BPatG: Go seven

BPatG, Beschluss vom 01.02.2006 – 32 W (pat) 62/03
Art. 5 Abs. 2 MMA; Regel 18 Abs. 1 lit. a) Nr. iii) Gemeinsame Ausführungsordnung zum MMA/PMMA; § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 43 Abs. 1, § 115 Abs. 2, § 116 Abs. 1 MarkenG

1. Die Frist des Art. 5 Abs. 2 MMA von einem Jahr nach internationaler Registrierung einer Marke, die auch für die sog. Benutzungsschonfrist einer derartigen IR-Marke gem. § 116 Abs. 1, § 115 Abs. 2 i. V. m § 43 Abs. 1 MarkenG von Bedeutung sein kann, berechnet sich gem. der Regel 18 Abs. 1 lit a) Nr. iii) der Gemeinsamen Ausführungsordnung zum MMA/PMMA nach dem Datum der Versendung der Mitteilung über die internationale Registrierung (sog. Notification), nicht aber nach dem Datum der Registrierung gem. Art. 3 Abs. 4 MMA (Anschluss an RKGE sic! 2006, 31, 32).

2. Bei der Beurteilung der Gefahr des gedanklichen In-Verbindung-Bringens von Marken (§ 9 Abs. 1 Nr. 2, Alt. 2 MarkenG) ist – in noch stärkerem Maße als bei der unmittelbaren Verwechslungsgefahr – auf informierte, aufmerksame Verbraucherkreise abzustellen, welche die jeweiligen Marken in ihrer der Registrierung entsprechenden Form, nicht aber aufgrund flüchtiger akustischer Aufnahme, wahrnehmen und davon ausgehend sich Gedanken über eine etwaige gemeinsame betriebliche Herkunft der Waren und Dienstleistungen oder über sonstige Verbindungen zwischen den Markeninhabern machen.

3. Die jeweils typographisch unterschiedlich gestalteten Marken „go seven“ und „seven“ unterliegen unter Mitberücksichtigung der zumindest auf einigen Warengebieten gegebenen Kennzeichnungsschwäche des englischsprachigen Zahlwortes „seven“ selbst bei teilweiser Warengleichheit weder einer unmittelbaren noch einer assoziativen Verwechslungsgefahr.

BESCHLUSS

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 399 51 803

hat der 32. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts unter Mitwirkung …
in der Sitzung vom 1. Februar 2006

beschlossen:

1. Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.
Die am 25. August 1999 angemeldete Wort-Bild-Marke

… (go seven)

ist am 11. November 1999 in das Markenregister des Deutschen Patent- und Markenamts unter der Nr. 399 51 803 eingetragen worden. Die Veröffentlichung erfolgte am 16. Dezember 1999. Die Marke genießt für folgende Waren und Dienstleistungen Schutz:

Wissenschaftliche, Schiffahrts-, Vermessungs-, elektrische, photographische, Film-, optische, Wäge-, Mess-, elektronische, Signal-, Kontroll-, Rettungs- und Unterrichtsapparate und -instrumente (soweit in Klasse 9 enthalten); Geräte zur Aufzeichnung und Wiedergabe von Ton, Bild und Daten aller Art; Ton-, Bild- und Datenträger aller Art, insbesondere Tonbänder, Kassetten, Compact Discs, Schallplatten, DAT-Bänder, Videobänder, Disketten, CD-ROMs, sämtliche vorstehenden Waren in bespielter und unbespielter Form; Rechenmaschinen, Datenverarbeitungsgeräte und Computer; optische Geräte und Instrumente, soweit in Klasse 9 enthalten, insbesondere Brillen, Gläser, Brillenfassungen; Computer-Software (soweit in Klasse 9 enthalten);

Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellte oder damit plattierte Waren, soweit in Klasse 14 enthalten; Juwe-lierwaren, Schmuckwaren, Edelsteine; Uhren und Zeitmeßinstrumente und deren Teile, einschließlich Uhrenbändern und Uhrengehäusen;

Druckereierzeugnisse; Schreibwaren; Künstlerbedarfsartikel; Pinsel; Schreibmaschinen und Büroartikel (ausgenommen Möbel); Lehr- und Unterrichtsmittel (ausgenommen Apparate); Spielkarten;

Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke, Leder- und Lederimitationen sowie Waren daraus (soweit in Klasse 18 enthalten), insbesondere auch Taschen und andere, nicht an die aufzunehmenden Gegenstände angepasste Behältnisse (wie Reisetaschen, Sporttaschen, Rucksäcke, Kosmetiktaschen, Strandtaschen), sowie Kleinlederwaren (wie Geldbeutel, Brieftaschen, Schlüsseltaschen); Häute und Felle; Reise- und Handkoffer;

Geräte und Behälter für Haushalt und Küche (nicht aus Edelmetall oder plattiert), insbesondere Tassen, Teller, Flaschenöffner, Korkenzieher; Kämme und Schwämme; Bürstenmaterial; Putzzeug; Stahlspähne, rohes oder teilweise bearbeitetes Glas (mit Ausnahme von Bauglas); Waren aus Glas, Porzellan und Steingut für Haushalt und Küche, Kunstgegenstände aus Glas, Porzellan und Steingut;

Webstoffe und Textilwaren (soweit in Klasse 24 enthalten), insbesondere Badetücher, Handtücher, Bett- und Tischdecken, Tisch- und Bettwäsche, insbesondere Textilstoffe, Gardinen, Rollos, Haushaltswäsche;

Bekleidungsstücke, insbesondere T-Shirts, Kapuzensweater, Pul-lover, Windjacken, Sweatshirts, Poloshirts, Steppjacken, Steppwesten; Schuhwaren; Kopfbedeckungen, insbesondere Mützen und Kappen, einschließlich Lederbekleidungsstücke;

Spitzen und Stickereien, Bänder und Schnürbänder, Pins, Ösen, Nadeln; Kurzwaren, nämlich Knöpfe, Clips, Anstecker, Anstecknadeln, Haken und Applikationen;

Spiele, Spielzeug; Turn- und Sportartikel (soweit in Klasse 28 enthalten), insbesondere Golfbälle, Frisbee-Scheiben, Fußbälle, Handbälle, Wasserbälle, Tennisbälle; Christbaumschmuck,

Streichhölzer; Feuerzeuge; Streichholzdosen, und -etuis (nicht aus Metall); Tabak, Raucherartikel;

Marketing, Marktforschung, Marktanalyse; Unternehmens- und Organisationsberatung; Vermittlung und Abschluss von Handels-geschäften für andere; Vermittlung von Verträgen über die Anschaffung und Veräußerung von Waren; Meinungsforschung; Wer-beforschung; Verteilung von Waren zu Werbezwecken; Werbemittlung; Werbung, insbesondere Rundfunk-, Fernseh-, Kino-, Print-, Videotext- und Teletextwerbung; Werbevermarktung, ins-besondere in vorbenannten Medien und über vorbenannte Medien; Versicherungswesen, insbesondere Vermittlung von Versicherungsleistungen; Finanzwesen; Geldgeschäfte, einschließlich Herausgabe einer Mitgliederkarte ausgestattet mit Kredit- und Zahlungsfunktion; Vermittlung von Investmentgeschäften, Immobilienwesen;

Telekommunikation; Ausstrahlung von Film-, Fernseh-, Rundfunk-, BTX-, Videotext-, Teletext-Programmen oder -Sendungen, insbesondere Werbespots; Sammeln und Liefern von Nachrichten und allgemeinen Informationen; Werbefilmproduktion; Ton-, Bild- und Datenübertragung durch Kabel, Satellit, Computer (-Netzwerke), Telefon- und ISDN-Leitungen sowie jegliche weitere Übertragungsmedien; telefonische Bestellannahme für Teleshopping-Angebote;

Erziehung, Ausbildung, Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten;

Verpflegung und Beherbergung von Gästen; Rundfunk- und Fernsehunterhaltung; Produktion und Ausstrahlung von Teleshopping-Sendungen; Produktion von Film-, Fernseh-, Rundfunk-, BTX-Videotext-, Teletext-Programmen oder Sendungen; Film-, insbesondere Werbefilmvermietung; Veröffentlichung und Herausgabe von Druckereierzeugnissen, insbesondere Prospekten, Katalogen, Büchern, Zeitungen und Zeitschriften; Entwicklung elektronischer Fernsehprogrammführer; Anbieten und Mitteilen von auf einer Datenbank gespeicherten Informationen, insbesondere auch mittels interaktiv kommunizierender (Computer-)Systeme; Einrichten und Betreiben einer Datenbank; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung.

Widerspruch erhoben hat die Inhaberin von zwei nach dem Madrider Markenab-kommen (MMA) international registrierten Marken, nämlich

1. IR 720 998 (Ursprungsland Italien mit Priorität vom 21. Juli 1998)

… (7seven)

geschützt für die Waren

03 Parfumerie, huiles essentielles, cosmétiques, lotions pour les cheveux.

14 Montres, horloges et instruments chronométriques.

16 Papier, carton et produits en ces matières non compris dans d’autres classes; produits de l’imprimerie; journaux, revues, livres, agendas, cahiers de textes; photographies, papeterie, cahiers, blocs pour prendre des notes, porte-plume, porte-crayons, plumes, crayons, chemises pour documents, pochettes pour passeports; chemises avec élastique, couvertures à anneaux pour cahiers, couvertures pour livres et cahiers, sachets en papier ou en matières plastiques, articles pour reliures, adhésifs (matières collantes) pour la papeterie ou le ménage; matériel pour les artistes; pinceaux; machines à écrire et articles de bureau (à l’exception des meubles); matériel d’instruction ou d’enseignement (à l’exception des appareils); matières plastiques pour l’emballage (non comprises dans d’autres classes); cartes à jouer; caractères d’imprimerie; clichés.

18 Articles en cuir et imitations du cuir non compris dans d’autres classes; sacs à dos, petits sacs à dos, serviettes d’écoliers, bourses, sacoches pour porter les enfants, gros sac de voyage, sacs et gros sacs pour le sport; sacs à main, sacs de campeurs, sacs de plage, sacs de voyage, sacs d’alpinistes, sacs d’écoliers, serviettes (maroquinerie), por-tefeuilles, porte-monnaie non en métaux précieux, sacs à porter à la ceinture, valises; parapluies et parasols; malles, cannes; fouets et sellerie; étuis pour clés (maroquinerie), mallettes en matières plastiques.

25 Vêtements (y compris lingerie de corps et pour la mer), chaussures, chapellerie.

2. IR 731 954 (Ursprungsland Italien mit Priorität vom 7. Juli 1999)

… (seven)

eingetragen für folgende Waren:

3 Parfumerie; huiles essentielles, cosmétiques, lotions pour les cheveux, savons.

9 Lunettes et accessoires pour lunettes; étuis pour lunettes, baromètres, thermomètres et hygromètres de table et à acc-rocher au mur; machines à calculer; équipement pour le traitement de l’information et les ordinateurs; disques com-pacts, appareils pour l’enregistrement, la transmission, la re-production du son ou des images; supports d’enregistrement magnétiques; disques acoustiques; programmes d’ordinateur; disquettes magnétiques pour ordinateur; appareils photographiques et optiques; appareils téléphoniques; agendas électroniques; casques de protection, mouse pads (petits ta-pis pour la souris d’ordinateur).

12 Véhicules terrestres, en particulier bicyclettes, scooters, motocyclettes, leurs pièces et accessoires.

14 Montres, pendulettes, horloges et leurs étuis, instruments chronométriques, bijouterie, porteclefs de fantaisie.

15 Instruments de musique.

16 Papier, carton et produits en ces matières, non compris dans d’autres classes; produits de l’imprimerie; revues; livres, agendas, cahiers de textes; photographies; papeterie; cahiers, blocs-notes, porteplume, portecrayons, plumes, crayons, chemises pour documents, pochettes pour passeports, chemises avec élastique; couvertures en anneau pour cahiers, couvertures pour livres et cahiers, mallettes pour documents, sachets en papier ou en matières plastiques, sous-main, presse-papiers, pince-notes, coupe-papier, ca-lendriers, porte-calendriers, cadres pour photos, articles pour reliures, adhésifs (matières collantes pour la papeterie ou le ménage); matériel pour les artistes; pinceaux; machines à écrire et articles de bureau (à exception des meubles); matériel d’instruction ou d’enseignement (à l’exception des appareils); matières plastiques pour l’emballage (non comprises dans d’autres classes); cartes à jouer; caractères d’impri-merie; clichés, porte-chèques.

18 Articles en cuir et imitations du cuir non compris dans d’autres classes; sacs à dos, petits sacs à dos, serviettes d’écoliers, bourses, sacoches pour porter les enfants, sacs, sacs à provisions, sacs et gros sacs de voyage, sacs et gros sacs pour le sport; sacs à main, sacs de campeurs; sacs de plage; sacs d’alpinistes; serviettes d’écoliers, attachés-ca-ses, portefeuilles, porte-monnaie non en métaux précieux; étuis pour clefs (maroquinerie), poches à porter à la ceinture, valises, parapluies et parasols; malles, cannes, fouets et sellerie.

20 Sacs de couchage pour le camping; matelas pour le camping; porte-revues.

22 Tentes pour le camping, sacs, enveloppes, pochettes pour l’emballage en matières textiles.

25 Vêtements (y compris lingerie de corps et vêtements pour la mer), chaussures, bottes, pantoufles, sandales, ceintures, chapellerie.

28 Jeux, jouets; articles de gymnastique et de sport non compris dans d’autres classes; décorations pour arbres de Noël.

Die Widersprüche richteten sich jeweils gegen alle identischen und/oder ähnlichen Waren/Dienstleistungen.

Durch Beschluss vom 17. Oktober 2002 hat die Markenstelle für Klasse 41 – besetzt mit einem Regierungsangestellten im gehobenen Dienst – beide Widersprüche mangels Verwechslungsgefahr zurückgewiesen.

Nach der Registerlage begegneten sich die Vergleichsmarken teilweise bei identischen Waren. In ihrer Gesamtheit wiesen die Widerspruchsmarken eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft auf. Gleichwohl seien Verwechslungen mit der jüngeren Marke nicht zu besorgen, und zwar in erster Linie wegen des dort vorhandenen zusätzlichen Wortbestandteils „go“. Dieser sei weder kennzeichnungsschwach noch dem Wort „seven“ größenmäßig untergeordnet und präge somit den Gesamteindruck der angegriffenen Marke mit. Aus diesem Grunde entfalte „seven“, unabhängig von der Frage, ob Zahlwörter in gleicher Weise wie Ziffern generell kennzeichnungsschwach seien, keine selbständig kollisionsbegründende Wirkung.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Sie stellt den Antrag,
den Beschluss der Markenstelle vom 17. Oktober 2002 aufzuheben und die Marke 399 51 803 hinsichtlich der ähnlichen Waren und Dienstleistungen aus dem Register zu löschen.
Ihrer Ansicht nach ist das Wort „seven“ der die jüngere Marke im Gesamteindruck prägende Bestandteil. Sie bezieht sich ergänzend auf Entscheidungen aus der Schweiz (Eidgenössisches Institut und Rekurskommission für Geistiges Eigentum), wonach die betreffenden Vergleichsmarken einer (mittelbaren) Verwechslungsgefahr unterlägen.

Die Markeninhaberin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hat bezüglich beider Widerspruchsmarken die Einrede der fehlenden rechtserhaltenden Benutzung erhoben, und zwar gegenüber der Marke IR 720 998 mit einem bei Gericht am 20. Mai 2005 eingegangenen Telefax, gegenüber der Marke IR 731 954 mit einem am 12. Januar 2006 eingegangenem Schriftsatz. Außerdem vertritt sie die Auffassung, die sich gegenüberstehenden Marken unterlägen keiner Verwechslungsgefahr, zumal die Kennzeichnungskraft beider Widerspruchsmarken wegen des Wortbestandteils „seven“ schwach sei. Sie verweist auf zahlreiche eingetragene Marken, welche dieses Zahlwort bzw. die Ziffer 7 enthalten, und bezieht sich zusätzlich auf Entscheidungen des Bundespatentgerichts und des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt in ihrer Ansicht nach vergleichbaren Kollisionsfällen.

Die Beteiligten sind unterschiedlicher Auffassung in der Frage, ob die Nichtbenutzungseinrede bezüglich der Marke IR 720 998 verfrüht erhoben und deshalb unzulässig sei. Die Widersprechende hat weiter mitgeteilt, beide Widerspruchsmarken seien, soweit sich die Registrierung auf Waren der Klasse 25 beziehe, auf ein in Luxemburg ansässiges Unternehmen übertragen worden.

Wegen sonstiger Einzelheiten wird auf den Inhalt der Amts- und Gerichtsakten Bezug genommen.

II.
A. Die Beschwerde der Widersprechenden ist, da sie vor dem 31. Dezember 2004 eingelegt wurde, ohne vorherige Erinnerung statthaft und auch sonst zulässig (§ 66, § 165 Abs. 4 MarkenG). Die Widersprechende war am Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt beteiligt (§ 66 Abs. 1 Satz 2 MarkenG). Die (durch schriftliche Unterlagen bisher nicht belegte) spätere teilweise Übertragung beider Widerspruchsmarken hinsichtlich der Waren in Klasse 25 auf ein in Luxemburg ansässiges Unternehmen hat insoweit (noch) keine Auswirkungen auf das anhängige Beschwerdeverfahren. Ob eine teilweise Umschreibung bereits zu einem Wechsel der Beteiligtenstellung in diesem Umfang führen würde (so wohl Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl., § 28 Rdn. 24) oder erst eine ausdrückliche Übernahme des Verfahrens durch die Rechtsnach-folgerin (vgl. BPatG Mitt. 2005, 277, 278 li. Sp. – TAXI MOTO), kann im gegenwärtigen Verfahrensstand dahingestellt bleiben.

B. Die Beschwerde erweist sich bezüglich beider Widersprüche im Ergebnis als nicht begründet.

1. Widerspruch aus der Marke IR 720 998

Der Widerspruch bleibt bereits deshalb ohne Erfolg, weil die Widersprechende ihrer Obliegenheit zur Glaubhaftmachung einer rechtserhaltenden Benutzung dieser Widerspruchsmarke nicht nachgekommen ist.

Die Einrede der Nichtbenutzung nach § 43 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 116 Abs. 1, § 115 Abs. 2 MarkenG ist wirksam erhoben und somit beachtlich.

Allerdings war die im Schriftsatz vom 19. Mai 2005 (der am nachfolgenden Tag per Telefax bei Gericht eingegangen ist) enthaltene Erklärung verfrüht und somit – zunächst – unwirksam, weil die fünfjährige sog. Benutzungsschonfrist der Marke IR 720 998 zu diesem Zeitpunkt noch lief. Für deren Berechnung maßgeblich ist nicht das Registrierungsdatum des Art. 3 Abs. 4 MMA (hier der 19. Januar 1999), sondern das Datum der sog. Notification (hier der 11. November 1999) gemäß der Regel 18 Abs. 1 lit. a) Nr. iii) der Gemeinsamen Ausführungsordnung zum MMA/PMMA (= Datum der Versendung der Mitteilung über die internationale Registrierung; vgl. RKGE sic! 2006, 31, 32). Dementsprechend hatte der Senat bereits früher entschieden, dass für die Berechnung der Jahresfrist des Art. 5 Abs. 2 MMA auf den Tag der tatsächlichen Eintragung im internationalen Register (d. h. den der Notification), nicht aber auf den Tag des Eingangs des Antrags auf internationale Registrierung bei der Behörde des Ursprungsstaats oder beim Internationalen Büro abzustellen ist (BPatGE 48, 91, 95 – LOKMAUS). Beginn der fünfjährigen sog. Benutzungsschonfrist war daher gemäß § 116 Abs. 1, § 115 Abs. 2 MarkenG i. V. m. Art. 5 Abs. 2 MMA der 11. November 2000, so dass im Zeitpunkt der – erstmaligen – Erhebung der Nichtbenutzungseinrede im Mai 2005 diese noch nicht abgelaufen war.

Wenngleich die Ausführungen der Markeninhaberin in ihrem am 12. Januar 2006 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz (dessen Datierung auf den 9. Januar 2005 offensichtlich auf einem Schreibfehler beruht) zur Frage der Rechtzeitigkeit dieser Nichtbenutzungseinrede rechtsirrig sind, lässt sich diesen doch entnehmen, dass an der Einrede als solcher weiterhin festgehalten wird. Der Senat hält es deshalb für vertretbar, im Wege der Auslegung bzw. Umdeutung (§ 133, § 140 BGB in entsprechender Anwendung) hierin die – nunmehr nach Ablauf der Benutzungs-schonfrist beachtliche – Einrede der mangelnden Benutzung der Widerspruchsmarke IR 720 998 gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 MarkenG zu sehen.

Da die Widersprechende weder eine rechtserhaltende Benutzung dieser Widerspruchsmarke behauptet, noch irgendwelche Unterlagen zur Glaubhaftmachung vorgelegt hat, kann der Widerspruch aus dieser Marke keinen Erfolg haben. Eines Eingehens auf die Frage, ob die angegriffene Marke der Gefahr einer Verwechslung mit der Widerspruchsmarke IR 720 998 unterliegt, bedarf es nicht.

2. Widerspruch aus der Marke IR 731 954

a) Die in dem am 12. Januar 2006 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz der Markeninhaberin enthaltene Nichtbenutzungseinrede gegen die Marke IR 731 954 ist unzulässig, weil deren Benutzungsschonfrist zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgelaufen war. Die maßgebliche Frist begann – gem. den o. a. Ausführungen – ein Jahr nach der am 25. Mai 2000 erfolgten sog. Notification. Die Widersprechende traf somit bisher keine Glaubhaftmachungslast nach § 43 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 116 Abs. 1, § 115 Abs. 2 MarkenG.

b) Die sich gegenüberstehenden Marken unterliegen aber nicht der Gefahr einer Verwechslung im Verkehr nach § 9 Abs. 1 Nr. 2, § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 107, § 112 MarkenG.

Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr hat unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu erfolgen, wobei eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren besteht, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Identität bzw. Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen, der Kennzeichnungskraft der älteren Marke sowie der Art des beteiligten Verkehrs und dessen zu erwartender Aufmerksamkeit gegenüber Warenkennzeichnungen (st. Rspr.; vgl. z. B. EuGH GRUR 2005, 1042 – THOMSON LIFE; BGH GRUR 2005, 326 – il Patrone/Il Portone; 419 – Räucherkate).

aa) Zwar sind – was auch die Markenstelle nicht verkannt hat – die für die Vergleichsmarken jeweils registrierten Waren teilweise (in den Klassen 9, 14, 16, 18, 25 und 28) identisch bzw. einander ähnlich. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke beruht – jedenfalls für einen beträchtlichen Teil der beanspruchten Waren – auf ihrer typographischen Ausgestaltung, nicht aber auf dem Sinngehalt des englischsprachigen Wortes „seven“ (= sieben), selbst wenn die Marke IR 731 954 überwiegend so – und nicht mit Betonung auf der zweiten Silbe, wie sewén – wiedergegeben werden sollte. Einstellige Zahlen sind von Hause aus oftmals kennzeichnungsschwach (wenngleich nicht generell schutzunfähig, vgl. BGH GRUR 2002, 970 – Zahl 1), und zwar nicht nur bei einer Verkörperung durch eine Ziffer, sondern auch – wie hier – durch ein Zahlwort in einer geläufigen Fremdsprache wie Englisch. Vielfach wird ihnen in Verbindung mit den bean-spruchten Waren eine beschreibende Bedeutung entnommen werden (z. B. als Größenangabe bei Bekleidungsstücken und Schuhen, als Mengenangabe, etwa bei Papierwaren und Büroartikeln, außerdem als Sortiments- oder Bestellzeichen auf zahlreichen Warengebieten). Das Wort „seven“ stellt keine nur an eine Zahl angelehnte, eigenständige Wortbildung dar (anders als „FÜNFER“, vgl. BGH BlPMZ 2000, 53). Die Kennzeichnungsschwäche des Zahlworts „seven“ wird zwar durch die besondere typographische Gestaltung der Widerspruchsmarke kompensiert, wobei diese den Schutzumfang allerdings auch beschränkt. Sofern – wie hier – keine Annäherung des Schriftbildes vorliegt, kann die Widersprechende aus der IR-Marke keine Verbietungsrechte gegen ein Zeichen geltend machen, welches das Zahlwort „seven“ in anderer Gestaltung und/oder neben sonstigen Wort-bestandteilen enthält. Anhaltspunkte dafür, dass die Widerspruchsmarke – etwa durch umfangreiche Benutzung für einzelne Waren – eine zumindest teilweise erhöhte Verkehrsgeltung erworben hätte, sind nicht vorhanden.

Im Gesamteindruck sind sich die Vergleichsmarken schon deshalb nicht ähnlich, weil die jüngere Marke den seiner Größe wegen hervortretenden Wortbestandteil „go“ enthält. Dieser ist weder zu übersehen, noch hat der Verkehr Anlass, ihn bei der Benennung wegzulassen, und zwar unabhängig davon, ob „go seven“ – wie die Markenstelle angenommen hat – als Gesamtaussage im Sinne einer Aufforderung zum Kauf (bzw. zur Wahl eines bestimmten Dienstleistungsangebots) ver-standen wird. Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr in schriftbildlicher, phonetischer oder begrifflicher Hinsicht scheidet deshalb aus.

bb) Es besteht auch nicht die Gefahr von Verwechslungen unter dem Gesichtspunkt des gedanklichen In-Verbindung-Bringens nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 Mar-kenG. Diese Art von Verwechslungsgefahr hat zur Voraussetzung, dass der Verkehr die Unterschiede beider Marken zwar wahrnimmt, aufgrund von Gemeinsamkeiten in der Zeichenbildung oder in prägenden Einzelteilen jedoch Anlass hat, die angegriffene Marke (irrtümlich) der Inhaberin der Widerspruchsmarke zuzuordnen oder auf sonstige wirtschaftliche bzw. organisatorische Verbindungen zwischen den Markeninhabern, vor allem im Sinne einer gemeinsamen Produktverantwortung, zu schließen.

Ob, wie der Senat in seinen Beschlüssen vom 28. September 2005 (32 W (pat) 226/03 und 227/03 – Seven One Media) angenommen hat, dem Zeichenwort „seven“ wegen genereller Kennzeichnungsschwäche die Eignung fehlt, als hinweiskräftiger Stamm einer Zeichenserie aufgefasst zu werden, oder ob insoweit stärker nach einem etwaigen beschreibenden Verständnis bezüglich einzelner Waren (-gruppen) differenziert werden müsste, kann dahinstehen. Der Senat vermag jedenfalls nicht der – ihn rechtlich ohnehin nicht bindenden – Ansicht der Eidgenössischen Rekurskommission für Geistiges Eigentum in ihrem dieselben Kollisionszeichen betreffenden Entscheid vom 22. Januar 2003 zu folgen, wonach dem Wort „seven“ für sämtliche Waren ein normaler Schutzumfang zukommt und das Wortelement „go“ ungeeignet ist, der jüngeren Marke einen abweichenden neuen Gesamteindruck zu vermitteln.

Auch die angemessene Berücksichtigung der nach dem maßgeblichen Verbraucherleitbild (vgl. generell EuGH GRUR Int. 1999, 734 – Lloyd/Loints; BGH GRUR 2000, 506 – ATTACHE/TISSERAND) zu erwartenden Aufmerksamkeit des Verkehrs gegenüber Warenkennzeichnungen spricht im vorliegenden Fall gegen die Annahme einer Verwechslungsgefahr unter dem Gesichtspunkt des gedanklichen In-Verbindung-Bringens. Bei der Beurteilung der assoziativen Verwechslungsgefahr ist – in noch stärkerem Maße als bei der unmittelbaren – auf informierte, aufmerksame Konsumentenkreise abzustellen, welche die jeweiligen Marken in ihrer der Registrierung entsprechenden Form (nicht aber aufgrund flüchtiger akustischer Aufnahme) wahrnehmen und davon ausgehend sich Gedanken über eine etwaige gemeinsame betriebliche Herkunft oder über sonstige Verbindungen zwischen den Markenverwendern machen. Nur ein derartiges Verbraucherbild wird dem Begriff des gedanklichen In-Verbindung-Bringens gerecht (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl., § 9 Rdn. 470). Aufmerksamen Interessenten wird aber die völlig unterschiedliche schriftbildliche Gestaltung beider Vergleichsmarken sofort auffallen und auch in ausreichendem Maße in Erinnerung bleiben. Eine gedankliche Auseinandersetzung mit den Marken in ihrer jeweiligen konkreten Erscheinungsform führt mithin, unbeschadet der Verwendung eines identischen Zeichenworts, von der Annahme weg, beide könnten derselben Inhaberin oder zumindest wirtschaftlich verbundenen Unternehmen zustehen.

C. Für die Auferlegung von Verfahrenskosten (gemäß § 71 Abs. 1 MarkenG) besteht kein Anlass.

D. Die Rechtsbeschwerde wird nach § 83 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zugelassen. Eine höchstrichterliche Erörterung und Klärung der Rechtsfragen des vorliegenden Falles ist zur Fortbildung des Rechts erforderlich.

(Unterschriften)

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