BPatG: FREEZING JELLY ./. Freeze Pudding Keine Verwechslungsgefahr zwischen Marken bei nur entfernter Begriffsähnlichkeit

Die Marken „FREEZING JELLY“ und „Freeze Pudding“ bestehen aus einer die Wirkungsweise und Konsistenz der Produkte beschreibenden Bezeichnung. Trotz Ähnlichkeiten besteht keine Verwechslungsgefahr in begrifflicher Hinsicht, da die Marken keinen identischen Sinn haben. Nur entferntere Begriffsähnlichkeiten begründen in der Regel keine Verwechslungsgefahr.

BPatG, Beschluss vom 30.06.2009 – 24 W (pat) 61/08FREEZING JELLY ./. Freeze Pudding
§ 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG

B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 303 33 396

hat der 24. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters Prof. Dr. Hacker sowie des Richters Viereck und der Richterin Dr. Kober-Dehm in der Sitzung vom 30. Juni 2009

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Markeninhaberin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent-und Markenamts vom 29. August 2006 und vom 16. Mai 2008 aufgehoben.

Der Widerspruch aus der Gemeinschaftsmarke 1 888 866 wird zurückgewiesen.

G r ü n d e

I.
Die Marke

FREEZING JELLY

ist für die Waren „Seifen, Parfümeriewaren, ätherische Öle, Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, Haarwässer, Zahnputzmittel“ unter der Nummer 303 33 396 in das Register eingetragen worden. Hiergegen ist Widerspruch erhoben worden aus der Gemeinschaftsmarke

Freeze Pudding

die unter der Nummer 1 888 866 für die Waren und Dienstleistungen

„Mittel zur Körper- und Schönheitspflege, insbesondere Haut- und Haarpflegemittel wie Mittel zum Bleichen, Reinigen, Färben und Tönen von Haaren, Dauerwellmittel und Neutralisationsmittel dafür, Haarfestiger, Mittel zum Konditionieren und Spülen von Haaren, Haarsprays, Haarschäume, Haarwasser, Haarkuren, Haarwachse; Dienstleistungen von Friseur- und Schönheitssalons“

eingetragen ist.

Mit Erstbeschluss vom 29. August 2006 hat die Markenstelle für Klasse 3 des Deutschen Patent- und Markenamts die Löschung der angegriffenen Marke 303 33 396 angeordnet. Die Vergleichsmarken könnten sich auf teilweise identischen und im Übrigen ähnlichen Waren begegnen. Die Widerspruchsmarke weise in ihrer Gesamtheit normale Kennzeichnungskraft auf, da „Freeze Pudding“ in der Bedeutung von „Gefrierpudding“ in Bezug auf die Rede stehenden Waren keine branchenübliche beschreibende Angabe darstelle. Bei dieser Ausgangslage seien an den Markenabstand strenge Anforderungen zu stellen, die die jüngere Marke nicht einhalte. Zwar unterschieden sich die Vergleichsmarken in klanglicher und schriftbildlicher Hinsicht deutlich. Sie kämen sich aber in begrifflicher Hinsicht verwechselbar nahe, da die einzelnen Bestandteile der beiden Marken nahezu bedeutungsgleich seien. Sowohl „FREEZING“ als auch „Freeze“ würden im englischen Sprachgebrauch bei Wortverbindungen im Sinne von „Gefrier-“ verwendet. Auch die Bestandteile „JELLY“ und „Pudding“ wiesen beachtliche begriffliche Berührungspunkte auf. Die Überschneidungen im Bedeutungsgehalt der Vergleichsmarken führten dazu, dass ein beachtlicher Teil des Verkehrs zwar die Unterschiede im Wortlaut erkenne, die Marken aber begrifflich miteinander verwechsle, so dass die Löschung der jüngeren Marke anzuordnen sei.

Die hiergegen gerichtete Erinnerung der Markeninhaberin ist von der Markenstelle mit Beschluss vom 16. Mai 2008 zurückgewiesen worden. Der Erstprüfer sei im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass zwischen den Vergleichsmarken die Gefahr von begrifflichen Verwechslungen bestehe. Allerdings beruhe diese Gefahr ausschließlich auf der klanglichen Nähe und der begrifflichen Ähnlichkeit der Bestandteile „FREEZING“ und „Freeze“. Das Gewicht liege auf diesen Bestandteilen, da der Verkehr in den weiteren Elementen „JELLY“ und „Pudding“ lediglich einen beschreibenden Hinweis auf die Konsistenz der betreffenden Waren sehe.

Gegen diese Beurteilung richtet sich die nicht näher begründete Beschwerde der Markeninhaberin. Im Verfahren vor der Markenstelle hat sie geltend gemacht, dass keine Verwechslungsgefahr bestehe. Zwar seien die sich gegenüberstehenden Waren teilweise identisch und teilweise ähnlich. Jedoch reiche der Abstand zwischen den Vergleichsmarken aus, um ein sicheres Auseinanderhalten im Verkehr zu gewährleisten. Die jüngere Marke unterscheide sich in klanglicher, schriftbildlicher und begrifflicher Hinsicht ausreichend von der älteren Marke. Insbesondere würden die Begriffe „Pudding“ und „JELLY“ entgegen der Auffassung der Widersprechenden und der Markenstelle nicht als Synonyme gebraucht. Hinzu komme, dass dem Widerspruchszeichen allenfalls eine geringe Kennzeichnungskraft zukomme. Der Bestandteil „Pudding“ weise lediglich beschreibend darauf hin, dass es sich bei den betreffenden Waren um „puddingartige“ Produkte handle. Der Bestandteil „Freeze“ sei auch für Wettbewerber als Bestandteil von deren Marken eingetragen und werde im Übrigen auf dem betroffenen Warensektor ebenfalls als beschreibende Angabe benutzt. Die Markeninhaberin hat hierzu entsprechende Registerauszüge und die Ergebnisse einer Internet-Recherche vorgelegt.

Die Markeninhaberin beantragt (sinngemäß),

die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle aufzuheben und den Widerspruch aus der Gemeinschaftsmarke 1 888 866 zurückzuweisen.

Die Widersprechende hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert. Im Verfahren vor der Markenstelle hat sie geltend gemacht, dass zwischen den Vergleichsmarken Verwechslungsgefahr bestehe. Hierfür reiche es aus, wenn eine Übereinstimmung in einer Hinsicht vorliege. Zwar unterschieden sich die Zeichen möglicherweise klanglich und schriftbildlich. In begrifflicher Hinsicht seien sie jedoch hochgradig ähnlich. Die Bestandteile „Freeze“ und „FREEZING“ seien von ihrem Sinngehalt her identisch und wichen nur in der grammatikalischen Form voneinander ab. Die Begriffe „Pudding“ und „JELLY“ bedeuteten jeweils so viel wie „breiige Masse“ und dienten dazu, eine gleiche oder zumindest sehr ähnliche Konsistenz eines Produktes zu beschreiben. Es sei nicht erforderlich, dass die sich gegenüberstehenden Begriffe in ihrem Sinngehalt identisch seien. Auch eine hinreichende Ähnlichkeit könne eine Verwechslungsgefahr begründen. Da im Bereich der Kosmetika zunehmend nach der Beschaffenheit der einzelnen Produkte unterschieden werde, komme der begrifflichen Verwechslungsgefahr gegenüber der klanglichen und schriftbildlichen Verwechslungsgefahr eine immer größere Bedeutung zu. Die Verwechslungsgefahr könne auch nicht mit dem Hinweis auf eine geschwächte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke verneint werden. Die Wortkombination „Freeze Pudding“ sei nicht eindeutig beschreibend, sondern rege den Verbraucher zu einer analysierenden Betrachtungsweise an. Auch wenn der Bestandteil „Freeze“ im Bereich der Haarpflege des öfteren Verwendung finde, reiche dies nicht aus, die Kennzeichnungskraft des Gesamtbegriffs „Freeze Pudding“ zu schwächen. Es sei daher von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auszugehen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.
Die Beschwerde der Markeninhaberin ist zulässig und auch in der Sache begründet. Die Markenstelle hat zu Unrecht eine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG angenommen. Die Anordnung der Löschung der angegriffenen Marke durch die Markenstelle nach § 43 Abs. 2 Satz 1 MarkenG konnte daher keinen Bestand haben. Der Widerspruch aus der Gemeinschaftsmarke war demgemäß zurückzuweisen (§ 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG).

Ob Verwechslungsgefahr vorliegt, ist nach der Rechtsprechung sowohl des Europäischen Gerichtshofs als auch des Bundesgerichtshofs unter Beachtung aller Umstände des Einzelfalles zu beurteilen. Von maßgeblicher Bedeutung sind insoweit die Identität oder Ähnlichkeit der zum Vergleich stehenden Marken sowie der von diesen erfassten Waren. Darüber hinaus ist die Kennzeichnungskraft der älteren Marke und – davon abhängig – der dieser im Einzelfall zukommende Schutzumfang in die Betrachtung mit einzubeziehen. Dabei impliziert der Begriff der Verwechslungsgefahr eine gewisse Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren (st. Rspr., vgl. u. a. EuGH GRUR 1998, 387, 389 (Nr. 22) – Sabèl/Puma; GRUR Int. 2000, 899, 901 (Nr. 40) – Marca/Adidas; GRUR 2006, 237, 238 (Nr. 18 f.) – PICASSO; BGH GRUR 2000, 506, 508 – ATTACHÉ/TISSERAND; GRUR 2001, 507, 508 – EVIAN/REVIAN; GRUR 2002, 626, 627 – IMS; GRUR 2004, 865, 866 – Mustang; GRUR 2005, 513, 514 – MEY/Ella May; GRUR 2006, 859, 860 – Malteserkreuz; GRUR 2007, 321, 322 – COHIBA; GRUR 2008, 903 (Nr. 10) – SIERRA ANTIGUO; GRUR 2008, 905, 906 (Nr. 12) – Pantohexal; GRUR 2008, 909 (Nr. 13) – Pantogast).

Zwar sind die Waren, für die die sich gegenüberstehenden Marken registriert sind, überwiegend identisch. Unter Berücksichtigung der aus dem beschreibenden Charakter der einzelnen Bestandteile resultierenden geringen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist jedoch eine markenrechtlich relevante Verwechslungsgefahr zu verneinen.

In diesem Zusammenhang weist die Markeninhaberin zu Recht darauf hin und hat dies auch durch Vorlage von Verwendungsbeispielen belegt, dass sowohl der Bestandteil „Freeze“ der Widerspruchsmarke als auch das Wortelement „FREEZING“ in der jüngeren Marke auf dem Gebiet der Haarpflege zur Beschreibung von Produkten eingesetzt wird, die für einen extra starken Halt des Haars sorgen, als ob es quasi eingefroren wäre. Teilweise werden die Begriffe auch als Hinweis auf die kühlende Wirkung der so gekennzeichneten Produkte verwendet. Mit dem Bestandteil „Pudding“ weist die Widerspruchsmarke – wie auch die Widersprechende selbst ausführt – auf die bei den beanspruchten Waren mögliche puddingartige Konsistenz hin. Auch wenn die Verbindung der beiden Bestandteile in der Widerspruchsmarke nicht zu einem geläufigen Gesamtbegriff führen und die Wortkombination grammatikalisch nicht korrekt sein mag, weist sie doch deutlich beschreibende Anklänge hinsichtlich der Wirkungsweise und der Konsistenz der Produkte auf (Produkte, die eine puddingartige Konsistenz haben und entweder für extra starken Halt oder eine kühlende Wirkung sorgen), so dass die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke auch in ihrer Gesamtheit nur als unterdurchschnittlich eingestuft werden kann. Anhaltspunkte für eine Stärkung der Kennzeichnungskraft, etwa durch eine umfangreiche Benutzung der Widerspruchsmarke, liegen nicht vor. Der Widerspruchsmarke kommt somit nur ein entsprechend enger Schutzumfang zu, d. h. es reichen grundsätzlich schon verhältnismäßig geringfügige Unterschiede in den Marken aus, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen. Den hierfür erforderlichen Abstand von der älteren Marke hält die angegriffene Marke in jeder Hinsicht ein.

Stellt man die Marken in ihrer Gesamtheit gegenüber, verhindern die Bestandteile „JELLY“ und „Pudding“ die Gefahr unmittelbarer Verwechslungen auf jeden Fall in klanglicher und schriftbildlicher Hinsicht.

Trotz begrifflicher Ähnlichkeiten zwischen den Vergleichsmarken besteht entgegen der Auffassung der Widersprechenden aber auch keine Verwechslungsgefahr in begrifflicher Hinsicht.

Verwechlsungsmindernd fällt bereits ins Gewicht, dass sich nicht zwei deutsche Begriffe gegenüberstehen, sondern mit „JELLY“ zumindest ein englisches Wort in Rede steht. Sind ein deutsches und ein fremdsprachiges Wort miteinander zu vergleichen, kommen Verwechslungen allenfalls erst nach einem Übersetzungsvorgang und damit nur bei den angesprochenen Verkehrskreisen geläufigen Ausdrücken in Betracht (Hacker, in Ströbele/Hacker, Markengesetz, 9. Aufl., § 9 Rn. 211). Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass die zu vergleichenden Markenwörter in ihrem Sinngehalt nicht deckungsgleich sind. Zwar weisen die Bestandteile „Freeze“ und „FREEZING“ von ihrem Sinngehalt her in die gleiche Richtung. So wird der Bestandteil „FREEZING“ gleichbedeutend wie „Freeze“ zur Bezeichnung von Haarpflege- bzw. -stylingprodukten verwendet, die für einen extra starken Halt der Frisur sorgen. Auch zwischen den weiteren Bestandteilen der Vergleichmarken „JELLY“ und „Pudding“ kann es zu einer teilweisen Überschneidung insoweit kommen, als dass beide Begriffe geeignet sind, auf eine schwabbelige Konsistenz hinweisen. Allerdings sind die Wörter „JELLY“ und „Pudding“ nicht sinnidentisch. So wird mit „JELLY“ bzw. mit der entsprechenden deutschen Übersetzung „Gelee“ eine in der Regel aus (eingedicktem) Saft hergestellte und daher eher durchscheinende Substanz bezeichnet, während Pudding eine gerade nicht aus Saft, sondern aus anderen Zutaten (Milch, Puddingpulver oder Brot, Fleisch, Fisch, Gemüse) und damit regelmäßig nicht transparente, schwabbelige Masse umschreibt. „JELLY“ und „Pudding“ sind demnach keine Synonyme. Entferntere Begriffsähnlichkeiten begründen aber in der Regel keine Verwechslungsgefahr (BGH GRUR 2004, 779, 782 – Zwilling/Zweibrüder; Hacker, in Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 210). Abgesehen davon wäre vorliegend eine Verwechslungsgefahr auch dann zu verneinen, wenn der Sinngehalt der Marken weitgehend identisch wäre. Denn beide Marken bestehen aus einer die Wirkungsweise und Konsistenz der Produkte beschreibenden Bezeichnung. Eine Übereinstimmung in beschreibenden Begriffen kann eine Verwechslungsgefahr aber nicht begründen (Hacker, in Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 213).

Dementsprechend kann auch der Erinnerungsprüferin nicht gefolgt werden, wenn sie aus der Ähnlichkeit der Bestandteile „FREEZING“ und „Freeze“ eine Verwechslungsgefahr mit der Argumentation herleitet, dass der Verkehr den Bestandteilen „JELLY“ und „Pudding“ einen lediglich beschreibenden Hinweis auf die Konsistenz der Produkte entnehme und daher das Gewicht auf den sich klanglich und begrifflich verwechselbar nahekommenden Bestandteilen „FREEZING“ und „Freeze“ liege. Diese Begriffe werden auf dem vorliegend betroffenen Warensektor – wie bereits dargelegt – als Hinweis auf Produkte mit einer stark festigenden Wirkung verwendet. Angesichts dieses beschreibenden Charakters kann die Ähnlichkeit der Vergleichsmarken in diesen beiden Bestandteilen aus Rechtsgründen keine Verwechslungsgefahr begründen (Hacker, in Ströbele/Hacker, a. a. O., § 9 Rn. 213).

Die Markenstelle hat daher zu Unrecht die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet. Der Beschwerde der Markeninhaberin war daher stattzugeben und der Widerspruch aus der Gemeinschaftsmarke 1 888 866 zurückzuweisen.

Es bestand kein Anlass, einer der Verfahrensbeteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen (§ 71 Abs. 1 MarkenG).

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