BPatG: Hooschebaa

Ohne Gestattung durch den oder die Inhaber des Urheberrechts greift die Monopolisierung an der bildlichen Wiedergabe einer urheberrechtlich geschützten Figur, die mit der Begründung des Markenschutzes als einem neben dem Urheberrecht stehenden eigenen Schutzrecht zwangsläufig verbunden ist, in die Rechte Dritter – nämlich des Inhabers oder der Inhaber des Urheberrechts – ein, was eine Bösgläubigkeit i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG begründet.

Bei Bösgläubigkeit des Inhabers der angegriffenen Marke entspricht es im Regelfall der Billigkeit, diesem die Verfahrenskosten aufzuerlegen.

BPatG, Beschluss vom 21.08.2008 – 27 W (pat) 30/08Hooschebaa
§ 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG; § 59 UrhG

BESCHLUSS

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 305 15 198

hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 1. April 2008 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Albrecht und die Richter Schwarz und Kruppa

beschlossen:

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der dem Antragsteller erwachsenen notwendigen Kosten.

Gründe

I
Die Beschwerdeführerin ist Inhaberin der aufgrund ihrer Anmeldung vom 10. Juni 2005 am 13. Januar 2006 für

Klasse 41: Erziehung; Ausbildung; Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten

eingetragenen Marke Nr. 305 15 198

Hooschebaa

Der in der Marke enthaltende Begriff „Hooschebaa“ ist der Spitzname für die Bewohner der in den 1970-er Jahren in die aufgrund einer Gebietsreform neugebildete Stadt Dreieich eingemeindeten, ehemals selbständigen hessischen Stadt Sprendlingen; der Begriff bezieht sich dabei vermutlich auf die überknielange Hosentracht der Sprendlinger Jungen zu vergangener Zeit. Der 1981 verstorbene Hermann Will, Mitglied des aufgrund der Eingemeindung gegründeten Heimatvereins „Freunde Sprendlingens“, dessen Ziel die Erhaltung der Erinnerung an die frühere Stadt ist, hat nach der Eingemeindung eine kleine Tonfigur eines barfüßigen Knaben erstellt. Sie war Vorlage für die 1977 vom Bildhauer und Steinmetz Arno Baumbusch, der ebenfalls Mitglied des Heimatvereins ist, gestaltete bronzene Figur, die Bestandteil des „Hooschebaa“-Brunnens ist, um den seit 1978 der Heimatverein jährlich das sog. „Hooschebaa“-Fest veranstaltet. Die in der angegriffenen Marke enthaltene Figur gibt die vorgenannte Figur bildlich wieder. Die Beschwerdeführerin war von 1990 bis 1998 selbst Mitglied des Heimatvereins, den sie aufgrund vereinsinterner Streitigkeiten auf eigenen Wunsch verließ. Während und nach ihrer Zugehörigkeit zum Heimatverein war sie dabei insbesondere um die Erhaltung des Gedenkens an den Künstler Hermann Will bemüht.

Mit Schreiben vom 6. April 2006 (Bl. S 9 VA) unterrichtete die Beschwerdeführerin den Heimatverein von der Eintragung der angegriffenen Marke und forderte ihn auf, „Verwendung und Nutzung des Hooschebaa als Figur und Logo“ bei ihr „in schriftlicher Form zu beantragen, worauf eine schriftliche Befugnis über die Nutzung des Hooschebaa, mit einer von ihrem Verein zusagender angemessenen Geldspende, erfolgt“.

Hierauf beantragte der Antragsteller mit am 11. April 2006 eingegangenem Antrag vom 9. April 2006 die Löschung nach § 50 Abs. 1 MarkenG wegen angeblicher Schutzhindernisse nach §§ 3, 7 und 8 MarkenG.

Die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat mit Beschluss vom 8. Januar 2007 auf den Antrag die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet und der Antragsgegnerin die Verfahrenskosten auferlegt.

Zur Begründung ist ausgeführt: Zwar sei nicht ersichtlich, aus welchen Gründen die Eintragung der angegriffenen Marke den Vorschriften der §§ 3, 7 und 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG widersprechen sollte, es läge aber der Löschungsgrund des § 50 Abs. 1, § 54 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG vor, weil die Inhaberin der angegriffenen Marke bei der Anmeldung der Marke bösgläubig gewesen sei. Bei der streitgegenständlichen Marke handele es sich nämlich um zwei im Wesentlichen naturgetreue Zeichnungen der sog. „Hooschebaa“-Brunnenfigur. Die Anmeldung sei dabei im Wesentlichen nur erfolgt, um Dritte von der Aufnahme und Fortführung der Benutzung der „Hooschebaa“-Figur auszuschließen; dies folge schon aus dem eigenen Vortrag der Inhaberin der angegriffenen Marke, derzufolge die Anmeldung nicht dem Zwecke der Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen dienen, sondern einen möglichen Missbrauch des Künstlergedenkens durch Dritte, insbesondere in Form nicht legitimierter Nach- oder Abbildungen der Figur, verhindern sollte. Dies sei zwar ehrenwert, könne aber unzulässige Eingriffe in die Rechte Dritter nicht rechtfertigen. Durch die vom Bildhauer Hermann Will erteilte Erlaubnis, die von ihm erstellte urheberrechtlich geschützte Figur für die Brunnengestaltung zu nutzen, habe dieser sein Kunstwerk einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt; danach sei die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe der Figur mittels Mittel der Malerei oder Grafik, durch Lichtbild oder durch Film gestattet (§ 59 UrhG). Die „Hooschebaa“-Figur sei daher als Teil der alltäglichen Umwelt nicht länger monopolisierbar. Damit stelle sich die markenrechtliche Monopolisierung der Figur durch die Markeninhaberin, die weder als Erbin gem. § 28 UrhG noch als Rechtsnachfolgerin nach § 29 UrhG urheberrechtliche Verwertungsrechte besitze, als Behinderung der rechtlich gestatteten Nutzung durch Dritte dar, worauf sie, wie das Schreiben der Markeninhaberin vom 6. April 2006 dokumentiere, abziele. Wegen der damit gegebenen Behinderungsabsicht sei die angegriffene Marke nach § 50 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG zu löschen. Wegen der mit der Begründung des Markenrechts verfolgten rechtlich unzulässigen Ziele habe die Markeninhaberin auch die Verfahrenskosten zu tragen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Markeninhaberin. Sie trägt vor: Eine Löschung wegen Bösgläubigkeit scheide schon deshalb aus, weil der Antragsteller sich nicht auf § 50 Abs. 1 Nr. 4 MarkenG (a. F.) berufen habe. Darüber hinaus läge auch keine Bösgläubigkeit vor. Mit ihrer Markenanmeldung habe die Beschwerdeführerin lautere Absichten, nämlich das Gedenken an den Künstler Hermann Will, verfolgt. Sie habe auch nicht Dritte von der Nutzung ungerechtfertigt ausschließen wollen, sondern es sei ihr allein um den Schutz des Künstlers Will gegangen. Der Bezug auf das Urheberrecht sei verfehlt, zumal nicht feststehe, dass der Künstler Will die Figur für die Brunnengestaltung freigegeben habe. Aus dem Schreiben vom 6. April 2006 könne eine Behinderungsabsicht nicht hergeleitet werden, da die Beschwerdeführerin allein gemeinnützige Zwecke verfolge; dies gelte auch für die erbetene Spende, die sie allein für gemeinnützige Zwecke verwendet hätte. Die Eintragung in Klasse 41 sei nicht mit dem Ziel erfolgt, die jährliche Veranstaltung des Vereins – der nicht mehr als solcher eingetragen sei – zu verhindern.

Die Antragsgegnerin beantragt,

unter Aufhebung des Beschlusses der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 8. Januar 2007 den Löschungsantrag zurückzuweisen.

Der Antragsteller beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er hält die Entscheidung der Markenabteilung für zutreffend; weitere Ausführungen zur Beschwerdebegründung der Beschwerdeführerin hat er nicht gemacht.

In der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten ihre jeweiligen Standpunkte aufrechterhalten und vertieft. Eine hierbei ins Auge gefasste gütliche Einigung durch Übertragung der angegriffenen Marke an die Stadt Dreieich ist an der mangelnden Bereitschaft der Stadt zum Erwerb der Marke gescheitert.

II
A. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die Markenabteilung hat zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat anschließt, die Löschung der angegriffenen Marke wegen Bösgläubigkeit nach §§ 54, 50 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG angeordnet.

1) Der Einwand der Inhaberin der angegriffenen Marke, es fehle an einem Antrag des Antragstellers, mit dem er den Löschungsgrund der Bösgläubigkeit geltend mache, verkennt, dass seit der Änderung der §§ 8 und 50 MarkenG durch Art. 2 Abs. 9 Nr. 1 und 5 des Geschmacksmusterreformgesetzes vom 12. März 2004 (BGBl. 2004, 390, 405) mit dem vom Antragsteller vorliegend auf § 50 Abs. 1 MarkenG gestützten Antrag auch der Löschungsgrund der Bösgläubigkeit nach § 50 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG mit erfasst ist.

2) Zutreffend hat die Markenabteilung auch eine Bösgläubigkeit i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG festgestellt.

a) Nach eigenem Vortrag der Inhaberin der angegriffenen Marke ist schon fraglich, ob sie bei der Anmeldung einen markenrechtlichen Benutzungswillen hatte, also die für die rechtlich zulässige (gutgläubige) Begründung des Markenschutzes erforderliche Vorstellung, die Marke zur Kennzeichnung von Waren und/oder Dienstleistungen zu verwenden. Denn nach ihrem eigenen Vortrag verfolgte die Inhaberin der angegriffenen Marke mit der Anmeldung der angegriffenen Marke allein das Ziel, Dritte von jeglicher – aus ihrer Sicht unberechtigten – Nutzung der vom Bildhauer Will entworfenen Figur fernzuhalten, nicht aber, irgendwelche von ihr oder aufgrund ihrer Lizenz zu erbringende Dienstleistungen der Klasse 41 mit dem eingetragenen Bildzeichen zu kennzeichnen. Dass sie mit der Markenbegründung, wie auch die Markenabteilung ausgeführt hat, ehrenwerte oder gar gemeinnützige Zwecke verfolgt, steht der Annahme der Bösgläubigkeit i. S. d. § 50 Abs. 1 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG nicht entgegen, denn bösgläubig im Sinne dieser Vorschriften handelt bereits derjenige, der mit dem Markenschutz ausschließlich einen vom Markengesetz nicht gedeckten Zweck erfolgt; da dieses aber die Begründung eines Markenschutzes allein zur Kennzeichnung von Waren und/oder Dienstleistungen gestattet, liegt in Fällen wie dem vorliegenden, bei denen der Markenschutz aus anderen Gründen – mögen diese im Übrigen auch noch so ehrenwert sein – verfolgt wird, eine „Bösgläubigkeit“ im Sinne des Markengesetzes vor.

b) Mit ihrem Ziel eines Ausschlusses Dritter von der – aus ihrer Sicht unberechtigten – Verwendung der (urheberrechtlich geschützten) Hooschebaa-Figur verfolgt die Inhaberin der angegriffenen Marke auch markenrechtlich unzulässige Zwecke.

Das liegt schon darin, dass sie in der angegriffenen Marke auch eine bildliche Wiedergabe der Tonfigur des Hooschebaa aufgenommen und damit zur Begründung eines Markenschutzes an dieser Figur in eigener Person verwendet hat, ohne selbst urheberrechtliche Verwertungsrechte – zu denen auch das Recht zur Begründung eines Markenschutzes gehört – an dieser urheberrechtlich geschützten Figur zu besitzen. Diese Verwertungsrechte stehen unstreitig allein den Erben des zwischenzeitlich verstorbenen Künstlers zu, welcher die in der angegriffenen Marke abgebildete Tonfigur geschaffen hat. Dass Inhaber der Urheberrechte diese an die Inhaberin der angegriffenen Marke übertragen oder ihr die Verwendung der Figur zur Begründung des Markenschutzes gestattet hätten, ist weder von der Antragsgegnerin dargelegt worden noch anderweitig ersichtlich. Ohne Gestattung durch den oder die Inhaber des Urheberrechts greift die Monopolisierung an der bildlichen Wiedergabe der urheberrechtlich geschützten Figur, die mit der Begründung des Markenschutzes als einem neben dem Urheberrecht stehenden eigenen Schutzrecht zwangsläufig verbunden ist, aber in die Rechte Dritter – nämlich des Inhabers oder der Inhaber des Urheberrechts – ein, was für sich genommen bereits eine Bösgläubigkeit i. S. d. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG begründet.

Darüber hinaus hat die Markenabteilung auch zutreffend ausgeführt, dass die Begründung des (gegenüber dem Urheberrechtsschutz eigenständigen) Markenschutzes nach § 59 UrhG in Rechte Dritter eingreift, und dieser Eingriff auch Ziel der Eintragung war. Dies ergibt sich unmissverständlich aus dem Schreiben der Beschwerdeführerin vom 6. April 2006, denn darin macht sie die Verwendung der Hooschebaa-Figur bei den Veranstaltungen des Vereins (ob dieser noch eingetragen ist oder nicht, spielt rechtlich keine Rolle) von ihrer Zustimmung abhängig, was § 59 UrhG aber gerade widerspricht. Auf die zwischen den Beteiligten streitige Frage, welche Rolle die ebenfalls „erbetene“ Spende spielt, insbesondere ob es sich hierbei aus Sicht der Beschwerdeführerin und des Vereins um eine eigen- oder fremdnützig zu verwendende Geldgabe handelt, kommt es dabei nicht an.

B) Zutreffend hat die Markenabteilung die Kosten der Inhaberin der angegriffenen Marke auferlegt, denn eine bösgläubige Anmeldung ist ein Billigkeitsgrund i. S. d. § 63 Abs. 1 MarkenG (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl. 2006, § 63 Rn. 7 i. V. m. § 71 Rn. 14 m. w. N.) für eine Kostenauferlegung. Auch insoweit ist daher die Beschwerde unbegründet.

C) Die Kostenauferlegung im Beschwerdeverfahren folgt aus § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG, da es, wie bereits ausgeführt, bei Bösgläubigkeit des Inhabers der angegriffenen Marke im Regelfall der Billigkeit entspricht, diesem die Verfahrenskosten aufzuerlegen.

Unterschriften

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