BPatG: Dschungelduell

BPatG, Beschluss vom 30.08.2005 – 27 W (pat) 95/05
§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG

Schutzfähigkeit der Marke „Dschungelduell“.

BESCHLUSS

In der Beschwerdesache

betreffend die angemeldete Marke 304 04 830.5

hat der 27. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts am 30. August 2005 durch den Richter Dr. van Raden als Vorsitzenden, den Richter Schwarz und die Richterin Prietzel-Funk

beschlossen:

Auf die Beschwerde des Anmelders wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 5. April 2005 teilweise aufgehoben, soweit die Anmeldung für die Waren

„Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten; Schreibwaren; Bekleidungsstücke für Damen, Herren und Kinder, insbesondere Ober-, Unter-, Freizeit- und Sportbekleidungsstücke; Strümpfe, Schuhe; Kopfbedeckungen, insbesondere Basecaps“ zurückgewiesen wurde.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I
Die Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit dem im Tenor genannten Beschluss die Anmeldung der für

„Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten; Schreibwaren; Druckereierzeugnisse, insbesondere Magazine und Zeitungen; Fotografien; Bekleidungsstücke für Damen, Herren und Kinder, insbesondere Ober-, Unter-, Freizeit- und Sportbekleidungsstücke; Strümpfe, Schuhe; Kopfbedeckungen, insbesondere Basecaps; Organisation und Durchführung von kulturellen und sportlichen sowie von Vergnügungsveranstaltungen; Durchführung von Live-Veranstaltungen und –darbietungen; Gestaltung und Produktion von Bild-, Ton- und Datenträgern, insbesondere con Compact-Disc, Disketten, Magnet-, Ton- und Videobändern; Herausgabe von Magazinen und Zeitungen in elektronischer Form, auch im Internet; Online-Publikationen von elektronischen Büchern und Zeitschriften“

beanspruchten Kennzeichnung

Dschungelduell

nach § 37 Abs 1, § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG als nicht unterscheidungskräftige Angabe zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Erhebliche Teile der angesprochenen Verkehrskreise würden die angemeldete Wortmarke ohne weiteres als beschreibenden Sachhinweis dahin verstehen, dass die beanspruchten Waren und Dienstleistungen etwas mit einem Duell im Dschungel zu tun hätten; dies gelte um so mehr, als die Bezeichnung „Dschungelduell“ breiten Publikumskreisen aufgrund der umfassenden Berichterstattung in zahlreichen Medien zur Realityshow mit dem offiziellen Titel „ich bin ein Star, holt mich hier raus!“ bekannt sei. Dass es sich um keine lexikalisch nachweisbare Wortkombination handele, stehe dem nicht entgegen, weil die sprachüblich gebildete Anmeldemarke, die sich an vergleichbare Wortverbindungen wie „Dschungelpfad“, „Dschungelkrieg“ und „Dschungelbuch“ anlehne, ohne weiteres verständlich sei. Die Anmeldemarke weise titelartig darauf hin, dass in den Sendungen die jeweiligen Protagonisten bei Wettkämpfen im Dschungel dargestellt würden. Die angemeldete Bezeichnung beschreibe daher nicht nur für den Medienbereich unmittelbar die wesentlichen Merkmale der Sendung, sondern auch für die mit der Veranstaltung und der Verwertung der Sendung in Zusammenhang stehenden verschiedenen Waren der Klassen 16 und 25 sowie der Dienstleistungen der Klasse 41. Soweit der Anmelder auf Voreintragungen hingewiesen habe, führe dies zu keiner anderen Beurteilung, weil diese zum Großteil andere Waren und Dienstleistungen beträfen und schon deshalb mit der vorliegenden Anmeldemarke nicht vergleichbar seien;
darüber hinaus könnten Voreintragungen einen Eintragungsanspruch nicht begründen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Anmelders. Er meint, die Ansicht der Markenstelle beruhe auf einer unzulässigen analysierenden Betrachtungsweise, indem sie die Anmeldemarke nicht als solche auffasst, wie sie den Verbrauchern entgegentrete, sondern – wie insbesondere der Hinweis auf eine Reality-TV-Sendung zeige, auf die schon deshalb nicht abgestellt werden könne, weil sie erst nach der Anmeldung der streitgegenständlichen Marke ausgestrahlt worden sei – auf Assoziationen abstelle. Mit den lexikalisch nachweisbaren Begriffen „Dschungelpfad“, „Dschungelkrieg“ und „Dschungelbuch“ sei die Anmeldemarke nicht vergleichbar.

Der Anmelder beantragt,

unter Abänderung des Beschlusses vom 5. April 2005 die Eintragung der Wortmarke DE 304 04 830.5 Dschungelduell für die im Antrag vom 23. Januar 2004 aufgeführten Waren und Dienstleistungen anzuordnen.

Für den Fall der Zurückweisung der Beschwerde regt er hilfsweise die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.

II
Der zulässigen Beschwerde kann der Erfolg für die im Tenor genannten Waren nicht versagt werden, weil der Eintragung der Anmeldemarke für diese Waren absolute Schutzhindernisse nach § 8 Abs 2 MarkenG nicht entgegenstehen; für die darüber hinaus beanspruchten Waren hat die Markenstelle hingegen der Anmeldemarke die Eintragung zutreffend nach § 37 Abs 1, § 8 Abs 1 Nr 1 MarkenG mangels der erforderlichen Unterscheidungskraft versagt.

Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG ist nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl EuGH MarkenR 2003, 187, 190 [Rz 41] – Gabelstapler, WRP 2002, 924, 930 [Rz 35] – Philips/Remington) und des Bundesgerichtshofs (vgl (BGH GRUR 2000, 502, 503 – St. Pauli Girl; GRUR 2000, 720, 721 – Unter Uns) die Eignung einer Marke, vom durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher (vgl EuGH GRUR 2003, 604, 605 – Libertel; GRUR 2004, 943, 944 – SAT 2) als Unterscheidungsmittel für die angemeldeten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Trotz des grundsätzlich gebotenen großzügigen Maßstabs (st Rspr, vgl BGH, GRUR 1995, 408 [409] – PROTECH; BGH GRUR 2001, 413, 415 – SWATCH) fehlt einer Kennzeichnung die Unterscheidungskraft stets dann, wenn die angesprochenen Verkehrskreise in ihr keinen Hinweis auf die Herkunft der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen aus einem bestimmten Unternehmen sehen, was etwa bei einem für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt (vgl BGH GRUR 2001, 1151, 1153 – marktfrisch; GRUR 2003, 1050, 1051 – City-Service; BGH, GRUR 2001, 162, 163 mwN – RATIONAL SOFTWARE CORPORATION) oder bei Werbeaussagen allgemeiner Art (vgl BGH MarkenR 2000, 262, 263 – Unter Uns; WRP 2000, 298, 299 – Radio von hier; WRP 2000, 300, 301 – Partner with the best; GRUR 2001, 1047, 1048 – LOCAL PRESENCE, GLOBAL POWER; GRUR 2001, 735, 736 – „Test it.“; GRUR 2002, 1070, 1071 – Bar jeder Vernunft) der Fall ist. Werden rein beschreibende Angaben zu einem Gesamtbegriff zusammengesetzt, ohne dass sich durch die Wortkombination ein über den bloß beschreibenden Inhalt jedes einzelnen Wortbestandteils hinausgehender weitergehender Sinngehalt ergibt, so bleibt dieser auch dann von der Eintragung ausgeschlossen, wenn es sich bei ihm um eine Wortneuschöpfung oder einen bislang nicht verwendeten Begriff handelt (EuGH GRUR 2004, 680, 681 BIOMILD). Nach diesen Grundsätzen ist die angemeldete Bezeichnung nur für die im Tenor genannten Waren schutzfähig, während sie hinsichtlich der darüber hinaus beanspruchten Waren und Dienstleistungen als beschreibende Sachangabe nicht eintragbar ist.

Entgegen den Ausführungen des Anmelders in der Beschwerdebegründung kann nicht ernsthaft in Abrede gestellt werden, dass die angemeldete Marke „Dschungelduell“ vom Verkehr ohne weiteres Nachdenken als „Duell im Dschungel“ verstanden wird. Hierfür spricht bereits, dass sie entsprechend den von der Markenstelle genannten vergleichbaren Wortverbindungen „Dschungelpfad“, „Dschungelkrieg“ und „Dschungelbuch“ sprachüblich gebildet ist. Der Verkehr wird daher keinerlei Mühe haben, die Verbindung der beiden geläufigen und breitesten Bevölkerungskreise in ihrer Bedeutung ohne weiteres erkennbaren Begriffe „Dschungel“ und „Duell“ im vorgenannten Sinn zu verstehen, ohne dass es hierzu irgendwelcher analysierender Schritte bedürfte; die entgegenstehende Auffassung des Anmelders ist realitätsfern. Rechtsirrig ist auch der Hinweis des Anmelders auf den fehlenden lexikalischen Eintrag der Bezeichnung; denn abgesehen davon, dass das Verständnis eines Wortes oder einer Wortverbindung ohnehin nicht von einem lexikalischen Eintrag abhängt, spielt es für die Frage der Schutzfähigkeit einer als Marke angemeldeten Wortneubildung schon im Ansatz keine Rolle, ob sich diese in einem gängigen Lexikon wiederfinden (BGH WRP 2002, 982, 984 – FRÜHSTÜCKS-DRINK I) oder wenigstens bereits verwendet werden (EuGH, MarkenR 2004, 450, 453 [Rz 32] – DOUBLEMINT).

Der Markenstelle ist auch darin zuzustimmen, dass die angemeldete Bezeichnung in dieser Bedeutung von breitesten Bevölkerungskreisen nicht zuletzt wegen der von ihr genannten TV-Shows als schlichter Hinweis darauf verstanden wird, dass die mit ihr gekennzeichneten Druckereierzeugnisse und Fotografien sowie die Dienstleistungen der Klasse 41 ein solches Duell im Dschungel zum Gegenstand haben. Für den Charakter der angemeldeten Bezeichnung als einer solchen bloßen Sachangabe spielt es dabei keine Rolle, welche konkreten Vorstellungen die angesprochenen Verkehrskreise mit einem solchen Verständnis verbinden oder ob diese gar zutreffen; denn auch sofern diese Vorstellungen unrichtig wären, würde dies nichts daran ändern, dass der Verkehr die Bezeichnung lediglich als (dann unrichtigen) Sachhinweis und nicht als betriebliches Herkunftsmittel ansähe. Kommt aber ein Verständnis der Anmeldemarke als Herkunftshinweis in bezug auf die vorgenannten Waren und Dienstleistungen erst gar nicht in Betracht, ist sie für diese Produkte und Tätigkeiten nach § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG mangels Unterscheidungskraft nicht schutzfähig.

Anders stellt sich die Lage allerdings bei den darüber hinaus beanspruchten Waren „Papier, Pappe (Karton) und Waren aus diesen Materialien, soweit in Klasse 16 enthalten; Schreibwaren; Bekleidungsstücke für Damen, Herren und Kinder, insbesondere Ober-, Unter-, Freizeit- und Sportbekleidungsstücke; Strümpfe, Schuhe; Kopfbedeckungen, insbesondere Basecaps“ dar. Insoweit scheidet ein beschreibender Begriffsinhalt der Anmeldemarke entgegen der Auffassung der Markenstelle aus. Hinsichtlich dieser Waren käme sie zwar grundsätzlich als Bestimmungsangabe in Betracht, nämlich als Hinweis darauf, dass die so gekennzeichneten Bekleidungsstücke, Schuhwaren und Kopfbedeckungen für ein Duell im Dschungel bestimmt und geeignet sind. Dem steht aber entgegen, dass eine solche Betätigung nicht zu den Tätigkeiten gehört, für welche man sich dieser Produkte bedient. Zwar wird sich ein solcher Begriffsinhalt dem Verkehr üblicherweise ohne weiteres erschließen, sofern ihm die Aktivitäten, die Gegenstand der Dienstleistung der Klasse 41 sein können, bekannt sind, indem er hieraus auf eine solche Bestimmung und Eignung der gleichermaßen bezeichneten Bekleidungsstücke, Schuhwaren und Kopfbedeckungen zurückschließt; da ein solches Verständnis aber den gedanklichen Zwischenschritt der Kenntnis entsprechender Veranstaltungen voraussetzt, beruht eine solche Interpretation der Anmeldemarke in Zusammenhang mit den beanspruchten Waren der Klasse 25 letztlich auf einer analysierenden Betrachtung, zu welcher der Verkehr im allgemeinen nicht neigt (st Rspr, vgl BGH GRUR 1992, 515, 516 – Vamos; BGH GRUR 195, 408, 409 – PROTECH). Insofern mag die Anmeldemarke zwar als sog „sprechendes Zeichen“ im Einzelfall nur über eine äußerst geringe Kennzeichnungskraft verfügen, die im Rahmen des Eintragungsverfahrens nicht zu prüfen ist; dies bedeutet aber nicht, dass ihr die im Eintragungsverfahren allein zu beurteilende Unterscheidungskraft iSd § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG abgesprochen werden kann.

Da die Markenstelle die Anmeldung nur teilweise zu Recht zurückgewiesen hat, war der angefochtene Beschluss in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang aufzuheben und die weitergehende Beschwerde zurückzuweisen.

Soweit die Beschwerde zurückgewiesen wurde, war die Rechtsbeschwerde nicht zuzulassen, weil weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden war (§ 83 Abs 1 Nr 1 MarkenG) noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs erfordert (§ 83 Abs 2 Nr 2 MarkenG). Zu befinden war vielmehr allein auf der Grundlage der höchstrichterlichen Rechtsprechung über die Eintragungsfähigkeit der angemeldeten Marke aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten des vorliegenden Falls.

(Unterschriften)

BPatG Volltext

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