BPatG: Löschung der Marke „Froschkönig“ – Markenschutz für Märchenfiguren

Darf das Wort „Froschkönig“ eine Marke mit Schutz für Schmuck und Uhren sein? Das Bundespatentgericht sagt nein und begründet dies mit dem Freihaltebedürfnis gem. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Danach sind Angaben oder Zeichen, wie die Bezeichnung der allgemein bekannten Märchenfigur „Froschkönig“ von der Eintragung ausgeschlossen, wenn sie dazu dienen können, im Verkehr relevante Produktmerkmale zu beschreiben. Dadurch soll dem Allgemeininteresse an der freien Verwendbarkeit solcher Bezeichnungen Rechnung getragen und der Verbleib eines ausreichenden Gestaltungsspielraums sichergestellt werden.

Dabei stellte das Gericht fest, dass auf dem vorliegend einschlägigen Schmuck- und Uhrensektor motivorientiertes Design wie die Märchenfigur des Froschkönigs eine besonders wichtige Rolle spielt. Die Beliebtheit von Märchenmotiven im Schmuckbereich begründet aber gleichzeitig das schutzwürdige Interesse von Wettbewerbern an der freien Verwendbarkeit des Markenwortes „Froschkönig“. Denn auch wenn das Motiv „Froschkönig“ unterschiedlich verwendet werden kann, allen Varianten ist letztlich gemeinsam, dass sie bei ihrer Bewerbung oder Beschreibung mit dem Begriff „Froschkönig“ benannt werden müssen.

Der Senat führt hierzu aus:

Dies verdeutlicht, dass ein markenrechtlicher Schutz dieses Begriffs in der Praxis letzten Endes auf einen weitgehenden Schutz des Motivs an sich hinauslaufen würde, wie ihn das Markenrecht nicht vorsieht. Ein solcher als Motivschutz wirkender Markenschutz, mit seiner grundsätzlich zeitlich unbefristeten Monopolwirkung, wäre mit dem Allgemeininteresse am Erhalt eines funktionsfähigen Wettbewerbs, insbesondere am Verbleib eines hinreichenden Gestaltungsspielraums für die Wettbewerber, nicht in Einklang zu bringen. Das „passende“, d. h. vom Gesetzgeber für Produktdesign speziell vorgesehene Schutzrecht ist nicht die Marke, sondern das Geschmacksmuster sowie ggf. der Urheberschutz.
… Selbst wenn die Markeninhaberin – möglicherweise – das fragliche Motiv als erstes Unternehmen in größerem Umfang in den Schmuckbereich eingeführt hat, vermag die markenrechtliche Schutzfähigkeitsprüfung nicht zu beeinflussen, da der Markenschutz im Unterschied zum Patenschutz keinen „Erfinderschutz“ kennt.

Das Bundespatentgericht wies daher die Beschwerde der Markeninhaberin gegen die Löschung der Marke „Froschkönig“ zurück.

Anmerkung:
Die Begründung der „Froschkönig“-Entscheidung erscheint mir etwas zu sehr von dem gewünschten Ergebnis her aufgezogen. Denn warum sollte grade der Begriff „Froschkönig“ für den Schmuckbereich freihaltebedürftig sein? Dennoch finde ich die Entscheidung richtig. Eine Märchenfigur kann grundsätzlich als Marke schutzfähig sein, aber eben nicht, wenn die Figur ein eindeutig besetztes Motiv in dem betroffenen Produktbereich benennt.

Aus der Entscheidung lässt sich zudem herauslesen, dass der Löschungsantrag gegen die Marke „Froschkönig“ möglicherweise eine Retourkutsche auf eine Abmahnung der Markeninhaberin, bzw. ein Urteil des Landgerichts Mannheim vom 11.07.2008 war, in dem das Gericht noch zugunsten der Marke „Froschkönig“ entschieden hatte.

Vor einer Abmahnung aus einer „Märchenmarke“ sollte man zukünftig unter Umständen etwas vorsichtiger agieren.

BPatG, Beschluss vom 16.06.2010 – 28 W (pat) 123/09Froschkönig
§ 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG

B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 307 12 582 hier: Löschungsverfahren

hat der 28. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 16. Juni 2010 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Stoppel, der Richterin Martens und des Richters Schell

beschlossen:

Die Beschwerde der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.

G r ü n d e

I.
Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin der Wortmarke 307 12 582

Froschkönig

die für die nachfolgend aufgeführten Waren der Klasse 14

„Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder damit plattierte Waren, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Juwelierwaren, Schmuckwaren, Uhren und Zeitmessinstrumente“

am 23. Februar 2007 angemeldet und am 2. Mai 2007 eingetragen wurde.

Die Beschwerdegegnerin hat die Löschung der Marke wegen absoluter Schutzhindernisse beantragt. Als Bezeichnung einer berühmten Märchenfigur der Gebrüder Grimm könne die angegriffene Marke die Form bzw. Gestaltung der beanspruchten Waren beschreiben. Dieser Zusammenhang werde sich den angesprochenen Verbrauchern bei Konfrontation mit dem Markenwort auch ohne weiteres Nachdenken aufdrängen, zumal das fragliche Motiv bereits vor dem Anmeldetag für die einschlägigen Produkte verwendet worden sei. Dem Wettbewerb müsse es unbenommen bleiben, für seine entsprechend ausgestalteten Konkurrenzprodukte ebenfalls mit der Bezeichnung „Froschkönig“ werben zu können, ohne hierfür auf weniger nahe liegende Begriffe angewiesen zu sein. Darüber hinaus fehle der angegriffenen Marke auch jegliche Unterscheidungskraft.

Die Antragsgegnerin hat dem Löschungsantrag fristgemäß widersprochen. Sie trägt vor, es fehle an jeglichen konkreten Anhaltspunkten dazu, dass die behaupteten Schutzhindernisse bereits zum Eintragungstag vorgelegen hätten. Ein beschreibender Bezug zwischen der Marke und den beanspruchten Waren bestehe nicht. Im Übrigen habe sich die Kennzeichnung „Froschkönig“ zum Zeitpunkt der Eintragung bereits für die Markeninhaberin im Verkehr durchgesetzt, so dass der Löschungsantrag schon aus diesem Grund scheitern müsse. Der Löschungsantrag erweise sich letztlich als untauglicher Versuch der Antragstellerin, sich den legitimen, gerichtlich geltend gemachten Unterlassungsansprüchen der Markeninhaberin zu entziehen. Nachdem die Markeninhaberin von der Markenabteilung im Laufe des patentamtlichen Verfahrens darauf hingewiesen wurde, dass eine Verkehrsdurchsetzung des angegriffenen Zeichens als nicht hinreichend belegt angesehen werde, teilte die Antragsgegnerin mit, dass kein weiterer Vortrag zur Verkehrsdurchsetzung erfolgen werde.

Mit Beschluss vom 11. September 2009 hat die Markenabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet. Zur Begründung hat sie ausgeführt, schon vor der Anmeldung der hier angegriffenen Marke sei es branchenüblich gewesen, Schmuckwaren in der Form bekannter Märchenfiguren zu gestalten. Selbst die Antragsgegnerin habe offensichtlich schon Jahre vor der Anmeldung der angegriffenen Marke entsprechend geformte Schmuckwaren in Verkehr gebracht, darunter auch Produkte im Froschkönig-Design. Der Begriff „Froschkönig“ stelle sich somit im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren schlicht als die einfache und ohne weiteres verständliche Bezeichnung eines Schmuckmotivs bzw. eines mit dieser Märchenfigur gestalteten Schmuckstücks dar und könne damit zur unmittelbaren Beschreibung der hier in Rede stehenden Waren der Klasse 14 dienen. Als beschreibende und freihaltebedürftige Angabe sei die angegriffene Marke somit sowohl zum Eintragungs- als auch zum jetzigen Zeitpunkt als freihaltungsbedürftig und damit als schutzunfähig i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG anzusehen. Dieses Schutzhindernis sei vorliegend auch nicht durch eine Verkehrsdurchsetzung der Marke im Sinne von § 8 Abs. 3 MarkenG zugunsten der Antragsgegnerin überwunden worden.

Gegen diesen Beschluss hat die Markeninhaberin und Löschungsantragsgegnerin Beschwerde eingelegt und trägt zur Begründung sinngemäß vor, die Schutzfähigkeit von Namen fiktiver Figuren, wie etwa Romanhelden oder Märchengestalten, sei in der Rechtsprechung grundsätzlich anerkannt. Es fehle zudem an jeglichem beschreibenden Produktbezug der Bezeichnung „Froschkönig“ zu den hier konkret beanspruchten Waren. Das Markenwort weise keinen hinreichend eindeutigen Aussagegehalt auf, da es keine figürliche Festlegung gäbe, wie die gleichnamige Märchengestalt wiederzugeben sei. Dies werde auch durch die Tatsache belegt, dass es eine große Zahl unterschiedlicher Illustrationen des „Froschkönigs“ gebe. Somit könnten die Verbraucher gerade keine unmittelbaren, hinreichend eindeutigen Rückschlüsse aus dem Markenwort auf die konkrete Ausgestaltung der verfahrensgegenständlichen Waren ziehen. Allenfalls über eine analysierende Betrachtungsweise könnte ein gewisser Zusammenhang zwischen dem Markenwort und den einschlägigen Waren hergestellt werden. Eine solche Vorgehensweise dürfe der Schutzfähigkeitsprüfung aber nicht zugrunde gelegt werden. Ein Freihaltungsbedürfnis an der angegriffenen Marke scheide somit aus. Ihr könne auch nicht die erforderliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden, zumal insoweit schon eine geringe Unterscheidungskraft ausreichend sei, um die Schutzfähigkeit einer Marke zu bejahen. Dieses Maß an Unterscheidungskraft weise die Marke in jedem Fall auf. Zudem seien vergleichbare Markenwörter in der Vergangenheit bereits mehrfach eingetragen worden.

Die Markeninhaberin und Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patentund Markenamts, vom 11. September 2009, aufzuheben und den Löschungsantrag zurückzuweisen.

Die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin, beantragt sinngemäß

die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Markenabteilung habe völlig zu Recht und mit überzeugender Begründung die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet. Diese weise einen glatt beschreibenden Produktbezug auf und sei deshalb für sämtliche verfahrensgegenständlichen Waren als schutzunfähig zu werten. Insoweit müsse auch berücksichtigt werden, dass durch ein Monopol an dem angegriffenen Markenwort ein ganzer Markt unzulässig behindert werden könnte.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Beschluss der Markenabteilung und auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.
Die Beschwerde der Markeninhaberin ist zulässig, in der Sache jedoch unbegründet. Die Markenabteilung hat zu Recht die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet, da ihr sowohl zum Eintragungszeitpunkt als auch aktuell das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen stand bzw. steht.

Die zentrale Aufgabe des Markenrechts ist es, den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr zu sichern (vgl. hierzu den 1. Erwägungsgrund der Europäischen Markenrichtlinie). Angaben oder Zeichen, wie die Bezeichnung der allgemein bekannten Märchenfigur „Froschkönig“, sind deshalb nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen, wenn sie dazu dienen können, im Verkehr relevante Produktmerkmale zu beschreiben (vgl. EuGH GRUR 2004, 680, 681 Rdn. 35, 36 – BIOMILD; BGH GRUR 2008, 900, Rdn. 12 – SPA II, m. w. N.). Dadurch soll dem Allgemeininteresse an der freien Verwendbarkeit solcher Bezeichnungen Rechnung getragen und der Verbleib eines ausreichenden Gestaltungsspielraums sichergestellt werden.

Auf dem vorliegend einschlägigen Schmuck- und Uhrensektor spielt motivorientiertes Design eine besonders wichtige Rolle. Als ohne Weiteres verständliche Motivbezeichnung ist die angegriffene Wortmarke „Froschkönig“ geeignet, darauf hinzuweisen, dass es sich bei den beanspruchten Juwelierwaren, Schmuckwaren, Uhren und Zeitmessinstrumente sowie aus Edelmetallen und deren Legierungen hergestellte oder damit plattierte Waren um mit entsprechenden Motiven ausgestaltete Produkte handelt. Die darüber hinaus beanspruchten Edelmetalle und deren Legierungen sowie Edelsteine können zur Herstellung derartiger Produkte bestimmt sein. Sinntragende Motive und esoterisches Design sind auf dem fraglichen Warensektor besonders beliebt und waren dies auch bereits vor dem Eintragungszeitpunkt des angegriffenen Zeichens, was auch die Markenabteilung zutreffend festgestellt hat (vgl. hierzu auch die bereits im patentamtlichen Verfahren von der Antragstellerin eingeführten Nachweise). Beispielhaft kann hier etwa auf den so genannten Elfen- oder Märchenschmuck verwiesen werden. Auch die beiden Verfahrensbeteiligten bieten Produkte an, deren „mystischer“ bzw. märchenhafter Charakter ausdrücklich herausgehoben und beworben wird, wie etwa goldene oder silberne Froschkönigringe mit facettiertem Topas (vgl. unter hi erzu unter http://www.drachenfels-design.de/de/) oder „Feenringe“ aus Silber mit Perlen und Edelsteinen (vgl. unter http://www.feenschmuck.de). Darüber hinaus besitzt die Markeninhaberin zahlreiche Geschmacksmuster für „Froschkönig-Produkte“, wie bspw. die Geschmacksmuster mit der Registernummer 402008001855-0048 für Schmuckwaren, sowie 402008003459-0012 für Broschen oder 402008006007-0008 für Juwelierwaren, Ohrgehänge und Schmuckanhänger. Diese Gesichtspunkte sind für das vorliegende Verfahren zwar nicht entscheidend, da es für die Annahme eines Freihaltungsbedürfnisses i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG nicht darauf ankommt, ob ein Markenwort bereits beschreibend verwendet wird oder nicht (vgl. EuGH GRUR 2004, 674, Rdn. 57 – Postkantoor). Die genannten Umstände sind aber durchaus geeignet, das schutzwürdige Interesse der Wettbewerber an der freien Verwendbarkeit des Markenwortes zu veranschaulichen. Denn gerade die Figur des Froschkönigs, die für das inländische Publikum quasi sinnbildlich für die Hoffnung steht, dass sich ein auf den ersten Blick eher fremd erscheinender Mensch letztlich doch als die Verkörperung der eigenen Wunschträume erweist, ist auch auf dem hier einschlägigen Warensektor als „Sehnsuchtsmotiv“ sehr beliebt und wird entsprechend häufig für die figürliche Ausgestaltung von Produkten verwendet. Zwar wird das Grundmotiv dabei jeweils in unterschiedlichen Varianten ausgestaltet bzw. wiedergegeben – all diesen Varianten ist aber gemeinsam, dass sie bei ihrer Bewerbung oder Beschreibung mit dem Begriff „Froschkönig“ benannt werden müssen. Dies verdeutlicht, dass ein markenrechtlicher Schutz dieses Begriffs in der Praxis letzten Endes auf einen weitgehenden Schutz des Motivs an sich hinauslaufen würde, wie ihn das Markenrecht nicht vorsieht. Ein solcher als Motivschutz wirkender Markenschutz, mit seiner grundsätzlich zeitlich unbefristeten Monopolwirkung, wäre mit dem Allgemeininteresse am Erhalt eines funktionsfähigen Wettbewerbs, insbesondere am Verbleib eines hinreichenden Gestaltungsspielraums für die Wettbewerber, nicht in Einklang zu bringen. Das „passende“, d. h. vom Gesetzgeber für Produktdesign speziell vorgesehene Schutzrecht ist nicht die Marke, sondern das Geschmacksmuster sowie ggf. der Urheberschutz.

Wenn die Markeninhaberin sinngemäß geltend macht, die angegriffene Marke sei bereits deshalb als schutzfähig anzusehen, weil es sich bei dem Wort „Froschkönig“ um einen lediglich assoziativen Begriff handle, der keine exakt umrissene Produktbeschreibung beinhalte, verkennt sie, dass der Ausschlusstatbestand des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG keineswegs nur Angaben erfasst, die den angesprochenen Verbrauchern abschließende Rückschlüsse über die fraglichen Produkte ermöglichen. Ebenso wie Angaben, die noch keine exakte begriffliche Konturen erlangt haben oder zu deren Bedeutungsgehalt sich noch keine einhellige Auffassung entwickelt hat, können auch Oberbegriffe mit einer gewissen Unschärfe diesem Schutzhindernis unterfallen (vgl. BGH a. a. O., Rdn. 14 ff. – SPA II). Der Markeninhaberin ist zwar darin zuzustimmen, dass der Begriff „Froschkönig“ tatsächlich keine abschließend festgelegte Formbeschreibung der verfahrensgegenständlichen Waren vermittelt, da eine exakte Definition dessen, was die figürliche Darstellung dieser Märchenfigur letztlich ausmacht, nicht existiert (wie etwa ein Frosch mit einer Krone oder mit einem goldenen Ball). Dies ändert jedoch nichts daran, dass der Begriff „Froschkönig“ ein feststehendes, eindeutig besetztes Motiv benennt und in diesem Sinne ohne weiteres geeignet ist, als Verbalisierung eines bestimmten Themenkomplexes ein wesentliches Merkmal der hier einschlägigen Produkte zu benennen, nämlich ihre Beschaffenheit (konkret: ihre Ausgestaltung) bzw. ihre Zweckbestimmung.

Dass der Ausschlusstatbestand des § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG durch die Durchsetzung des Zeichens im Verkehr i. S. v. § 8 Abs. 3 MarkenG überwunden worden wäre, hat die Markeninhaberin zu keinem Zeitpunkt schlüssig dargelegt und war auch sonst nicht festzustellen. Für die Glaubhaftmachung einer Verkehrsdurchsetzung nach § 8 Abs. 3 MarkenG ist eine markenmäßige Benutzung des fraglichen Zeichens unabdingbare Voraussetzung, wobei der bloße Verkauf eines Produkts noch keine markenmäßige Benutzung impliziert (st. Rspr., vgl. BGH GRUR 2008, 710, 711, Rdn. 23 – VISAGE, m. w. N.). Zwar hat die Markeninhaberin eine Benutzung der Marke seit 1997 behauptet und sinngemäß eine besondere Bekanntheit ihres Unternehmens für die entsprechend ausgestalteten Produkte geltend gemacht. Konkrete Angaben zu den für eine Verkehrsdurchsetzung maßgeblichen Kriterien, wie den mit der Marke (also nicht etwa mit den für sie registrierten Produkten) erzielten Umsätzen oder dem für die Marke erbrachten Werbeaufwand, ist sie jedoch schuldig geblieben. Auch zum Durchsetzungsgrad der angegriffenen Marke bei den angesprochenen Verkehrskreisen hat die Markeninhaberin im gesamten Verfahrensverlauf keine substantiierten Angaben gemacht. Bei der gebotenen Gesamtwürdigung des Vortrags der Markeninhaberin ergeben sich somit keine Anhaltspunkte dafür, dass sich die angegriffene Marke als markenmäßiger Hinweis auf die betriebliche Herkunft der verfahrensgegenständlichen Waren im Verkehr durchgesetzt hätte. Selbst wenn die Markeninhaberin – möglicherweise – das fragliche Motiv als erstes Unternehmen in größerem Umfang in den Schmuckbereich eingeführt hat, vermag die markenrechtliche Schutzfähigkeitsprüfung nicht zu beeinflussen, da der Markenschutz im Unterschied zum Patenschutz keinen „Erfinderschutz“ kennt. Für die markenrechtliche Schutzfähigkeit ist es vielmehr maßgeblich, ob einer Marke ein beschreibender Bedeutungsgehalt zuzumessen ist – oder nicht (vgl. hierzu BPatG PAVIS PROMA 28 W (pat) 63/05 – Turbobrake BPatGE 37, 44, 48 – VHS; BPatGE 33, 12, 17 – IRONMAN TRIATHLON).

Der angegriffenen Marke stand somit zum Eintragungszeitpunkt das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG entgegen, das aktuell noch fortbesteht. Da die Marke somit bereits deshalb im Register zu löschen ist, kommt es auf die Frage, ob ihr die erforderliche Unterscheidungskraft i. S. v. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG abzusprechen ist, nicht mehr an.

Die Beschwerdeführerin beruft sich auch ohne Erfolg auf vermeintlich vergleichbare Voreintragungen der angegriffenen Marke in anderen Ländern. Die Schutzfähigkeit einer Marke ist nur auf Grundlage der gesetzlichen Vorgaben und nicht etwa (auch) auf der Grundlage einer möglicherweise einschlägigen Entscheidungspraxis zu beurteilen (vgl. EuGH MarkenR 2009, 478, 484, Rdn. 57 – American Clothing). Der Umstand, dass Voreintragungen – zu Recht oder zu Unrecht – erfolgt sind, kann lediglich in die Schutzfähigkeitsprüfung des konkreten Einzelfalls miteinbezogen werden (vgl. EuGH MarkenR 2009, 201 – Schwabenpost; BGH GRUR 2009, 778, 779, Rdn. 18 – Willkommen im Leben). In diesem Sinne hat der Senat bei der Beurteilung des streitgegenständlichen Zeichens die von der Markeninhaberin angeführten Voreintragungen berücksichtigt, ohne dass sich hieraus jedoch schutzfähigkeitsbegründende Gesichtspunkte ergeben hätten. Auch das von der Markeninhaberin angeführte Urteil des Landgerichts Mannheim vom 11. Juli 2008 bleibt für das vorliegende Verfahren ohne Einfluss. Bei der Beurteilung der Schutzfähigkeit von Marken steht eine Wertung in Frage, die der erkennende Senat eigenverantwortlich vorzunehmen hat, wobei es diese Wertung auch erforderlich machen kann, entgegenstehende Entscheidungen für unerheblich zu halten. Weder die Verletzungsgerichte noch das Bundespatentgericht müssen ihre Beurteilungen bzw. ihre Entscheidungen insoweit gegenüber derjenigen anderer Gerichte oder Behörde rechtfertigen (vgl. BGH, Urteil v. 24.03.2009 – X ZB 7/08 –, Rdn. 12 – Deck- und Fassadenplatte).

Die Beschwerde war somit zurückzuweisen. Für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bestand keine Veranlassung.

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