DPMA: Himmelsscheibe von Nebra – Löschung der Marke wegen fehlender Unterscheidungskraft Beschluss vom 27.09.2010 – 302 50 476 – S 211/09 Lösch

Das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) hat in einem Löschungsverfahren gegen die Eintragung der Wort-/Bildmarke „Himmelsscheibe von Nebra“ mit Beschluss entschieden, dass die Marke wegen fehlender Unterscheidungskraft gelöscht wird. Das DPMA führt aus, dass aufgrund der herausragenden Bedeutung der weltweit ältesten konkreten Himmelsdarstellung es nicht als nahe liegend erscheint, dass ihr Name im Zusammenhang mit diversen Produkten, wie sie im Waren-/Dienstleistungsverzeichnis aufgeführt sind, wirklich als eine „Marke“ für solche Produkte verstanden wird. Vielmehr werden beachtliche Teile der Durchschnittsverbraucher darin lediglich eine Bezugnahme auf diesen archäologischen Fund sehen. Da der streitgegenständlichen Marke daher jegliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlt ist sie damit nicht markenrechtlich schutzfähig.

DPMA, Beschluss vom 27.09.2010 – 302 50 476 – S 211/09 Lösch – Himmelsscheibe von Nebra
§§ 3, 8 MarkenG

BESCHLUSS

In der Löschungssache

gegen

das
Land Sachsen-Anhalt, vertreten durch den Ministerpräsidenten, dieser vertreten durch den Landesarchäologen des Landesamtes für Archäologie Sachsen-Anhalt, …

betreffend die Wort-/Bildmarke 302 50 476

1. Die Marke 302 50 476 wird gelöscht.

2. Kosten werden weder auferlegt noch erstattet.

Gründe:

I.
Die angegriffene Wort-/Bildmarke 302 50 476

wurde für die Waren

„Aus Edelmetallen und deren Legierungen hergestellte Waren, soweit in Klasse 14 enthalten; Juwelierwaren, Schmuckwaren; Büroartikel (ausgenommen Möbel); Papierwaren, soweit in Klasse 16 enthalten, Photographien; Regenschirme, Sonnenschirme; Glaswaren, Porzellan und Steingut, soweit in Klasse 21 enthalten; Bekleidungsstücke; Spielzeug, Spiele; Konfekt, Zuckerwaren“

am 07.03.2003 in das Markenregister eingetragen.

Der Antragsteller begehrt mit Löschungsantrag vom 19.08.2009 die vollständige Löschung dieser Marke wegen absoluter Schutzhindernisse (§ 50 Abs. 1 MarkenG). Er ist der Auffassung, dass die verfahrensgegenständliche Marke „Himmelsscheibe von Nebra“ entgegen §§ 3, 8 MarkenG eingetragen worden und damit nach § 50 Abs. 1 MarkenG zu löschen sei. Er macht dabei im Wesentlichen geltend, „die Himmelsscheibe von Nebra sei erkennbar ein vor etwa 4000 Jahren hergestelltes archäologisches Fundstück (Kunstwerk) und könne damit augenscheinlich überhaupt nichts mit den Dienstleistungen eines Unternehmens aus der Neuzeit zu tun haben, so dass die Marke kein geeignetes Kennzeichen im Sinne von § 3 MarkenG darstelle“. Die Marke bestehe nur aus der vollständigen fotografischen Wiedergabe der berühmten Himmelsscheibe von Nebra und dem beschreibenden wörtlichen Zusatz „Himmelsscheibe von Nebra“. Es handle sich daher „um die reine Wiedergabe eines bedeutenden Kulturgutes, die vom Verkehr immer nur als Himmelscheibe von Nebra und nicht als betrieblicher Herkunftshinweis erfasst werde“, so dass der fortwährenden Eintragung für alle beanspruchten Waren das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft entgegenstehe (§ 8 Abs. 2 Nr.1 MarkenG). Zudem „bestehe die angegriffene Marke auch ausschließlich aus Zeichen und Angaben, die im Verkehr zur Bezeichnung der Himmelsscheibe von Nebra selbst dienen“ (§ 8 Abs. 2 Nr.2 MarkenG).

Da es sich bei der Himmelsscheibe von Nebra um ein Kulturgut handele, sei dieses der Allgemeinheit zugewiesen und die Eintragung verstoße damit gegen die öffentliche Ord- nung nach § 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG. Denn auch die Gemein- und Kulturfreiheit sei Gegenstand der öffentlichen Ordnung. Es müsse einen freien Zugang zum „kulturellen Erbe“ für jedermann geben.

Der Antragsteller beantragt,

die Marke 302 50 476 vollständig zu löschen.

Der Antragsgegner und Markeninhaber hat dem ihm am 19.09.2009 zugestellten Löschungsantrag mit am 25.09.2009 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen Schriftsatz widersprochen und diesen Widerspruch mit am 22.01.2010 beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangenem Schriftsatz begründet.

Er beantragt,

den Löschungsantrag zurückzuweisen.

Er ist der Ansicht, die verfahrensgegenständliche Marke sei für die angemeldeten Waren zu Recht eingetragen worden.

Absolute Schutzhindernisse nach §§ 3, 8 Abs. 2 Nr. 1,5 MarkenG lägen nicht vor. Hierzu trägt er vor, die sog. „Himmelsscheibe von Nebra“ stehe in seinem Eigentum, da diese im Juli 1999 auf seinem Landesgebiet ausgegraben worden sei. Der Markeninhaber habe die Himmelsscheibe von Nebra nach deren Sicherstellung durch die Polizei im Februar 2002 restaurieren lassen und in einer Pressekonferenz am 25.09.2002 der Öffentlichkeit vorgestellt. Hierdurch habe der Markeninhaber – wie durch beigefügtes Urteil des LG Magdeburg bestätigt werde – diese erstmals erscheinen lassen
und somit ein nachgelassenes Werk i. S. des § 71 UrhG an dem archäologischen Fund erlangt. Bis zur Pressekonferenz sei die „Himmelsscheibe von Nebra“ noch als „Sternenscheibe“ bezeichnet worden. Der Name „Himmelsscheibe von Nebra“ sei ihr erst an diesem Tag von dem Markeninhaber verliehen worden und habe mithin Unterscheidungskraft. Damit gekennzeichnete Waren seien zur Unterscheidung von Waren als aus einem bestimmten Unternehmen stammend geeignet. Es handele sich nur um einen Herkunftshinweis nicht jedoch um eine rein beschreibende Angabe, die angemeldeten Waren seien auch allesamt ohne Bezug zum Ausgrabungsfund selbst. Die Marke sei auch so ausges- taltet, dass diese als blickfangartiges Hervorhebungsmittel, ähnlich wie ein Logo, anzusehen sei. Den angesprochenen Verkehrskreisen sei es daher möglich, die mit der Marke versehenen Ware der Markeninhaberin zuzuordnen. Soweit der Durchschnittsverbraucher den Bezug zur Himmelsscheibe als berühmten Kulturgegenstand überhaupt erkenne, werde er die mit der angegriffenen Marke gekenn- zeichneten Waren für Merchandisingartikel halten, deren Herkunft auf den Markeninhaber zurückgehe. Entsprechendes gelte für die beanspruchten Dienstleistungen. Die angegriffene Marke sei zudem zweifelsohne markenfähig nach § 3 Abs. 1 MarkenG weil sie als Wort-/Bildmarke grundsätzlich abstrakt zur Unterscheidung von Waren und Dienstleistungen gleich welcher Art geeignet sei. Einem gegebenenfalls bestehenden wissenschaftlichen oder kulturellen Teilhabeanspruch an der Sternenscheibe komme der Markeninhaber, als Eigentümer sowie Inhaber der ausschließlichen Nutzungsrechte, jedenfalls nach.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze nebst Anlagen sowie den übrigen Inhalt der Amtsakte verwiesen.

II. Der zulässige Löschungsantrag (§§ 54 Abs. 1, 50 Abs. 1, 2 S. 2 MarkenG) ist auch begründet. Da der Antragsgegner dem Löschungsantrag rechtzeitig widersprochen hat, war auch in der Sache zu entscheiden (§ 54 Abs. 2 S. 3 MarkenG).

1. Der angegriffenen Marke fehlt entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht bereits die abstrakte Markenfähigkeit nach § 50 Abs. 1 Alt. 1, § 3 MarkenG. Für die Bejahung der abstrakten Markenfähigkeit genügt es, dass das betreffende Zeichen in einem beliebigen, theoretisch vorstellbaren Fall – abstrakt, d.h. nicht auf bestimmte Waren oder Dienstleis- tungen bezogen – zur Unterscheidung geeignet ist. Genauso wenig wie z.B. den Namen staatlicher Stellen und Behörden (vgl. BGH GRUR 2001, 240 -SWISS-ARMY) oder den Namen bekannter Personen (vgl. EuGH GRUR 2004, 946 -Nichols) kann auch dem hier in Rede stehenden Namen eines der bedeutenden archäologischen Funde (Himmelsscheibe von Nebra) nebst naturgetreuer fotografischer Wiedergabe, die abstrakte Markenfähigkeit nicht abgesprochen werden (vgl. BPatG 27 W (pat) 182/04 in MarkenR 2006, 172 – PINNOCCIO).

2. Nach der Auffassung der Markenabteilung ist die angegriffene Marke im Hinblick auf sämtliche beanspruchten Waren gemäß § 50 Abs. 1 Alt. 3 MarkenG entgegen § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG in das Markenregister eingetragen worden. Ihr fehlte schon im Zeitpunkt ihrer Eintragung jegliche Unterscheidungskraft für die angemeldeten Waren. Dieses Schutzhindernis besteht auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag, § 50 Abs. 2 S. 1 MarkenG.

Unterscheidungskraft in diesem Sinne ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Denn Hauptfunktion der Marke ist es, die Ursprungsidentität der gekenn- zeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Europäischen Gerichtshofs fehlt einer Wortmarke jegliche Unterscheidungskraft, wenn sie einen im Vordergrund ste- henden Begriffsinhalt aufweist, mit dem die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen bzw. deren Merkmale beschrieben werden können oder wenn die angemeldete Marke mit Blick auf das den absoluten Schutzhindernissen zugrunde liegende Allgemeininteresse der freien Verfügbarkeit aus sonstigen Gründen nicht entzogen werden soll, etwa weil es sich um ein gebräuchliches Wort handelt, das vom Verkehr stets nur in seinem Wortsinn bzw. als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird (st. Rspr. vgl. BGH, Beschl. v. 12. August 2004 – I ZB 19/01 – Stabtaschenlampe „MAGLITE“ m.w.N. sowie GRUR 2003, 1050 – Cityservice und GRUR 2002, 64 – INDIVIDUELLE; EuGH GRUR Int 2003, 641 (Rdn 52) – Libertel; GRUR Int 2004, 504ff (Rdn 86) – KPN/Postkantoor). Hierbei muss das Interesse angemessen berücksichtigt werden, die Allgemeinheit vor ungerecht- fertigten Rechtsmonopolen zu bewahren (vgl. zu Letzterem z.B. EuGH GRUR 1999, 723 (725 f. Rdz. 25-27) – Chiemsee; EuGH GRUR 2004, 674 (677 Rdz. 68) – Postkantoor; EuGH GRUR 2003, 604 (607 Rdz. 51, 608 Rdz. 60) – Libertel; EuGH GRUR Int 2004, 631 (634 Rdz. 44-48) – Dreidimensionale Tablettenform I; Hacker, GRUR 2001, 630 ff.). Im Unterschied zu anderen gewerblichen Schutzrechten bezieht das Ausschließlichkeitsrecht an der eingetragenen Marke seine Rechtfertigung nicht aus einer schützenswerten vorherigen Leistung. Sein Zweck liegt vor allem darin, im Wettbewerb auf eine bestimmte unternehmerische Herkunft der betreffenden Waren und Dienstleistungen hinzuweisen und damit deren betriebliche Zuordnung zu ermöglichen. Nur soweit eine solche Eignung zur Erfüllung der Herkunftsfunktion bejaht werden kann, ist es gerechtfertigt, die allgemeine Wettbewerbsfreiheit dadurch einzuschränken, dass eine Angabe oder ein Zeichen zu Gunsten eines Einzelnen monopolisiert wird. Die Eintra- gung eines Zeichens, das diese Herkunftsfunktion nicht erfüllen kann, würde dem Allge- meininteresse widersprechen (vgl. EuGH GRUR Int 2004, 631 (634 Rdz. 48) – Dreidimensionale Tablettenform I; Ströbele, GRUR 2005, 93 ff. (96)). Der Prüfungsvorgang selbst darf dabei nicht auf ein Mindestmaß beschränkt werden, sondern muss gründlich und vollständig sein, um eine ungerechtfertigte Eintragung von Marken zu vermeiden (vgl. EuGH GRUR 2003, 604 (607 f. Rdz. 59) – Libertel; EuGH GRUR 2004, 674 (680 Rdz. 123) – Postkantoor; EuGH GRUR 2004, 1027 (1030 Rdz. 45) – Das Prinzip der Bequemlichkeit).

Bei der im Juli 1999 bei Nebra in Sachsen-Anhalt gefundenen so genannten „Himmelsscheibe von Nebra“ handelt es sich um eine kreisrunde Scheibe mit einem Durchmesser von 32 Zentimetern, die mit Goldauflagen versehen ist und in ihrer Gestaltung offensichtliche Bezüge zur Himmelskunde aufweist. Wegen ihres geschätzten Alters von 3600 Jahren wird sie als Schlüsselfund der so genannten Archäoastronomie und einzigartige Darstellung des Kosmos im vorgeschichtlichen Europa angesehen (vgl. LG Magdeburg, GRUR 2004, 672).

Es gibt im vorliegenden Fall Gründe, die nahe legen, dass der Name eines der bedeutendsten archäologischen Funde des vergangenen Jahrhunderts, der die weltweit älteste konkrete Darstellung astronomischer Phänomene zeigt, von den angesprochenen Abnehmern stets nur als solches, d.h. als Hinweis auf das sensationelle Fundstück (Bronzeplatte) aus der Bronzezeit, nicht aber als Unterscheidungsmittel für die Waren verstanden werden wird.

Das Bundespatentgericht hat ausgesprochen (Bl.f.PMZ 2006, 299 „GEORG-SIMON- OHM“), dass z.B. die Namen bekannter historischer (verstorbener) Persönlichkeiten Teil des der Allgemeinheit zustehenden kulturellen Erbes sind und im Allgemeinen nicht einem bestimmten Unternehmen und dessen Produkten oder Dienstleistungsangeboten zugeordnet werden, so dass ihnen in der Regel ein Mindestmaß an Unterscheidungskraft fehlt (BPatG PAVIS PROMA, Brandt, 28W (pat)103/06 – Leonardo Da Vinci; in diesem Sinne auch Götting, GRUR 2001, 620 sowie Gauß, WRP 2005, 572; Ströbele/Hacker, a.a.O. § 8 Rdn. 119). Nichts anderes kann für den vorliegenden Fall des bedeutendsten archäologisehen Fundes des vergangenen Jahrhunderts, der die weltweit älteste konkrete Darstellung astronomischer Phänomene zeigt, gelten:

„Die Himmelsscheibe von Nebra ist eine Bronzeplatte aus der Bronzezeit mit Applikationen aus Gold, die offenbar astronomische Phänomene und Symbole religiöser Themenkreise darstellt. Sie gilt als die weltweit älteste konkrete Himmelsdarstellung und als einer der wichtigsten archäologischen Funde aus dieser Epoche“ (siehe Internetauszug aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie, als Anlage A1). „Elemente des Tag- und Nachthimmels vermischen sich vor einem abstrakten Sternennetz. Sonne und Mond werden aber nicht nur in ihrem Himmelslauf abgebildet, sondern auch erklärt. Zwischen den Horizonten erscheint ein Schiff in nächtlicher Fahrt über den Himmelsozean. Es ist hier zum ersten Mal als zentrales mythisches Symbol in Europa überliefert. Die Himmelsscheibe gibt uns einen Einblick in das Wissen unserer Vorfahren über den Weltenlauf und seine religiöse Deutung vor 3600 Jahren“ (siehe Internetauszug Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, Landesmuseum für Vorgeschichte, als Anlage A2).

Diese herausragende Bedeutung der weltweit ältesten konkreten Himmelsdarstellung lässt es nicht als nahe liegend erscheinen, dass ihr Name im Zusammenhang mit diversen Produkten, wie sie im Waren-/Dienstleistungsverzeichnis der hier vorliegenden Marke aufgeführt sind, wirklich als eine „Marke“ für solche Produkte verstanden wird. Vielmehr werden beachtliche Teile der Durchschnittsverbraucher darin lediglich eine Bezugnahme auf diesen archäologischen Fund sehen.
Entgegen der Auffassung des Antragsgegners muss auch nach neuerer Rechtsprechung nicht immer eine konkrete Prüfung der zugrunde liegenden Waren und Dienstleistungen stattfinden, wie die Entscheidung „Speicherstadt“ des Bundespatentgerichts vom 04.05.2010 (BPatG 24W (pat) 76/08 – Speicherstadt) zeigt:

„Letztlich kann aber die Frage, ob das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG für sämtliche beanspruchten Waren und Dienstleistungen eingreift, dahingestellt bleiben, weil der Bezeichnung „Speicherstadt“ insgesamt das für eine Registrierung erforderliche Maß an betriebskennzeichnender Hinweiskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlt. Denn diese vermag nicht die Hauptfunktion einer Marke zu erfüllen, den Abnehmern und Kunden die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu garantieren, indem sie es ihnen ermöglicht, diese von Produkten und Dienstleistungsangeboten anderer Unternehmen zu unterscheiden (st. Rspr.; vgl. z. B. EuGH GRUR 2006, 229, Nr. 27 – BiolD; BGH GRUR 2009, 411 – STREETBALL; Ströbele in: Ströbele/ Hacker, a.a.O.,§8 Rdn. 42, 43, 47). Aber auch hinsichtlich der sonstigen verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen wird sich in den maßgeblichen breiten Publikumskreisen angesichts der allgemeinen Bekanntheit der Hamburger Speicherstadt nicht die Vorstellung einstellen, es könnte sich um die Marke eines (einzigen) Unternehmens handeln. Denn nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt Angaben, die aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der deutschen Sprache bestehen, die – etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien – stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden, ganz generell – also auch ohne einen engen beschreibenden Bezug zu den konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen – nicht die Eignung zu, Produkte und Dienstleistungsangebote ihrer betrieblichen Herkunft nach zu unterscheiden (vgl. GRUR 2001, 1042 – REICH UND SCHOEN; GRUR 2006, 850, 854 – FUSSBALL WM 2006; Ströbele in: Ströbele/Hacker, a. a. O., § 8 Rdn. 49). Da „Speicherstadt“ – wie dargelegt – mit dem bekannten Gebäudekomplex von Lagerhäusern zwischen der Hamburger Innenstadt und dem Hafen in Verbindung gebracht wird, wird sich der Gedanke, es könnte sich um eine Individualmarke (für was auch immer) handeln, nicht in einem noch entscheidungserheblichen Umfang einstellen.“

Überdies stellt die verfahrensgegenständliche Bezeichnung „Himmelsscheibe von Nebra“ vorliegend für die angesprochenen Verkehrskreise jedenfalls im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren „Photographien“ lediglich eine beschreibende und anpreisende Gesamtaussage dahingehend dar, dass diese Waren sich inhaltlich-thematisch mit der Himmelsscheibe bzw. der weltweit ältesten konkreten Himmelsdarstellung beschäftigen. Bei diesen Waren handelt es sich um solche, die neben ihrem Charakter als handelbare Güter auch einen bezeichnungsfähigen gedanklichen Inhalt aufweisen oder aufweisen können, denn die betreffenden Waren können die Darstellung bzw. photographische Wiedergabe der „Himmelsscheibe von Nebra“ enthalten.

Auch wenn die Markeninhaberin vorträgt, dass sie dem Fund – der bis dahin als Sternenscheibe bezeichnet worden sei – erstmals in der Pressekonferenz am 25.09.2002 selbst den Namen „Himmelsscheibe von Nebra“ gegeben hat, führt dies nicht dazu, dass die angesprochenen Verbraucher damit einen bestimmten Hersteller bzw. ein bestimmtes Unternehmen verbinden. Vielmehr werden sie den Namen mit dem Ausgrabungsfund gleichsetzen. Denn unter diesem Namen wurde weltweit in der Presse von diesem einmaligen Fund, der die älteste bekannte konkrete Darstellung astronomischer Phänomene zeigt, berichtet. Der Verkehr ist deshalb an die Bezeichnung „Himmelsscheibe von Nebra“ zur Bezeichnung eben dieses Fundes gewöhnt und versteht ihn auch darunter (vgl. LG Magdeburg, GRUR 2004, 672, 673: „Am 25.09.2002 erhielt die Scheibe den Namen „Himmelsscheibe von Nebra“, unter dem sie in der Folgezeit weltweit bekannt wurde.“).

3. Auch die grafische Ausgestaltung der angegriffenen Marke ist nicht geeignet, ihr das notwendige Maß an Unterscheidungskraft zu vermitteln, da die in Form einer fotografischen Abbildung der Himmelsscheibe von Nebra auf schwarzem Hintergrund gehaltene Gestaltung lediglich der Verdeutlichung der Wortbestandteile dient. Es ist durch die Gestaltung auch keine sonstige Eigenwilligkeit zu sehen, wodurch die Ausgestaltung der Marke besonders hervorstechen würde und deshalb als Logo angesehen werden könnte. Die angesprochenen Verbraucher werden daher die Marke lediglich als Beschreibung dessen verstehen, was abgebildet ist, aber gerade nicht als einen Hinweis auf ein Unternehmen.

4. Das Bestehen einer Eigentümerstellung sowie etwaiger Urheberrechte des Markeninhabers ist für die Frage der Schutzfähigkeit einer Marke nach § 8 MarkenG nicht von Relevanz. Da sich die Schutzfähigkeit einer Marke immer anhand der Marke selbst feststellen lassen muss, kann sie z.B. auch nicht davon abhängen, ob die als Marke beanspruchte Darstellung bereits urheberrechtsfrei geworden ist (BPatG, BIPMZ 2000, 384 – Signatur Franz Marc) bzw. das Urheberrecht oder das Sacheigentum dem Markenanmelder – im Löschungsverfahren dem Markeninhaber – zusteht. Während es beim Urheberrechtsschutz auf Schutz von schöpferischen Leistungen oder Werken ankommt, kommt es für den Markenschutz auf die Unterscheidungsfunktion des Kennzeichenrechts an. Somit führen Urheber- und Eigentumsrechte nicht gleichsam zur Schutzfähigkeit nach dem Markenrecht.

5. Da der streitgegenständlichen Marke jegliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG fehlt, und sie damit nicht eintragungsfähig ist, kann es dahinstehen, ob wegen des besonderen Wertes des Fundes noch ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG gegeben ist.

6. Ob daneben auch der Löschungsgrund des Verstoßes gegen die öffentliche Ordnung nach § 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG (§ 50 Abs. 1 i.V.m. § 8 Abs. 2 Nr. 5 MarkenG) eingreift, kann ebenfalls offen bleiben, weil bereits ein Löschungsgrund bejaht worden ist. Es sei hier aber angedeutet, dass es deutliche Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Eintragung der angegriffenen Marke nicht gegen die öffentliche Ordnung verstößt. Ein solcher Verstoß wird von der Literatur teilweise angenommen, wenn gemeinfreie Werke als Marke eingetragen werden (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Auflage 2009, § 8 Rn. 499 m.w.N.). Hier liegt jedoch auf Grund des Urheberrechts der Markeninhaberin nach § 71 UrhG gerade kein gemeinfreies Werk vor.

Da das genannte Schutzhindernis sowohl im Zeitpunkt der Eintragung bestand als auch im gegenwärtigen Zeitpunkt besteht, war die Eintragung der angegriffenen Marke zu löschen (§50 Abs. 1 MarkenG).

III.
Zu einer Kostenauferlegung oder zur Rückzahlung der Löschungsgebühr aus Billigkeitsgründen bot der Sachverhalt keinen Anhaltspunkt.

Nach dem Gesetz trägt im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt grundsätzlich jeder Verfahrensbeteiligte seine Kosten selbst (§ 63 Abs. 1 S. 3 MarkenG). Für eine abweichende Beurteilung von diesem gesetzlich geregelten Grundsatz bedarf es stets besonderer Umstände, die über die Tatsache des Unterliegens hinausgehen. Eine Kostenauferlegung ist nur dann gerechtfertigt, wenn ein Verhalten eines Beteiligten vor- liegt, das mit einer bei der Wahrnehmung von Rechten zu fordernden prozessualen Sorgfaltspflicht nicht vereinbar ist (vgl. BGH GRUR 1972, 600, 601 – Lewapur; BGH GRUR 1996, 399, 401 – Schutzverkleidung; BPatGE 23, 224, 227), wofür im vorliegenden Fall jedoch keine Anhaltspunkte ersichtlich sind.

Daher trägt jeder Beteiligte die ihm erwachsenen Kosten selbst.

Rechtsmittelbelehrung …

Fundstelle: www.rechtsanwaltmoebius.de

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