BPatG: Marke „Dr. Raß’s Health Care“ als unzulässige gesundheitsbezogene Angabe nicht für Lebensmittel schutzfähig

Das Bundespatentgericht (BPatG) hat in einer aktuellen Entscheidung die Zurückweisung des Deutschen Patent- und Markenamtes (DPMA) bestätigt, nach der die Eintragung der Wort-/Bildmarke „Dr. Raß’s Health Care“ für Lebensmittel nach § 8 Abs. 2 Nr. 9 MarkenG ausgeschlossen ist.

Das Benutzungsverbot des § 8 Abs. 2 Nr. 9 MarkenG schließt Marken von der Eintragung ins Markenregister aus, wenn die Benutzung des Zeichens ersichtlich nach sonstigen Vorschriften im öffentlichen Interesse untersagt werden kann. Nach § 12 Nr. 5 LFGB ist es untersagt, in der Werbung für Lebensmitteln bildliche Darstellungen von Personen in der Berufskleidung von Angehörigen der Heilberufe zu verwenden. Die Darstellung der Marke mit dem Namenszug „Dr. Raß’s“ sowie der Wortfolge „Health Care“ stellt zumindest mittelbar diesen unzulässigen gesundheitlichen Bezug her, der suggeriert, dass ein Zusammenhang zwischen einem Lebensmittel einerseits und der Gesundheit andererseits besteht.

BPatG, Beschluss vom 28.10.2009 – 28 W (pat) 265/07Dr. Raß’s Health Care
§ 8 Abs. 2 Nr. 9 MarkenG

B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache


betreffend die Markenanmeldung 306 41 294.2

hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 28. Oktober 2009 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Stoppel, der Richterin Martens und des Richters Schell

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

G r ü n d e

I.
Angemeldet zur Eintragung ins Register ist die Wort-/Bildmarke

WBM Dr Raß's Health Care

für die nachfolgend aufgeführten Waren der Klassen 29, 30 und 32

„Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; Fleischextrakte; konserviertes, tiefgekühltes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten (Gelees), Konfitüren, Kompotte; Eier, Milch und Milchprodukte; Speiseöle und -fette.

Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reis, Tapioka, Sago, Kaffeeersatzmittel; Mehle und Getreidepräparate, Brot, feine Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis; Honig, Melassesirup; Hefe, Backpulver; Salz, Senf; Essig, Soßen (Würzmittel); Gewürze; Kühleis. Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken“.

Die Markenstelle für Klasse 29 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung mit der Begründung zurückgewiesen, die angemeldete Marke unterliege einem Benutzungsverbot nach § 8 Abs. 2 Nr. 9 MarkenG. Denn nach § 12 Nr. 5 LFGB sei es untersagt, in der Werbung für Lebensmitteln bildliche Darstellungen von Personen in der Berufskleidung von Angehörigen der Heilberufe zu verwenden. Die für Lebensmittel beanspruchte Marke vermittle insgesamt den Eindruck, dass es sich bei der abgebildeten Person um einen Arzt handele. Die in § 12 LFBG aufgeführten Kennzeichnungsverbote hätten den Zweck, den Verbraucher vor Fehlvorstellungen über die Eignung von Lebensmitteln zur Behandlung oder Verhütung von Krankheiten zu schützen.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie sinngemäß beantragt,

die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben.

Zur Begründung der Beschwerde trägt sie vor, § 12 LFGB sei nicht einschlägig, da diese Norm lediglich eine krankheitsbezogene Werbung verbiete, nicht aber eine gesundheitsbezogene Aussage, wie sie in der angemeldeten Marke durch den Bestandteil „Health Care“ zum Ausdruck komme. Unter Berücksichtigung des Verbraucherleitbilds des EuGH sei es zumindest sehr zweifelhaft, ob der Darstellung in der Marke eine Person in der Berufskleidung von Angehörigen der Heilberufe entnommen werden könne, zumal ein weißer Kittel nicht nur von dieser Berufsgruppe getragen werde. Das Gemeinschaftsrecht verlange eine teleologische Reduktion des § 12 Abs. 1 Nr. 5 LFGB dahingehend, dass die bildliche Darstellung Bestandteil einer krankheitsbezogenen Aussage nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 LFGB sei.

Der Senat hat im schriftlichen Verfahren auf die seit 1. Juli 2007 geltende sog. Health Claims Verordnung -Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel -hingewiesen, nach der selbst eine gesundheitsbezogene Werbung einem präventiven Genehmigungsverfahren unterliege, was im Rahmen von § 8 Abs. 2 Nr. 9 MarkenG zu berücksichtigen sei. Dagegen vertritt die Anmelderin die Ansicht, bei der angemeldeten Marke handele es sich nicht um eine gesundheitsbezogene Angabe im Sinne der genannten Verordnung, da mit dem Bestandteil „Health Care“ kein konkreter Zusammenhang zwischen einem Lebensmittel und der Gesundheit zum Ausdruck gebracht werde. Die angemeldete Marke sei jedenfalls im Zusammenhang mit der Kopplung einer zugelassenen Angabe verwendbar.

II.
Die zulässige Beschwerde der Anmelderin bleibt in der Sache ohne Erfolg. Die Markenstelle hat die Anmeldung zu Recht nach § 8 Abs. 2 Nr. 9 MarkenG von der Eintragung ins Markenregister ausgeschlossen, denn die Benutzung des Zeichens kann ersichtlich nach sonstigen Vorschriften im öffentlichen Interesse untersagt werden.

Von diesem Schutzausschließungsgrund sind Marken betroffen, deren Benutzung entweder gegen nationale Gesetze mit kennzeichnungsrechtlichem Inhalt verstößt oder gegen europäische Kennzeichnungsvorschriften, soweit es sich dabei um Verordnungen handelt, die im Inland unmittelbare Rechtswirkungen entfalten.

§ 12 Abs. 1 Nr. 5 LFGB (Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch) stellt eine solche Verbotsnorm dar, denn sie untersagt im Verkehr mit Lebensmitteln oder in der Werbung für Lebensmittel allgemein oder im Einzelfall die Verwendung bildlicher Darstellungen, die Personen in der Berufskleidung von Angehörigen der Heilberufe zeigen. Die angemeldete und ausschließlich für Lebensmittel beanspruchte Marke weist die in Schwarz-Weiß gehaltene, porträtartige Darstellung einer männlichen Person auf, die als Oberbekleidung ein helles Oberhemd und einen gleichfarbigen Kittel trägt, was auch die Anmelderin zuletzt nicht mehr in Abrede gestellt hat. Diese Kleidung wird vom Verkehr ohne weiteres als typische, ärztliche Berufsbekleidung erkannt werden, zumal die bildliche Darstellung von Wortbestandteilen umrahmt wird, welche die Wahrnehmung der Verbraucher ebenfalls in diese Richtung lenkt. So findet sich über der Abbildung der Namenszug „Dr. Raß’s“ sowie im unteren Bereich die Wortfolge „Health Care“, die im Deutschen mit Gesundheitsvorsorge, -pflege wiedergegeben wird und unstreitig eine auf die Gesundheit bezogene Angabe darstellt. Im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren entnimmt der Verkehr daher dem Zeichen im Gesamteindruck die unzweideutige Aussage, hinter den fraglichen Produkten bzw. hinter ihrer Qualität und Beschaffenheit stehe ein Angehöriger der Heilberufe. Die so gekennzeichneten Lebensmittel lassen somit die Meinung aufkommen, sie eigneten sich besonders, die Gesundheit zu erhalten, zu fördern und sogar vorbeugend vor Krankheiten zu schützen. Zweck der Vorschrift des § 12 LfGB ist es aber, den Verbraucher vor Fehlvorstellungen über eine Eignung der Lebensmittel zur Behandlung oder Verhütung von Krankheiten und damit auch vor unsachgemäßer Selbstbehandlung zu schützen (vgl. Zipfel/Rathke Lebensmittelrecht Loseblatt-Kommentar, Band II, C 102, § 12, Rd. 5 m. w. N.). Daher liefe eine Eintragung der angemeldeten Marke dem ausdrücklichen Gesetzeszweck zuwider. Soweit die Anmelderin vorträgt, die Marke verstoße nicht gegen diese Verbotsnorm, da der Verbraucher ihr allenfalls eine gesundheitsbezogene Aussage entnehmen könne, ist dies schon deshalb nicht weiterführend, weil letztlich alles, was der Gesundheit dient letztlich auch vor Krankheiten schützt. Im Ergebnis kann jedoch dahingestellt bleiben, ob § 12 LFGB nach Ansicht der Anmelderin im Wege einer teleologischen Reduktion nur für eine krankheitsbezogene Werbung anwendbar ist, denn mit Inkrafttreten der Verordnung Nr. 1924/2006 über nährwertund gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel vom 20. Dezember 2006 (sog Health Claims Verordnung) am 1. Juli 2007 ist diese Unterscheidung obsolet geworden. Denn diese in jedem Mitgliedstaat der EU unmittelbar geltende Norm führt für gesundheitsbezogene Angaben im Lebensmittelsektor ein System des präventiven Genehmigungsverfahrens ein, das gemeinschaftsweit an die Stelle der bisherigen nationalen Regelungen tritt. Gesundheitsbezogene Angaben bei Lebensmitteln sind danach nur zulässig, wenn sie den Bedingungen der Verordnung entsprechen und durch die Kommission zugelassen sind (vgl. zum Systemwechsel in der Werbung mit gesundheitsbezogenen Angaben bei Lebensmitteln WRP 2007, 389 ff). Soweit die Anmelderin vorträgt, der Begriffsbestandteil „Health Care“ sei keine gesundheitsbezogene Angabe im Sinne der Begriffsbestimmung nach Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 der Verordnung, weil kein konkreter Zusammenhang zwischen einem Lebensmittel und der Gesundheit zum Ausdruck gebracht werde, greift dieser Einwand nicht, denn nach der zitierten Vorschrift ist eine „gesundheitsbezogen Angabe“ jede Angabe, mit der suggeriert oder auch nur mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Zusammenhang zwischen einem Lebensmittel einerseits und der Gesundheit andererseits besteht. Die Angabe „Health Care“ stellt demnach jedenfalls mittelbar diesen gesundheitlichen Bezug her. Auch der Hinweis der Anmelderin auf Art. 1 Abs. 3 bzw. Art. 10. Abs. 3 VO (EG) Nr. 1924/2006 kann das Eintragungshindernis nicht beseitigen. Sofern hiernach ausnahmsweise eine gesundheitsbezogene Angabe zulässig ist, unter der Voraussetzung, dass ihr eine dort spezifisch zugelassene Angabe beigefügt wird, kann dies die Eintragungsfähigkeit nicht begründen, denn eine Ergänzung des für Lebensmittel angemeldeten Zeichens durch zusätzliche Informationen nach Art. 10 der Verordnung würde zu einer unzulässigen Änderung der Marke führen und die Zurückweisung der Anmeldung zur Folge haben. Da sich die gesetzlichen Benutzungsverbote nach § 8 Abs. 2 Nr. 9 MarkenG auf die Verwendung der Marke an sich beziehen, kann es ohnehin auf den tatsächlichen Einsatz der Marke und auf die konkrete Verwendungsform im Verkehr nicht ankommen.

Nachdem vorliegend die Beantwortung der Frage, ob die angemeldete Marke nach § 8 Abs. 2 Nr. 9 MarkenG, der auf der Ermächtigung des Art. 3 II Buchst a Markenrichtlinie beruht, von der Eintragung auszuschließen ist, nicht die Auslegung von Gemeinschaftsrecht betrifft, ist kein Raum für die von der Anmelderin angeregte Vorlage an den Europäischen Gerichtshof.

Die Beschwerde war somit zurückzuweisen.

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