LG Hamburg: „Scout24“ als Serienzeichen – Verwechslungsgefahr zwischen „Solarscout24“ und „Scout24“

Das LG Hamburg hat mit Urteil vom 24.02.2009 (Az: 312 O 668/08) entschieden, dass zwischen den Zeichen „solarscout24“ und „scout24“ Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne unter dem Aspekt des Serienzeichens „scout24“ besteht. Die Beklagte, Anmelderin der Marke „solarscout24“ und Inhaberin verschiedener „solarscout24“-Domains wurde zu Unterlassung, Einwilligung in die Löschung der Marke verurteilt und musste die Kosten der Abmahnung (aus einem Streitwert von 150.000 EUR) sowie die Kosten des Rechtsstreits bezahlen.

Das Gericht sah die Kennzeichnungskraft von „scout24“ durch eine breite Verwendung von Kombinationszeichen mit dem Bestandteil „scout24“ als erheblich gesteigert an. Auch wenn die Marke „scout24“ aus zwei weitgehend beschreibenden Begriffe besteht, handelt es sich jeweils um kreative Wortneuschöpfungen, die in der Kombination mit einem weiteren vorangestellten, das Internetangebot konkretsierenden Begriff, einen eigenen Bedeutungsgehalt haben.

LG Hamburg, Urteil vom 24.02.2009, 312 O 668/08„Scout24“ als Serienzeichen
MarkenG § 4; MarkenG § 5; MarkenG § 14; GMV Art. 9

Tenor

1. Der Beklagte wird unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monate, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000,- EUR; Ordnungshaft insgesamt höchstens 2 Jahre) verurteilt,

es zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr in der Europäischen Union unter der Bezeichnung

„Solar…“

a) die Waren

„Wissenschaftliche Schifffahrts-, Vermessungs-, fotografische, Film-, optische-, Wäge-, Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente; Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Registrierkassen, Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Feuerlöschgeräte; Solaranlagen für die Erzeugung und Speicherung von elektrischer Energie; Beleuchtung-, Heizung-, Dampferzeugung, Koch-, Kühl-, Trocken-, Lüftung- und Wasserleitungsgeräte sowie sanitäre Anlagen und/oder Solaranlagen für die Erzeugung und Speicherung von Wärmeenergie“

anzubieten, in den Verkehr zu bringen und/oder zu bewerben und/oder

b) die Dienstleistungen

„Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Bereitstellung eines computergestützten Marktes betreffend den Verkauf von elektrischer Energie mit Verbraucherinformationen zur Energie- und Solartechnik, Bereitstellung von technischen und kaufmännischen Vergleichsangeboten zur Energie- und Solartechnik; Veranstaltung von Messen und Ausstellungen für wirtschaftliche Zwecke; Arbeitnehmerüberlassung auf Zeit; Aufstellung von Statistiken; Buchführung; Durchführung von Auktionen und Versteigerungen; Ermittlung in Geschäftsangelegenheiten; Marketing; Marktforschung und Marktanalyse; Schaufensterdekoration; Unternehmensberatung oder Organisationsberatung; betriebswirtschaftliche Beratung; Personalberatung; Vermietung von Büromaschinen und -einrichtungen; Vermittlung und Abschluss von Handelsgeschäften für andere, soweit in Klasse 35 enthalten; Vermittlung von Verträgen über Anschaffung und Veräußerung von Waren; Verteilung von Waren zu Werbezwecken; Vervielfältigung von Dokumenten; Werbemittlung; Werbung oder Rundfunk- und Fernsehwerbung; Kinowerbung; Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen; Vermittlung von Finanzdienstleistungen und Bereitstellung von Informationen über Finanzierung betreffend Energie- und Solartechnik; Bauwesen; Reparaturwesen; Installationsarbeiten; Telekommunikation insbesondere Bereitstellung des Zugangs eines Internetportals mit Informationen über Dienstleistungen einschließlich Finanzierung betreffend Solartechnik; Transport- und Lagerwesen; insbesondere Transport und Verteilung von Energie, Elektrizität, Gas, Heizwärme und Wasser, Transport und Verteilung von Gasen, Flüssigkeiten und Feststoffen mittels Rohrleitungen (Pipelines), Veranstaltung von Stadtbesichtigungen, Reisebegleitung, Vermietung von Flugzeugen, Vermietung von Garagen und Parkplätzen, Vermietung von Kraftfahrzeugen, Vermietung von Schiffen und/oder Verpackung von Waren“

anzubieten, zu erbringen und/oder zu bewerben.

2. Der Beklagte wird verurteilt, gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt in die Rücknahme der Markenanmeldung DE 302008043584.4 „Solar…“ einzuwilligen.

3. Der Beklagten wird verurteilt, an die Klägerin 4.161,- EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 22.10.2008 zu zahlen.

4. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Soweit der Beklagte zur Unterlassung verurteilt worden ist, ist das Urteil gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 150.000,- EUR vorläufig vollstreckbar.

Wegen der Kosten und der Verurteilung zur Zahlung ist das Urteil gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die …-Firmengruppe, der die Klägerin angehört, ist Inhaberin einer Vielzahl von beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) und beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt eingetragenen Wort- und Wort/Bild-Marken mit dem Zeichenbestandteil „…“. Wegen der Einzelheiten wird auf die Aufstellung auf Blatt 7 bis 9 der Akte und die Anlagen K 5 Bezug genommen.

Die Marken sind zum großen Teil für die T-Online.at Internet Service GmbH mit Sitz in Wien eingetragen, die – wie die …-Gruppe – dem Telekom Konzern angehört. Die Klägerin macht die Verletzung der Markenrechte als Lizenznehmerin (vgl. Anlage K 7) in gewillkürter Prozessstandschaft geltend.

Da der Beklagte die Auffassung vertritt, die Wortmarken mit der Zeichenkombination … seien nicht eintragungsfähig, stellte er am 18.07.2008, 04.08.2008 und 17.12.2008 in Bezug auf die Wortmarken der Klägerin „…“ Nummern DE 399 30 169, DE 399 54 689, EU 1 202 712 und EU 1 677 020 Antrag auf Löschung nach § 50 MarkenG bzw. Art. 51 Abs. 1 a GMV.

Selbst meldete er bereits am 19.09.2007 die Gemeinschaftsmarke „Solar…“ (EU 6 289 938, vgl. Anlage K 9) und später auch die deutsche Marke „SOLAR-…“ (DE 30 2008 043584.4) an.

Die Gemeinschaftsmarke soll Schutz genießen für folgende Waren und Dienstleistungen:

Klasse 9: Solaranlagen für die Erzeugung und Speicherung von elektrischer Energie.
Klasse 11: Beleuchtungs-, Heizungs-, Dampferzeugungs-, Koch-, Kühl-, Trocken-, Lüftungs- und Wasserleitungsgeräte sowie sanitäre Anlagen, Solaranlagen für die Erzeugung und Speicherung von Wärmeenergie.
Klasse 35: Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Bereitstellung eines computergestützten Marktes betreffend den Verkauf von elektrischer Energie mit Verbraucherinformationen zur Energie- und Solartechnik, Bereitstellung von technischen und kaufmännischen Vergleichsangeboten zur Energie- und Solartechnik.
Klasse 36: Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen; Vermittlung von Finanzdienstleistungen und Bereitstellung von Informationen über Finanzierung betreffend Energie- und Solartechnik.
Klasse 38: Telekommunikation, nämlich Bereitstellung eines Zugangs zu einem Internetportal mit Informationen über Dienstleistungen einschließlich Finanzierung betreffend Solartechnik

Die beim DPMA angemeldete Marke soll entsprechenden Schutz genießen.

Gegen die Gemeinschaftsmarkenanmeldung (EU 6 289 938) wurde durch die Klägerin Widerspruch eingelegt.

Der Beklagte ließ außerdem die Internet-Domains solar…de, solar-…de, solar-…com und solar-…eu auf seinen Namen registrieren. Diese Domains werden z.Z. nicht gewerblich genutzt.

Die Klägerin mahnte den Beklagten zu Händen seines damaligen anwaltlichen Vertreters Rechtsanwalt RA G., Landshut, mit Schreiben ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 24.07.2008 (vgl. Anlage K 11) im Hinblick auf die Anmeldung der Gemeinschaftsmarke solar… und die Registrierung der genannten Domains ab und forderte die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung. Dafür wurden ihr von ihren Verfahrensbevollmächtigten Kosten in Höhe von insgesamt 4.161,- EUR in Rechnung gestellt, denen je 1,3-fache Geschäftsgebühren aus einem Streitwert von 150.000,- EUR nebst Postpauschale für den rechtsanwaltlichen und den patentanwaltlichen Vertreter zugrunde lagen.

Während der anwaltliche Vertreter des Beklagten in Reaktion auf die Abmahnung zunächst eine Fristverlängerung begehrte und dann sein Mandat niederlegte, meldete der Beklagte beim DPMA die Marke „SOLAR…“ (DE 30 2008 043584) an. In einem Telefonat zwischen dem Klägervertreter verweigerte er die Abgabe der geforderten Unterlassungserklärung.

Die Klägerin ist der Auffassung, dem Beklagten sei nach §§ 4, 14 MarkenG; §§ 5, 15 MarkenG; §§ 12, 1004 BGB und §§ 3, 4 Nr. 9 a + b, 8 UWG die Nutzung der angemeldeten Marken „Solar…“ in der Europäischen Union im geschäftlichen Verkehr für die mit der Anmeldung in Anspruch genommenen Waren und Dienstleistungen zu verbieten. Außerdem könne sie aufgrund ihrer prioritätsälteren „…“-Marken nach § 55 Abs. 1, 2. Fall MarkenG vom Beklagten die Rücknahme der deutschen „Solar…“-Markenanmeldung verlangen. Letztlich habe der Beklagte ihr die mit der Abmahnung vom 24.07.2008 angefallenen Kosten nach §§ 14 Abs. 6 MarkenG, 683 Satz 1, 677, 670 BGB zu erstatten.

Sie behauptet, ihre Firmengruppe betreibe seit Jahren unter dem Kennzeichen „…“ eine Vielzahl von im Internet abrufbaren Datenbanken, die der Vermittlung von Anbietern und Interessenten hinsichtlich verschiedener Angebote dienen. In den Branchen Finanzen, Reisen, Automobil, Immobilien, Elektronik, Job und Partnerschaft böten ihre Marktplätze für gewerbliche und private Anbieter einen breiten Marktüberblick und ermöglichten Vergleiche der angebotenen Produkte und Dienstleistungen. Für Millionen von Nutzern stellten ihre Angebote einen sehr kostengünstigen Vertriebs- und Marketingkanal dar.

Die verschiedenen für ihre Marktplätze genutzten Internetseiten seien jeweils unter Verwendung des Zeichens „…“ isoliert oder mit einem vorangestellten beschreibenden Wortbestandteil (z. B. „Finance“, „Auto“, „Immobilien“) benannt. Insgesamt betreibe ihre Firmengruppe 13.562 Internet-Domains; davon allein 2.772 „de“-Domains mit dem Bestandteil „…“ bzw. „…“.

Die …-Gruppe habe sich insbesondere aufgrund von erheblichen Werbeanstrengungen und der besonderen Qualität ihrer Dienstleistungen einen herausragenden Ruf erarbeitet. Nachdem ihr Media-Budget im Jahre 2001 bereits ca. 2,3 Mio. EUR betragen habe, seien die Werbeaufwendungen bis zum Jahr 2007 auf über 43 Mio. EUR gestiegen (vgl. Anlage K 2). Die …-Gruppe werbe regelmäßig mit zum Teil ganzseitigen Anzeigen in Fachzeitschriften, regionalen und überregionalen Tageszeitungen, sowie im Fernsehen über deutschlandweite TV-Sender für ihre „…“-Marktplätze (vgl. Anlagen K 3).

Die Markenbekanntheit in der relevanten Zielgruppe habe bereits im Jahre 2001 bei Auto… bei 87 %, Immobilien… bei 78 %, … bei 71 %, Finanz-… bei 71 % und Job… bei 66 % gelegen.

Die Bekanntheit und der gute Ruf ihrer Firmengruppe zeigten sich auch an den Nachfragezahlen für ihre Internet-Seiten. Bereits in den Jahren 2001/2002 seien monatlich ca. 1,4 Mio. Unique User erreicht und pro Monat ca. 180 Mio. Pageimpressions sowie ca. 25 Mio. Visits realisiert worden. In der Zeit von April 2007 bis April 2008 habe die Zahl der Unique User auf den Internet-Domains der …-Gruppe durchgehend zwischen 5 und 6 Mio. Besuchern pro Monat gelegen. Die Visits seien bis zum Mai 2008 auf ca. 75 Mio. pro Monat angestiegen; im gleichen Zeitraum habe die Zahl der Page Impressions auf insgesamt 2,2 Mrd. gesteigert werden können (vgl. Anlage K 4).

Die Klägerin meint, der Beklagte habe durch die Anmeldung der Solar…-Marken eine Erstbegehungsgefahr für eine Verletzung ihrer Markenrechte gesetzt, da diese Marken mit ihren …-Marken i.S.d. § 14 Abs. 2 MarkenG verwechselbar seien.

Das Zeichen … habe von Haus aus durchschnittliche Kennzeichnungskraft, was schon dadurch belegt werde, dass es als Wortmarke mehrfach eingetragen sei. An diese Eintragung sei das Verletzungsgericht gebunden. Bei den von dem Beklagten zitierten Entscheidungen des DPMA, Bundespatentgericht und OHIM betreffend die Zurückweisung von Eintragungsanträgen handele es sich um rechtsirrige Einzelfallentscheidungen, die sich vornehmlich auf bloße „…“-Marken bezogen hätten.

Außerdem bestehe hinsichtlich der streitgegenständlichen Zeichen eine Dienstleistungsähnlichkeit. Ihre Marken DE 39954689 „…“ sowie EU 1677020 „…“ und EU 1202712 „…“ seien für Waren und Dienstleistungen geschützt, die überwiegend identisch bzw. hochgradig ähnlich mit dem von dem Beklagten in Anspruch genommenen Schutzbereich seien. Bis auf die Marke EU 1202712 „…“ befänden sich diese Marken auch noch in der Benutzungsschonfrist, so dass der Einwand der mangelnden rechtserhaltenden Nutzung fehlgehe.

Darüber hinaus seien auch die sich gegenüberstehenden Zeichen hochgradig verwechslungsähnlich bzw. in den kennzeichnungskräftigen Bestandteilen sogar identisch.

Außerdem bestehe eine Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt des Serienzeichens.

Die Klägerin meint, der Vortrag des Beklagten zur angeblich rein privaten Nutzung der Markenanmeldung sei nicht glaubhaft. Wenn es dem Beklagten tatsächlich nur darum gegangen wäre, die markenrechtliche Eintragbarkeit des Zeichens … zur Überprüfung zu stellen – was als private Beschäftigung schon an sich ungewöhnlich sei – habe kein Grund bestanden, den Schutz der Marke mit beachtlicher Kostensteigerung gleich in mehreren Waren- und Dienstleistungsklassen und sowohl beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt als auch beim DPMA zu beantragen. Im Übrigen habe der Beklagte dem Klägervertreter in einem Telefonat selbst erklärt, hinter ihm stünde eine „Investorgruppe mit erheblichen Geldmitteln“, die in den Bereich der erneuerbaren Energien investieren wolle; Ziel seiner Bemühungen sei eine Zusammenarbeit mit der Klägerin. Letztlich verdeutliche auch die Registrierung der verschiedenen Domains, dass der Beklagte beabsichtige, das Zeichen Solar… geschäftsmäßig zu verwenden.

Im Übrigen ist die Klägerin der Auffassung, es bestehe die Gefahr, dass der Beklagte ihre Firmennamensrechte i.S.d. §§ 5, 15 MarkenG verletze, was auch einen Anspruch aus §§ 12, 1004 BGB begründet sein lasse.

Letztlich stelle die von dem Beklagten geplante Verwendung der Bezeichnung „Solar…“ eine unzulässige Rufausbeutung i.S.v. §§ 3; 4 Nr. 9 b) UWG und eine Herkunftstäuschung i.S.d. §§ 3, 4 Nr. 9 a) UWG dar. Aufgrund ihrer Seriosität und ihrer führenden Position bei der Vermittlung von Anbietern und Interessenten verschiedener Angebote im Internet genieße das Zeichen „…“ eine besondere Wertschätzung, die der Beklagte mit der Verwendung des Zeichens Solar… bewusst und gewollt in sittenwidriger Anlehnung ausnutzen wolle.

Die Klägerin beantragt,

1. den Beklagten unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr in der Europäischen Union unter der Bezeichnung

„Solar…“

a) die Waren

„Wissenschaftliche Schifffahrts-, Vermessungs-, fotografische, Film-, optische-, Wäge-, Mess-, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente; Apparate und Instrumente zum Leiten, Schalten, Umwandeln, Speichern, Regeln und Kontrollieren von Elektrizität; Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger, Schallplatten; Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Registrierkassen, Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer; Feuerlöschgeräte; Solaranlagen für die Erzeugung und Speicherung von elektrischer Energie; Beleuchtung-, Heizung-, Dampferzeugung, Koch-, Kühl-, Trocken-, Lüftung- und Wasserleitungsgeräte sowie sanitäre Anlagen und/oder Solaranlagen für die Erzeugung und Speicherung von Wärmeenergie“

anzubieten, in den Verkehr zu bringen und/oder zu bewerben und/oder

b) die Dienstleistungen

„Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Bereitstellung eines computergestützten Marktes betreffend den Verkauf von elektrischer Energie mit Verbraucherinformationen zur Energie- und Solartechnik, Bereitstellung von technischen und kaufmännischen Vergleichsangeboten zur Energie- und Solartechnik; Veranstaltung von Messen und Ausstellungen für wirtschaftliche Zwecke; Arbeitnehmerüberlassung auf Zeit; Aufstellung von Statistiken; Buchführung; Durchführung von Auktionen und Versteigerungen; Ermittlung in Geschäftsangelegenheiten; Marketing; Marktforschung und Marktanalyse; Schaufensterdekoration; Unternehmensberatung oder Organisationsberatung; betriebswirtschaftliche Beratung; Personalberatung; Vermietung von Büromaschinen und -einrichtungen; Vermittlung und Abschluss von Handelsgeschäften für andere, soweit in Klasse 35 enthalten; Vermittlung von Verträgen über Anschaffung und Veräußerung von Waren; Verteilung von Waren zu Werbezwecken; Vervielfältigung von Dokumenten; Werbemittlung; Werbung oder Rundfunk- und Fernsehwerbung; Kinowerbung; Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen; Vermittlung von Finanzdienstleistungen und Bereitstellung von Informationen über Finanzierung betreffend Energie- und Solartechnik; Bauwesen; Reparaturwesen; Installationsarbeiten; Telekommunikation insbesondere Bereitstellung des Zugangs eines Internetportals mit Informationen über Dienstleistungen einschließlich Finanzierung betreffend Solartechnik; Transport- und Lagerwesen; insbesondere Transport und Verteilung von Energie, Elektrizität, Gas, Heizwärme und Wasser, Transport und Verteilung von Gasen, Flüssigkeiten und Feststoffen mittels Rohrleitungen (Pipelines), Veranstaltung von Stadtbesichtigungen, Reisebegleitung, Vermietung von Flugzeugen, Vermietung von Garagen und Parkplätzen, Vermietung von Kraftfahrzeugen, Vermietung von Schiffen und/oder Verpackung von Waren“

anzubieten, zu erbringen und/oder zu bewerben;

2. den Beklagten zu verurteilen, gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt in die Rücknahme der Markenanmeldung DE 30 2008 043584 „Solar…“ einzuwilligen;

3. den Beklagten zu verurteilen, an sie 4.161,- EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen,

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte bestreitet mit Nichtwissen, dass die Klägerin und/oder ihre Firmengruppe eine Vielzahl von im Internet abrufbaren Datenbanken zu diversen Themengebieten unterhält, dass diese Datenbanken – sollte es sie geben – von Millionen Nutzern genutzt werden, die Klägerin auf verschiedenen Internet-Seiten, jeweils unter Verwendung des Zeichens „…“ isoliert oder mit einem vorangestellten beschreibenden Wortbestandteil, der auf das Angebot dieser Seite hinweist, ihre Waren und Dienstleistungen anbietet. Weiterhin bestreitet der Beklagte mit Nichtwissen, dass die Firmengruppe der Klägerin 13.562 Internet-Domains besitzt oder unterhält, dass die Klägerin die von ihr behaupteten Werbeanstrengungen unternimmt und deren Dienstleistungen von hoher Qualität sind bzw. einen herausragenden Ruf haben.

Der Beklagte vertritt die Auffassung, die Klägerin habe schon deshalb keine Rechte gegen ihn, weil er weder mit der Anmeldung der Solar…-Marken noch mit der Registrierung der Domains im geschäftlichen Verkehr gehandelt habe.

Es sei insbesondere nicht davon auszugehen, dass ein baldiger Gebrauch der streitgegenständlichen Kennzeichen im Sinne einer Erstbegehungsgefahr bevorstehe.

Denn die Anmeldung der Marke solar… diene nur dem privaten Zweck, beim DPMA die markenrechtliche Prüfung auf absolute Eintragungshindernisse vornehmen zu lassen. Noch sei nicht abzusehen, ob die Marke überhaupt zur Eintragung gelange. Dagegen sprächen gewichtige Argumente.

Der Beklagte meint, wenn es dennoch zu einem die Eintragung bewilligenden Bescheid des DPMA komme, könne er seine Markenanmeldung immer noch zurücknehmen.

Auch die reine Registrierung eines Domainnamens bei der DENIC durch eine Privatperson sei regelmäßig als private Handlung zu qualifizieren. Er sei überhaupt nicht im Internet tätig und habe die Domain auch nicht mit Inhalt hinterlegt.

Selbst wenn man eine Erstbegehungsgefahr annähme, könne diese z.B. durch einen Verzicht auf die Marke, der – wie er angekündigt habe – denkbar sei, wenn die Marke tatsächlich zur Eintragung gelange, wieder ausgeräumt werden.

Der Beklagte vertritt darüber hinaus die Auffassung, den Klageansprüchen stehe entgegen, dass die Klägerin unter ihren …-Kennzeichen selbst keine eigenen Waren oder Dienste anbiete, sondern nur solche von Dritten. … sei also offenbar gar keine Marke, sondern allenfalls eine Firmenbezeichnung oder ein Unternehmenskennzeichen, was allerdings mit Nichtwissen bestritten werde.

Da der Beklagte darum meint, dass keine der von der Klägerin in Anspruch genommenen Marken den markenrechtlichen Voraussetzungen des § 26 MarkenG genüge, erhebt er die Einrede der fehlenden rechtserhaltenden Benutzung.

Außerdem fehlt es nach Auffassung des Beklagten auch an einer Verwechslungsgefahr zwischen den klägerischen Marken und dem Zeichen solar…, da es sich um rein beschreibende Begriffe handele. Den Begriffen „…“ und „…“ fehle jede Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG, weswegen diese Begriffe von der Eintragung ausgeschlossen seien. Aus diesem Grund sei bereits verschiedentlich sowohl durch das DPMA und das Bundespatentgericht als auch durch das OHIM die Eintragung von Wortmarken mit dem Bestandteil … zurückgewiesen worden (…, Fashion…, FASHION … , …, Electronic…, Service…, Apotheken… Credit…-24, Info…, Web …; wegen der Einzelheiten vgl. Bl. 45-54 d.A.).

Der Beklagte meint, selbst wenn man eine geringe Unterscheidungskraft annähme, fehle es an einer eine Verwechslungsgefahr begründenden Zeichenähnlichkeit.

Letztlich könne die Klägerin auch keine Ansprüche aus dem UWG geltend machen, da Wettbewerbsrecht nicht herangezogen werden dürfe, um einen nicht bestehenden Sonderrechtsschutz zu ersetzen. Außerdem sei er kein Mitbewerber der Klägerin.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 27.01.2009 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Klägerin kann von dem Beklagten sowohl die mit dem Klageantrag zu 1. geltend gemachte Unterlassung ( dazu unter 1. ) als auch die mit dem Klageantrag zu 2. begehrte Rücknahme der Markenanmeldung DE 302008043584.4 „Solar…“ ( dazu unter 2. ) verlangen. Darum hat der Beklagte auch die mit dem Klageantrag zu 3. begehrten Abmahnkosten zu erstatten ( dazu unter 3. ).

1. Die Klägerin kann von dem Beklagten nach §§ 4, 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 MarkenG bzw. Art. 9 Abs. 1 b Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates (GMV) vorbeugend verlangen, das Zeichen Solar… weder in der Bundesrepublik Deutschland noch in der übrigen Europäischen Union im geschäftlichen Verkehr für die im Klageantrag zu 1 genannten Waren und Dienstleistungen zu nutzen.

Es besteht eine Erstbegehungsgefahr ( dazu unter a ) für eine entsprechende Verletzung der Markenrechte der Klägerin ( dazu unter b ).

a) Ein aus § 14 Abs. 5 MarkenG und Art. 9 Abs. 1 b GMV abgeleiteter Unterlassungsanspruch ist im Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil der Beklagte die angemeldeten Marken Solar… sowie die für ihn registrierten Internetdomains mit dem Bestandteil Solar… bisher nicht nutzt und es damit im geschäftlichen Verkehr noch nicht zu einer Markenrechtsverletzung gekommen ist.

Denn für einen vorbeugenden Unterlassungsanspruch genügt es, dass die erstmalige Begehung der Kennzeichenverletzung ernstlich droht und unmittelbar zu besorgen ist (h.M., vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Aufl., Vor § 14-19 Rdn. 59 m.w.N).

Die Einreichung einer Markenanmeldung beim DPMA begründet regelmäßig eine solche Erstbegehungsgefahr hinsichtlich der Benutzung des angemeldeten Zeichens im geschäftlichen Verkehr für alle angemeldeten Waren und Dienstleistungen (h.M., vgl. BGH, Urteil vom 13.03.2008, Az. I ZR 151/05 – Metrosex ; Ingerl/Rohnke, MarkenG, Vor § 14-19 Rdn. 60 m.w.N).

Da vorliegend auch die Verletzung der für die Klägerin eingetragenen Gemeinschaftsmarken in Frage steht, wird durch die Anmeldung der Gemeinschaftsmarke Solar… auch eine Begehungsgefahr für die gesamte Europäische Gemeinschaft gesetzt.

Das Bestehen dieser Erstbegehungsgefahr ist nicht durch den Vortrag des Beklagten zu den Hintergründen seiner Markenanmeldung (privates Interesse an der Klärung der Rechtsfrage, ob das Zeichen Solar… eintragungsfähig ist) in Frage gestellt.

Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob die Argumentation des Beklagten, er habe rein privat eine rechtliche Überprüfung der Eintragungsfähigkeit des Zeichens solar… veranlassen wollen und sei ggf. bereit, bei Erteilung des Eintragungsbescheides, seinen Antrag zurückzunehmen, überhaupt geeignet ist, eine Erstbegehungsgefahr zu beseitigen. Dagegen spricht, dass der Beklagte seine Bereitschaft zur Rücknahme des Eintragungsantrages nach Entscheidung durch die Markenämter keineswegs verbindlich zugesagt hat.

Der Tatsachenvortrag des Beklagten ist aber auch schon nicht glaubhaft.

Die Klägerin weist zu Recht darauf hin, dass es nach der allgemeinen Lebenserfahrung mehr als unwahrscheinlich ist, dass der Beklagte völlig ohne Interesse an einer geschäftlichen Nutzung und schon jetzt bereit zur Antragsrücknahme bei Erteilung einer Eintragungsbewilligung allein zur akademischen Klärung einer Rechtsfrage eine Markenanmeldung in jeweils vier Klassen beim DPMA und beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt veranlasst und gleichzeitig noch vier Domains mit dem Markenzeichen registriert haben soll.

Im Übrigen hat der Beklagte den Vortrag der Klägerin, er habe gegenüber dem Klägervertreter telefonisch erklärt, hinter ihm stehe eine Investorgruppe, die in den Bereich der erneuerbaren Energien investieren wolle, und Ziel seiner Bemühungen sei eine Zusammenarbeit mit der Klägerin, nicht bestritten. Hierdurch ist belegt, dass der Beklagte entweder selbst, ggf. in Zusammenarbeit mit den von ihm genannten Investoren, eine geschäftliche Nutzung der von ihm angemeldeten Marken anstrebt oder diese an die Klägerin zu vermarkten gedenkt, was ebenfalls eine geschäftliche und keine private Nutzung wäre.

b) Nutzt der Beklagte die von ihm angemeldeten Solar…-Wort-Marken im geschäftlichen Verkehr, verletzt er (zumindest) die Markenrechte der Klägerin aus ihren prioritätsälteren „…”-Wortmarken DE 39930169, DE 39954689 und EU 1677020 sowie zumindest den „…-Kombinations“-Wortmarken „FINANCE-… ” (EU 3383262), „Auto…” (EU 3383254 + EU 5083589), „Immobilien…“ (DE 30039371), „Job-…” (DE 30039369) und „Modul…“ (DE 30 723 565).

Bis auf die Wortmarke DE 39930169 befinden sich die genannten Marken durchgehend noch in der Benutzungsschonfrist, so dass die von dem Beklagten erhobene Einrede der mangelnden rechtserhaltenden Nutzung i.S.d. Art. 15 GMV bzw. § 25 MarkenG nicht greift.

Ein markenrechtlicher Unterlassungsanspruch ist auch nicht schon deshalb von vornherein ausgeschlossen, weil es sich bei dem Zeichen „…“ um eine rein beschreibende Bezeichnungen i.S.d. §§ 8 Abs. 2 Nr. 2, 23 Nr. 2 MarkenG handeln könnte. Denn nach der Eintragung dieser Zeichenkombination sowohl als deutsche als auch als Gemeinschafts-Wortmarke ist im Verletzungsprozess grundsätzlich von deren Schutzfähigkeit auszugehen (h. M.: vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, § 8 Rdn. 23 m.w.N.; BGH, Urteil vom 05.06.2008, Az. I ZR 108/05, WRP 2008, 1206 – City Post m.w.N.).

Zwischen den genannten …-Wortmarken der Klägerin und den Wortmarken des Beklagten „Solar…“ besteht zwar keine unmittelbare Verwechslungsgefahr im engeren Sinne ( dazu unter (1) ); unter dem Gesichtspunkt des Serienzeichens ist jedoch unmittelbare Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 2, 2. Halbsatz MarkenG, Art. 9 Abs. 1 b GMV gegeben ( dazu unter (2) ), die den Unterlassungsanspruch der Klägerin rechtfertigt.

(1) Zwischen den für die Klägerin geschützten Wortmarken und den vom Beklagten angemeldeten Marken besteht keine unmittelbare Verwechslungsgefahr im engeren Sinne i.S.d. § 14 Abs. 2 Nr. 2, 1. Halbsatz MarkenG, Art. 9 Abs. 1 b, 1. Halbsatz GMV.

Ob die markenrechtlich relevante Gefahr der Verwechslung zweier Zeichen besteht, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen. Ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen kann durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Zeichen ausgeglichen werden und umgekehrt (st. Rspr., vgl. z.B. EuGH, GRUR Int. 1999, 734, [736] – Lloyd ). Bei der Prüfung der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr ist auf den jeweiligen Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen abzustellen (st. Rspr., vgl. z.B. EuGH, GRUR 1998, 387 – Sabèl/Puma ). Dabei ist die Wahrnehmung eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbrauchers der betreffenden Art von Waren oder Dienstleistungen zugrunde zu legen (st. Rspr., vgl. z.B. EuGH, GRUR Int. 1999, 734 – Lloyd ).

Gegen das Bestehen einer unmittelbaren Verwechslungsgefahr im engeren Sinne spricht vorliegend, dass sich die von den Parteien genutzten Bezeichnungen zwar in dem Bestandteil „…“ decken, die angemeldeten Marken des Beklagten aber den Zusatz „Solar“ enthalten.

Auch wenn diesem Wortzusatz aufgrund seiner beschreibenden Eigenschaft für Solarenergie für sich gesehen eine Schutzfähigkeit kaum zugebilligt werden kann, können doch auch schutzunfähige oder kennzeichnungsschwache Elemente den Gesamteindruck einer Marke mitbestimmen und sind darum bei der Prüfung der Verwechslungsgefahr nicht von vornherein unberücksichtigt zu lassen (vgl. BPatG, Beschluss vom 12.07.2006, Az. 26 W (pat) 28/04 – Qualitäts- … s/ … y ; Beschluss vom 16.08.2006, Az. 26 W (pat) 81/02 – Mobi…/… 24 ).

Im vorliegenden Fall erlangt das Wort … durch den Zusatz des Wortes Solar eine eigenständige Bedeutung, wobei es auch mit den oben genannten Wortkombinations-Marken der Klägerin nicht zu einer optischen oder klanglichen Verwechslung kommen wird.

(2) Zwischen den streitgegenständlichen Zeichen besteht aber eine unmittelbare Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne i.S.d. § 14 Abs. 2 Nr. 2, 2. Halbsatz MarkenG, Art. 9 Abs. 1 b, 2. Halbsatz GMV, da die prioritätsälteren Marken der Klägerin den Charakter einer Zeichenserie haben ( dazu unter (a) ) und davon auszugehen ist, dass die angemeldeten Marken des Beklagten bei deren Nutzung im geschäftlichen Verkehr von den angesprochenen Verkehrskreisen mit den Klagemarken gedanklich in Verbindung gebracht werden ( dazu unter (b) ).

(a) Die Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt des Serienzeichens, die nur zu prüfen ist, wenn die einander gegenüberstehenden Zeichen – wie im vorliegenden Fall – nach ihrem Gesamteindruck nicht unmittelbar miteinander verwechselbar sind (vgl. BGH, Urteil vom 22.11.2001, Az. I ZR 111/99 – BIG m.w.N.; Ingerl/Rohnke, MarkenG, § 14 Rdn. 729 m.w.N.), kann vorliegen, wenn die Zeichen in einem Bestandteil übereinstimmen, den der Verkehr als Stamm mehrerer Zeichen eines Unternehmens ansieht, und deshalb Bezeichnungen, die einen identischen oder wesensgleichen Stamm aufweisen, dem gleichen Zeicheninhaber zuordnet (vgl. BGH, Urteil vom 22.11.2001, Az. I ZR 111/99 – BIG ; BGHZ 131, 122, 127 – Innovadiclophlont ; BGH, GRUR 1999, 587, 589 – Cefallone ; BGH, Beschluss vom 16.03.2000, Az. I ZB 43/97, GRUR 2000, 886, 887 – Bayer/BeiChem ; Urteil vom 24.01.2002, Az. I ZR 156/99, GRUR 2002, 544, 547 – Bank 24; Ingerl/Rohnke, MarkenG, § 14 Rdn. 729). Die Rechtsprechung zum Serienzeichen beruht auf der dem Verkehr bekannten Übung mancher Unternehmen, sich eines Stammzeichens für alle ihre Waren zu bedienen und dieses – dabei als solches erkennbar bleibende – Stammzeichen für einzelne Warenarten zu deren Kennzeichnung abzuwandeln (vgl. BGH, Urteil vom 24.01.2002, Az. I ZR 156/99, GRUR 2002, 544, 547 – Bank 24 ).

Grundvoraussetzung für diese Form der Verwechslungsgefahr ist ein Kennzeichenrecht an dem Stammbestandteil, das allerdings nicht nur durch den selbstständigen kennzeichenrechtlichen Schutz des Stammbestandteils aufgrund einer Eintragung als Marke in Alleinstellung, sondern auch durch Eintragung von Kombinationszeichen einer solchen Serie entstehen kann (vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, § 14 Rdn. 731).

Bei der Annahme einer Verwechslungsgefahr unter dem Aspekt des Serienzeichens ist grundsätzlich Zurückhaltung geboten (vgl. BPatG, Beschluss vom 12.07.2006, Az. 26 W (pat) 28/04 – Qualitäts- … s/ … y ; Beschluss vom 16.08.2006, Az. 26 W (pat) 81/02 – Mobi…/… 24 ).

Es kann nur dann zu einer Verwechslungsgefahr kommen, wenn die angesprochenen Verkehrskreise zu einer aufmerksameren Befassung mit den Zeichen bereit sind und eine gewisse Marktkenntnis haben (vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, § 14 Rdn. 730 m.w.N.). Darum ist es erforderlich, dass die der Markenserie – bzw. nach der Begrifflichkeit des EuGH: der Markenfamilie (vgl. dazu Berlit, „Die Verwechslungsgefahr bei Serienmarken“, WRP 2009, 133) – angehörenden Marken auf dem Markt präsent sind. Wenn nicht genügend viele ältere Marken benutzt werden, um eine Serie oder Familie bilden zu können, kann von einem Verbraucher nicht erwartet werden, dass er in dieser Markenserie ein gemeinsames Element entdeckt und/oder diese mit einer anderen Marke mit dem gleichen gemeinsamen Element in Verbindung bringt (vgl. EuGH, Urteil vom 13.09.2007, Az. C-234/06 – BAINBRIDGE).

Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung ist nach dem Vortrag der Parteien davon auszugehen, dass die Klägerin mit den von ihr auf Blatt 7 bis 9 der Akte (= Klageschrift) aufgeführten Marken eine Markenserie mit dem Stammbestandteil „…“ begründet hat.

Der Zeichenbestandteil „…“ hat ausreichende Kennzeichenkraft, um einen Stammcharakter haben zu können.

Die Zeichenkombination ist insbesondere nicht rein beschreibend.

Die Klägerin weist zu Recht darauf hin, dass es sich bei diesem Begriff um eine kreative Wortneuschöpfung handelt, die zwar mit dem englischen Wort „…“ und der Zahl 24 zwei – weitgehend – beschreibende Begriffe enthält, in der Kombination aber einen eigenen Bedeutungsgehalt hat. So ist unter … 24 eine – 24 Stunden am Tag erreichbare – Internetplattform zu verstehen, die dazu dient, Anbieter und Nachfrager mit einander in Kontakt zu bringen.

Die Kennzeichnungskraft dieser Zeichenkombination schlägt sich auch darin nieder, dass für die Klägerin das Wort „…“ sowohl mit Geltung in der Bundesrepublik Deutschland (DE 39930169 + DE 39954689) als auch in der gesamten Europäischen Union (EU 1202712 + EU 1677020) markenrechtlich geschützt ist.

Die originär bestehende geringe bis durchschnittliche Kennzeichenkraft des Stammbestandteils „…“ bzw. dessen Stammcharakter ist durch eine breite Verwendung von „Kombinationszeichen“ auf dem Markt, die sich jeweils dadurch auszeichnen, dass ein weiterer, das Internetangebot konkretisierender beschreibender Begriff vorangestellt wird, erheblich gesteigert (vgl. dazu: Ingerl/Rohnke, MarkenG, § 14 Rdn. 738 m.w.N.).

Der Beklagte hat mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom 10.02.2009 unstreitig gestellt, dass die Klägerin zumindest die „…-Kombinations“-Wortmarken „Finanz…” (eingetragen mit unterschiedlicher Schreibweise und Gestaltung in: EU 3383262, EU 3383239, EU 1677152, DE 30038912, DE 30527003, DE 30039198) und „Immobilien…“ (eingetragen mit unterschiedlicher Schreibweise und Gestaltung in: EU 1677210, EU 1561992, EU 1202605, EU 1202639, DE 30039371, DE 39930166, DE 39930167, DE 39930168, DE 30018819, DE 30039371, DE 30039377) umfangreich durch den Betrieb von im Internet abrufbaren Datenbanken, die der Vermittlung von Anbietern und Interessenten von Immobilien- und Finanz-Angeboten dienen, nutzt.

Soweit der Beklagte darüber hinaus den Betrieb von Internetangeboten (z.B.) unter den Bezeichnungen Auto… und Job… in Frage gestellt hat, ist sein Bestreiten mit Nichtwissen unerheblich. Dass es entsprechende Internetportale gibt, die auch breit genutzt werden, ist der Kammer sowohl dienstlich als auch privat bekannt. Dem Beklagten wäre es ein Leichtes gewesen, den Bestand dieser Internetportale zu überprüfen, um dann ggf. den Vortrag der Klägerin substantiiert zu bestreiten. Angesichts der von der Klägerin vorgelegten Unterlagen über ihre Geschäftstätigkeit, hätte es dem Beklagten oblegen, dieses konkret zu tun.

Schon mit der Verwendung der genannten vier Markengruppen auf dem Markt nutzt die Klägerin genügend Marken, um eine Markenserie oder -familie zu bilden. In diesem Sinne ist auch das Bundespatentgericht in seinen zuletzt zu „…“-Marken der Klägerin ergangenen Entscheidungen vom Bestehen einer Zeichenserie ausgegangen (vgl. BPatG, Beschluss vom 12.07.2006, Az. 26 W (pat) 28/04 – Qualitäts- … s/ … y ; Beschluss vom 16.08.2006, Az. 26 W (pat) 81/02 – Mobi…/ …) .

(b) Aufgrund des Vortrags der Parteien ist davon auszugehen, dass die angemeldeten „Solar…“-Marken des Beklagten bei deren Nutzung im geschäftlichen Verkehr von den angesprochenen Verkehrskreisen mit den Klagemarken gedanklich in Verbindung gebracht würden.

Die oben unter Ziffer 1. b) (1) bereits genannten allgemeinen Grundsätze der Verwechslungsprüfung gelten auch für die Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt des Serienzeichens, so dass es auch insoweit auf die Wechselbeziehung zwischen den drei Faktoren Kennzeichnungskraft (hier bezogen auf den Stammbestandteil), Zeichenähnlichkeit und Waren- oder Dienstleistungsähnlichkeit ankommt (Ingerl/ Rohnke, MarkenG, § 14 Rdn. 736 m.w.N.).

Die Kennzeichnungskraft des Stammbestandteils … der Zeichenserie der Klägerin ist aufgrund der breiten Nutzung in mindestens vier Zeichengruppen (Immobilien…, Finanz…, Auto… und Job…) überdurchschnittlich. Insoweit kann auf die Ausführungen unter Ziffer 1. b) (2) (a) verwiesen werden.

Die Markenzeichen des Beklagten enthalten den Stammbestandteil der Zeichenserie der Klägerin in identischer Form und entsprechen auch im Charakter der Zeichenbildung der Serie. Denn auch der Beklagte stellt mit dem Wort „Solar“ ein einen Arbeitsbereich beschreibendes Substantiv dem Zeichen „…“ vorweg.

Letztlich ist auch von einer Dienstleistungsähnlichkeit bzw. sogar teilweise von einer Dienstleistungsidentität auszugehen.

In Bezug auf diesen Faktor der Verwechslungsprüfung ist im Zusammenhang mit einer Zeichenserie zu beachten, dass Serienzeichen über größere Produktabstände hinweg Verwendung finden (Ingerl/Rohnke, MarkenG, § 14 Rdn. 736 m.w.N.).

Konkret ist darum bei der Verwechslungsprüfung von Bedeutung, dass die Klägerin ihre Zeichenserie darauf angelegt hat, sie für den Betrieb von Internetmarktplätzen mit einem breiten Spektrum von Angeboten zu nutzen. Es wird darum (zumindest) dann von einer Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit eines Verletzerzeichens auszugehen sein, wenn dieses ebenfalls darauf gerichtet ist, über das Internet einen Kontakt zwischen Anbieter und Abnehmer herzustellen für Waren oder Dienstleistungen, die mit den für die Klägerin geschützten Waren- oder Dienstleistungsklassen vergleichbar sind.

Dies ist bei den Marken des Beklagten der Fall.

Die Klägerin hat ihre reinen …-Wortmarken jeweils – grob zusammengefasst – zumindest für Werbung, Computerdienstleistungen und Vermittlung von Handelsgeschäften geschützt (DE 39930169 + EU 1677020, vgl. Anlage K 5).

Hinzu kommt der Schutz für eine Fülle von Haushalts- und Bauartikel mit der Marke DE 39954689, wobei insoweit auch „elektrische Generatoren, Stromgeneratoren“ und „Beleuchtungs-, Heizungs-, Dampferzeugungs-, Koch-, Kühl-, Trocken-, Lüftungs- und Wasserleitungsgeräte sowie sanitäre Anlagen“ genannt sind. Die Gemeinschaftsmarke EU 1677020 ist allgemeiner auch für „Bau- und Reparaturwesen“ geschützt. Im vorliegenden Zusammenhang kann außerdem nicht unbeachtet bleiben, dass die klägerische Marke Modul… (DE 30723565) geschützt ist für „Solarkollektoren zur Stromerzeugung, Sonnenbatterien Solarkollektoren (Heizung)“.

Damit besteht zu den mit den Markenanmeldungen des Beklagten in Bezug genommenen Schutzklassen eine weitgehende Identität, zumindest aber eine hochgradige Ähnlichkeit. Letztlich war es zwischen den Parteien auch nicht streitig, dass der Beklagte mit dem von ihm zur Anmeldung gebrachten Schutzumfang ein dem Internetmarktplatz der Klägerin vergleichbares Computerprogramm erfasst hätte.

Ist aber – wie dargestellt wurde – von einer überdurchschnittlichen Kennzeichenkraft der Klagemarke bzw. des Stammbestandteils der klagenden Zeichenserie, einer Nutzung des Stammzeichens im Verletzerzeichen und einer Identität in der Zeichenfolge sowie von einer hohen Waren- und Dienstleistungsähnlichkeit auszugehen, bedarf das Bestehen einer unmittelbaren Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne keiner weitergehenden Begründung. Die mit den Angeboten des Beklagten befassten Verkehrskreise, bei denen es sich im Wesentlichen um Durchschnittsverbraucher handeln wird, werden insbesondere i.S.d. § 14 Abs. 2 Nr. 2, 2. Halbsatz MarkenG, Art. 9 Abs. 1 b, 2. Halbsatz GMV einen mit Angeboten zu Solarheizungen bestückten Internetmarktplatz mit der Bezeichnung Solar… mit der Klägerin bzw. deren Konzern in Verbindung bringen.

2. Die Klägerin kann von dem Beklagten klageweise die Rücknahme der Markenanmeldung DE 302008043584 – korrekt muss es heißen: DE 302008043584.4 – „Solar…“ verlangen.

Wäre diese von dem Beklagten angemeldete Marke bereits eingetragen, hätte die Klägerin einen Löschungsanspruch aus §§ 55 Abs. 1, 2. Fall, 51 Abs. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG. Dies folgt aus der Verwechselbarkeit ihrer …-Marken mit der von dem Beklagten angemeldeten Marke i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG, der in seinen tatbestandlichen Voraussetzungen § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entspricht (vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, § 9 Rdn. 7 m.w.N.). Es kann darum auf die Ausführungen unter Ziffer 1. Bezug genommen werden.

Schon die Anmeldung der Marke begründet die Gefahr der Intensivierung eines rechtswidrigen Störungszustands durch die Eintragung, zu dessen Verhütung die vorbeugende Beseitigungsklage gegeben ist (vgl. BGH, Urteil vom 04.02.1993, Az. I ZR 42/91, GRUR, 1993, 556 – TRIANGEL ). Die Klägerin muss also mit der gerichtlichen Geltendmachung ihres Rechts nicht bis zur Eintragung der Marke abwarten (vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, § 55 Rdn. 52 m.w.N.).

3. Letztlich kann die Klägerin von dem Beklagten nach §§ 14 Abs. 6 MarkenG, 683 Satz 1, 677, 670 BGB die Erstattung der ihr durch die Abmahnung vom 24.07.2008 entstandenen Rechtsanwaltskosten verlangen.

Diese sind auch der Höhe nach gerechtfertigt.

Insbesondere haben die Verfahrensbevollmächtigten der Klägerin der Abrechnung der für das Tätigwerden des Rechtsanwaltes und der Patentanwältin entstandenen Geschäftsgebühr zu Recht einen Gegenstandswert von 150.000,- EUR zugrunde gelegt. Diesen Teilstreitwert sieht auch die Kammer für das mit dem Klageantrag zu 1 verfolgte Unterlassungsbegehren für berechtigt an.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

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