EuGH: Koexistenz zwischen einer Marke und einer geschützten geographischen Angabe – Bayerisches Bier ./. Bavaria

EuGH, Urteil vom 02.07.2009 – C?343/07 – Bayerisches Bier
Vorabentscheidungsersuchen – Gültigkeitsprüfung – Zulässigkeit – Verordnungen (EWG) Nr. 2081/92 und (EG) Nr. 1347/2001 – Gültigkeit – Gattungsbezeichnung – Koexistenz zwischen einer Marke und einer geschützten geographischen Angabe

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)

2. Juli 2009(*)

In der Rechtssache C?343/07

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht von der Corte d’appello di Torino (Italien) mit Entscheidung vom 6. Juli 2007, beim Gerichtshof eingegangen am 25. Juli 2007, in dem Verfahren

Bavaria NV,

Bavaria Italia Srl

gegen

Bayerischer Brauerbund e. V.

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts, des Richters T. von Danwitz, der Richterin R. Silva de Lapuerta (Berichterstatterin) sowie der Richter E. Juhász und J. Malenovský,

Generalanwalt: J. Mazák,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 18. September 2008,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

– der Bavaria NV und der Bavaria Italia Srl, vertreten durch G. van der Wal und F. van Schaik, advocaten, sowie durch M. Sterpi und L. Ghedina, avvocati,

– des Bayerischen Brauerbund e. V., vertreten durch Rechtsanwalt R. Knaak sowie durch L. Ubertazzi und B. Ubertazzi, avvocati,

– der italienischen Regierung, vertreten durch I. M. Braguglia als Bevollmächtigten im Beistand von W. Ferrante, avvocato dello Stato,

– der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek als Bevollmächtigten,

– der deutschen Regierung, vertreten durch M. Lumma und J. Kemper als Bevollmächtigte,

– der griechischen Regierung, vertreten durch V. Kontolaimos und I. Chalkias als Bevollmächtigte,

– der niederländischen Regierung, vertreten durch C. M. Wissels und M. de Grave als Bevollmächtigte,

– des Rates der Europäischen Union, vertreten durch F. Florindo Gijón, A. Lo Monaco und Z. Kup?ová als Bevollmächtigte,

– der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch C. Cattabriga und B. Doherty als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 18. Dezember 2008

folgendes

Urteil

1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Gültigkeit und Auslegung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2001 des Rates vom 28. Juni 2001 zur Ergänzung des Anhangs der Verordnung (EG) Nr. 1107/96 der Kommission zur Eintragung geographischer Angaben und Ursprungsbezeichnungen gemäß dem Verfahren nach Artikel 17 der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 des Rates (ABl. L 182, S. 3) und der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 des Rates vom 14. Juli 1992 zum Schutz von geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (ABl. L 208, S. 1).

2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Bayerischen Brauerbund e. V. (im Folgenden: Bayerischer Brauerbund) einerseits und der Bavaria NV (im Folgenden: Bavaria) und der Bavaria Italia Srl (im Folgenden: Bavaria Italia) andererseits wegen deren Rechts zur Benutzung bestimmter Marken mit dem Wort „Bavaria“ im Verhältnis zur geographischen Herkunftsangabe „Bayerisches Bier“.

Rechtlicher Rahmen

3 Art. 1 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2081/92 lautet:

„Diese Verordnung regelt den Schutz der Ursprungsbezeichnungen und der geographischen Angaben der in Anhang II des Vertrages genannten, zum menschlichen Verzehr bestimmten Agrarerzeugnisse und der in Anhang I der vorliegenden Verordnung genannten Lebensmittel sowie der in Anhang II der vorliegenden Verordnung genannten Agrarerzeugnisse.

Diese Verordnung gilt jedoch nicht für Weinbauerzeugnisse und alkoholische Getränke.

Anhang I kann nach dem Verfahren des Artikels 15 geändert werden.“

4 In Art. 2 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2081/92 werden die geschützte Ursprungsbezeichnung (g.U.) und die geschützte geographische Angabe (g.g.A.) wie folgt definiert:

„(2) Im Sinne dieser Verordnung bedeutet

a) ‚Ursprungsbezeichnung‘ der Name einer Gegend, eines bestimmten Ortes oder in Ausnahmefällen eines Landes, der zur Bezeichnung eines Agrarerzeugnisses oder eines Lebensmittels dient,

– das aus dieser Gegend, diesem bestimmten Ort oder diesem Land stammt und

– das seine Güte oder Eigenschaften überwiegend oder ausschließlich den geographischen Verhältnissen einschließlich der natürlichen und menschlichen Einflüsse verdankt und das in dem begrenzten geographischen Gebiet erzeugt, verarbeitet und hergestellt wurde;

b) ‚geographische Angabe‘ der Name einer Gegend, eines bestimmten Ortes oder in Ausnahmefällen eines Landes, der zur Bezeichnung eines Agrarerzeugnisses oder eines Lebensmittels dient,

– das aus dieser Gegend, diesem bestimmten Ort oder diesem Land stammt und

– bei dem sich eine bestimmte Qualität, das Ansehen oder eine andere Eigenschaft aus diesem geographischen Ursprung ergibt und das in dem begrenzten geographischen Gebiet erzeugt und/oder verarbeitet und/oder hergestellt wurde.“

5 Art. 3 der Verordnung Nr. 2081/92 bestimmt:

„(1) Bezeichnungen, die zu Gattungsbezeichnungen geworden sind, dürfen nicht eingetragen werden.

Im Sinne dieser Verordnung gilt als ‚Bezeichnung, die zur Gattungsbezeichnung geworden ist‘, der Name eines Agrarerzeugnisses oder eines Lebensmittels, der sich zwar auf einen Ort oder ein Gebiet bezieht, wo das betreffende Agrarerzeugnis oder Lebensmittel ursprünglich hergestellt oder vermarktet wurde, der jedoch der gemeinhin übliche Name für ein Agrarerzeugnis oder ein Lebensmittel geworden ist.

Bei der Feststellung, ob ein Name zur Gattungsbezeichnung geworden ist, sind alle Faktoren und insbesondere folgendes zu berücksichtigen:

– die bestehende Situation in dem Mitgliedstaat, aus dem der Name stammt, und in den Verbrauchsgebieten;

– die Situation in anderen Mitgliedstaaten;

– die einschlägigen nationalen oder gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften.

Wird ein Antrag auf Eintragung nach dem Verfahren der Artikel 6 und 7 abgelehnt, weil aus einer Bezeichnung eine Gattungsbezeichnung geworden ist, so veröffentlicht die Kommission diesen Beschluss im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften.

(2) Ein Name kann nicht als Ursprungsbezeichnung oder als geographische Angabe eingetragen werden, wenn er mit dem Namen einer Pflanzensorte oder einer Tierrasse kollidiert und deshalb geeignet ist, das Publikum in bezug auf den tatsächlichen Ursprung des Erzeugnisses irrezuführen.

(3) Vor dem Inkrafttreten dieser Verordnung erstellt der Rat auf Vorschlag der Kommission mit qualifizierter Mehrheit ein nicht erschöpfendes, informatives Verzeichnis der Namen von dieser Verordnung unterfallenden Agrarerzeugnissen und Lebensmitteln, die im Sinne von Absatz 1 als Gattungsbezeichnungen anzusehen und somit nicht nach dieser Verordnung eintragungsfähig sind; der Rat veröffentlicht dieses Verzeichnis im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften.“

6 Art. 13 Abs. 1 und 3 der Verordnung Nr. 2081/92 sieht vor:

„(1) Eingetragene Bezeichnungen werden geschützt gegen

a) jede direkte oder indirekte kommerzielle Verwendung einer eingetragenen Bezeichnung für Erzeugnisse, die nicht unter die Eintragung fallen, sofern diese Erzeugnisse mit den unter dieser Bezeichnung eingetragenen Erzeugnissen vergleichbar sind oder sofern durch diese Verwendung das Ansehen der geschützten Bezeichnung ausgenutzt wird;

b) jede widerrechtliche Aneignung, Nachahmung oder Anspielung, selbst wenn der wahre Ursprung des Erzeugnisses angegeben ist oder wenn die geschützte Bezeichnung in Übersetzung oder zusammen mit Ausdrücken wie ‚Art‘, ‚Typ‘, ‚Verfahren‘, ‚Fasson‘, ‚Nachahmung‘ oder dergleichen verwendet wird;

c) alle sonstigen falschen oder irreführenden Angaben, die sich auf Herkunft, Ursprung, Natur oder wesentliche Eigenschaften der Erzeugnisse beziehen und auf der Aufmachung oder der äußeren Verpackung, in der Werbung oder in Unterlagen zu den betreffenden Erzeugnissen erscheinen, sowie die Verwendung von Behältnissen, die geeignet sind, einen falschen Eindruck hinsichtlich des Ursprungs zu erwecken;

d) alle sonstigen Praktiken, die geeignet sind, das Publikum über den wahren Ursprung des Erzeugnisses irrezuführen.

Enthält ein eingetragener Name den als Gattungsbezeichnung angesehenen Namen eines Agrarerzeugnisses oder Lebensmittels, so gilt die Verwendung dieser Gattungsbezeichnung für das betreffende Agrarerzeugnis oder Lebensmittel nicht als Verstoß gegen Unterabsatz 1 Buchstabe a) oder Buchstabe b).

(3) Geschützte Bezeichnungen können nicht zu Gattungsbezeichnungen werden.“

7 Art. 14 der Verordnung Nr. 2081/92 lautet:

„(1) Ist eine Ursprungsbezeichnung oder eine geographische Angabe gemäß dieser Verordnung eingetragen, so wird der Antrag auf Eintragung einer Marke, auf den einer der in Artikel 13 aufgeführten Tatbestände zutrifft und der die gleiche Art von Erzeugnis betrifft, zurückgewiesen, sofern der Antrag auf Eintragung der Marke nach dem Zeitpunkt der in Artikel 6 Absatz 2 vorgesehenen Veröffentlichung eingereicht wird.

Entgegen Unterabsatz 1 eingetragene Marken werden für ungültig erklärt.

Dieser Absatz findet auch dann Anwendung, wenn der Antrag auf Eintragung einer Marke vor dem Zeitpunkt der in Artikel 6 Absatz 2 vorgesehenen Veröffentlichung des Antrags auf Eintragung eingereicht wird, sofern diese Veröffentlichung vor der Eintragung der Marke erfolgt.

(2) Unter Wahrung des Gemeinschaftsrechts darf eine Marke, die vor dem Zeitpunkt des Antrags auf Eintragung der Ursprungsbezeichnung oder der geographischen Angabe in gutem Glauben eingetragen worden ist und auf die einer der in Artikel 13 aufgeführten Tatbestände zutrifft, ungeachtet der Eintragung der Ursprungsbezeichnung oder der geographischen Angabe weiter verwendet werden, wenn die Marke nicht einem der in Artikel 3 Absatz 1 Buchstaben c) und g) und Artikel 12 Absatz 2 Buchstabe b) der Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken genannten Gründe für die Ungültigkeit oder den Verfall unterliegt.

(3) Eine Ursprungsbezeichnung oder eine geographische Angabe wird nicht eingetragen, wenn in Anbetracht des Ansehens, das eine Marke genießt, ihres Bekanntheitsgrads und der Dauer ihrer Verwendung die Eintragung geeignet ist, die Verbraucher über die wirkliche Identität des Erzeugnisses irrezuführen.“

8 Art. 17 der Verordnung Nr. 2081/92 lautet:

„(1) Innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten dieser Verordnung teilen die Mitgliedstaaten der Kommission mit, welche ihrer gesetzlich geschützten oder, falls in einem Mitgliedstaat ein Schutzsystem nicht besteht, durch Benutzung üblich gewordenen Bezeichnungen sie nach Maßgabe dieser Verordnung eintragen lassen wollen.

(2) Die Kommission trägt die Bezeichnungen im Sinne des Absatzes 1, die den Artikeln 2 und 4 entsprechen, nach dem Verfahren des Artikels 15 ein. Artikel 7 findet keine Anwendung. Gattungsbezeichnungen sind jedoch nicht eintragungsfähig.

(3) Die Mitgliedstaaten können den einzelstaatlichen Schutz der gemäß Absatz 1 mitgeteilten Bezeichnungen bis zu dem Zeitpunkt beibehalten, zu dem über die Eintragung entschieden worden ist.“

9 In Anhang I der Verordnung Nr. 2081/92 heißt es:

„Lebensmittel im Sinne des Artikels 1 Absatz 1

– Bier,

– …“

10 Durch Art. 1 der Verordnung Nr. 1347/2001 wurde die Bezeichnung „Bayerisches Bier“ als g.g.A. eingetragen.

11 In den Erwägungsgründen 1 bis 5 der Verordnung Nr. 1347/2001 wird ausgeführt:

„(1) Zu einer Bezeichnung, die die Bundesrepublik Deutschland gemäß Artikel 17 der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 mitgeteilt hat, wurden ergänzende Auskünfte erbeten, um die Übereinstimmung dieser Bezeichnung mit den Artikeln 2 und 4 der genannten Verordnung sicherzustellen. Die Prüfung dieser Auskünfte hat ergeben, dass diese Bezeichnung mit den genannten Artikeln übereinstimmt. Daher ist sie einzutragen und in den Anhang der Verordnung (EG) Nr. 1107/96 der Kommission aufzunehmen.

(2) Nach der Notifizierung des Antrags der deutschen Behörden auf Eintragung der Bezeichnung ‚Bayerisches Bier‘ als geschützte geographische Angabe haben die niederländischen und die dänischen Behörden der Kommission mitgeteilt, dass es in ihren Ländern Marken für Bier mit der genannten Bezeichnung gibt.

(3) Anhand der vorgelegten Auskünfte kann festgestellt werden, dass es die Marke ‚Bavaria‘ gibt und dass sie zugelassen ist. Außerdem wird aufgrund des Sachverhaltes und der verfügbaren Auskünfte davon ausgegangen, dass die Eintragung der Bezeichnung ‚Bayerisches Bier‘ die Verbraucher nicht über die wirkliche Identität des Erzeugnisses irreführen kann. Daher trifft Artikel 14 Absatz 3 der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 nicht auf die geographische Angabe ‚Bayerisches Bier‘ und die Marke ‚Bavaria‘ zu.

(4) Einige Marken wie beispielsweise die niederländische Marke ‚Bavaria‘ sowie die dänische Marke ‚Høker Bajer‘ können trotz der Eintragung der geographischen Angabe ‚Bayerisches Bier‘ weiter verwendet werden, insoweit sie die in Artikel 14 Absatz 2 genannten Auflagen erfüllen.

(5) Bei der Beurteilung, ob eine Bezeichnung zur Gattungsbezeichnung geworden ist und folglich nicht eingetragen werden darf, muss gemäß Artikel 3 der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 die Situation in der gesamten Gemeinschaft berücksichtigt werden. In dem vorliegenden Fall gibt es zwar Hinweise darauf, dass die Bezeichnungen ‚bajersk‘ und ‚bajer‘, d. h. die dänischen Übersetzungen der Bezeichnung ‚Bayerisches‘, zu Synonymen der Bezeichnung ‚Bier‘ und damit allmählich zu gemeinhin üblichen Bezeichnungen werden, doch ist nicht nachgewiesen, dass die Bezeichnung ‚Bayerisches‘oder ihre Übersetzungen in den anderen Sprachen und Mitgliedstaaten zu Gattungsbezeichnungen geworden sind.“

12 Der dreizehnte Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 692/2003 des Rates vom 8. April 2003 zur Änderung der Verordnung Nr. 2081/92 (ABl. L 99, S. 1) lautet:

„Das vereinfachte Verfahren gemäß Artikel 17 der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92, mit dem in den einzelnen Mitgliedstaaten bereits bestehende, gesetzlich geschützte oder durch Benutzung üblich gewordene Bezeichnungen eingetragen werden sollen, sieht kein Einspruchsrecht vor. Aus Gründen der Rechtssicherheit und der Transparenz sollte diese Bestimmung abgeschafft werden. Außerdem sollte aus Gründen der Einheitlichkeit die in Artikel 13 Absatz 2 vorgesehene Übergangszeit von fünf Jahren für nach dieser Bestimmung eingetragene Bezeichnungen ungeachtet des Ablaufs dieses Zeitraums für nach dem genannten Artikel 17 eingetragene Bezeichnungen abgeschafft werden.“

13 Art. 1 Nr. 15 der Verordnung Nr. 692/2003 bestimmt:

„Artikel 13 Absatz 2 und Artikel 17 werden gestrichen. Die Bestimmungen dieser Artikel finden jedoch weiterhin auf die eingetragenen Bezeichnungen oder auf die Bezeichnungen Anwendung, deren Eintragung nach dem Verfahren des Artikels 17 vor dem Inkrafttreten dieser Verordnung beantragt worden ist.“

14 Art. 3 Abs. 1 der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. 1989, L 40, S. 1) bestimmt:

„Folgende Zeichen oder Marken sind von der Eintragung ausgeschlossen oder unterliegen im Falle der Eintragung der Ungültigerklärung:

c) Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können,

g) Marken, die geeignet sind, das Publikum zum Beispiel über die Art, die Beschaffenheit oder die geographische Herkunft der Ware oder Dienstleistung zu täuschen,

…“

15 Art. 12 Abs. 2 der Richtlinie 89/104 sieht vor:

„Eine Marke wird ferner für verfallen erklärt, wenn sie nach dem Zeitpunkt ihrer Eintragung

b) infolge ihrer Benutzung durch den Inhaber oder mit seiner Zustimmung für Waren oder Dienstleistungen, für sie eingetragen ist, geeignet ist, das Publikum insbesondere die Art, die Beschaffenheit oder die geographische Herkunft dieser Waren oder Dienstleistungen irrezuführen.“

Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen

16 Der Bayerische Brauerbund ist ein deutscher eingetragener Verein, dessen Zweck im Schutz der gemeinsamen Interessen der bayerischen Brauwirtschaft besteht. Laut einer Bescheinigung des Amtsgerichts München datiert seine Satzung vom 7. Dezember 1917. Im Jahr 1968 war der Bayerische Brauerbund Inhaber der eingetragenen Kollektivmarken Bayrisch Bier und Bayrisches Bier.

17 Bavaria ist eine niederländische Gesellschaft, die Bier herstellt und auf dem internationalen Markt tätig ist. Die Gesellschaft, die vormals „Firma Gebroeders Swinkels“ hieß, begann im Jahr 1925, das Wort „Bavaria“ zu benutzen, und nahm es 1930 in seine Unternehmensbezeichnung auf. Bavaria war und ist Inhaberin verschiedener eingetragener Marken und Bildelemente, die das Wort „Bavaria“ enthalten. Diese Eintragungen stammen aus den Jahren 1947, 1971, 1982, 1991, 1992 und 1995. Verschiedene dieser Eintragungen wurden verlängert. Bavaria Italia gehört zur Unternehmensgruppe von Bavaria.

18 Die Bezeichnung „Bayerisches Bier“ wurde in bilaterale Abkommen über den Schutz von Herkunftsangaben, Ursprungsbezeichnungen und anderen geographischen Bezeichnungen einbezogen, die die Bundesrepublik Deutschland mit der Französischen Republik (1961), der Italienischen Republik (1963), der Hellenischen Republik (1974), der Schweizerischen Eidgenossenschaft (1967) und dem Königreich Spanien (1970) schloss.

19 Am 28. September 1993 stellte der Bayerische Brauerbund im Einvernehmen mit dem Münchener Brauereien e. V. und dem Verband Bayerischer Ausfuhrbrauereien e. V. bei der deutschen Regierung einen Antrag auf Eintragung als g.g.A. im sogenannten „vereinfachten Verfahren“ gemäß Art. 17 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2081/92.

20 Am 20. Januar 1994 reichte die deutsche Regierung bei der Kommission den Antrag ein, gemäß Art. 17 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2081/92 die g.g.A. „Bayerisches Bier“ einzutragen.

21 Zur Vervollständigung der Unterlagen wurden zwischen der Kommission und den deutschen Behörden zahlreiche Informationen ausgetauscht. Am 20. Mai 1997 wurde die Akte als vollständig betrachtet.

22 Die endgültige Spezifikation wurde der Kommission mit Schreiben vom 28. März 2000 übermittelt. Darin waren fünf von der g.g.A. ursprünglich erfasste Biersorten nicht mehr enthalten, weil sie nicht der in der Spezifikation enthaltenen Beschreibung entsprächen.

23 Am 5. Mai 2000 legte die Kommission, die den Antrag für begründet hielt, dem Ausschuss für geographische Angaben und Ursprungsbezeichnungen (im Folgenden: Ausschuss) den Entwurf für eine Verordnung zur Eintragung der Bezeichnung „Bayerisches Bier“ als g.g.A. vor.

24 Mehrere Mitgliedstaaten widersprachen der Eintragung. Die Diskussionen im Ausschuss betrafen zwei Fragen, nämlich zum einen das Bestehen von Marken, die ebenfalls den Ausdruck „Bayerisches Bier“ oder dessen Übersetzungen enthielten, und zum anderen die Überlegung, dass der Ausdruck „Bayerisches“ oder seine Übersetzungen Gattungsbezeichnungen geworden seien.

25 Nach einer Prüfung der aufgeworfenen Fragen (der hinsichtlich der zweiten Frage sogar eine förmliche Untersuchung in sämtlichen Mitgliedstaaten vorausgegangen war) gelangte die Kommission zu dem Ergebnis, dass die Einwände gegen die Eintragung der g.g.A. „Bayerisches Bier“ nicht begründet seien. Dem Ausschuss wurde daher am 30. März 2001 ein zweiter Verordnungsentwurf vorgelegt. Der Ausschuss gab jedoch keine Stellungnahme ab, da die in Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2081/92 vorgesehene Mehrheit nicht erreicht wurde.

26 Da der Ausschuss somit in der vorgeschriebenen Frist keine Stellungnahme abgegeben hatte, wandelte die Kommission ihren Entwurf in einen Vorschlag für eine Verordnung des Rates um. Der Rat erließ daraufhin die Verordnung Nr. 1347/2001, mit der „Bayerisches Bier“ als g.g.A. eingetragen wurde.

27 Bavaria und Bavaria Italia erhoben gegen die Verordnung Nr. 1347/2001 keine Klage.

28 Mit einer am 27. September 2004 erhobenen Klage beim Tribunale di Torino stellte der Bayerische Brauerbund, wie schon vorher ähnlich in anderen Mitgliedstaaten, den Antrag, inzident die Nichtigkeit oder den Verfall der in Randnr. 17 des vorliegenden Urteils genannten Marken festzustellen und Bavaria und Bavaria Italia die Benutzung des italienischen Teils dieser Marken zu untersagen, weil diese die g.g.A. „Bayerisches Bier“ im Sinne der Art. 13 und 14 der Verordnung Nr. 2081/92 beeinträchtigten oder jedenfalls, da es sich um niederländisches Bier handele, eine Angabe enthielten, die eine geographische Gattungsbezeichnung und irreführend sei.

29 Mit Urteil vom 30. November 2006 gab das Tribunale di Torino der Klage des Bayerischer Brauerbunds teilweise statt. Hiergegen legten Bavaria und Bavaria Italia Berufung ein.

30 Vor diesem Hintergrund hat die Corte d’appello di Torino das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Ist die Verordnung (EG) Nr. 1347/2001, gegebenenfalls als Folge der Ungültigkeit anderer Rechtsakte, aus folgenden Gründen ungültig:

Verletzung allgemeiner Grundsätze

– wegen Ungültigkeit der Regelung in Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 insoweit, als sie die Eintragung von geographischen Angaben in Bezug auf „Bier“ zulässt, bei dem es sich um ein alkoholisches Getränk handelt, das (irrtümlich) in dem besagten Anhang I unter die in Art. 1 Abs. 1 genannten „Lebensmittel“ eingestuft wurde und das nicht zu den Agrarerzeugnissen im Sinne des Anhangs I des EG-Vertrags und der Art. 32 (früher 38) und 37 (früher 43) dieses Vertrags gehört, auf die der Rat seine Befugnisse zum Erlass der Verordnung Nr. 2081/92 gestützt hat;

– wegen Ungültigkeit des Art. 17 der Verordnung Nr. 2081/92 insoweit, als er ein beschleunigtes Verfahren vorsieht, das die Rechte der Betroffenen erheblich begrenzt und beeinträchtigt, da sie kein Widerspruchsrecht vorsieht, was einer klaren Verletzung der Grundsätze der Transparenz und der Rechtssicherheit entspricht, insbesondere sowohl im Licht der Komplexität des Verfahrens der Eintragung der besagten geschützten geographischen Angabe „Bayerisches Bier“, das die sieben Jahre von 1994 bis 2001 beansprucht hat, als auch wegen des ausdrücklichen Eingeständnisses im 13. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 692/2003, deren Art. 15 aus den angeführten Gründen Art. 17 der Verordnung Nr. 2081/92 aufgehoben hat;

Fehlen formeller Voraussetzungen

– weil die Angabe „Bayerisches Bier“ nicht die Voraussetzungen des Art. 17 der Verordnung Nr. 2081/92 erfüllt, um in einem in ihr vorgesehenen vereinfachten Verfahren die Eintragung zu erreichen, da diese Angabe zum Zeitpunkt der Einreichung des Eintragungsantrags in Deutschland weder „gesetzlich geschützt“ noch „durch Benutzung üblich geworden“ war;

– weil das Vorliegen der Voraussetzungen für die Eintragung der Angabe „Bayerisches Bier“ entgegen der Rechtsprechung des Gerichtshofs (Urteil des Gerichtshofs vom 6. Dezember 2001, Carl Kühne u. a., C?269/99, Slg. 2001, I?9517) weder von der deutschen Regierung vor Einreichung des Antrags noch von der Kommission selbst nach Eingang des Antrags gebührend geprüft worden ist;

– weil der Antrag auf Eintragung der Angabe „Bayerisches Bier“ von der deutschen Regierung nicht rechtzeitig gemäß Art. 17 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2081/92 (sechs Monate nach Inkrafttreten der Verordnung am 24. Juli 1993) eingereicht worden ist, da der ursprüngliche Antrag des Antragstellers acht voneinander abweichende Angaben mit der Möglichkeit unbegrenzt vieler weiterer Variationen vorsah, die in der nunmehr einzigen Angabe „Bayerisches Bier“ erst zusammengefasst wurden, als der Schlusstermin 24. Januar 1994 schon seit Langem verstrichen war;

Fehlen materieller Voraussetzungen

– weil die Angabe „Bayerisches Bier“ die materiellen Voraussetzungen des Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 2081/92 für die Eintragung als geschützte geographische Angabe nicht erfüllt, da sie eine Gattungsbezeichnung ist, die lediglich historisch nach einer im Lauf des 19. Jahrhunderts in Bayern entwickelten und sich dann im übrigen Europa und der gesamten Welt verbreitenden besonderen Braumethode (der so genannten „bayerischen Methode“ der Untergärung) hergestelltes Bier bezeichnet hat, die auch heute noch in einigen europäischen Sprachen (Dänisch, Finnisch, Schwedisch) die Gattungsbezeichnung für Bier ist und die auf jeden Fall unter den sehr zahlreichen und sehr unterschiedlichen Biervarianten höchstens jedwede Art von „in der deutschen Region Bayern gebrautes Bier“ bezeichnen kann, ohne dass irgendein „unmittelbarer Zusammenhang“ zwischen einer bestimmten Qualität, dem Ansehen oder einer anderen Eigenschaft des Erzeugnisses (Bier) und seinem spezifischen geographischen Ursprung (Bayern) bestünde (Urteil des Gerichtshofs vom 7. November 2000, Warsteiner Brauerei, C?312/98, Slg. 2000, I?9187) oder „Ausnahmefälle“ vorlägen, die die genannte Vorschrift für die Eintragung einer geographischen Angabe fordert, die den Namen eines Landes enthält;

– kurz, weil die Angabe „Bayerisches Bier“ eine „Gattungsbezeichnung“ ist, die als solche von der Möglichkeit der Eintragung im Sinne der Art. 3 Abs. 1 und 17 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2081/92 ausgeschlossen ist;

– weil die Eintragung der Angabe „Bayerisches Bier“ auch gemäß Art. 14 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2081/92 hätte verweigert werden müssen, da sie angesichts des Ansehens, des Bekanntheitsgrads und der Dauer der Verwendung der Marken „Bavaria“ geeignet ist, „die Verbraucher über die wirkliche Identität des Erzeugnisses irrezuführen“?

2. Hilfsweise für den Fall der Unzulässigkeit oder der Verneinung der Frage 1: Ist die Verordnung Nr. 1347/2001 dahin auszulegen, dass die dort erfolgte Anerkennung der geschützten geographischen Angabe „Bayerisches Bier“ nicht die Gültigkeit und Verwendbarkeit der bereits bestehenden Marken Dritter beeinträchtigt, in denen das Wort „Bavaria“ vorkommt?

Verfahren vor dem Gerichtshof

31 Mit am 21. Januar 2009 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangenem Schreiben haben Bavaria und Bavaria Italia eine Stellungnahme zu den Schlussanträgen des Generalanwalts abgegeben und beantragt, ihnen die Einreichung einer Erwiderung auf die Schlussanträge zu gestatten.

32 Insoweit ist von vornherein darauf hinzuweisen, dass weder die Satzung des Gerichtshofs noch seine Verfahrensordnung vorsehen, dass die Beteiligten Stellungnahmen zu den Schlussanträgen des Generalanwalts abgeben können. Ein entsprechender Antrag ist daher nach der Rechtsprechung zurückzuweisen (vgl. u. a. Beschluss vom 4. Februar 2000, Emesa Sugar, C?17/98, Slg. 2000, I?665, Randnrn. 2 und 19, und Urteil vom 15. Februar 2007, Lechouritou u. a., C?292/05, Slg. 2007, I?1519, Randnr. 18).

33 Das Gleiche gilt zudem, wenn der Antrag der Berufungsführerinnen des Ausgangsverfahrens als Antrag auf Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung anzusehen sein sollte.

34 Insoweit ist daran zu erinnern, dass der Gerichtshof gemäß Art. 61 seiner Verfahrensordnung von Amts wegen, auf Vorschlag des Generalanwalts oder auf Antrag der Parteien die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung anordnen kann, wenn er sich für unzureichend unterrichtet hält oder ein zwischen den Parteien nicht erörtertes Vorbringen als entscheidungserheblich ansieht (vgl. u. a. Urteile vom 19. Februar 2002, Wouters u. a., C?309/99, Slg. 2002, I?1577, Randnr. 42, und vom 16. Dezember 2008, Cartesio, C?210/06, Slg. 2008, I?0000, Randnr. 46).

35 Der Gerichtshof ist jedoch nach Anhörung des Generalanwalts zu der Auffassung gelangt, dass er im vorliegenden Fall über alle erforderlichen Informationen verfügt, um die vom nationalen Gericht vorgelegten Fragen zu beantworten, und dass diese Informationen im Verfahren vor ihm erörtert worden sind.

Zu den Vorlagefragen

Zur ersten Frage

36 Mit seiner ersten, in Unterfragen gegliederten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Verordnung Nr. 1347/2001 in Anbetracht eines möglichen Verstoßes gegen die allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts oder gegen die formellen oder sachlichen Voraussetzungen der Verordnung Nr. 2081/92 gültig ist. Die Unterfragen zur Wahrung der allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts beziehen sich auf die Verordnung Nr. 2081/92 als Rechtsgrundlage der Verordnung Nr. 1347/2001.

Zur Zulässigkeit

37 In den beim Gerichtshof abgegebenen Erklärungen ist die Frage aufgeworfen worden, ob vor einem nationalen Gericht die in der ersten Frage genannten Ungültigkeitsgründe geltend gemacht werden können. In verschiedenen dieser Erklärungen ist ausgeführt worden, dass diese Ungültigkeitsgründe deshalb nicht geltend gemacht werden könnten, weil Bavaria und Bavaria Italia von der Verordnung Nr. 1347/2001 unmittelbar und individuell betroffen seien und gegen diese keine Nichtigkeitsklage nach Art. 230 EG erhoben hätten.

38 Insoweit ist daran zu erinnern, dass nach ständiger Rechtsprechung das Recht des Antragstellers, im Rahmen einer nach nationalem Recht erhobenen Klage gegen die Ablehnung seines Antrags die Rechtswidrigkeit einer Gemeinschaftshandlung geltend zu machen, die als Grundlage für die gegen ihn ergangene nationale Entscheidung dient, einen allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts darstellt, so dass die Frage der Gültigkeit dieser Gemeinschaftshandlung dem Gerichtshof im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens vorgelegt werden kann (Urteile vom 15. Februar 2001, Nachi Europe, C?239/99, Slg. 2001, I?1197, Randnr. 35, und vom 8. März 2007, Roquette Frères, C?441/05, Slg. 2007, I?1993, Randnr. 39).

39 Dieser allgemeine Grundsatz, der gewährleisten soll, dass jedermann die Möglichkeit erhält oder erhalten hat, einen Rechtsakt der Gemeinschaft in Frage zu stellen, der für eine ihm entgegengehaltene Entscheidung als Grundlage dient, schließt es jedoch keineswegs aus, dass eine Verordnung einem Einzelnen gegenüber unangreifbar wird, im Verhältnis zu dem sie als Einzelfallentscheidung anzusehen ist, die er zweifellos nach Art. 230 EG hätte anfechten können, so dass er vor dem nationalen Gericht nicht die Rechtswidrigkeit dieser Verordnung geltend machen kann (Urteile Nachi Europe, Randnr. 37, und Roquette Frères, Randnr. 40).

40 Demnach stellt sich die Frage, ob eine Nichtigkeitsklage von Bavaria oder Bavaria Italia gemäß Art. 230 Abs. 4 EG gegen die Verordnung Nr. 1347/2001 ohne jeden Zweifel zulässig gewesen wäre, weil diese sie unmittelbar und individuell betrifft (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Dezember 1996, Accrington Beef u. a., C?241/95, Slg. 1996, I?6699, Randnr. 15, sowie Urteile Nachi Europe, Randnr. 40, und Roquette Frères, Randnr. 41).

41 Insoweit ist festzustellen, dass Bavaria und Bavaria Italia nicht ohne jeden Zweifel als von der Verordnung Nr. 1347/2001 im Sinne des Art. 230 Abs. 4 EG „unmittelbar und individuell“ betroffen angesehen werden können.

42 Die Verordnung Nr. 1347/2001 zielt nämlich darauf ab, dem Erzeugnis „Bayerisches Bier“ den in der Verordnung Nr. 2081/92 vorgesehenen Schutz als g.g.A. zuteil werden zu lassen und jedem Wirtschaftsteilnehmer, dessen Erzeugnisse den festgelegten Anforderungen entsprechen, den Anspruch zu verleihen, sie unter dieser g.g.A. zu vertreiben.

43 Selbst wenn jedoch die Verordnung Nr. 1347/2001 geeignet wäre, die Rechtsstellung von Bavaria und Bavaria Italia zu beeinträchtigen, könnte eine solche Beeinträchtigung nicht als sich unmittelbar aus dieser Verordnung ergebend angesehen werden. Nach ständiger Rechtsprechung ist die Voraussetzung, dass eine natürliche oder juristische Person von der mit der Klage angefochtenen gemeinschaftlichen Regelung unmittelbar betroffen sein muss, nämlich nur dann erfüllt, wenn diese Regelung sich auf die Rechtsstellung dieser Person unmittelbar auswirkt und ihren Adressaten, die mit ihrer Durchführung betraut sind, keinerlei Ermessensspielraum lässt, ihr Erlass vielmehr rein automatisch erfolgt und sich allein aus der Gemeinschaftsregelung ergibt, ohne dass weitere Durchführungsvorschriften angewandt werden (vgl. Urteile vom 5. Mai 1998, Glencore Grain/Kommission, C?404/96 P, Slg. 1998, I?2435, Randnr. 41, vom 29. Juni 2004, Front national/Parlament, C?486/01 P, Slg. 2004, I?6289, Randnr. 34, und vom 22. März 2007, Regione Siciliana/Kommission, C?15/06 P, Slg. 2007, I?2591, Randnr. 31).

44 Wie bereits aus dem Wortlaut des dritten und des vierten Erwägungsgrundes der Verordnung Nr. 1347/2001 hervorgeht, sieht die Verordnung die bereits vorher bestehende Marke Bavaria als gültig an und gestattet ungeachtet der Eintragung der g.g.A. „Bayerisches Bier“ die weitere Benutzung dieser Marke, sofern die in Art. 14 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2081/92 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Eine etwaige Beeinträchtigung der Rechtsstellung von Bavaria und Bavaria Italia kann daher nicht als sich rein automatisch aus dieser Verordnung ergebend angesehen werden.

45 Folglich kann nicht geltend gemacht werden, dass Bavaria und Bavaria Italia von der Verordnung Nr. 1347/2001 ohne jeden Zweifel unmittelbar betroffen sind.

46 Es ist daher festzustellen, dass Bavaria oder Bavaria Italia nicht unbestreitbar befugt waren, die Verordnung Nr. 1347/2001 nach Art. 230 EG anzufechten. Sie sind daher berechtigt, im Rahmen einer nach dem nationalen Recht erhobenen Klage die Ungültigkeit dieser Verordnung geltend zu machen, auch wenn sie gegen diese nicht innerhalb der in Art. 230 EG vorgesehenen Frist beim Gemeinschaftsrichter eine Nichtigkeitsklage erhoben haben.

Zur Frage eines Verstoßes der Verordnung Nr. 2081/92 gegen die allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts im Hinblick auf den Anwendungsbereich und die Rechtsgrundlage dieser Verordnung

47 Mit dieser Unterfrage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Verordnung Nr. 2081/92 in Anbetracht des Umstands, dass sich ihr Anwendungsbereich auf Bier erstreckt, gültig ist. Das nationale Gericht führt dazu aus, dass Bier als ein alkoholisches Getränk nicht als ein „Lebensmittel“ im Sinne von Art. 1 Abs. 1 der Verordnung angesehen werden könne und deshalb nicht im Anhang I der Verordnung hätte aufgeführt werden dürfen. Das vorlegende Gericht bezweifelt die Gültigkeit der Verordnung Nr. 2081/92 auch deshalb, weil die Art. 32 EG und 37 EG, da Bier nicht zu den in Anhang I des Vertrags aufgeführten „landwirtschaftlichen Erzeugnissen“ zähle, keine geeignete Rechtsgrundlage für den Erlass dieser Verordnung gewesen seien.

48 Was erstens die Einordnung von Bier als Lebensmittel angeht, ist festzustellen, dass die vorgenannte gemeinschaftliche Regelung den Begriff „Lebensmittel“ nicht definiert. Es gibt jedoch keinen Grund, der es rechtfertigte, Bier davon auszuschließen.

49 Zum einen nämlich ist die Lebensmittelqualität von Bier im allgemein üblichen Sinne des Begriffs „Lebensmittel“ unbestreitbar. Zum anderen fällt Bier, wie die deutsche Regierung und der Rat zu Recht hervorgehoben haben, unter die Definition des Begriffs „Lebensmittel“ in einer anderen gemeinschaftlichen Regelung, nämlich in Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31, S. 1).

50 Was zweitens das Vorbringen anbelangt, dass die Art. 32 EG und 37 EG mangels der Zugehörigkeit von Bier zu den in Anhang I des Vertrags aufgeführten „landwirtschaftlichen Erzeugnissen“ keine geeignete Rechtsgrundlage für den Erlass der Verordnung Nr. 2081/92 seien, hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass eine Regelung, die zur Erreichung eines oder mehrerer der in Art. 33 EG genannten Ziele beiträgt, auf der Grundlage des Art. 37 EG zu erlassen ist, selbst wenn sie sekundär einige nicht in Anhang I enthaltene Erzeugnisse erfasst, aber im Wesentlichen auf Erzeugnisse Anwendung findet, die unter diesen Anhang fallen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 16. November 1989, Kommission/Rat, C?11/88, Slg. 1989, 3799, Randnr. 15, und vom 5. Mai 1998, Vereinigtes Königreich/Kommission, C?180/96, Slg. 1998, I?2265, Randnr. 134).

51 Im vorliegenden Fall steht zum einen fest, dass der Hauptzweck der Verordnung Nr. 2081/92, wie aus ihrem zweiten Erwägungsgrund hervorgeht, in der Erreichung der in Art. 33 EG aufgeführten Ziele besteht, und zum anderen, dass diese Verordnung im Wesentlichen auf Erzeugnisse Anwendung findet, die unter den Anhang I des Vertrags fallen. Auch wenn Bier in diesem Anhang nicht ausdrücklich genannt ist, ändert dies im Übrigen nichts daran, dass die meisten Ingredienzien von Bier in diesem Anhang aufgeführt sind und dass die Einbeziehung von Bier in den Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 2081/92 deren Zweck und insbesondere der Erreichung der in Art. 33 EG aufgeführten Ziele dient.

52 Folglich hat die Prüfung dieses Teils der ersten Vorlagefrage nichts ergeben, was die Gültigkeit der Verordnung Nr. 2081/92 berühren könnte.

Zur Frage eines Verstoßes der Verordnung Nr. 2081/92 gegen die allgemeinen Grundsätze des Gemeinschaftsrechts wegen des Eintragungsverfahrens nach Art. 17 der Verordnung

53 Mit dieser Unterfrage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 17 der Verordnung Nr. 2081/92 nichtig ist, weil das darin festgelegte Verfahren kein Einspruchsrecht vorsieht.

54 Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass auch eine Eintragung im vereinfachten Verfahren gemäß Art. 17 der Verordnung Nr. 2081/92 voraussetzte, dass die Bezeichnungen den materiellen Vorschriften der Verordnung entsprachen, obgleich Art. 17 Abs. 2 ausdrücklich vorsah, das Art. 7 dieser Verordnung im Rahmen des vereinfachten Eintragungsverfahrens keine Anwendung fand und damit in diesem Rahmen das Einspruchsrecht von in ihren berechtigten Interessen betroffenen Dritten gemäß Art. 7 Abs. 3 der Verordnung ausschloss (vgl. Urteil vom 16. März 1999, Dänemark u. a./Kommission, „Feta I“, C?289/96, C?293/96 und C?299/96, Slg. 1999, I?1541, Randnr. 92).

55 Jedenfalls hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass die richtige Auslegung des Art. 17 der Verordnung Nr. 2081/92 keineswegs bedeutete, dass interessierte Dritte, die der Ansicht waren, dass ihre berechtigten Interessen durch die Eintragung verletzt wurden, sich nicht insbesondere nach den Grundsätzen für den gerichtlichen Rechtsschutz, wie er sich aus dem System der Verordnung Nr. 2081/92 ergibt, Gehör verschaffen und gegenüber dem Mitgliedstaat, der die Eintragung beantragte, Einspruch erheben konnten (vgl. Urteil Carl Kühne u. a., Randnr. 41).

56 Daher war es auch im Rahmen des vereinfachten Verfahrens gemäß Art. 17 der Verordnung Nr. 2081/92 interessierten Dritten möglich, gegen einen Eintragungsantrag Einspruch zu erheben.

57 Es war Sache der nationalen Gerichte, über die Rechtmäßigkeit eines Antrags auf Eintragung einer Bezeichnung gemäß Art. 17 der Verordnung Nr. 2081/92 zu entscheiden, wobei sie dieselben Prüfungsmaßstäbe wie bei anderen endgültigen Entscheidungen anzuwenden hatten, die von der betreffenden nationalen Behörde erlassen werden und Rechte verletzen können, die Dritte aus dem Gemeinschaftsrecht ableiten; eine entsprechende Klage war folglich als zulässig anzusehen, selbst wenn die innerstaatlichen Verfahrensvorschriften dies in einem solchen Fall nicht vorsahen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 3. Dezember 1992, Oleificio Borelli/Kommission, C?97/91, Slg. 1992, I?6313, Randnr. 13, und Carl Kühne a. a, Randnr. 58).

58 Es ist jedenfalls darauf hinzuweisen, dass in dem Sachverhalt, der dem Ausgangsverfahren zugrunde liegt, die meisten Einwände, die Bavaria und Bavaria Italia gegen die Eintragung in ihren Erklärungen vor dem Gerichtshof geltend gemacht haben, in dem Verfahren zur Eintragung der g.g.A. „Bayerisches Bier“ im Wesentlichen auf Vorschlag der niederländischen Behörden in dem Ausschuss erörtert worden waren.

59 Nicht zu folgen ist schließlich dem Vorbringen, dass die Abschaffung des vereinfachten Verfahrens durch die Verordnung Nr. 692/2003 unter Berücksichtigung des Wortlauts des 13. Erwägungsgrundes dieser Verordnung eine implizite Anerkennung der Ungültigkeit von Art. 17 der Verordnung Nr. 2081/92 bedeute.

60 Wie nämlich in diesem Erwägungsgrund ausgeführt wird, sollten mittels des vereinfachten Verfahrens gemäß Art. 17 der Verordnung Nr. 2081/92 in deren ursprünglicher Fassung in den einzelnen Mitgliedstaaten bereits bestehende, gesetzlich geschützte oder durch Benutzung üblich gewordene Bezeichnungen eingetragen werden. Das Verfahren war somit lediglich übergangsweise vorgesehen.

61 Demnach hat die Prüfung dieses Teils der ersten Frage nichts ergeben, was die Gültigkeit der Verordnung Nr. 2081/92 berühren könnte.

Zur Frage der Nichteinhaltung der formellen Voraussetzungen im Verfahren zur Eintragung der g.g.A. „Bayerisches Bier“

62 Mit diesen Unterfragen, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Verordnung Nr. 1347/2001 nichtig ist, weil die Voraussetzungen für die Eintragung der g.g.A. „Bayerisches Bier“ weder von der deutschen Regierung noch vom Rat oder von der Kommission ordnungsgemäß geprüft worden seien und weil der Antrag auf Eintragung dieser g.g.A. angesichts seiner späteren Änderungen nicht fristgemäß eingereicht worden sei.

63 Das vorlegende Gericht ist erstens der Ansicht, dass weder die deutsche Regierung noch der Rat oder die Kommission ihrer Aufgabe nachgekommen seien, sich in dem Verfahren zur Eintragung der g.g.A. „Bayerisches Bier“ zu vergewissern, dass die in der Verordnung Nr. 2081/92 festgelegten Voraussetzungen vorgelegen hätten.

64 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die durch die Verordnung Nr. 2081/92 eingeführte Regelung eine Zuständigkeitsverteilung zwischen dem betreffenden Mitgliedstaat und der Kommission vorsieht. Unabhängig davon, ob es um eine Eintragung im normalen oder im vereinfachten Verfahren geht, kann die Eintragung nur dann erfolgen, wenn der betreffende Mitgliedstaat einen entsprechenden Antrag gestellt und gemäß Art. 4 der Verordnung Nr. 2081/92 eine Spezifikation und die für die Eintragung erforderlichen Angaben übermittelt hat (vgl. Urteil Carl Kühne u. a, Randnrn. 50 und 51).

65 Gemäß Art. 5 Abs. 5 der Verordnung Nr. 2081/92 ist es Sache der Mitgliedstaaten, zu prüfen, ob der Antrag auf Eintragung im normalen Verfahren im Hinblick auf die in der Verordnung genannten Anforderungen gerechtfertigt ist. Nach dieser Vorschrift muss nämlich der Mitgliedstaat, an den ein Eintragungsantrag im Rahmen des normalen Verfahrens gerichtet ist, prüfen, ob dieser Antrag gerechtfertigt ist, und ihn der Kommission übermitteln, wenn er der Auffassung ist, dass die Anforderungen der Verordnung Nr. 2081/92 erfüllt sind. Aus dem Wortlaut des Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2081/92 geht im Übrigen hervor, dass die Kommission vor der Durchführung des in Art. 6 Abs. 2 bis 4 und in Art. 7 dieser Verordnung vorgesehenen Eintragungsverfahrens nur eine einfache förmliche Prüfung vornimmt, um festzustellen, ob diese Anforderungen erfüllt sind. Im vereinfachten Verfahren sind keine anderen Grundsätze anzuwenden (vgl. Urteil Carl Kühne u. a., Randnr. 52).

66 Folglich kann die Kommission die Entscheidung über die Eintragung einer Bezeichnung als g.U. oder g.g.A. nur dann treffen, wenn der betreffende Mitgliedstaat ihr einen entsprechenden Antrag zugeleitet hat, und kann ein solcher Antrag nur gestellt werden, wenn der Mitgliedstaat geprüft hat, ob er gerechtfertigt ist. Diese Zuständigkeitsverteilung findet ihre Erklärung insbesondere darin, dass die Eintragung die Prüfung voraussetzt, ob eine Reihe von Anforderungen erfüllt sind; dies erfordert in hohem Maße gründliche Kenntnisse von Besonderheiten des betreffenden Mitgliedstaats, zu deren Feststellung die zuständigen Behörden dieses Staates am ehesten imstande sind (vgl. Urteil Carl Kühne u. a., Randnr. 53)

67 Bei dieser Zuständigkeitsverteilung hat die Kommission vor der Eintragung einer Bezeichnung in die beantragte Kategorie insbesondere zu prüfen, ob erstens die dem Antrag beigefügte Spezifikation mit Art. 4 der Verordnung Nr. 2081/92 im Einklang steht, d. h., ob sie die erforderlichen Angaben enthält und diese nicht offensichtlich falsch sind, und zweitens die Bezeichnung auf der Grundlage der in der Spezifikation enthaltenen Angaben die Anforderungen des Art. 2 Abs. 2 Buchst. a oder b der Verordnung Nr. 2081/92 erfüllt (vgl. Urteil Carl Kühne u. a., Randnr. 54).

68 Das Gleiche gilt, wenn im Rahmen von Art. 15 der Verordnung Nr. 2081/92 die von der Kommission beabsichtigten Maßnahmen nicht mit der Stellungnahme des durch diesen Artikel vorgesehenen Ausschusses übereinstimmen oder keine Stellungnahme des Ausschusses vorliegt und die Entscheidung über die Eintragung auf Vorschlag der Kommission vom Rat getroffen wird.

69 Im Licht dieser Erwägungen sind die von dem vorlegenden Gericht angeführten Gesichtspunkte zu prüfen.

70 Vorab ist festzustellen, dass der Gerichtshof zwar für die Beurteilung zuständig ist, ob eine nach der Verordnung Nr. 2081/92 eingetragene Bezeichnung die in dieser Verordnung festgelegten Voraussetzungen erfüllt, dass aber, wie oben in den Randnrn. 55 und 57 ausgeführt, die Kontrolle der von den nationalen Behörden vorgenommenen Prüfung der Erfüllung dieser Voraussetzungen allein Sache der nationalen Gerichte ist.

71 Hingegen hat der Gerichtshof zu kontrollieren, ob der Rat und die Kommission ihre Aufgabe, die Erfüllung der in der Verordnung Nr. 2081/92 festgelegten Voraussetzungen nachzuprüfen, ordnungsgemäß erfüllt haben.

72 Im vorliegenden Fall geht aus den Akten hervor, dass der Rat und die Kommission ihre Prüfungsaufgabe ordnungsgemäß erfüllt haben, da die Bezeichnung „Bayerisches Bier“ erst nach einem langen Verfahren eingetragen wurde, in dem umfassend geprüft wurde, ob diese Bezeichnung die in der Verordnung Nr. 2081/92 festgelegten Voraussetzungen erfüllt. Der Einwand des vorlegenden Gerichts kann daher nicht durchgreifen.

73 Das vorlegende Gericht zieht die Gültigkeit der Verordnung Nr. 1347/2001 zweitens mit der Begründung in Zweifel, dass der Antrag auf Eintragung der fraglichen g.g.A. angesichts seiner späteren Änderungen nicht rechtzeitig eingereicht worden sei.

74 Insoweit ist zunächst festzustellen, dass der Eintragungsantrag der deutschen Regierung, wie in Randnr. 20 des vorliegenden Urteils erwähnt worden ist, der Kommission am 20. Januar 1994 und damit vor Ablauf der in Art. 17 der Verordnung Nr. 2081/92 vorgesehenen Frist von sechs Monaten zugeleitet wurde.

75 Es ist folglich zu prüfen, ob die Gültigkeit der Verordnung Nr. 1347/2001, wie das vorlegende Gericht meint, dadurch in Frage gestellt werden kann, dass der ursprüngliche Antrag nach Ablauf der Frist von sechs Monaten in einem Zeitraum von mehreren Jahren umfassend geändert worden sei.

76 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass Art. 17 der Verordnung Nr. 2081/92 anders als deren Art. 5, der ausdrücklich vorsieht, dass dem Antrag auf Eintragung im normalen Verfahren die Spezifikation beizufügen ist, die Mitgliedstaaten lediglich verpflichtet, der Kommission mitzuteilen, „welche ihrer gesetzlich geschützten oder, falls in einem Mitgliedstaat ein Schutzsystem nicht besteht, durch Benutzung üblich gewordenen Bezeichnungen sie … eintragen lassen wollen“. Angesichts dessen lässt sich Art. 17 der Verordnung Nr. 2081/92 nicht dahin auslegen, dass er die Mitgliedstaaten verpflichtet, innerhalb der Frist von sechs Monaten die endgültige Fassung der Spezifikation und der übrigen relevanten Unterlagen zu übermitteln, so dass jede Änderung der ursprünglich vorgelegten Spezifikation die Anwendung des normalen Verfahrens zur Folge hätte (vgl. Urteil Carl Kühne u. a., Randnr. 32).

77 Für diese Auslegung des Art. 17 der Verordnung Nr. 2081/92 spricht auch der Umstand, dass die nordeuropäischen Mitgliedstaaten in der Vergangenheit keine Register der geschützten Bezeichnungen geführt haben; der Schutz ist durch die Gesetze gegen irreführende Praktiken gewährleistet worden. Erst mit Inkrafttreten der Verordnung Nr. 2081/92 ist es für diese Mitgliedstaaten erforderlich geworden, eine Liste der vorhandenen Bezeichnungen aufzustellen und zu ermitteln, ob es sich um eine g.U. oder um eine g.g.A. handelte. Es wäre deshalb unrealistisch gewesen, von diesen Mitgliedstaaten zu verlangen, dass sie der Kommission binnen sechs Monaten nach Inkrafttreten der Verordnung Nr. 2081/92 alle für eine Entscheidung über die Eintragung unverzichtbaren Angaben und Unterlagen übermitteln; dies gilt vor allem in Anbetracht der Zeit, die die Betroffenen für die Inanspruchnahme der Verfahrensgarantien auf nationaler Ebene benötigen (vgl. Urteil Carl Kühne u. a., Randnr. 33).

78 Es ist daher festzustellen, dass in einem Sachverhalt, wie er dem Ausgangsverfahren zugrunde liegt, die Änderung des ursprünglichen Eintragungsantrags nach Ablauf der in Art. 17 der Verordnung Nr. 2081/92 vorgesehenen First von sechs Monaten nicht die Rechtswidrigkeit der Anwendung des vereinfachten Verfahrens bewirkte.

79 Demnach hat die Prüfung dieses Teils der ersten Frage nichts ergeben, was die Gültigkeit der Verordnung Nr. 1347/2001 berühren könnte.

Zur Frage eines Verstoßes der Eintragung der g.g.A. „Bayerisches Bier“ gegen die in der Verordnung Nr. 2081/92 festgelegten sachlichen Voraussetzungen

80 Mit diesen Unterfragen, die zusammen zu prüfen sind, äußert das vorlegende Gericht Zweifel an der Gültigkeit der Verordnung Nr. 1347/2001, die sich daraus ergäben, dass die Eintragung der g.g.A. „Bayerisches Bier“ eine Reihe der in der Verordnung Nr. 2081/92 festgelegten sachlichen Voraussetzungen nicht erfülle. Erstens habe diese Bezeichnung weder im Sinne von Art. 17 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2081/92 gesetzlichen Schutz genossen, noch sei sie im Sinne dieser Bestimmung durch Benutzung üblich geworden. Zweitens erfülle die Bezeichnung nicht die Voraussetzungen nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 2081/92 und sei in Wirklichkeit eine „Gattungsbezeichnung“ im Sinne der Art. 3 Abs. 1 und 17 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2081/92. Schließlich erfülle die Bezeichnung den Tatbestand des Art. 14 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2081/92.

81 Insoweit ist zunächst daran zu erinnern, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber auf dem Gebiet der gemeinsamen Agrarpolitik über ein weites Ermessen verfügt, das der politischen Verantwortung entspricht, die ihm die Artikel 34 EG und 37 EG übertragen, und dass, wie der Gerichtshof wiederholt entschieden hat, die Rechtmäßigkeit einer in diesem Bereich erlassenen Maßnahme nur dann beeinträchtigt sein kann, wenn diese Maßnahme zur Erreichung des Zieles, das das zuständige Organ verfolgt, offensichtlich ungeeignet ist (vgl. Urteile vom 5. Oktober 1994, Deutschland/Rat, C?280/93, Slg. 1994, I?4973, Randnrn. 89 und 90, und vom 13. Dezember 1994, SMW Winzersekt, C?306/93, Slg. 1994, I?5555, Randnr. 21).

82 Folglich hat sich die Kontrolle durch den Gerichtshof auf die Prüfung der Frage zu beschränken, ob die betreffende Maßnahme nicht mit einem offensichtlichen Irrtum oder einem Ermessensmissbrauch behaftet ist oder ob die betreffende Behörde die Grenzen ihres Ermessens nicht offensichtlich überschritten hat (Urteile vom 12. Juli 2001, Jippes u. a., C?189/01, Slg. 2001, I?5689, Randnr. 80, vom 9. September 2004, Spanien/Kommission, C?304/01, Slg. 2004, I?7655, Randnr. 23, und vom 23. März 2006, Unitymark und North Sea Fishermen’s Organisation, C?535/03, Slg. 2006, I?2689, Randnr. 55).

83 Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass die Gemeinschaftsorgane bei ihrer Entscheidung über einen Eintragungsantrag auf der Grundlage der Verordnung Nr. 2081/92 einen komplexen wirtschaftlichen und sozialen Sachverhalt zu beurteilen haben.

84 Bringt jedoch die Durchführung der Agrarpolitik der Gemeinschaft durch den Rat oder die Kommission das Erfordernis mit sich, einen komplexen wirtschaftlichen oder sozialen Sachverhalt zu beurteilen, bezieht sich das Ermessen, das ihnen zusteht, nicht ausschließlich auf die Art und die Tragweite der zu erlassenden Bestimmungen, sondern in bestimmtem Umfang auch auf die Feststellung von Grunddaten. In diesem Kontext steht es dem Rat oder der Kommission frei, sich gegebenenfalls auf globale Feststellungen zu stützen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 29. Februar 1996, Kommission/Rat, C?122/94, Slg. 1996, I?881, Randnr. 18, vom 19. Februar 1998, NIFPO und Northern Ireland Fishermen’s Federation, C?4/96, Slg. 1998, I?681, Randnrn. 41 und 42, vom 5. Oktober 1999, Spanien/Rat, C?179/95, Slg. 1999, I?6475, Randnr. 29, und vom 25. Oktober 2001, Italien/Rat, C?120/99, Slg. 2001, I?7997, Randnr. 44).

85 Die vom vorlegenden Gericht geäußerten Zweifel sind im Licht dieser Erwägungen zu prüfen.

– Zu Art. 17 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2081/92

86 Das vorlegende Gericht ist der Auffassung, dass das Eintragungsverfahren gemäß Art. 17 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2081/92 auf die Bezeichnung „Bayerisches Bier“ nicht anwendbar gewesen sei, weil diese weder zu den „gesetzlich geschützten“ noch zu den „durch Benutzung üblich gewordenen“ Bezeichnungen im Sinne dieser Vorschrift gehört habe.

87 Dazu ist festzustellen, dass dies zu beurteilen Teil der Nachprüfungen ist, die die zuständigen nationalen Behörden, gegebenenfalls unter der Kontrolle der nationalen Gerichte, durchzuführen haben, bevor der Eintragungsantrag der Kommission übermittelt wird (vgl. Urteil Carl Kühne u. a., Randnr. 60).

88 Wie in Randnr. 66 des vorliegenden Urteils in Erinnerung gerufen worden ist, erfordert nämlich die Prüfung der Frage, ob die Bezeichnung „Bayerisches Bier“ gesetzlich geschützt und durch Benutzung üblich geworden ist, gründliche Kenntnisse von Besonderheiten des betreffenden Mitgliedstaats, zu deren Feststellung die zuständigen Behörden dieses Staates am ehesten in der Lage sind.

89 Zum einen wurde in dem Sachverhalt, der Gegenstand des Ausgangsverfahrens ist, eine solche Prüfung von den deutschen Behörden vorgenommen, ohne dass deren Stichhaltigkeit vor einem nationalen Gericht in Frage gestellt wurde.

90 Zum anderen ließ das Bestehen der fünf in Randnr. 18 des vorliegenden Urteils genannten bilateralen Abkommen, die den Schutz der Bezeichnung „Bayerisches Bier“ vorsahen, in Verbindung mit weiteren Unterlagen in der Akte, besonders verschiedenen Etiketten und Publikationen, fehlerfrei den Schluss zu, dass diese Bezeichnung gesetzlich geschützt oder zumindest durch Benutzung üblich geworden war. Da nicht ersichtlich ist, dass die von den zuständigen nationalen Behörden vorgenommene Beurteilung offensichtlich falsch war, durften der Rat oder die Kommission pflichtgemäß annehmen, dass die fragliche g.g.A. die in Art. 17 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2081/92 festgelegten Voraussetzungen für eine Eintragung im vereinfachten Verfahren erfüllte.

91 Folglich ist festzustellen, dass die Prüfung der in Art. 17 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2081/92 festgelegten Voraussetzungen nichts ergeben hat, was die Gültigkeit der Verordnung Nr. 1347/2001 beeinträchtigen könnte.

– Zu Art. 2 Abs. 2 Buchst. b, Art. 3 Abs. 1 und Art. 17 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2081/92

92 Das vorlegende Gericht bezweifelt, dass die Bezeichnung „Bayerisches Bier“ den Voraussetzungen gemäß Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 2081/92 genügt, weil es zum einen an einem unmittelbaren Zusammenhang zwischen aus Bayern stammendem Bier und einer bestimmten Qualität, dem Ansehen oder einer anderen Eigenschaft, die sich aus diesem geographischen Ursprung ergebe, fehle und weil zum anderen kein Ausnahmefall vorliege, der die Eintragung des Namens eines Landes rechtfertigte. Das vorlegende Gericht wirft ferner die Frage auf, ob diese Bezeichnung nicht in Wirklichkeit eine „Gattungsbezeichnung“ im Sinne der Art. 3 Abs. 1 und 17 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2081/92 sei.

93 Insoweit ist daran zu erinnern, dass die Beurteilung der vorstehend genannten Voraussetzungen, da sie in hohem Maße gründliche Kenntnisse von Besonderheiten des betreffenden Mitgliedstaats erfordert, zu deren Feststellung die zuständigen Behörden dieses Staates am ehesten imstande sind, ebenfalls Teil der Nachprüfungen ist, die die zuständigen nationalen Behörden, gegebenenfalls unter der Kontrolle der nationalen Gerichte, vorzunehmen haben, bevor der Eintragungsantrag der Kommission übermittelt wird. Es ist auch darauf hinzuweisen, dass in dem Sachverhalt, der dem Ausgangsverfahren zugrunde liegt, eine solche Nachprüfung von den deutschen Behörden durchgeführt wurde, ohne dass deren Stichhaltigkeit vor einem nationalen Gericht in Frage gestellt wurde.

94 Zu den Voraussetzungen nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 2081/92 ist zunächst zu bemerken, dass sowohl aus dem Wortlaut dieser Bestimmung als auch aus der Systematik der Verordnung hervorgeht, dass mit dem Begriff „Land“ entweder ein Mitgliedstaat oder ein Drittstaat gemeint ist. Da Bayern eine unterstaatliche Körperschaft ist, stellt sich die Frage, ob ein „Ausnahmefall“ im Sinne dieser Bestimmung vorliegt, im Ausgangsverfahren von vornherein nicht.

95 Zu dem nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 2081/92 erforderlichen unmittelbaren Zusammenhang ist festzustellen, dass die Eintragung der Bezeichnung „Bayerisches Bier“ als g.g.A., wie der Rat und die Kommission vor dem Gerichtshof hervorgehoben haben, auf einem solchen Zusammenhang vor allem zwischen dem Ansehen und dem bayerischen Ursprung des Bieres beruht.

96 Diese Schlussfolgerung der Gemeinschaftsorgane lässt sich nicht, wie das vorlegende Gericht sowie Bavaria und Bavaria Italia meinen, mit dem Argument widerlegen, dass sowohl das Reinheitsgebot von 1516 als auch die traditionelle Braumethode der Untergärung, die beide bayerischen Ursprungs sind, – im Fall des Reinheitsgebots – seit 1906 in Deutschland und – im Fall der Braumethode – im Verlauf des 19. Jahrhunderts in der ganzen Welt Verbreitung gefunden haben.

97 Weder die Reinheit noch die traditionelle Braumethode der Untergärung bildeten nämlich als solche die Grundlagen für die Eintragung der g.g.A. „Bayerisches Bier“. Wie in Randnr. 95 des vorliegenden Urteils festgestellt worden ist, ist es vielmehr das Ansehen des aus Bayern stammenden Bieres, das entscheidend war.

98 Zwar steht außer Zweifel, dass das Reinheitsgebot und die traditionelle Braumethode der Untergärung zu diesem Ansehen beigetragen haben. Jedoch lässt sich nicht geltend machen, dass sich dieses Ansehen allein dadurch verlieren konnte, dass das Reinheitsgebot seit 1906 im übrigen deutschen Staatsgebiet Anwendung zu finden begann oder dass sich die traditionelle Braumethode der Untergärung während des 19. Jahrhunderts in anderen Ländern verbreitete. Im Übrigen spiegelt sich in diesen Umständen im Gegenteil das Ansehen des bayerischen Bieres wider, das für die Verbreitung sowohl seines Reinheitsgebots als auch seiner Braumethode ausschlaggebend war, womit es sich vielmehr um Indizien handelt, die die Annahme rechtfertigen, dass zwischen Bayern und dem Ansehen seines Bieres ein unmittelbarer Zusammenhang besteht oder zumindest bestand.

99 Folglich kann aufgrund der Gesichtspunkte, die das vorlegende Gericht sowie Bavaria und Bavaria Italia angeführt haben, die Bejahung eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen dem bayerischen Bier und seinem geographischen Ursprung nicht als offensichtlich unsachgemäß angesehen werden.

100 In Wirklichkeit gehören diese Gesichtspunkte vielmehr zu dem Vorbringen, dass die Bezeichnung „Bayerisches Bier“ eine „Gattungsbezeichnung“ im Sinne der Art. 3 Abs. 1 und 17 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2081/92 sei und aus diesem Grund nicht hätte eingetragen werden dürfen. In Anbetracht der vorstehenden Ausführungen ist damit insbesondere zu klären, ob die fragliche Bezeichnung zum Zeitpunkt der Stellung des Eintragungsantrags zu einer Gattungsbezeichnung geworden war.

101 Insoweit ist daran zu erinnern, dass im Rahmen der Beurteilung des generischen Charakters einer Bezeichnung gemäß Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2081/92 die Gegend der Herstellung des betreffenden Erzeugnisses sowohl innerhalb als auch außerhalb des Mitgliedstaats, der die Eintragung der fraglichen Bezeichnung erwirkt hat, der Verbrauch dieses Erzeugnisses, das Verständnis dieser Bezeichnung durch den Verbraucher innerhalb und außerhalb des genannten Mitgliedstaats, das Bestehen einer spezifischen nationalen Regelung für das genannte Erzeugnis und die Art der Verwendung der fraglichen Bezeichnung in den gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften zu berücksichtigen sind (vgl. Urteil vom 26. Februar 2008, Deutschland/Kommission, C?132/05, Slg. 2005, I?957, Randnr. 53).

102 Das vorlegende Gericht sowie Bavaria und Bavaria Italia sind der Auffassung, dass die allgemeine Verbreitung der Bezeichnung „Bayerisches Bier“ insbesondere durch die Verwendung des Wortes „Bayerisches“ oder seiner Übersetzungen als Synonyme für „Bier“ in zumindest drei Mitgliedstaaten (Dänemark, Schweden und Finnland) sowie als Synonyme für die alte bayerische Braumethode der Untergärung in den Namen, Marken und Etiketten von Unternehmen überall in der Welt einschließlich Deutschlands belegt werde.

103 Auch dieser Einwand kann im Ausgangsverfahren nicht durchgreifen.

104 Zum einen nämlich ist hinsichtlich der Verwendung der Bezeichnung „Bayerisches“ oder ihrer Übersetzungen als Synonyme für „Bier“ daran zu erinnern, dass die Kommission hierzu von den Mitgliedstaaten ergänzende Auskünfte anforderte und sich aus diesen, wie im fünften Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1347/2001 ausgeführt wird, ergab, dass diese Bezeichnung trotz Hinweisen darauf, dass die dänische Übersetzung dieser Bezeichnung allmählich zu einem Synonym für „Bier“ und damit zu einer gemeinhin üblichen Bezeichnung wird, auf dem Gemeinschaftsgebiet nicht zu einer Gattungsbezeichnung geworden ist.

105 Zum anderen kann auch aus dem Umstand, dass es auf dem Markt Marken und Etikette von Unternehmen gibt, die das Wort „Bayerisches“ oder seine Übersetzungen als Synonyme für die alte bayerische Braumethode der Untergärung enthalten, nicht gefolgert werden, dass die fragliche Bezeichnung zum Zeitpunkt der Stellung des Eintragungsantrags zu einer Gattungsbezeichnung geworden war.

106 Im Übrigen zielt die Eintragung einer g.g.A. gemäß der Verordnung Nr. 2081/92 neben anderen Zwecken darauf ab, die missbräuchliche Benutzung einer Bezeichnung durch Dritte, die aus dem von ihr erworbenen Ansehen Gewinn zu ziehen suchen, und ebenso das Verschwinden dieser Bezeichnung durch ihre begriffliche Verallgemeinerung infolge ihrer generellen Verwendung unabhängig von ihrem geographischen Ursprung oder einer bestimmten Qualität, dem Ansehen oder einer anderen Eigenschaft, die sich aus diesem geographischen Ursprung ergibt und die Eintragung rechtfertigt, zu vermeiden.

107 Im Fall einer g.g.A. wird eine Bezeichnung daher nur zu einer Gattungsbezeichnung, wenn der unmittelbare Zusammenhang zwischen dem geographischen Ursprung des Erzeugnisses einerseits und einer bestimmten Qualität, dem Ansehen oder einer anderen Eigenschaft des Erzeugnisses, die sich aus diesem geographischen Ursprung ergibt, andererseits verschwunden ist und die Bezeichnung nur noch eine bestimmte Art oder einen bestimmten Typ von Erzeugnissen beschreibt.

108 Im vorliegenden Fall haben die Gemeinschaftsorgane festgestellt, dass die g.g.A. „Bayerisches Bier“ nicht zu einer Gattungsbezeichnung geworden sei und dass daher der unmittelbare Zusammenhang zwischen dem Ansehen des bayerischen Bieres und seinem geographischen Ursprung nicht verschwunden sei, ohne dass diese Feststellung allein deshalb als offensichtlich unsachgemäß angesehen werden könnte, weil es auf dem Markt Marken und Etikette von Unternehmen gibt, die das Wort „Bayerisches“ oder seine Übersetzungen als Synonyme für die alte bayerische Braumethode der Untergärung enthalten.

109 Im Übrigen weisen das Bestehen der Kollektivmarken Bayrisch Bier und Bayerisches Bier zwischen 1960 und 1970 sowie von fünf verschiedenen bilateralen Abkommen zum Schutz der Bezeichnung „Bayerisches Bier“ als geographische Bezeichnung gerade darauf hin, dass die Bezeichnung keinen Gattungscharakter angenommen hat.

110 Demnach ist festzustellen, dass der Rat in der Verordnung Nr. 1347/2001 zu Recht feststellte, dass die Bezeichnung „Bayerisches Bier“ den Voraussetzungen gemäß Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 2081/92 genügt und keine „Gattungsbezeichnung“ im Sinne der Art. 3 Abs. 1 und Art. 17 Abs. 2 dieser Verordnung darstellt.

– Zu Art. 14 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2081/92

111 Das vorlegende Gericht möchte wissen, ob die Eintragung der Bezeichnung „Bayerisches Bier“ nicht nach Art. 14 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2081/92 hätte versagt werden müssen, weil sie in Anbetracht des Ansehens, des Bekanntheitsgrads und der Dauer der Verwendung der Marken „Bavaria“ geeignet ist, die Verbraucher über die wirkliche Identität des Erzeugnisses irrezuführen.

112 Wie sich insoweit dem dritten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1347/2001 entnehmen lässt, stellte der Rat fest, dass aufgrund des Sachverhalts und der verfügbaren Auskünfte davon ausgegangen werde, dass die Eintragung der Bezeichnung „Bayerisches Bier“ die Verbraucher nicht über die wirkliche Identität des Erzeugnisses irreführen könne und dass deshalb Art. 14 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2081/92 nicht auf die geographische Angabe „Bayerisches Bier“ und die Marke Bavaria zutreffe.

113 Zum einen erscheint diese Feststellung des Rates nicht offensichtlich unsachgemäß, und zum anderen haben weder das vorlegende Gericht noch Bavaria und Bavaria Italia Argumente vorgetragen, um diese Feststellung in Zweifel zu ziehen.

114 Demnach ist festzustellen, dass der Rat in der Verordnung Nr. 1347/2001 zu Recht davon ausging, dass die Bezeichnung „Bayerisches Bier“ nicht unter Art. 14 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2081/92 fällt.

115 Nach alledem hat die Prüfung der ersten Frage des vorlegenden Gerichts nichts ergeben, was die Gültigkeit der Verordnung Nr. 1347/2001 berühren könnte.

Zur zweiten Frage

116 Mit dieser Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Eintragung der Bezeichnung „Bayerisches Bier“ als g.g.A. gemäß Art. 1 der Verordnung Nr. 1347/2001 und die in deren drittem Erwägungsgrund getroffene Feststellung, dass diese g.g.A. und die Marke Bavaria nicht den Tatbestand des Art. 14 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2081/92 erfüllen, Auswirkungen auf die Gültigkeit und die Verwendbarkeit von bereits bestehenden Marken Dritter haben, in denen das Wort „Bavaria“ vorkommt.

117 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass Art. 14 der Verordnung Nr. 2081/92 das Verhältnis zwischen den nach dieser Verordnung eingetragenen Bezeichnungen und Marken speziell regelt, indem für die aufgeführten Tatbestände Konfliktregeln aufgestellt werden, deren Reichweite, Wirkung und Adressaten unterschiedlich sind.

118 So bezieht sich Art. 14 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2081/92 auf eine Konfliktsituation zwischen einer g.U. oder g.g.A. und einer vorher bestehenden Marke, in der in Anbetracht des Ansehens, das die Marke genießt, ihres Bekanntheitsgrads und der Dauer ihrer Verwendung die Eintragung geeignet ist, die Verbraucher über die wirkliche Identität des Erzeugnisses irrezuführen. Die für diese Konfliktsituation vorgesehene Rechtsfolge ist die Versagung der Eintragung der Bezeichnung. Es handelt sich somit um eine Regelung, die eine der Eintragung der g.U. oder g.g.A. vorausgehende Prüfung impliziert und insbesondere an die Gemeinschaftsorgane gerichtet ist.

119 Art. 14 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2081/92 bezieht sich auf eine Konfliktsituation zwischen einer g.U. oder g.g.A. und einer vorher bestehenden Marke, in der die Marke vor dem Zeitpunkt des Antrags auf Eintragung der g.U. oder g.g.A. in gutem Glauben eingetragen worden ist und die Benutzung der Marke einen der in Artikel 13 aufgeführten Tatbestände erfüllt. Die für diese Konfliktsituation vorgesehene Rechtsfolge besteht darin, dass die Marke ungeachtet der Eintragung der g.U. oder g.g.A. weiter verwendet werden darf, sofern sie nicht einem der in Art. 3 Abs. 1 Buchst. c und g und Art. 12 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 89/104 genannten Gründe für die Ungültigkeit oder den Verfall unterliegt. Es handelt sich somit um eine Regelung, die eine Prüfung nach der Eintragung impliziert und sich insbesondere an die Behörden und Gerichte richtet, die die fraglichen Bestimmungen anzuwenden haben.

120 Die nach Art. 14 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2081/92 vorzunehmende Prüfung ist auf die Frage beschränkt, ob die Eintragung der fraglichen Bezeichnung auf der Grundlage einer Prüfung dieser Bezeichnung und in Anbetracht des Ansehens, des Bekanntheitsgrads und der Benutzungsdauer der Marke den Verbraucher über die wirkliche Identität des Produkts irreführen kann.

121 Demgegenüber ist im Rahmen der nach Art. 14 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2081/92 vorzunehmenden Prüfung zunächst festzustellen, ob die Benutzung der Marke einen der Tatbestände des Art. 13 der Verordnung erfüllt, weiterhin, ob die Marke vor dem Zeitpunkt des Antrags auf Eintragung der Bezeichnung in gutem Glauben eingetragen wurde, und gegebenenfalls schließlich, ob die Marke nicht einem der in Art. 3 Abs. 1 Buchst. c und g und Art. 12 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 89/104 genannten Gründe für die Ungültigkeit oder den Verfall unterliegt.

122 Die letztgenannte Beurteilung schließt daher eine Prüfung von Tatsachen und Rechtsvorschriften auf nationaler, gemeinschaftlicher oder internationaler Ebene ein, die, gegebenenfalls unter Einreichung eines Vorabentscheidungsersuchens nach Art. 234 EG, allein dem nationalen Richter obliegt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. März 1999, Consorzio per la tutela del formaggio Gorgonzola, C?87/97, Slg. 1999, I?1301, Randnrn. 28, 35, 36, 42 und 43).

123 Folglich haben die Abs. 2 und 3 des Art. 14 der Verordnung Nr. 2081/92 verschiedene Zwecke und Funktionen und unterliegen unterschiedlichen Voraussetzungen. Daher können die Eintragung der Bezeichnung „Bayerisches Bier“ als g.g.A. gemäß Art. 1 der Verordnung Nr. 1347/2001 und die in deren dritten Erwägungsgrund getroffene Feststellung, dass diese g.g.A. und die Marke Bavaria nicht von Art. 14 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2081/92 erfasst werden, keine Auswirkungen auf die Prüfung der in Art. 14 Abs. 2 der Verordnung Nr. 2081/92 festgelegten Voraussetzungen für eine Koexistenz zwischen dieser Marke und dieser g.g.A. haben.

124 Insbesondere schließt es das Fehlen von Verwechslungsgefahr beim Verbraucher im Sinne von Art. 14 Abs. 3 der Verordnung Nr. 2081/92 zwischen der fraglichen Bezeichnung und der vorher bestehenden Marke nicht aus, dass die Benutzung der Marke unter einen der Tatbestände des Art. 13 Abs. 1 der Verordnung fallen oder die Marke einem Grund für die Ungültigkeit oder den Verfall gemäß Art. 3 Abs. 1 Buchst. c und g sowie Art. 12 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 89/104 unterliegen kann. Überdies entbindet das Fehlen von Verwechslungsgefahr auch nicht von der Prüfung der Frage, ob die fragliche Marke vor dem Zeitpunkt des Antrags auf Eintragung der g.U. oder g.g.A. in gutem Glauben eingetragen wurde.

125 Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass die Verordnung Nr. 1347/2001 dahin auszulegen ist, dass sie die Gültigkeit von vorher bestehenden Marken Dritter, die das Wort „Bavaria“ enthalten und die vor dem Zeitpunkt des Antrags auf Eintragung der g.g.A. „Bayerisches Bier“ in gutem Glauben eingetragen worden sind, sowie die Möglichkeit einer Benutzung dieser Marken, die einen der Tatbestände des Art. 13 der Verordnung Nr. 2081/92 erfüllt, nicht beeinträchtigt, sofern diese Marken nicht einem der in Art. 3 Abs. 1 Buchst. c und g und Art. 12 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 89/104 genannten Gründe für die Ungültigkeit oder den Verfall unterliegen.

Kosten

126 Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt:

1. Die Prüfung der ersten Frage des vorlegenden Gerichts hat nichts ergeben, was die Gültigkeit der Verordnung (EG) Nr. 1347/2001 des Rates vom 28. Juni 2001 zur Ergänzung des Anhangs der Verordnung (EG) Nr. 1107/96 der Kommission zur Eintragung geographischer Angaben und Ursprungsbezeichnungen gemäß dem Verfahren nach Artikel 17 der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 des Rates berühren könnte.

2. Die Verordnung Nr. 1347/2001 ist dahin auszulegen, dass sie die Gültigkeit von vorher bestehenden Marken Dritter, die das Wort „Bavaria“ enthalten und die vor dem Zeitpunkt des Antrags auf Eintragung der g.g.A. „Bayerisches Bier“ in gutem Glauben eingetragen worden sind, sowie die Möglichkeit einer Benutzung dieser Marken, die einen der Tatbestände des Art. 13 der Verordnung Nr. 2081/92 des Rates vom 14. Juli 1992 zum Schutz von geographischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel erfüllt, nicht beeinträchtigt, sofern diese Marken nicht einem der in Art. 3 Abs. 1 Buchst. c und g und Art. 12 Abs. 2 Buchst. b der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken genannten Gründe für die Ungültigkeit oder den Verfall unterliegen.

Unterschriften

* Verfahrenssprache: Italienisch.

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