Der Begriff „Cleverle“ ist für Dienstleistungen der Klassen 35, 36 und 39 mangels Unterscheidungskraft nicht als Marke schutzfähig. Die Anmeldemarke „Cleverle“ ruft lediglich die Vorstellung hervor, die Dienstleistungen würden von einer ausgesprochen geschickten und gewitzten Person angeboten. Dieser positive Sinngehalt überträgt sich auf diejenigen, die die Dienstleistungen in Anspruch nehmen. Ihnen wird die Botschaft vermittelt, dass sie selbst sehr klug handeln, da mit ihrem Geschäftspartner der maximale Nutzen für sie verbunden ist. Damit besteht zwar kein unmittelbarer, aber zumindest ein für die Verneinung der Unterscheidungskraft ausreichend enger sachlich-beschreibender Bezug zwischen der angemeldeten Bezeichnung und den beanspruchten Dienstleistungen. Der Verkehr kann zudem ohne weiteres und ohne Unklarheiten den beschreibenden Begriffsgehalt als solchen erfassen.
BPatG, Beschluss vom 08.01.2008 – 33 W (pat) 117/06 – Cleverle
§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG
BESCHLUSS
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Markenanmeldung 301 39 050.9
hat der 33. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der mündlichen Verhandlung vom 8. Januar 2008 unter Mitwirkung des Richters Knoll als Vorsitzender, des Richters Bender und des Richters Dr. Kortbein
beschlossen:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 28. Juni 2001 die Wortmarke
Cleverle
für folgende Dienstleistungen angemeldet worden:
„Klasse 35:
Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; wirtschaftliche Unternehmensberatung; Büroarbeiten; Dienstleistungen eines Handelsvertreters.
Klasse 36:
Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte; Immobilienwesen.
Klasse 39:
Transportwesen; Verpackung und Lagerung von Waren; Veranstaltung von Reisen.“
Durch Beschluss vom 9. Dezember 2003, der im Erinnerungsverfahren durch Beschluss vom 28. August 2006 bestätigt worden ist, hat die Markenstelle für Klasse 35 die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG wegen Fehlens der Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Sie hat ihre Entscheidung damit begründet, dass es sich bei „Cleverle“ um die Personifizierung des Adjektivs „clever“ handele, das im Wirtschaftsleben als werbekräftiges Schlagwort im Sinne von „schlau, klug, gewitzt, vorteilhaft“ verwendet werde. Zudem sei die Anmeldemarke Teil des umgangssprachlichen Ausdrucks „ein Cleverle sein“, mit dem jemand benannt werde, der auf den eigenen Vorteil bedacht bzw. geschickt sei. Er werde auch im einschlägigen Dienstleistungssektor zur Bezeichnung von Personen gebraucht, die sich durch taktisch kluge Entscheidungen und Geschäftstüchtigkeit auszeichnen würden. Damit bringe das gegenständliche Zeichen verkehrswesentliche Eigenschaften zum Ausdruck. Als beschreibende Qualitätsangabe könne es keinen betrieblichen Herkunftshinweis darstellen. Zudem ließen sich im Internet vielfältige Belege zur Verwendung des Begriffs „clever“ in Verbindung mit den gegenständlichen Tätigkeiten finden. Darüber hinaus begründe die Mehrdeutigkeit der Anmeldemarke nicht ihre Schutzfähigkeit. Sie könne zwar im Sinne von Kompetenz des Anbieters oder Geschäftstüchtigkeit des Kunden interpretiert werden, doch stehe in jedem Fall die beschreibende Funktion im Vordergrund. Ein hinreichend enger sachlicher Bezug zwischen der gegenständlichen Bezeichnung und den beanspruchten Dienstleistungen sei für die Verneinung der Unterschei-dungskraft nicht erforderlich. Im Übrigen könne entgegen der Ansicht des Anmelders bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft ein etwaiges Freihaltungsbedürfnis unberücksichtigt bleiben.
Dagegen hat der Anmelder Beschwerde eingelegt, mit der er sinngemäß beantragt,
den Beschluss vom 28. August 2006 aufzuheben.
Eine Beschwerdebegründung wurde zwar angekündigt, ist jedoch nicht eingegangen. Vor dem Deutschen Patent- und Markenamt hat der Anmelder geltend gemacht, dass auf Grund der Wechselwirkung der beiden Eintragungshindernisse gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG zunächst das Freihaltungsbedürfnis zu prüfen sei. Die angemeldeten Dienstleistungen würden jedoch durch die Bezeichnung „Cleverle“ nicht unmittelbar beschrieben, zumal es sich um ein Substantiv handele. Ein enger sachlicher Bezug im Sinne der BGH-Rechtsprechung (unter Verweis auf BGH BlPMZ 2005, 204 – BerlinCard) bestehe nicht, um die Unterscheidungskraft verneinen zu können. Zudem weise die Anmeldemarke entsprechend den Ausführungen der Markenstelle mehrere Bedeutungen auf.
Mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung sind dem Beschwerdeführer die ermittelten Belege übersandt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Die Anmeldemarke ist nicht unterscheidungskräftig, so dass ihrer Eintragung das Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG entgegensteht.
Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft ist auf die normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzstellen, sofern es sich wie hier um Dienstleistungen handelt, die für alle Verbraucher bestimmt sind (vgl. EuGH GRUR Int. 2005, 44, 45, Nr. 24 – SAT.2). Enthalten die Wortbestandteile einer Bezeichnung einen beschreibenden Begriffsinhalt, der für die in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen ohne weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird, ist der angemeldeten Bezeichnung die Eintragung als Marke wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft zu versagen. Auch Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die Ware oder Dienstleistung selbst nicht unmittelbar betreffen, fehlt eine (hinreichende) Unterscheidungskraft, wenn durch die Angabe ein enger beschreibender Bezug zu den angemeldeten Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Verkehr den beschreibenden Begriffsinhalt als solchen ohne weiteres und ohne Unklarheiten erfasst und in der Bezeichnung nicht ein Unterscheidungsmittel für die Herkunft der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen sieht (vgl. BGH GRUR 2006, 850, 854, Nr. 19 – FUSSBALL WM 2006). Letztgenannter Fall liegt hier vor.
1. Die von dem englischen Wort „clever“ für „klug“ bzw. „schlau“ (vgl. Pons Großwörterbuch, Englisch-Deutsch, 1. Auflage, Seite 144) abgeleitete Bezeichnung „Cleverle“ lässt sich in Nachschlagewerken als Synonym für Schlaukopf nachweisen (vgl. u. a. Görner/Kempcke, Wörterbuch Synonyme, 2. Auflage, Seite 182). In diese Richtung geht die weiterhin ermittelte Definition der Redensart „ein Cleverle sein“ im Sinne von „auf den eigenen Vorteil bedacht bzw. geschickt sein“ (vgl. „Redensarten-Index“ unter „http://www.redensartenindex.de/suche.php?such-begriff=ein+Cleverle+sein&bool=relevanz&suchspalte%5B%5D=rart_ou“).
Der Begriff „Cleverle“ wird dementsprechend – wie nachfolgende Formulierungen deutlich machen – im Verkehr allgemein als Umschreibung für besonders pfiffige Menschen gebraucht (vgl. „Google-Trefferliste“ unter „http://www.google.de-/search?hl=de&q=Cleverle&btnG=Google-Suche&meta=“):
– „Wie werde ich ein Cleverle?“ (vgl. „Yahoo! Clever“ unter „http://de.ans-wers.yahoo.com/question/index?qid=20071117104628AA1Mu4k“),
– „Ihr Schwaben seid doch immer sonst so ‚Cleverle’.“ (vgl. „Südafrika Forum Kap-stadt“ unter „http://www.suedafrika-forum.org/wbb2/print.php?threadid=1285&pa-ge=1&sid=d704d93d8a9ce23e466a414a8ed6b88d“) oder
– „Handys für cleverle“ (vgl. „O2 (Mobilfunk) – Erfahrungsbericht“ unter „http://www.ciao.de/O2_Mobilfunk_Test_2539604“).
Teilweise werden mit der Anmeldemarke auch bestimmte Personen oder Gegenstände bezeichnet:
– „Typisch Baumann. … Und er hört es, wenn vom schwäbischen Cleverle die Rede ist, …“ (vgl. „FAZ.NET“ unter „http://www.faz.net/s/Rub79A33397BE8344-06A5D2BFA87FD13913/Doc~EE8EC52…“),
– „Lothar Späth: Leise Sehnsucht nach einem neuen Cleverle“ (vgl. „stern.de“ un-ter „http://www.stern.de/politik/deutschland/:Lothar-Sp%E4th–Leise-Sehnsucht-Cleverle/…“) oder
– „Und das smarte Cleverle aus Japan müsse ja kein Messe-Einzelstück bleiben, …“ (vgl. „SPIEGEL ONLINE“ unter „http://www.spiegel.de/auto/aktuell-/0,1518,druck-505315,00.html“).
2. Unter Zugrundelegung dieses Bedeutungsgehalts weist der Begriff „Cleverle“ nicht auf einen bestimmten Anbieter der hier maßgeblichen Dienstleistungen und damit auch nicht auf ihre betriebliche Herkunft hin. Zum einen wird – wie obige Fundstellen zeigen – die Bezeichnung „Cleverle“ in unterschiedlichsten Zusammenhängen allgemein als Umschreibung für Cleverness bzw. besondere Schlauheit eingesetzt. Zum anderen lassen sich auch speziell im Dienstleistungsbereich Belege finden, in denen sowohl der Erbringer einer Dienstleistung als auch derjenige, der sie in Anspruch nimmt, als „Cleverle“ bezeichnet werden:
– „Cleverle erfüllen Ihre Wünsche.“ bzw. „…, um Cleverle bei der Erledigung der Aufgaben zu unterstützen.“ in Verbindung mit einem Reparaturservice (vgl. „Cle-verle-Service“ unter „http://www.edeju-atlas.de/Service.htm“) oder
– „Ein schwäbisches Cleverle auf Erfolgskurs“ in Verbindung mit einem Frischmenü- und Party-Service (vgl. „ESSIG-Frischmenü Service“ unter „http://www.es-sig-firmengruppe.de/portrait.htm“).
Demzufolge ruft die Anmeldemarke lediglich die Vorstellung hervor, auch die gegenständlichen Dienstleistungen der Klassen 35, 36 und 39 würden von einer ausgesprochen geschickten und gewitzten Person angeboten. Dieser positive Sinngehalt überträgt sich auf diejenigen, die die Dienstleistungen in Anspruch nehmen. Ihnen wird die Botschaft vermittelt, dass sie selbst sehr klug handeln, da mit ihrem Geschäftspartner der maximale Nutzen für sie verbunden ist. Damit besteht zwar kein unmittelbarer, aber zumindest ein für die Verneinung der Unterscheidungskraft ausreichend enger sachlich-beschreibender Bezug zwischen der angemeldeten Bezeichnung und den beanspruchten Dienstleistungen. Der Verkehr kann zudem ohne weiteres und ohne Unklarheiten den beschreibenden Begriffsgehalt als solchen erfassen (vgl. BGH a. a. O. – BerlinCard).
Auch wenn die Anmeldemarke in Beziehung sowohl zu dem Anbieter als auch zu dem Kunden gesetzt werden kann, so folgt daraus keine schutzbegründende Mehrdeutigkeit. Verschiedene gleichwertige Bedeutungen einer Marke sprechen nicht für deren Unterscheidungskraft, wenn sich alle Deutungsmöglichkeiten als zur Erfüllung der Herkunftsfunktion ungeeignet erweisen (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Auflage, § 8, Rdnr. 57 m. w. N.).
3. Auch das Eintragungshindernis der fehlenden Unterscheidungskraft ist im Licht des Allgemeininteresses auszulegen. Allerdings gehen das Allgemeininteresse und die Herkunftsfunktion einer Marke ineinander über (vgl. EuGH a. a. O., 45, Nrn. 25 und 27). Demzufolge kommt wie im vorliegenden Fall dem Allgemeininteresse im Rahmen der Prüfung der Unterscheidungskraft grundsätzlich keine eigenständige Bedeutung zu.
Ob die Anmeldemarke darüber hinaus dem Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG unterliegt, kann dahingestellt bleiben.
Die Beschwerde war folglich zurückzuweisen.
Unterschriften
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