BPatG: Playgirl

BPatG, Beschluss vom 13.8.2008 – 29 W (pat) 31/06Playgirl
§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG

Der Marke „Playgirl“ fehlt als Titel eines Lifestyle-Magazins die Unterscheidungskraft.

Beschluss

hat der 29. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 13. August 2008 …
beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I. Der Schutz der Wortmarke

PLAYGIRL

international registriert für die Waren und Dienstleistungen

Magazines;
Transmission of television programs in the field of adult entertainment by means of television broadcasting, cable transmission, digital cable transmission, satellite transmission, videotape and DVD’s;
Entertainment services namely television, cables television, digital television and satellite television programs features and movies; production of television programs in the field of adult entertainment.

soll auf die Bundesrepublik Deutschland erstreckt werden.

Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat der Marke mit Beschluss vom 9. Januar 2006 wegen fehlender Unterscheidungskraft und Vorliegen eines Freihaltebedürfnisses den Schutz verweigert.

Das Wort „Playgirl“ sei für den deutschen Sprachgebrauch lexikalisch belegt mit der Bedeutung eines attraktiven, leichtlebigen Mädchens, das sich ihrem Vergnügen hingebe. In Verbindung mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen erkenne der Verkehr in dem Markenwort lediglich eine inhaltsbeschreibende Angabe. Wegen der häufigen Verwendung des Ausdrucks im Unterhaltungssektor bestehe auch ein Interesse der Mitbewerber am ungehinderten Gebrauch. Die zahlreichen Verwendungen im Inland sprächen im Übrigen gegen die geltend gemachte Indizwirkung der ausländischen Voreintragungen.

Mit ihrer gegen diesen Beschluss gerichteten Beschwerde trägt die Markeninhaberin vor, dass allein der lexikalische Eintrag eines Wortes nicht die Annahme einer inhaltsbeschreibenden Angabe rechtfertige. Die Bezeichnung „Playgirl“ habe sich über die lexikalische Bedeutung hinaus aufgrund der Benutzung durch die Markeninhaberin zur Bezeichnung eines Lifestyle-Magazins entwickelt, in dem Männer mit nacktem Oberkörper bzw. vollständig nackte Männer abgebildet seien. Dies bestätige auch der Eintrag auf der deutschen Internetseite Wikipedia zum Stichwort „Playgirl“, der als eine der möglichen Bedeutungen das von der Markeninhaberin herausgegebene Erotik-Magazin nenne. Der Begriff „Playgirl“ werde dabei nicht als thematische Angabe verstanden. Dafür spreche insbesondere die Tatsache, dass rund … % der Leser homosexuell seien, von denen angenommen werden könne, dass sie an einem Playgirl in der lexikalischen Bedeutung eines leichtlebigen Mädchens kein Interesse hätten. Auch der vergleichbare Begriff „Playboy“ sei trotz seiner lexikalisch belegten Bedeutung Bestandteil zahlreicher Markeneintragungen. Indiz für die Schutzfähigkeit seien außerdem die Voreintragungen der Marke im englischsprachigen Raum, die die Markeninhaberin durch Kopien der jeweiligen Eintragungsurkunden belegt hat.

Im Übrigen habe sich die Marke infolge ihrer Benutzung im Verkehr für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen durchgesetzt. Ausweislich der beigefügten eidesstattlichen Versicherung erscheine die deutschsprachige Ausgabe des gleichnamigen Magazins seit 1989 mit einer Auflagenhöhe von durchschnittlich … Exemplaren pro Jahr, davon … % in Deutschland und Österreich. In Deutschland werde außerdem die englischsprachige Ausgabe vertrieben mit einer monatlichen Auflage zwischen … und … Exemplaren in den Jahren von 2001 bis 2005. Seit April 2006 werde in Deutschland ein Fernsehprogramm unter der Bezeichnung „Playgirl“ ausgestrahlt, von dem bis zum Stichtag 13. Juli 2006 insgesamt … Folgen produziert worden seien. Zum Beleg hat die Markeninhaberin DVD’s mit den ersten drei Sendefolgen beigefügt.

Die Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß, den angegriffenen Beschluss aufzuheben.

II. Die nach § 66 Abs. 1 und 2 MarkenG zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Der international registrierten Marke ist die Schutzerstreckung für die Bundesrepublik Deutschland nach §§ 107 Abs. 1, 113 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zu versagen.

1. Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Sie entspricht der Hauptfunktion der Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Die Beurteilung der Unterscheidungskraft hat sich daher einerseits an den beanspruchten Waren und Dienstleistungen und andererseits an der Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise zu orientieren (vgl. EuGH GRUR 2008, 608, Rn. 66 f. – EUROHYPO; GRUR 2004, 674, Rn. 34 – POSTKANTOOR; BGH GRUR 2005, 417, 418 – BerlinCard; GRUR 2006, 850, Rn. 18 – FUSSBALL WM 2006). Enthalten die Bestandteile einer Bezeichnung einen beschreibenden Begriffsinhalt, den das angesprochene Publikum für die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen ohne weiteres erfasst, ist der angemeldeten Bezeichnung die Eintragung als Marke wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft zu versagen (vgl. BGH GRUR 2001, 1153 – anti KALK; GRUR 2001, 1151, 1152 – marktfrisch; a. a. O. Rn. 19 – FUSSBALL WM 2006).

2. Wie von der Markenstelle ausgeführt, ist das englische Wort „Playgirl“ für den deutschen Sprachgebrauch lexikalisch belegt mit den Bedeutungen „dem Vergnügen und dem Luxus lebende, besonders in Kreisen von Playboys verkehrende, leichtlebige, attraktive junge Frau; Hostess“ (vgl. Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. 2006 [CD-ROM]). Einen entsprechenden Eintrag als „Lebefrau, Spaßmädchen“ zeigt auch der vom Verein Deutsche Sprache e. V. geführte Anglizismen-Index unter http://www.vds-ev.de/anglizismenindex. Daneben zeigt die vom Senat durchgeführte Internetrecherche eine Verwendung als Filmtitel: „Playgirl – Berlin ist eine Sünde wert“ – http://wortschatz.uni-leipzig.de.

3. Aufgrund dieser eindeutigen Begrifflichkeit des Zeichens erkennt das angesprochene Publikum in Verbindung mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen „Magazines;Transmission of television programs in the field of adult entertainment by means of television broadcasting, cable transmission, digital cable transmission, satellite transmission, videotape and DVD’s; Entertainment services namely television, cables television, digital television and satellite television programs features and movies; production of television programs in the field of adult entertainment” in der Marke lediglich den Sachhinweis, dass sich diese mit dem Thema „Playgirl“ befassen. Dass sich dem Begriff dabei keine Einzelheiten zum konkreten Inhalt der so bezeichneten Magazine und Fernsehprogramme entnehmen lässt, steht der Annahme einer beschreibenden Bedeutung nicht entgegen, weil der thematische Bereich durch die Angabe „Playgirl“ hinreichend präzisiert ist (vgl. BGH GRUR 2000, 882, 883 – Bücher für eine bessere Welt).

4. Die Benutzung des Zeichens als Titel eines Lifestyle-Magazins führt zu keiner anderen Beurteilung. Werktitel sind zwar grundsätzlich markenfähig, unterliegen hinsichtlich ihrer Eintragbarkeit als Marke aber den gleichen Anforderungen wie alle anderen Wortmarken (vgl. BGH GRUR 2001, 1043, 1044 – Gute Zeiten – Schlechte Zeiten; GRUR 2001, 1042 – REICH UND SCHÖN; a. a. O. – Bücher für eine bessere Welt). Der Vortrag der Markeninhaberin, dass der Inhalt des von ihr herausgegebenen Magazins keinen Bezug zum Thema „Playgirl“ aufweist, bezieht sich auf die konkrete Benutzungsform und ist damit für die abstrakte Prüfung der Schutzfähigkeit unbeachtlich.

5. Die Schutzfähigkeit des Zeichens ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der zahlreichen Voreintragungen des mit der beanspruchten Marke vergleichbaren Begriffs „Playboy“. Zwar kann eine uneinheitliche Entscheidungspraxis des Deutschen Patent- und Markenamts, die dazu führt, dass in einer nicht unerheblichen Zahl von Fällen wesentlich gleiche Sachverhalte ohne nachvollziehbaren Grund ungleich behandelt worden sind, grundsätzlich eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes und Verzerrung des Wettbewerbs darstellen (vgl. die Vorabentscheidungsersuchen zum Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften BPatG GRUR 2007, 329 – SCHWABENPOST; Mitt. 2008, 179 – Volks-Handy). Dies setzt aber voraus, dass sich die bisherige Amtspraxis als willkürlich darstellt und nicht erkennen lässt, welche der vorangegangenen Entscheidungen rechtmäßig und welche unrechtmäßig waren. Soweit sie sich auf die hier einschlägigen Waren und Dienstleistungen beziehen, datieren die von der Markeninhaberin angeführten Voreintragungen überwiegend aus den Jahren 1964 bis 1994 und damit aus der Zeit vor Inkrafttreten des Markengesetzes im Jahr 1995 und auch vor der Entstehung der vom Bundesgerichtshof aufgestellten Grundsätze zur Schutzunfähigkeit inhaltsbeschreibender Angaben. Sie sind aus diesem
Grund nicht mit der verfahrensgegenständlichen Marke vergleichbar. Nach Inkrafttreten des Markengesetzes sind jedenfalls nur vereinzelt Eintragungen für einschlägige Dienstleistungen erfolgt, die die Annahme einer gefestigten Amtspraxis nicht rechtfertigen können.

6. Da der Marke bereits die erforderliche Unterscheidungskraft fehlt, konnte die Prüfung eines möglichen Freihaltebedürfnisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG dahin gestellt bleiben. Die Frage, inwieweit die vom Bundesgerichtshof aufgestellten Grundsätze zur indiziellen Bedeutung einer ausländischen Voreintragung für das Fehlen eines Freihaltebedürfnisses (vgl. BGH GRUR 2001, 162, 164 – RATIONAL SOFTWARE CORPORATION; GRUR 2001, 1046, 1047 – GENESCAN; GRUR 1996, 771, 772 – THE HOME DEPOT) durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften überholt sind, bedurfte daher keiner abschließenden Klärung (vgl. BPatG GRUR 2006, 509, 511 – Portland).

7. Das Schutzhindernis fehlender Unterscheidungskraft hat die Marke nicht infolge ihrer Benutzung im Verkehr überwunden (§ 8 Abs. 3 MarkenG).

7. 1. Maßgebliche Kriterien für die Beurteilung der Verkehrsdurchsetzung sind nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften insbesondere der von der Marke gehaltene Marktanteil, die Intensität, die geografische Verbreitung und die Dauer der Benutzung dieser Marke, der Werbeaufwand für die Marke, der Anteil der angesprochenen Verkehrskreise, der die Ware oder Dienstleistung auf Grund der Marke als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennt sowie Erklärungen von Industrie- und Handelskammern oder anderen Berufsverbänden. Die Voraussetzungen für die Eintragung als verkehrsdurchgesetzte Marke sind erfüllt, wenn sich anhand der genannten Kriterien feststellen lässt, dass ein erheblicher Teil der maßgeblichen Verkehrskreise das Zeichen als Unternehmenshinweis auffasst (vgl. EuGH GRUR 2005, 763, Rn. 31 – Nestlé/Mars; GRUR 2002, 804 , Rn. 60 f. – Philips; GRUR 1999, 723, Rn. 51 f. – Windsurfing Chiemsee). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist dabei regelmäßig ein Durchsetzungsgrad von mindestens … % erforderlich (vgl. BGH GRUR 2008, 710, Rn. 26 – VISAGE; GRUR 2006, 760, Rn. 20 – LOTTO).

7. 2. Bezogen auf die Ware „Magazine“ zeigen die von der Markeninhaberin vorgelegten Unterlagen eine Benutzung der Marke als Zeitschriftentitel für eine deutschsprachige Ausgabe im Zeitraum von 1989 bis 1997. Selbst unter Berücksichtigung der eidesstattlichen Versicherung, dass das Magazin in diesen Jahren in einer durchschnittlichen Auflagenhöhe von … Exemplaren erschienen ist, sind diese Unterlagen schon deshalb unzureichend, weil die Durchsetzung im Verkehr auch zum Zeitpunkt der Entscheidung gegeben sein muss. Im Übrigen gibt die bloße Auflagenhöhe keinen Aufschluss zu dem in Deutschland erzielten Umsatz und der geografischen Verbreitung in Deutschland. Soweit die Markeninhaberin ihren Vortrag darüber hinaus auf den Vertrieb der englischsprachigen Ausgabe in Deutschland stützt, fehlt es ebenfalls an Nachweisen für den Zeitpunkt der Entscheidung, da sich die Angaben zu Auflagenhöhe und verkaufter Stückzahl nur auf den Zeitraum bis März 2005 beziehen. Die monatliche Verkaufszahl zwischen … und … Exemplaren im Jahr 2005 ist im Übrigen bezogen auf den Gesamtmarkt der Zeitschriften und Magazine sehr gering.

Unzureichend sind auch die zum Nachweis der Verkehrsdurchsetzung für die Dienstleistungen im Bereich der Ausstrahlung und Produktion von Fernsehsendungen vorgelegten Unterlagen. Allein dem Hinweis auf insgesamt dreizehn Produktionen, die seit April 2006 wöchentlich in einem kostenpflichtigen Privatsender ausgestrahlt wurden, lässt sich nach den Grundsätzen der ständigen Rechtsprechung zur Verkehrsdurchsetzung keine Durchsetzung der Marke im Verkehr entnehmen (vgl. Fezer/Grabrucker, Handbuch der Markenpraxis, Bd. I, Rn. 504).

Nach alledem konnte die Beschwerde keinen Erfolg haben.

(Unterschriften)

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