LG Düsseldorf: Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten und Schadensersatz bei Verkauf importierter Nachahmungen von Kleiderbügeln

LG Düsseldorf, Urteil vom 30.03.2007 – 38 O 193/06
§ 42 Abs. 2 Satz 2 GeschmMG

Ein Händler, der aus Asien importierte Nachahmungen von gebrauchs- und geschmacksmusterrechtlich geschützten Waren verkauft, handelt mindestens fahrlässig, wenn er keine Nachforschungen über mögliche Schutzrechte Dritter vorgenommen hat.

Tenor:

1.
Die Beklagte wird verurteilt, durch Zahlung von jeweils 2.080,50 Euro an den Prozessbevollmächtigten Rechtsanwalt L der Klägerin und an den Patentanwalt H der Klägerin die Klägerin von den entsprechenden Verbindlichkeiten freizustellen.

2.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 400,– Euro zu zahlen.

3.
Die Beklagte wird unter Androhung eines Ordnungsgeldes von bis zu 250.000,– Euro verurteilt, es zu unterlassen, Autozubehörprodukte in Verkaufspackungen in Verkehr zu bringen,

– ohne dass Hersteller oder Importeur mit Namen und Anschrift angegeben ist,
– und/oder die ein TÜV-Zeichen tragen, ohne dass ein TÜV-Zertifikat erteilt ist,
– und/oder die ein GS-Zeichen tragen, ohne dass ein GS-Zertifikat erteilt ist.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 20.000,– Euro vorläufig vollstreckbar.

Die Sicherheitsleistung kann durch selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Bank oder Sparkasse erbracht werden.

T a t b e s t a n d :

1
Die Klägerin stellt Autozubehör her. Für sie ist ein Autokleiderbügel gebrauchs- und geschmacksmusterrechtlich geschützt, den sie in der aus Anlage K 4 ersichtlichen Verpackung vertreibt.

2
Die Beklagte ist Großhändler für Posten- und Havariewaren. Sie hat Autobügel von einem holländischen Lieferanten bezogen und 500 Exemplare an einen Weiterverkäufer veräußert. Die Klägerin hat die Beklagte durch patentanwaltliches und anwaltliches Schreiben vom 18. April 2006 wegen Verletzung von Gebrauchs-, Geschmacksmuster- und Urheberrechten – letztere bezogen auf die Verpackung – abgemahnt. Wegen des Wortlautes wird auf die Anlage K 1 verwiesen. Die Beklagte hat eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben.

3
Die Parteien streiten im wesentlichen um die Kosten der Abmahnung. Die Klägerin macht für Rechtsanwalt und Patentanwalt ausgehend von einem Streitwert von 150.000,– Euro und einer 1,3 Geschäftsgebühr nebst 20,– Euro Auslagen je 2.080,50 Euro geltend. Ferner verlangt sie 400,– Euro als Unterschiedsbetrag zwischen Einkaufs- und Verkaufspreis für die 500 gelieferten Bügel.

4
Unter Hinweis darauf, dass zudem auf den Verpackungen der Bügel kein Herstellername angegeben war und unberechtigterweise TÜV- und GS-Zertifikat erwähnt waren, macht die Klägerin zudem einen Anspruch auf Unterlassung auf wettbewerblicher Grundlage geltend.

5
Die Klägerin beantragt,

6
wie erkannt.

7
Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

9
Sie ist der Auffassung, die Einschaltung von Rechts- und Patentanwalt sei nicht erforderlich gewesen. Der angegebene Streitwert sei überhöht, ebenfalls der Ansatz einer 1,3 Geschäftsgebühr. Im übrigen sei schon dem Grunde nach kein Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten gerechtfertigt, da es am Fremdgeschäftsführungswillen gefehlt und kein Verzug vorgelegen habe. Die Beklagte habe auch nicht schuldhaft gehandelt. Es sei nicht erkennbar gewesen, dass die TÜV- und GS-Zeichen zu Unrecht aufgebracht waren.

10
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt verwiesen.

11
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

12
Die Klage ist begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Freistellung von ihren Verbindlichkeiten gegenüber ihrem Prozessbevollmächtigten und dem Patentanwalt in Höhe von 2.080,50 Euro gemäß den §§ 683, 670 BGB, den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag.

13
Es besteht zwischen den Parteien kein Streit darüber, dass die Beklagte gewerbliche Schutzrechte der Klägerin verletzt hat, indem sie Autokleiderbügel verkauft hat, die eine Nachahmung der für die Klägerin geschützten Muster darstellten. Da der Rechtsverstoss die Wiederholungsgefahr indiziert, hatte die Klägerin einen Unterlassungsanspruch. Es entsprach dem objektiven Interesse der Beklagten, dass die Klägerin die Beklagte abmahnte und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufforderte. Ihr wurde so Gelegenheit gegeben, eine gerichtliche Auseinandersetzung und die hiermit verbundenen Kosten zu vermeiden.

14
Die Beauftragung eines Rechtsanwaltes ist zur sachgerechten Bearbeitung eines solchen Auftrages notwendig und angemessen, wie die Mitwirkung eines Patentanwaltes, § 52 Abs. 4 GeschmMG.

15
Die Abrechnung der Anwälte entspricht den Bestimmungen des RVG. Der Ansatz jeweils einer 1,3 Gebühr nebst Auslagenpauschale stellt den Mittelwert dar. Der angemessene Streitwert für die geltend gemachten Ansprüche ist mit 150.000,– Euro ebenfalls angemessen bewertet. Der Unterlassungsanspruch ist auf die Zukunft gerichtet. Der wirtschaftliche Wert der geschützten Muster ist zu schätzen und mindestens im Bereich üblicher gewerblicher Schutzrechte anzusiedeln, deren Wert regelmäßig den Betrag von 150.000,– Euro nicht unterschreitet.

16
Da die Klägerin somit durch die im Interesse der Beklagten erfolgte Abmahnung mit berechtigten Kostenforderungen des Rechtsanwaltes und des Patentanwaltes in Höhe von je 2.080,50 Euro belastet ist, die als Aufwendungen anzusehen sind, hat sie die Klägerin entsprechend freizustellen.

17
Die Klägerin hat ferner einen Anspruch auf Zahlung von 400,– Euro gemäß § 42 Abs. 2 Satz 2 GeschmMG. Sie hat unstreitig gegen ein Geschmacksmusterrecht der Klägerin verstoßen. Dieser Verstoss erfolgte schuldhaft. Bei Anwendung der möglichen und notwendigen Sorgfalt hätte sie den Rechtsverstoss erkennen können. Eigene Nachforschungen über mögliche Schutzrechte Dritter hat sie vor dem Verkauf der Autobügel nicht vorgenommen. Offensichtlich ist hierüber auch mit dem Vorlieferanten nicht gesprochen worden. Eine solche Haltung „blinden“ Vertrauens beim Handel mit Ware, die aus Asien importiert wurde, ist mindestens fahrlässig.

18
Die Klägerin kann Herausgabe des Gewinns verlangen. Dieser beläuft sich nach der eigenen Berechnung der Beklagten bei 500 verkauften Bügeln und einer Spanne von 0,80 Cent zwischen Einkaufs- und Verkaufspreis auf 400,– Euro.

19
Die Beklagte ist ferner gemäß § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 5 des Produktsicherheitsgesetzes sowie § 5 Abs. 2 Nr. 1 UWG verpflichtet, es zu unterlassen, Autozubehörteile in Verkaufspackungen in den Handel zu bringen, ohne dass Hersteller oder Importeur mit Namen und Anschrift angegeben sind, die ein TÜV-Zeichen tragen, ohne dass ein TÜV-Zertifikat erteilt worden ist, und die ein GS-Zeichen tragen, ohne dass ein GS-Zertifikat erteilt wurde.

20
Zwischen den Parteien besteht ein konkretes Wettbewerbsverhältnis. Beide vertreiben Autozubehör. Zwar betreibt die Beklagte dieses Geschäft nur gelegentlich, sie handelt mit Postenware verschiedener Art. Sie hat jedoch unstreitig Autozubehör in Verpackungen vertrieben und sich damit als Mitbewerber der Klägerin betätigt. Für die Zukunft ist auch keineswegs ausgeschlossen, dass es erneut zum Vertrieb vergleichbarer Gegenstände kommt.

21
Es besteht zwischen den Parteien kein Streit darüber, dass die Verpackung der Autokleiderbügel nicht die erforderlichen Hersteller- oder Importeurangaben enthielt. Entsprechendes gilt für das Vorhandensein der aufgedruckten Zertifizierungen durch den TÜV und das GS-Zeichen. Insoweit wird sowohl der Verbraucher getäuscht über Merkmale der Waren wie Rechtsnormen zuwider gehandelt wird, die das Marktverhalten regeln.

22
Die Verstöße begründen die Wiederholungsgefahr. Die Beklagte hat insoweit keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben.

23
Für ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen der Klägerin sind keine ausreichenden Umstände vorgetragen. Die gewerblichen Schutzrechte betrafen ein anderes Rechtsgebiet als die Wettbewerbsverstöße. Eine zusätzliche Belastung der Beklagten dadurch, dass nicht bereits alle Rechtsverstöße gleichzeitig geltend gemacht werden, ist nicht eingetreten.

24
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

25
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1 ZPO.

26
Der Streitwert wird auf 19.561,– Euro (4.561,– Euro plus 15.000,– Euro) festgesetzt.

27
(Unterschriften)

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