.02.2009 folgendes

Endurteil:

1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,–, an dessen Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ordnungshaft bis zu sechs Monaten tritt, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an einem der Geschäftsführer der Komplementärin, zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Zeitschriften mit dem Titel

* „TV-Illu“,
* „Fernseh-Illu“,
* „Illu der Stars“
* „Illu mit Herz“ und/oder
* „Illu von heute“

anzubieten, in den Verkehr zu bringen und / oder bringen zu lassen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von EUR 50.000,– vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin macht gegen die Beklagte auf Werktitel-, Marken- und Wettbewerbsrecht gestützte Unterlassungsansprüche geltend im Hinblick auf durch die Beklagte per Titelschutzanzeiger gesicherte Zeitschriftentitel.

Bei der Klägerin handelt es sich um ein Tochterunternehmen des Medienkonzern … . Die Beklagte betreibt ein in Konkurrenz zur Klägerin stehendes Verlagsunternehmen.

Die Konzernholding des Medienkonzerns … ist Inhaberin verschiedener Marken mit dem Bestandteil „ILLU“ mit Schutz für Zeitschriften – hinsichtlich derer auf Anlage K4 Bezug genommen wird -, u.a. der Wortmarke 290 03 56 „SUPER ILLU“ mit einer Priorität vom 21.09.1994, der Wortmarke 395 09 427 „ILLU“ mit einer Priorität vom 02.03.1995 und der weiteren Wortmarke Nr. 307 78 316 „ILLU“ mit einer Priorität vom 30.11.2007.

Die Klägerin ist Herausgeberin des wöchentlich erscheinenden Magazins „SUPERillu“, hinsichtlich dessen äußeren Erscheinungsbildes auf Anlage K5 Bezug genommen wird. Zuletzt erreichte die Zeitschrift eine verkaufte Auflage zwischen 472.000 und 526.000 Exemplaren.

Die Klägerin ist von der … ermächtigt, im eigenen Namen Rechtsverstöße gegen die Marken- und Titelrechte der genannten Marken zu verfolgen.

Die Beklagte ließ durch verschiedene Rechtsanwälte verdeckt mehrere bundesweit abrufbare Titelschutzanzeigen schalten, nämlich:

– für die Titel „TV-ILLU“ und „FERNSEH-ILLU“ im Titelschutzanzeiger Nr. 861 vom 19.02.2008 (Anlage K1),

– für die Titel „ILLU DER STARS“ und „UNSERE ILLU“ im „rundy Titelschutzmagazin“ Ausgabe 8/2008 vom 21.02.2008 (Anlage K2) sowie

– für die Titel „ILLU MIT HERZ“, „ILLU VON HEUTE“ und „DIE GROSSE ILLU“ ebenfalls im „rundy Titelschutzmagazin“ Ausgabe 8/2008 vom 21.02.2008 (Anlage K3).

Mit Anwaltsschreiben vom 25.02.2008 mahnte die Klägerin gemeinsam mit der … die die Titelschutzanzeigen schaltenden Rechtsanwälte ab. Daraufhin ließ die Beklagte sinngemäß über ihre Prozessbevollmächtigten erklären, dass die Titelschutzanzeigen in ihrem Auftrag erfolgt seien, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung nicht abgegeben werde, man aber die Titel „Die Große Illu“ und „Unsere Illu“ nicht in Anspruch nehmen werde (Anlage K19). Weiterer außergerichtlicher Schriftverkehr blieb ohne Ergebnis.

Die Klägerin trägt vor, bei der von ihr schon seit Jahrzehnten herausgegebenen Zeitschrift „SUPERillu“ handele es sich um eine sehr erfolgreiche Publikation und ein bekanntes Magazin, da sie eine Reichweite von 2,64 Millionen Lesern habe (bzw. laut Media-Analyse 2009 I eine solche von nunmehr 3,49 Millionen Lesern, vgl. Anlage K34), eine Bekanntheit bei 37,28 Millionen Menschen der Gesamtbevölkerung ab 14 Jahren in Deutschland, also 57,5 % der Gesamtbevölkerung aufweise und in Ostdeutschland bei 91,3 % der Menschen ab 14 Jahren. Das Verhältnis der Leser zur „SUPERillu“ sei sehr positiv geprägt, sie nähmen die Zeitschrift „nahezu liebevoll“ als „Illu“ wahr, wie die als Anlage K10 vorgelegten Leserbriefe belegten. Es könne demnach festgestellt werden, dass die Leser „SUPERillu“ mit der Bezeichnung „Illu“ gleichsetzten, was im Übrigen auch eine im Februar 2008 durchgeführte Verkehrsbefragung bestätigt habe: Danach verstünden 69 % der Befragten die Bezeichnung „Illu“ als Hinweis auf eine ganz bestimmte Zeitschrift, von denen 79 % die Zeitschrift „SUPERillu“ genannt hätten.

Angesichts dessen handele es sich bei „SUPER ILLU“ auch um eine bekannte Marke. Da der Bestandteil „SUPER“ keine eigenständige kennzeichnende Bedeutung habe, stelle die Verwendung der Marke „SUPER ILLU“ zugleich eine Benutzung der Marken „ILLU“ dar.

Der Klägerin stünden daher Ansprüche aus Werktitel-, aus Marken- und zudem aus Wettbewerbsrecht gegen die Beklagte zu, wobei sie mit Schriftsatz vom 12.02.2009 erklärt hat, den Antrag primär auf Werktitelrecht, sekundär auf Markenrecht und höchst hilfsweise auf UWG zu stützen.

Bei den streitgegenständlichen Titeln bestehe Verwechslungsgefahr mit dem Werktitel der Klägerin, bei dem es sich um einen im Rechtssinne bekannten Titel handle, dessen Kennzeichnungskraft aufgrund der umfassenden Benutzung wesentlich gesteigert sei. Da von identischen Werkgattungen ausgegangen werden müsse und die streitgegenständlichen Titel wegen des jeweils einzig prägenden Bestandteils „Illu“ mit dem klägerischen Titel nahezu identisch seien, sei Verwechslungsgefahr gegeben.

Daneben könne sich die Klägerin auf Ansprüche aus den Klagemarken stützen, deren Verletzung durch die Nutzung der streitgegenständlichen Zeichen zu befürchten sei. Es drohe eine markenmäßige Benutzung der streitgegenständlichen Titel durch die Beklagte, die unmittelbar auf den Zeitschriften angebracht seien und daher vom Verkehr als Herkunftshinweis verstanden würden. Angesichts auch der den Klagemarken zuzusprechenden wesentlich gesteigerten Kennzeichnungskraft und der hochgradigen Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen sowie der gegebenen Produktidentität sei auch insoweit Verwechslungsgefahr zu bejahen.

Unabhängig davon ergäben sich die geltend gemachten Ansprüche auch aufgrund der vorliegenden Verletzung von §§ 3, 4 Nr. 9 a) und b) UWG.

Die für sämtliche Ansprüche erforderliche Erstbegehungsgefahr liege aufgrund der Titelschutzanzeigen vor.

Nachdem die Klägerin zunächst mit der Klageschrift vom 21.05.2008 beantragt hat, die Beklagte bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen,

„es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Zeitschriften unter den Bezeichnungen

* TV-Illu
* Fernseh-Illu
* Illu der Stars
* Illu mit Herz
* Illu von heute

anzubieten, in den Verkehr zu bringen und / oder bringen zu lassen, zu besitzen und / oder die Bezeichnung auf Zeitschriften anzubringen“ (Bl. 2 d.A.),

beantragt die Klägerin nun:

Die Beklagte wird bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung gem. §§ 935 ff., 890 ZPO festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00, an dessen Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ordnungshaft bis zu sechs Monate tritt, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monate, zu vollziehen an einem Geschäftsführer der Komplementärin, verurteilt, es zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Zeitschriften mit dem Titel

* TV-Illu,
* Fernseh-Illu,
* Illu der Stars
* Illu mit Herz und/oder
* Illu von heute

anzubieten, in Verkehr zu bringen und/oder bringen zu lassen.

Die Beklagte beantragt

Klageabweisung.

Die Beklagte verneint das Bestehen der geltend gemachten Ansprüche.

Soweit die Klägerin vortrage, mit einer Reichweite von 2,64 Mio. Lesern einen im rechtlichen Sinne bekannten Titel „SUPERIllu“ herauszugeben, könnten die vorgelegten Zahlen nicht überzeugen, wie sich zum Beispiel aus einem Vergleich mit einer vom … Verlag veröffentlichten Reichweitenstudie ergebe (Anlage B1), wonach auch die am schlechtesten in dieser Übersicht platzierte Zeitschrift „BUNTE“ noch nahezu doppelt so viele Leserkontakte wie die Klägerin habe. Auch angesichts des Umstands, dass es sich auch nach dem klägerischen Vortrag vornehmlich um ein in den neuen Bundesländern verbreitetes Medium handele, fehle es an einem Beleg für eine rechtserhebliche Bekanntheit der Marke „SUPERillu“ in der deutschen Gesamtbevölkerung. Aktuelle IVW Daten sowie Marktbeobachtungen belegten, dass nur ca. 10 % der „SUPERillu“ im Westen vertrieben würden, was deutlich gegen eine bundesweite Bekanntheit des Titels spreche.

Auch treffe trotz der vereinzelten Leserberichte in K10 nicht zu, dass der Titel „SUPERIllu“ isoliert als „Illu“ wahrgenommen würde. Der klägerische Titel stelle eine optisch und klanglich spannungsreiche Gesamtkombination dar, die zum einen durch die auffällige Farbgebung und zum anderen durch das schlagwortartig hervorgehobene „SUPER“ geprägt werde.

Die allein in den neuen Bundesländern durchgeführte Umfrage gemäß Anlage K11 habe keine Aussagekraft für das Verständnis der .Marke in der bundesdeutschen Gesamtbevölkerung. Auch sei auffällig, dass nach dieser Studie die Bezeichnung „ILLU“ von der Mehrheit der Befragten gerade nicht als Hinweis auf einen bestimmten Verlag aufgefasst werde.

Dem Titelelement „illu“ komme keine selbständig kennzeichnende Funktion im Rahmen des Titels bzw. der Klagemarke zu. Bekanntheit könne wenn überhaupt nur dem Gesamtbegriff „SUPERillu“ zukommen.

Gegen eine isolierte Wahrnehmung des Elements „illu“ im Markt spreche auch die Existenz diverser weiterer Zeitschriften, die das Element „illu“ nutzten, wie die „Blitz Illu“, die seit 2007 erfolgreich im Markt etbalierte „Illu der Frau“ sowie die „Freizeit Illu“. Die „Blitz-Illu“, die seit 1992 ununterbrochen wöchentlich erscheine, könne in ganz Deutschland bezogen werden. Sie werde an viele Bahnhofsbuchhändler geliefert, könne allerdings wegen ihres erotischen Inhalts seit 2007 nur noch eingeschränkt beworben werden. Seit 1992 sei sie im Markt mit einer wöchentlichen Auflage von ursprünglich 450.000 Exemplaren präsent und auch als Online-Ausgabe erhältlich.

Der Klägerin stünden daher die geltend gemachten Ansprüche nicht zu. Auf die Marke „ILLU“ könne sich die Klägerin nicht berufen, da diese nicht benutzt werde. Hinsichtlich der Marke „ILLU“ Nr. 395 09 427 erhebe die Beklagte die Nichtbenutzungseinrede, bezüglich der Marke „ILLU“ Nr. 307 78 316 behalte sich die Beklagte Löschungsantrag wegen absoluter Schutzhindernisse vor.

Markenrechtliche Verwechslungsgefahr liege nicht vor. Bei den streitgegenständlichen Titeln habe der Verkehr keine Veranlassung, die jeweils ausschließlich als Sinneinheit aufzufassenden Titel auf den primär beschreibenden Bestandteil „Illu“ zu reduzieren. Dabei sei zu berücksichtigen, dass der Verkehr bereits auf geringfügige Abweichungen achte und wisse, diese zu differenzieren. Da zudem den angesprochenen Verkehrskreisen seit vielen Jahren weitere Zeitschriftentitel, die das Element „ILLU“ nutzten, im Markt begegneten, komme auch eine mittelbare Verwechslungsgefahr nicht in Betracht.

Auch auf Werktitelrecht wie auch auf UWG könne sich die Klagepartei nicht erfolgreich berufen.

Die Klägerin hält demgegenüber an ihren Ansprüchen fest.

Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass die als Anlage B1 von der Beklagten vorgelegte interne „…“-Recherche inhaltlich zutreffend sei. Ungeachtet dessen betreffe diese die Reichweite eines Tagesmediums und habe für den vorliegenden Sachverhalt keine Bedeutung.

Im Hinblick auf die Nutzung des Zeichens „ILLU“ sei auf ein am 28.08.2008 von der Klägerin herausgegebenes Sonderheft hingewiesen (Anlage K24). Im übrigen stelle die Nutzung von „SUPERillu“ eine rechtserhaltende Benutzung der Marke „Illu“ dar.

Das Bestreiten der Bekanntheit des Titels und der Marke „SUPERillu“ sei unsubstantiiert. Die vorgetragene regionale Verteilung der Leserschaft habe auf die Bekanntheit keinen Einfluss angesichts der weiten Verbreitung und der umfassenden Berichterstattung.

Da die „Erotik“-Zeitschrift „Blitzillu“ im üblichen Grosso-Handel nicht mehr erhältlich sei, werde durch diese keine Schwächung der Kennzeichnungskraft der Klagemarken bewirkt. Gegen andere die Klagemarken und -titel verletzende Zeichen gehe die Klägerin ebenfalls vor, so dass eine irgendwie geartete Verwässerung der klägerischen Zeichen nicht gegeben sei.

Die geltend gemachte Verwechslungsgefahr bestehe jedenfalls auf der Grundlage der zwischenzeitlich gefestigten „Thomson Life“-Rechtsprechung, da dem Bestandteil „Illu“ zumindest eine selbständig kennzeichnende Stellung zukomme.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschrift vom 17.02.2009 sowie die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet, der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch wegen einer drohenden Verletzung ihrer Werktitelrechte zu. Es kann demnach dahinstehen; ob sie ihren Anspruch auch auf Marken- und/oder Wettbewerbsrecht stützen kann.

I. Die vorgenommenen Einschränkungen insbesondere in Bezug auf die mit dem Antrag angegriffenen Benutzungshandlungen sind gemäß §§ 263, 264 Nr. 2 ZPO zulässig.

II. Bedenken gegen die Bestimmtheit des Klageantrags in der zuletzt gestellten Form bestehen nicht, da sich der beantragte Verbotsumfang aus dem Antrag eindeutig ergibt. Unschädlich ist, dass ein Unterlassen eines Handelns „zu Zwecken des Wettbewerbs“ gefordert wird, auch soweit die Klage nicht auf Wettbewerbsrecht gestützt ist und nach geltendem UWG eine Wettbewerbshandlung nicht mehr erforderlich ist, denn es steht der Klägerin frei, auch ein weniger zu verlangen, als ihr tatsächlich zusteht – wobei faktisch angesichts des zwischen den Parteien bestehenden Wettbewerbsverhältnisses eine Einschränkung des Verbotsumfangs nicht gegeben sein dürfte.

III. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch folgt aus §§ 15 IV 1, 2, II, 5 I, III MarkenG.

1. Als Herausgeberin der Zeitschrift „SUPERillu“ (vgl. das Impressum auf Seite 43 der als Anlage K5 vorgelegten Ausgabe des Magazins) steht der Klägerin ein Werktitelrecht gemäß § 5 I, III MarkenG an dem Titel „SUPERillu“ zu.

2. Zwischen diesem Titel und den streitgegenständlichen Zeichen der Beklagten besteht zumindest mittelbare Verwechslungsgefahr im Sinne von § 15 II MarkenG.

a) Da Werktitel allerdings grundsätzlich lediglich der Unterscheidung eines Werkes von einem anderen Werk dienen sollen und sie häufig keinen Hinweis auf einen Hersteller oder den Inhaber des Werkes enthalten, sind sie in der Regel nur gegen eine unmittelbare Verwechslungsgefahr im engeren Sinne geschützt (vgl. BGH GRUR 2005, 264 ff, Rz. 29 – Das Telefon Sparbuch).

b) Sofern allerdings einem Werktitel zumindest auch eine herkunftshinweisende Funktion zukommt, ist ein solcher Titel auch gegen mittelbare Verwechslungsgefahr geschützt (Ströbele / Hacker, Markengesetz, 8. Auflage, § 15 Rdnr. 81). Eine solche herkunftshinweisende Funktion kommt insbesondere bekannten Titeln regelmäßig erscheinender Druckschriften zu (a.a.O.). Da der klägerische Titel „SUPERillu“ diese Anforderungen erfüllt, kommt eine Titelverletzung auch bei mittelbarer Verwechslungsgefahr in Betracht.

(i) Die von der Klägerin unter dem Titel „SUPERillu“ herausgegebene Zeitschrift erscheint wöchentlich im gesamten Bundesgebiet.

(ii) Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich bei ihr auch um eine bekannte Zeitschrift mit einem bekannten Titel. Das diesbezügliche Bestreiten der Beklagten ist unbehelflich.

(1) Die von der Klägerin vorgetragene wöchentliche Auflage ist unbestritten, der substantiiert behaupteten und durch Anlagen K8 und K34 belegten Reichweite ist die Beklagte nicht entscheidungserheblich entgegen getreten. Die Anlage B1, die zur Reichweite eines Tagesmediums Aussagen treffen soll und zudem keinerlei Angaben über den klägerischen Titel enthält, lässt keinerlei Rückschlüsse auf den hiesigen Rechtsstreit zu.

(2) Aus den vorgelegten Unterlagen, insbesondere dem Anlagenkonvolut K9 ergibt sich ferner, dass über die von der Klägerin herausgegebene Zeitschrift durch dritte Pressepublikationen umfangreich berichtet wird, und zwar wiederkehrend in den Jahren 1999 – 2007 in den verschiedensten Printmedien, wobei sowohl die Macher als auch die Aufmachung des Magazins wie auch die Zielgruppe in zum Teil umfangreichen Artikeln thematisiert werden. So wird bereits in der September-Ausgabe 1999 der „MAX“ umfangreich unter dem Titel „SUPERMANN“ über den Chefredakteur der Zeitschrift, den Inhaltswandel, die Auflagenstärke, aber auch die regionale Ausrichtung berichtet. Unter anderem wird darauf verwiesen, dass die SUPERillu in den neuen Bundesländern die größte Verbreitung habe – „vor Focus, Spiegel und Stern“ (S. 108). Auch Tagesspiegel, FAZ und SZ berichteten über das klägerische Magazin, wobei sich die Berichterstattung im Jahr 2000 verstärkt auf das zum damaligen Zeitpunkt aktuelle zehnjährige Bestehen konzentrierte. Berichte der Folgejahre haben vor allem die besondere Bedeutung der Zeitschrift für die Ost-Leserschaft zum Gegenstand (Der Spiegel 42 / 2004 spricht vom „Zentralorgan des Ostbewusstseins“, Der Tagesspiegel vom 18.10.2003 titelt „Was von der Mauer übrig blieb“ und schildert die unterschiedliche Verbreitung in Deutschland vertriebener Magazine). Nicht zuletzt diese unterschiedliche Akzeptanz der Zeitschrift innerhalb Deutschlands, getrennt nach Ost und West ist es, die von Medien in ganz Deutschland zum Thema gemacht wurde und so zur Bekanntheit der SUPERillu in ganz Deutschland beigetragen hat.

(3) Den Mitgliedern der erkennenden Kammer ist der klägerische Zeitschriftentitel auch außerhalb ihrer beruflichen Tätigkeit ein Begriff als die Zeitschrift aus den bzw. für die neuen Bundesländer(n).

(4) Soweit die Beklagte auf eine starke regionale Verteilung, des Vertriebs der klägerischen Zeitschrift zugunsten Ostdeutschlands verweist, ändert dies an der Bekanntheit des Titels nichts.

(iii) Angesichts dieser Umstände kommt dem Titel „SUPERillu“ herkunftshinweisende Funktion zu. Unerheblich ist dabei, ob der angesprochene Verkehr weiß, welchem konkreten Verlag der Titel zuzuordnen ist, denn wie bei einer Marke auch ist allein entscheidend, dass der Verkehr allein aufgrund der Verwendung des Zeichens annimmt, es handelt sich dabei um einen Hinweis auf ein bestimmtes, wenn auch unbekanntes (Verlags-)Unternehmen.

c) Der klägerische Titel verfügt über eine überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft.

(i) Bereits die originäre Kennzeichnungskraft des Titels „SUPERillu“ ist zumindest durchschnittlich. Der Vortrag der Beklagten, dass der Zeichenbestandteil „Illu“ als gebräuchliche Abkürzung für illustrierte rein beschreibend und zudem wegen entgegenstehender absoluter Schutzhindernisse schutzunfähig sei, überzeugt nicht, da „Illu“ keine gebräuchliche Abkürzung von „Illustrierte“ ist, sondern eine Wortschöpfung, die der angesprochene Verkehr allein mit dem klägerischen Titel in Verbindung bringt. Dies zu beurteilen, ist der Kammer als Teil der angesprochenen Verkehrskreise ohne weiteres möglich. Dass der Bestandteil „SUPER “ kennzeichenrechtlich unbedeutend ist, schadet der durchschnittlichen Kennzeichnungskraft des Gesamtbegriffs nicht.

(ii) Durch die oben unter lit. b) dargestellte Bekanntheit des Titels aufgrund seiner wöchentlichen Auflage und seiner Reichweite ist diese originäre Kennzeichnungskraft noch gesteigert. Unschädlich ist auch insoweit, dass der wesentliche Teil der Leserschaft des klägerischen Magazins aus Ostdeutschland kommt, da zum einen bereits die dortige Bekanntheit in einem erheblichen Teil Deutschlands dazu führt, dass eine kennzeichenrechtlich relevante Steigerung der Kennzeichnungskraft anzunehmen ist, und zum anderen durch die bereits erwähnte Berichterstattung durch Dritte über die „SUPERillu“ auch zumindest eine derartige Bekanntheit des Titels gegeben ist, dass diese eine Steigerung der Kennzeichnungskraft bewirkt.

(iii) Die von der Beklagten behauptete Schwächung durch Drittzeichen ist nicht zu erkennen. So ist etwa das Porno-Magazin „Blitzillu“ offensichtlich ein solches, welches allenfalls unter dem Ladentisch bzw. in einschlägigen Geschäften erhältlich ist und demnach gänzlich andere Käufergruppen anspricht als das klägerische Magazin. Welche Bedeutung die anderen genannten Titel haben sollen, vermag die Kammer nicht zu erkennen. Der pauschale Hinweis darauf, dass die Zeitschrift „Illu der Frau“ seit 2007 sich erfolgreich im Markt etabliert habe, hat ebenso wenig Aussagekraft wie der Vortrag, die Blitz-Illu sei mit „ursprünglich“ ca. 450.000 Exemplaren im Markt seit 1992 präsent.

d) Angesichts der bestehenden Warenidentität reicht der zwischen den sich gegenüberstehenden Zeichen jeweils bestehende Zeichenabstand nicht aus, um eine mittelbare Verwechslungsgefahr auszuräumen.

(i) Sowohl im klägerischen Zeitschriftentitel als auch in den angegriffenen Zeichen ist „Illu“ der allein kennzeichenrechtlich relevante Bestandteil. Dies gilt selbst unter Berücksichtigung dessen, dass der Verkehr beim Kauf von Presseerzeugnissen aufgrund der Vielzahl der am Markt angebotenen Titel besonders auf Unterschiede achtet. Gleichwohl wird ihm vorliegend bei sämtlichen Zeichen vornehmlich der Bestandteil „ILLU“ auffallen, der gerade keine gebräuchliche Abkürzung ist, sondern sich als ungewöhnliche Kennzeichnung eines Verlagserzeugnisses darstellt und dessen Kennzeichnungskraft zusätzlich durch die erhebliche Bekanntheit des klägerischen Titels gesteigert ist. Die Bestandteile „SUPER“ einerseits und „TV-„, „Fernseh-„, „der Stars“, „mit Herz“ oder auch „von heute“ andererseits ändern nichts daran, dass allein der Bestanteil „ILLU“ aufgrund seiner Originalität das allein kennzeichenrechtlich Bedeutsame sämtlicher Titel ist. Da die sonstigen Bestandteile jeweils den Begriff „ILLU“ lediglich charakterisieren oder ausschmücken, achtet der angesprochene Verkehr weniger auf die bestehenden Unterschiede, sondern allein auf die allen Zeichen gemeinsame Besonderheit „ILLU“.

(ii) Zumindest angesichts der bereits dargestellten Bekanntheit des klägerischen Titels stellt der Verkehr über den Bestandteil „ILLU“ eine Verbindung zwischen sämtlichen Titeln dergestalt her, dass er sie ein und demselben Verwender dieser Wortschöpfung „Illu“ zuordnen wird und daher davon ausgehen wird, dass sämtliche weiteren Publikationen unter Verwendung der hier streitgegenständlichen Zeichen als Titel mit dem Bestandteil „Illu“ aus dem gleichen Haus stammen, wie die seit Jahrzehnten auf dem Markt erscheinende „SUPERillu“. Eine Verwechslungsgefahr ist demnach gegeben.

3. Da aufgrund der streitgegenständlichen Titelschutzanzeigen im Auftrag der Beklagten eine Gefahr einer Benutzung dieser Titel und damit eine Beeinträchtigung des klägerischen Titels droht, steht der Klägerin der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß § 15 IV MarkenG zu.

IV. Als Unterlegene hat die Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Eine Kostenquotelung zu Lasten der Klägerin war gemäß §§ 91, 92 II Nr. 1 ZPO nicht veranlasst, da die vorgenommenen Änderungen der Klage als kostenrechtlich geringwertig anzusehen sind und auch die Umstellung der Prüfungsreihenfolge der zur Anspruchsgrundlage gestellten Rechtspositionen sich nicht zugunsten der Beklagten auswirkt.

V. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in § 709 ZPO.

Unterschriften

Fundstelle: Kanzlei Prof. Schweizer

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