BPatG: Rechtsschutzbedürfnis für Defensivbeschluss – InfoVoice

BPatG, Beschluss vom 04.07.2007 – 29 W (pat) 163/04
§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG Art. 1 Abs. 3, 3 Abs. 1, 19 Abs. 4 GG

Leitsatz:

Begehrt der Beschwerdeführer einen sogenannten Defensivbeschluss kann der Beschwerde das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis nicht abgesprochen werden, wenn eine uneinheitliche Eintragungspraxis des Deutschen Patent- und Markenamts bei vergleichbaren Zeichen besteht.

BESCHLUSS

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 301 04 121.0

hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 4. Juli 2007 durch die Vorsitzende Richterin Grabrucker, die Richterin Dr. Mittenberger-Huber sowie den Richter am Oberlandesgericht Karcher

beschlossen:

1. Die Beschlüsse der Markenstelle für die Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 29. April 2003 und 25. Juni 2004 werden aufgehoben, soweit die Anmeldung für die Dienstleistungen „Werbung und Geschäftsführung; Finanzwesen; Immobilienwesen; Betrieb und Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation, insbesondere für Funk und Fernsehen; Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; Organisation von sportlichen und kulturellen Veranstaltungen; Vermietung von Datenverarbeitungseinrichtungen und Computern; Projektierung und Planung von Einrichtungen für die Telekommunikation“ zurückgewiesen wurde.

2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.
Die Beschwerdeführerin hat am 22. Januar 2001 die Wortmarke 301 04 121.0

InfoVoice

zur Eintragung in das Markenregister für folgende Waren und Dienstleistungen angemeldet:

Klasse 9:
Elektrische, elektronische, optische, Mess-, Signal-, Kontroll- oder Unterrichtsapparate und -instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Apparate zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten; maschinenlesbare Daten-aufzeichnungsträger, Verkaufsautomaten und Mechaniken für geldbetätigte Apparate; Datenverarbeitungsgeräte und Computer;

Klasse 16:
Druckereierzeugnisse, insbesondere bedruckte und/oder geprägte Karten aus Karton oder Plastik; Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Büroartikel (ausgenommen Möbel);

Klasse 35:
Werbung und Geschäftsführung;

Klasse 36:
Finanzwesen; Immobilienwesen;

Klasse 38:
Telekommunikation; Betrieb und Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation, insbesondere für Funk und Fernsehen;

Klasse 39:
Transport- und Lagerwesen;

Klasse 41:
Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung; Organisation von sportlichen und kulturellen Veranstaltungen; Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern, Zeitschriften und anderen Druckerzeugnissen sowie entsprechenden elektronischen Medien (einschließlich CD-ROM und CD-I);

Klasse 42:
Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Dienstleistungen einer Datenbank, nämlich Vermietung der Zugriffszeiten zu und Betrieb von Datenbanken, sowie Sammeln und Liefern von Daten, Nachrichten und Informationen; Vermietung von Datenver-arbeitungseinrichtungen und Computern; Projektierung und Planung von Einrichtungen für die Telekommunikation.

Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit Erstbeschluss vom 29. April 2003 zurückgewiesen mit Ausnahme der in der Klasse 16 beanspruchten Waren „Büroartikel (ausgenommen Möbel)“ sowie der Dienstleistungen der Klasse 39 „Transport- und Lagerwesen“.

Zur Begründung hat die Markenstelle ausgeführt, dass die angemeldete Marke sprachüblich aus zwei englischen Wörtern gebildet sei. Der Bestandteil „Info“ stelle eine gängige Abkürzung für „Information“ dar. Der Bestandteil „Voice“ gehöre dem englischen Grundwortschatz an und sei für jedermann auch nur mit geringen Englischkenntnissen in seiner Bedeutung als „Sprache, Stimme“ verständlich. Das
Wort „Voice“ werde im Bereich der Telekommunikation und der elektronischen Datenverarbeitung auch in dieser Weise verwendet. Dieses Begriffsverständnis gelte umso mehr, als im entscheidungserheblichen Waren- und Dienstleistungssektor Englisch die Fach- und Werbesprache sei. Damit werde das angemeldete Zeichen ohne weiteren analytischen Aufwand als schlagwortartiger Ausdruck für „Informationsstimme“ bzw. „informierende Stimme“ dahingehend verstanden, dass durch die beanspruchten Waren und Dienstleistungen eine Information vermittelt werde.

Im Bereich der Warenklasse 9 werde die Wortfolge als Hinweis darauf verstanden, dass die Waren inhaltlich und thematisch mit einer Information durch eine Stimme zu tun hätten. Gleiches gelte für die beanspruchten Waren der Klasse 16, die im engen funktionalen Zusammenhang mit Waren der Klasse 9 stünden und bei denen es sich um Lehr- und Unterrichtsmaterial zur Informationsvermittlung handeln könne. Die Dienstleistungen der Klassen 35 und 36 stellten ebenfalls Dienstleistungen dar, mit denen Sprachinformationen auf dem jeweiligen betroffenen Gebiet von den angesprochenen Verkehrskreisen eingeholt werden könnten. Nicht anders verhalte es sich für die Dienstleistungen der Klasse 38, 41 und 42. Auch bei diesen Dienstleistungen stünden die Vermittlung von Informationen bzw. die Bereitstellung von Mitteln zu diesem Zweck im Vordergrund. Beispielsweise könnte in einer Ausbildung mittels einer „informierenden Stimme“ der jeweilige Ausbildungsinhalt vermittelt werden. Auch die Herausgabe von Büchern, Zeitschriften und anderen Druckerzeugnissen sowie das Erstellen von Programmen für Datenverarbeitung trügen zur Vermittlung von Informationen über eine „informierende Stimme“, insbesondere der Schrift und der Sprache bei.

Gegen diesen Erstbescheid hat die Beschwerdeführerin Erinnerung eingelegt, die sie nicht weiter begründet hat, so dass die Markenstelle für Klasse 38 mit Beschluss vom 25. Juni 2004 unter Bezugnahme auf die Gründe des Erstbescheids die Erinnerung zurückgewiesen hat. Gegen diesen Beschluss, hat die Beschwerdeführerin am 15. Juli 2004 Beschwerde beim Bundespatentgericht eingelegt.

Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,

die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 29. April 2003 und 25. Juni 2004 im Umfang der Zurückweisung aufzuheben.

Zur Begründung führt sie aus, der angemeldeten Marke könne Unterscheidungskraft i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht abgesprochen werden.

Beim Markenbestandteil „Voice“ handele es sich um einen aus dem Englischen stammenden Begriff, für den es eine Reihe verschiedener Übersetzungsmöglichkeiten gäbe, so dass nicht vorausgesagt werden könne, welchen Bedeutungsgehalt der Verbraucher dem Wort beimesse.

Bei dem vorangestellten Bestandteil „Info“ handle es sich zwar um eine allgemein übliche Abkürzung des Wortes „Information“. In Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen könne jedoch kein Sachbezug festgestellt werden. Auch für den Fall, dass die Marke in der Übersetzung als „Informationsstimme“ aufgefasst werde, sei darin keine ohne Weiteres verständliche Angabe über die Waren und Dienstleistungen, mithin keine Sachangabe zu erkennen.

Das Deutsche Patent- und Markenamt habe für eine andere Anmelderin das verfahrensgegenständliche Zeichen mit Datum vom 21. Februar 2003 ohne Beanstandungen für die Klassen 9, 16, 37 und 42 eingetragen. Schon aus diesem Grunde benötige die Beschwerdeführerin im vorliegenden Verfahren eine gerichtliche Entscheidung im Hinblick auf das durch sie beim Deutschen Patent- und Markenamt gegen die Eintragung der Marke für ihre Mitbewerberin zum Az. 30255918 betriebene Widerspruchsverfahren.

II.
Die Beschwerde hat teilweise Erfolg.

Die Beschwerde ist gemäß § 66 Abs. 1, 2 MarkenG form- und fristgerecht innerhalb der einmonatigen Beschwerdefrist eingelegt worden. Der Beschwerde kann auch das erforderliche Rechtschutzbedürfnis im Hinblick darauf nicht abgesprochen werden, dass die Beschwerdeführerin eine Entscheidung im vorliegenden Verfahren mit Blick auf ein beim Deutschen Patent- und Markenamt anhängiges Widerspruchsverfahren gegen die Eintragung des identischen Zeichens 302 55 918 für eine Wettbewerberin in den Klassen 9, 16, 37 und 42 begehrt. Beim Rechtsschutzbedürfnis handelt es sich um eine auf Treu und Glauben für alle Verfahrensarten gründende allgemeine Sachentscheidungsvoraussetzung, die dem Verbot des Missbrauchs prozessualer Rechte Ausdruck verleiht (Kopp, VwGO, 13. Aufl. Vor § 40, Rdn. 30). Zwar kann in den Konstellationen der vorliegenden Art dem Bundespatentgericht letztlich die Funktion eines Gutachters für die Frage der Schutzfähigkeit einer Marke zukommen. Dies schließt jedoch bei verfassungskonformer Auslegung das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis nicht aus, jedenfalls solange beim Deutschen Patent- und Markenamt eine Eintragungspraxis herrscht, bei der das Amt ohne nachvollziehbare Gründe in gleichgelagerten Fällen unterschiedlich entscheidet. Denn nach Artikel 19 Abs. 4 GG steht jedermann, der durch die öffentliche Gewalt in seinen Grundrechten verletzt ist, der Rechtsweg offen. Dabei garantiert die Gewährleistung des Artikels 19 Abs. 4 GG nicht nur das formelle Recht und die Möglichkeit, die Gerichte anzurufen, sondern auch die Effektivität des Rechtsschutzes; es besteht ein substantieller Anspruch auf eine tatsächlich wirksame gerichtliche Kontrolle (BVerfGE 81, 123 [129]; 65, 1 [70]; 53, 115 (127); Münch, Grundgesetz-Kommentar, Bd. 1, 5. Aufl., Art. 19, Rdn. 62; Sachs, Grundgesetz Kommentar, 3. Aufl., Art. 19, Rdn. 143; Jarass/Pieroth, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 8. Aufl., Art. 19, Rdn. 50). Diese Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes greift nicht erst ein, wenn eine Rechtsverletzung feststeht. Vielmehr ist gerade deren Feststellung und ggf. Beseitigung Gegenstand des geschützten Verfahrens, so dass der von Artikel 19 Abs. 4 GG gewährte Anspruch nur voraussetzt, dass eine Rechtsgutsverletzung möglich ist (Münch, a. a. O., Art. 19, Rdn. 61; Sachs, a. a. O., Art. 19, Rdn. 126; Jarass/Pieroth, a. a. O., Art. 19, Rdn. 41). Ein Rechtsschutzbedürfnis ist damit erst dann zu verneinen, wenn ein Rechtsmittel keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann und damit der Bereich der Gewährung effektiven Rechtsschutzes nicht mehr betroffen ist (vgl. Kopp, a. a. O. Vor § 40, Rdn. 38). Rechte, zu deren Durchsetzung nach Artikel 19 Abs. 4 GG der Rechtsweg eröffnet ist, können sowohl Grundrechte wie auch sonstige subjektive Rechte des einfachen Rechts sein (Münch, a. a. O., Art. 19, Rdn. 59; Sachs, a. a. O., Art. 19, Rdn. 127; Jarass/Pieroth, a. a. O., Art. 19, Rdn. 35).

Im vorliegenden Fall erschiene eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes des Artikel 3 Abs. 1 GG gegenüber der Beschwerdeführerin zumindest möglich. Denn nach Artikel 3 Abs. 1 GG darf wesentlich Gleiches nicht willkürlich ungleich behandelt werden (BVerfGE 98, 365 (385); 90, 226 (239); 84, 133 (158); Münch, a. a. O. Art. 3, Rdn. 17, Jarass/Pieroth, a. a. O., Art. 3, Rdn. 5). An dieses Gleichbehandlungsgebot ist die öffentliche Gewalt und damit auch das Deutsche Patent- und Markenamt nach Artikel 1 Abs. 3 GG als unmittelbar geltendes Recht gebunden. Es ist gerichtsbekannt, dass das Deutsche Patent- und Markenamt bei vergleichbar gelagerten Anmeldungen über den Anspruch auf Eintragung einer Marke in das Register ohne nachvollziehbare Gründe unterschiedlich entscheidet. In dieser Konstellation erscheint eine Verletzung der Rechte des Anmelders aus Artikel 3 Abs. 1 GG möglich. Eine Rechtsverletzung kann im Ergebnis nur vermieden werden, wenn der Anmelder in die Lage versetzt wird, durch Inanspruchnahme der Gerichte sicherzustellen, dass eine einheitliche, den Anforderungen des Gleichbehandlungsgebotes aus Artikel 3 Abs. 1 GG genügende Entscheidung gegenüber ihm und dem Mitbewerber erfolgt. Auf Grund der Besonderheiten des markenrechtlichen Eintragungsverfahrens kann der Anmelder eine einheitliche Entscheidung aber nur erreichen, wenn er gegen die ihm gegenüber durch das Amt ausgesprochene Zurückweisung seiner Anmeldung innerhalb der einmonatigen Frist des § 66 Abs. 2 MarkenG Beschwerde zum Bundespatentgericht einlegt, um sodann in einem möglichen Parallelverfahren des Wettbewerbers eine entsprechende Entscheidung zu erwirken. Einer solchen Beschwerde, die der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes dient, kann ein Rechtsschutzbedürfnis nicht abgesprochen werden.

Nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, denen für die Waren oder Dienstleistungen jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Unterscheidungskraft ist im Hinblick auf die Hauptfunktion der Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten, die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Dabei ist grundsätzlich von einem großzügigen Maßstab auszugehen, d. h. jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH GRUR 2000, 322 – Radio von hier; GRUR 2000, 323 – Partner with the Best; GRUR 2000, 722 – LOGO).

Kann einer Marke für die in Frage stehenden Waren kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache oder einer bekannten Fremdsprache, das im Verkehr – z. B. wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung – stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass die Unter-scheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (BGH GRUR 2000, 322 – Radio von hier; GRUR 1999, 1989 – YES; GRUR 2001, 735 – Test it; GRUR 2005, 417 – Berlin Card; BGH GRUR 2006, 850 – FUSSBALL WM).

Grundsätzlich können dabei auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die Ware oder Dienstleistung nicht selbst unmittelbar betreffen, einer hinreichenden Unterscheidungskraft entbehren, wenn durch die Angabe ein enger beschreibender Bezug zu den angemeldeten Waren hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt als solches ohne Weiteres und ohne Unklarheiten erfasst und in der Bezeichnung nicht ein Unterscheidungsmittel für die Herkunft der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen sieht (BGH GRUR 2006, 850, Rdn. 19 – FUSSBALL WM 2006).

Abzustellen ist bei der Beurteilung auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise. Dabei ist von der mutmaßlichen Wahrnehmung eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der fraglichen Waren oder Dienstleistungen auszugehen; zu prüfen ist dabei die angemeldete Wortfolge auf ihre Unterscheidungskraft jeweils in Bezug auf die einzelnen beanspruchten Waren und Dienstleistungen (BGH GRUR 2006, 850, Rdn. 18 – FUSSBALL WM 2006; GRUR 2001, 1043 – Gute Zeiten – Schlechte Zeiten).

Die angemeldete Wortfolge besteht aus den Bestandteilen „Info“ und „Voice“. Der Anfangsbestandteil „Info“ ist im Deutschen eine übliche Abkürzung für den Begriff „Information“ (vgl. Leipziger Wortschatz unter http://wortschatz.uni-leipzig.de; Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. 2006 jeweils zum Stichwort „Info“). Dieser Bestandteil kann damit ohne Weiteres von den maßgeblichen Verkehrskreisen als „Information“ verstanden werden. Bei dem weiteren Markenbestandteil „Voice“ handelt es sich um einen aus dem Englischen stammenden Begriff, der teilweise auch Eingang in die deutsche Sprache gefunden hat. Auch wenn die Beschwerdeführerin zutreffend darauf hinweist, dass der Begriff eine Reihe von Übersetzungsmöglichkeiten beinhaltet, wie „Stimme, Ausdruck, Äußerung, Stimmrecht, Sprecherin, Sprachrohr, Stimmton, Gesang, stimmhafter Laut, äußern, Orgelpfeife“, so wird dieser Ausdruck, soweit er in der Benutzung Eingang in die deutsche Sprache gefunden hat als „Stimme“ verwendet. Festgestellt werden kann seine Verwendung im Bereich der Informationstechnik und Telekommunikation. Eingang in den Duden hat der Begriff „voicemail“ für Sprachnachricht auf einem Anrufbeantworter bzw. den Anrufbeantworter selbst gefunden (Duden, a. a. O. zum Stichwort „voicemail“). Gleichermaßen wird der Begriff „voice“ als Stimme verwendet bei dem Begriff „voice box“, bei dem es sich um einen Anrufbe-antworter im weitesten Sinne handelt, einschließlich solcher, die in der Lage sind, Signale selbständig zu verarbeiten (Internet & eCommerce Online-Lexikon unter www.at-mix.de). Auch wird für die Zwecke der Einstellungen eines Telefonanschlusses der Anrufbeantworter im Verkehr als „voice box“ bezeichnet („Einrichten, Ändern, Fernabfrage einer voice box“). Darüber hinaus wird der Begriff „voice“ im Bereich der telekommunikationsgestützten Sprachdienste allgemein verwendet. So gibt es eine Initiative „Voice Business“, die sich zum Ziel gesetzt hat, ein positives öffentliches Interesse für Sprachapplikationen zu fördern. So gibt es einen jährlichen „Voice Award“ sowie die „Voice Days“. Des Weiteren wird der Begriff „voice“ für den Bereich der Internet Telefonie verwendet. Unter „Voice over IP“ (kurz VoIP) versteht man das Telefonieren über Computernetzwerke mittels Internetprotokolls.

Im Ergebnis kann damit festgestellt werden, dass im Bereich der Informationstechnik und Telekommunikation die angemeldete Wortfolge „InfoVoice“ als Sprachansage, Sprachdialogsystem oder Spracherkennung mithin als „Informationsstimme“ im weitesten Sinne ohne weitere analysierende Betrachtung von den maßgeblichen Verkehrskreisen als beschreibend verstanden wird, so dass dem Zeichen insofern keine Unterscheidungskraft zukommt.

Hinsichtlich der angemeldeten Waren und Dienstleistungen gilt Folgendes:

Keine Unterscheidungskraft kommt dem Zeichen für die folgenden Waren und Dienstleistungen zu:
Für sämtliche in Klasse 9 angemeldeten Waren und Dienstleistungen wird das Zeichen vom Verkehr als inhaltsbeschreibender Hinweis auf die Verwendung einer Sprachansage bzw. eines Sprachdialogsystem verstanden. So hat die Recherche ergeben, dass die bezeichneten Mess-, Signal- und Kontrollapparate und -instrumente entsprechend ausgestattet sein können, wie z. B. bei Weckern, Thermometern, Waagen oder Blutdruckmessgeräten der Fall. Auf Unterrichtsapparate und -instrumente wie z. B Sprachlabore trifft dies gleichermaßen zu. Auch Verkaufsautomaten einschließlich ihrer Mechaniken können mit entsprechenden Systemen ausgestattet sein. So betrifft das europäische Patent EP 001439682 A2 einen Verkaufsapparat mit der Möglichkeit einer Sprachsteuerung. Im Bereich der Warenautomaten hat die Recherche ergeben, dass sprechende Geräte, die mit dem Kunden durch eine Stimmansage während des Verkaufsvorganges kommunizieren, weit verbreitet sind. Schließlich wird auch bei den Apparaten zur Aufzeichnung, Übertragung, Verarbeitung und Wiedergabe von Ton, Bild oder Daten, den maschinenlesbaren Datenaufzeichnungsträgern und den Datenverarbeitungsgeräten und Computern der Verkehr auf Grund der Bezeichnung von einer Inhaltsbeschreibung derart ausgehen, dass diese technischen Geräte mit einer Informationsstimme ausgestattet sind.

Hinsichtlich der beanspruchten Waren „Druckereierzeugnisse“ enthält die angemeldete Wortfolge ebenfalls für den Verkehr eine inhaltsbeschreibende Angabe, jedenfalls soweit Druckereierzeugnisse betroffen sind, die sich mit Geräten aus dem IT- und Telekommunikationsbereich beschäftigen. Dazu zählen insbesondere auch Bedienungsanleitungen für solche Geräte, die mit einer Informationsstimme ausgestattet sein können. Auch wenn hierbei nur ein Teilbereich von Druckerzeugnissen betroffen ist, kann eine Eintragung des gesamten Oberbegriffs der beanspruchten Waren nicht erfolgen, wenn auch nur für einzelne Waren, die dem Oberbegriff unterfallen, das Zeichenwort als Inhaltsangabe in Frage kommt (vgl. BGH WRP 2002, 91 – AC; BPatG, 25 W (pat) 56/05 – Ecologic-Legal).

Im Bereich der Telekommunikation wird der Begriff vom Verkehr, wie bereits dargelegt als Hinweis auf eine Informationsstimme aufgefasst. Nicht schutzfähig ist daher die Dienstleitung „Telekommunikation“, weil das Zeichen vom Verkehr insofern beschreibend verstanden wird. Demgegenüber sieht der Senat die Unterscheidungskraft bei den Dienstleistungen „Betrieb und Vermietung von Einrichtungen für die Telekommunikation, insbesondere für Funk und Fernsehen“ als gegeben an. Bei dem Betrieb von Telefonzellen und anderer technischer Infrastruktur handelt es sich um ein Dienstleistungssegment, in dem dem angemeldeten Zeichen keine beschreibende Bedeutung mehr zukommt. Dies gilt erst recht für die Vermietung derartiger Einrichtungen.

Für die „Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern, Zeitschriften und anderen Druckerzeugnissen sowie entsprechenden elektronischen Medien (einschließlich CD-ROM und CD-I)“ geht der Verkehr zumindest bei Veröffentlichungen im IT- und Telekommunikationsbereich von einer inhaltsbeschreibenden Angabe aus. Insofern gelten die Ausführungen zu den Waren der Klasse 16 entsprechend.

Keine Unterscheidungskraft kommt dem angemeldeten Zeichen weiter für das „Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung“ zu. Auch insofern ist das Zeichen lediglich eine im Vordergrund stehende Sachaussage. Nach dem Ergebnis der durchgeführten Recherche ist davon auszugehen, dass spezialisierte Unternehmen ihre Dienstleistungen für das Gebiet der Erstellung von Programmen für die Sprachtechnologie anbieten, wie dies etwa für die Unternehmen V…, S… GmbH und N… GmbH der Fall ist. Damit würde das Zeichen in diesem Zusammenhang als Hinweis auf diese Dienstleistungen und nicht als betrieblicher Herkunftshinweis verstanden werden.

Auch bei den „Dienstleistungen einer Datenbank, nämlich Vermietung der Zugriffs-zeiten zu und Betrieb von Datenbanken, sowie Sammeln und Liefern von Daten, Nachrichten und Informationen“ mangelt es an der erforderlichen Unterscheidungskraft. Denn auch im Bereich der Datenbanken ist nach dem Ergebnis der Recherche eine Nutzung der Daten im Wege einer sprachgesteuerten Abfrage möglich, so dass auch hier das Zeichen vom Verkehr als inhaltliche Beschreibung der Dienstleistung einer Datenbank verstanden wird.

Keine beschreibende Bedeutung kommt dem angemeldeten Zeichen hingegen für die „Projektierung und Planung von Einrichtungen für die Telekommunikation“ zu. Insofern handelt es sich um eine Dienstleistung, die derjenigen des „Betriebs von Einrichtungen der Telekommunikation“ in Klasse 38, für die der Senat eine mangelnde Unterscheidungskraft nicht feststellen kann, noch vorgelagert ist.

Einen beschreibenden Inhalt erkennt der Verkehr ebenfalls bei solchen Dienstleistungen nicht, die aus der Sicht der betroffenen Verkehrskreise keinen Zusammenhang mit einer Informationsstimme haben. Dem angemeldeten Zeichen kommt daher für die aus dem Beschlusstenor ersichtlichen Dienstleistungen die erforderliche Unterscheidungskraft zu, so dass die Beschlüsse der Markenstelle insofern aufzuheben waren.

(Unterschriften)

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