BPatG: „CIALIS“ ./. „TADALIS“ – Keine Verwechslungsgefahr zwischen Arzneimittelmarken

Zwischen den Vergleichsmarken „CIALIS“ und „TADALIS“, eingetragen für die Waren „pharmazeutische und medizinische Präparate“, besteht trotz Teilidentität der gegenüberstehenden Waren und angesichts eines normalen Schutzumfangs der Widerspruchsmarke „CIALIS“ ein ausreichender Markenabstand, der eine Verwechslungsgefahr ausschliesst.

Die mit der Marke „CIALIS“ benutzten Waren „Arzneimittel zur Behandlung der erektilen Dysfunktion“ lassen sich unter den Begriff „pharmazeutische und medizinische Präparate“ des Warenverzeichnisses subsumieren. Bei der Entscheidung sind „Urologika“ generell zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG), da entsprechend der so genannten erweiterten Minimallösung eine Benutzung für einen weiteren Bereich anerkannt wird, der der jeweiligen Hauptgruppe in der Roten Liste entspricht.

Bei dem Suffix „-alis“ handelt es sich um einen unselbständigen Bestandteil, der dem Verkehr als gebräuchliche Wortendung aus lateinischen Begriffen und medizinischen Fachbegriffen bekannt ist. Auch wenn beschreibende und kennzeichnungsschwache oder schutzunfähige Zeichenelemente bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr nach dem Gesamteindruck angemessen mit zu berücksichtigen sind, kann allein die Übereinstimmung in solchen kennzeichnungsschwachen oder schutzunfähigen Bestandteilen eine markenrechtlich relevante Verwechslungsgefahr nicht begründen.

BPatG, Beschluss vom 06.05.2010 – 30 W (pat) 46/09„CIALIS“ gegen „TADALIS“
§ 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG

B E S C H L U S S

In der Beschwerdesache …

betreffend die Marke 306 12 003

hat der 30. Senat (Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 6. Mai 2010 unter Mitwirkung der Richterin Winter als Vorsitzende, des Richters Paetzold und der Richterin Hartlieb beschlossen:

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I. Gegen die u. a. für die Waren

„pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse; Arzneimittel; Sanitärprodukte für medizinische Zwecke; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost; Pflaster, Verbandmaterial; Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke; Desinfektionsmittel; Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren; Fungizide, Herbizide“

am 21. Juli 2006 unter der Nummer 306 12 003 registrierte Wortmarke – veröffentlicht am 25. August 2006 –

Tadalis

ist beschränkt Widerspruch eingelegt worden gegen die obengenannten Waren der Klasse 5 aus der prioritätsälteren Wortmarke

CIALIS

eingetragen unter der Nummer 399 76 947.1 für die Waren

„pharmazeutische und medizinische Präparate, insbesondere zur Vorbeugung und Behandlung sexueller Dysfunktion; veterinärmedizinische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke, Babykost; Pflaster; Verbandmaterial; Zahnfüllmittel und Abdruckmassen für zahnärztliche Zwecke; Desinfektionsmittel; Mittel zur Vertilgung von schädlichen Tieren; Fungizide, Herbizide“,

deren rechtserhaltende Benutzung bestritten wurde mit Ausnahme eines Arzneimittels zur Behandlung der erektilen Dysfunktion. Die Widersprechende hat im Beschwerdeverfahren Benutzungsunterlagen eingereicht für ein Arzneimittel zur Behandlung der erektilen Dysfunktion für den Zeitraum ab 2003 und hieraus eine erhöhte Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke beansprucht, eine weitergehende Benutzung wurde nicht geltend gemacht.

Die Markenstelle für Klasse 5 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat den Widerspruch wegen fehlender Verwechslungsgefahr zurückgewiesen. Unabhängig von der Benutzungslage seien selbst bei Warenidentität und zu unterstellender erhöhter Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke die zu fordernden sehr stren- gen Anforderungen an den Markenabstand eingehalten. Zwar stimmten die Vergleichsmarken in ihren Wortenden „-alis“ überein, gleichwohl unterschieden sich die Marken in klanglicher Hinsicht aufgrund der Unterschiede in den Zeichen- anfängen „Tad-“ und „CI-“ , in den klangstarken Anfangskonsonanten, in der Vokalfolge „a-a-i“ sowie „i-a-i“ und Silbenzahl (3/2silbig) und -gliederung (Ta-da- lis/Cia-lis ) in ihrem jeweiligen Gesamteindruck hinreichend. Sie unterschieden sich zudem in ihrem Sprech- und Betonungsrhythmus. Während die angegriffene Marke auf der ersten und dritten Silbe betont werde, liege die Betonung der Widerspruchsmarke auf dem „a“. Ebenso scheide eine schriftbildliche Verwechs- lungsgefahr bereits aufgrund der deutlich unterschiedliche Zeichenlängen sowie der verschiedenen Oberlängen aus. Die

Widersprechende hat hiergegen Beschwerde eingelegt und im Wesentlichen ausgeführt, es bestehe Warenidentität zwischen „Urologika“, für die sie eine Benutzung nachgewiesen habe, und den angegriffenen Waren „pharmazeutische Erzeugnisse und Arzneimittel“, im übrigen Warenähnlichkeit in Klasse 5. Die Markenstelle habe zwar eine erhöhte Kennzeichnungskraft zugunsten der Widerspre- chenden unterstellt, dies aber bei der Entscheidung nicht zutreffend berücksichtigt. Die Widerspruchsmarke genieße weltweite Bekanntheit, ihr Marktanteil habe zum Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Marke bei vierzig Prozent gelegen. Es bestehe unmittelbare Verwechslungsgefahr. Hinsichtlich der klanglichen Ähnlichkeit habe die Markenstelle die Unterschiede der Vergleichsmarken überbetont, die Übereinstimmungen seien nicht ausreichend gewürdigt worden. Die Unter- schiede in der Vokalfolge seien wegen der Verdoppelung des „a“ bei der jüngeren Marke nicht so groß, die Silbengliederung sei ähnlich, da die Aussprache „CI-A- LIS“ laute. Bei beiden Marken liege die Betonung auf dem mittleren „a“. Auch schriftbildlich wiesen die Marken mehr Übereinstimmungen als Unterschiede auf. Aus dem undeutlichen Erinnerungsbild könnten sich Verwechslungen erge- ben, da die jüngere Marke ein Element „-alis“ übernommen habe. Es sei nicht berücksichtigt worden, dass die jüngere Marke den wesentlichen Bestandteil der Widerspruchsmarke „– alis“ mit dem kennzeichnungsschwachen Anfangsbestandteil „Tad –“ kombiniert habe, der zum einen auf den INN „Tadala- fil“ hinweise, zum anderen ein Firmenbestandteil sei, so dass assoziative Verwechslungsgefahr bzw. Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn gegeben sei. Desweiteren orientiere sich der Verkehr wegen des kennzeichnungsschwachen Wortanfangs und der abweichenden Betonung auf dem Vokal „a“ verstärkt am identischen Wortende „-alis“, das als lateinische Endung nicht bekannt sei und auch keine verbrauchte Endung im Pharmabereich darstelle.

Die Widersprechende beantragt,

den Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 16. Januar 2009 aufzuheben.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie führt aus, die Widerspruchsmarke könne keinen erweiterten Schutzbereich beanspruchen, für die Annahme einer hohen Bekanntheit sei das Vorliegen einer Verkehrsbefragung erforderlich, hohe Umsatzzahlen oder ein hoher Marktanteil seien hierfür nicht ausreichend, zumal es nur wenige vergleichbare Produkte gebe. Es bestehe nur eine teilweise Übereinstimmung mit den Waren „pharmazeutische Erzeugnisse, Arzneimittel“ der jüngeren Marke. Selbst wenn die Widerspruchsmarke dreisilbig ausgesprochen werde, bestünde wegen der Unterschiede der ersten Silben „Ta-“ und „CI-“ sowie des zusätzlichen Konsonanten „d“ ein ausreichender Abstand, was auch in schriftbildlicher Hinsicht gelte. Es bestehe auch keine assoziative Verwechslungsgefahr; der Bestandteil „- alis“ sei in einer Vielzahl von Marken enthalten. Auch Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn bestehe nicht, da die Widerspruchsmarke gerade nicht in der jüngeren Marke enthalten sei. Der Verkehr kenne die Markenbildung der Markeninhaberin unter Verwendung des Firmenbestandteils TAD am Wortende. Im vorliegenden Fall sei der Firmenbestandteil TAD durch die Verklammerung mit dem nachfolgenden Bestandteil aber nicht mehr erkennbar, der Verkehr werde möglicherweise auch eine Anspielung auf den Wirkstoff Tadalafil annehmen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.
Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg, da auch nach Auffassung des Senats zwischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke keine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG besteht.

Die Frage der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der zueinander in Wechselbeziehung stehenden Faktoren der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke zu beurteilen, wobei insbesondere ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH in st. Rspr. vgl. GRUR 2004, 783, 784 – NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX; MarkenR 2008, 12 – T-Interconnect; GRUR 2008, 906 – Pantohexal).

1. Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat die Einrede mangelnder Benutzung der Widerspruchsmarke nach § 43 Abs. 1 MarkenG bereits im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt zulässig erhoben und hiervon lediglich Arzneimittel zur Behandlung der erektilen Dysfunktion ausgenommen. Nachdem die Widersprechende im Rahmen der Geltendmachung einer erhöhten Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke eine Benutzung lediglich für Urologika geltend gemacht und eine Benutzung für ein Arzneimittel zur Behandlung der erektilen Dysfunktion mit eidesstattlicher Versicherung vom 20. April 2010 für den Zeitraum 2003 bis 2009 glaubhaft gemacht hat, ist von diesen Waren auszugehen.

Die mit der Marke „CIALIS“ benutzten Waren „Arzneimittel zur Behandlung der erektilen Dysfunktion“ lassen sich unter den Begriff „pharmazeutische und medizinische Präparate“ des Warenverzeichnisses subsumieren. Bei der Entscheidung sind „Urologika“ generell zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 1 Satz 3 MarkenG), da entsprechend der so genannten erweiterten Minimallösung eine Benutzung für einen weiteren Bereich anerkannt wird, der der jeweiligen Hauptgruppe in der Roten Liste entspricht (Ströbele/Hacker, MarkenG 9. Aufl., § 26 Rdn. 161 ff. m. w. N.). Danach sind für die Beurteilung der Warenähnlichkeit den mit Widerspruch angegriffenen, von der jüngeren Marke „Tadalis“ beanspruchten Waren gemäß der erweiterten Minimallösung die Waren „Urologika“ gegenüber zu stellen. Eine weitergehende Benutzung hat die Widersprechende nicht geltend gemacht. Auf die Frage der Benutzung kommt es hier aber letztendlich nicht an, da selbst bei Identität oder enger Ähnlichkeit der Waren eine Verwechslungsgefahr nicht gegeben ist.

2. Bei seiner Entscheidung hat der Senat eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft und einen normalen Schutzumfang zugrunde gelegt, da sich in der Widerspruchsmarke „CIALIS“ kein beschreibender Anklang in Bezug auf die Widerspruchswaren feststellen lässt.

Anhaltspunkte dafür, dass die ursprünglich normale Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke durch langjährige und intensive Benutzung für die als benutzt anzusehenden Waren deutlich gesteigert wäre, ergeben sich nicht. Wie sich aus den von der Widersprechenden in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Unterlagen ergibt, kann die Widersprechende sich zwar auf beachtliche und steigende Umsatzzahlen berufen, dies kann jedoch eine hohe Bekanntheit der Widerspruchsmarke „CIALIS“ für die benutzten Widerspruchswaren und eine gesteigerte Kennzeichnungskraft nicht begründen.

Für die Annahme, der Widerspruchsmarke komme, wie vorgetragen, ein weiter Schutzbereich zu, fehlen für den maßgeblichen Zeitpunkt die erforderlichen konkreten Angaben der Widersprechenden zu Umsatzzahlen, Marktanteilen und Werbeaufwendungen im Vergleich zu Mitbewerbern (vgl. EuGH MarkenR 1999, 236, 239 (Nr. 23, 24) – Lloyd; GRUR 2002, 804, 808 (Nr. 60 – 62) – Philips; BGH GRUR 2002, 1067, 1069 – DKV/OKV; GRUR 2003, 1040, 1044 – Kinder; Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl. § 9 Rdn. 114 ff. m. w. N.). Maßgeblich ist insoweit nicht allein der Bereich der PDE-5-Hemmer Viagra, Levitra und CIALIS, sondern der geamte Produktbereich „erektile Dysfunktion; denn des Warenverzeichnis enthält keine entsprechende Einschränkung.

3. Ausgehend von den als benutzt anzusehenden Waren und damit einer möglichen Verwendung der Vergleichsmarken zur Kennzeichnung teils identischer, teils ähnlicher Waren sowie eines normalen Schutzumfangs der Widerspruchsmarke sind hohe Anforderungen an den einzuhaltenden Markenabstand zu stellen, denen die angegriffene Marke jedoch gerecht wird.

a) Zwar ist hierbei zu berücksichtigen, dass für die vorliegenden Vergleichswaren keine Rezeptpflicht besteht, so dass allgemeine Verkehrskreise uneingeschränkt zu berücksichtigen sind. Dabei ist aber davon auszugehen, dass grundsätzlich nicht auf einen sich nur flüchtig mit der Ware befassenden, sondern auf einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher abzustellen ist, dessen Aufmerksamkeit je nach Art der Ware unterschiedlich hoch sein kann (vgl. BGH GRUR 2000, 506 ATTACHÉ/TISSERAND) und der insbesondere allem, was mit der Gesundheit zusammenhängt, eine gesteigerte Aufmerksamkeit beizumessen pflegt (vgl. BGH GRUR 1995, 50 – Indorektal/Indohexal).

b) Die Ähnlichkeit von Marken ist anhand ihres klanglichen und schriftbildlichen Eindrucks sowie ihres Sinngehalts zu ermitteln. Dabei kommt es auf den jeweiligen Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen an. Dies entspricht dem Erfahrungssatz, dass der Verkehr Marken regelmäßig in der Form aufnimmt, in der sie ihm entgegentreten und sie nicht einer analysierenden, zergliedernden, möglichen Bestandteilen und deren Bedeutung nachgehenden Betrachtung unterzieht (vgl. BGH a. a. O. NEURO-VIBOLEX/NEURO-FIBRAFLEX).

Bei Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich, dass die sich gegenüberstehenden Marken in ihrem klanglichen Gesamteindruck ausreichende Unterschiede aufweisen.

So stimmen die Marken zwar bei gleicher Silbenzahl sowie gleicher Betonung auf dem Mittelvokal „a“ in der Endung „-a-lis“ überein. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass die Übereinstimmung in dem Endbestandteil „-alis“ bei der Beurteilung des jeweiligen Gesamteindrucks und der Markenähnlichkeit weniger ins Gewicht fällt, da es sich hierbei um ein im Zusammenhang mit lateinischen und griechischen Begriffen und hiervon abgeleiteten medizinischen Fachbegriffen um ein gebräuchliches Suffix handelt, das auch vom Verkehr nur als solches und nicht als Phantasiebestandteil erkannt wird (vgl. Duden Wörterbuch medizinischer Fachbegriffe, 8. Aufl. 2007 S. 62, 63). Auch wenn kennzeichnungsschwache Zeichenelemente bei der Beurteilung der Verwechs- lungsgefahr nach dem Gesamteindruck angemessen mit zu berück- sichtigen sind, so bewirken sie doch eine Verlagerung der Aufmerk- samkeit auf die vorderen Markenteile „Ta – d-“ und „Ci-„. Dies entspricht dem geltenden Erfahrungssatz, dass Wortanfänge ohnehin mehr als nachfolgende Wortteile beachtet werden (vgl. BGH a. a. O. – Indorektal/Indohexal), so dass die hier vorhandenen Unterschiede um so eher wahrgenommen werden. – 10 – Weiter ist zu berücksichtigen, dass die an sich dreisilbige Wider- spruchsmarke „Cialis“ durch die direkte Abfolge der beiden Vokale „i“ und „a“, die auch in ihrer Aussprache ineinander übergehen, kürzer erscheint. Auch die in beiden Marken übereinstimmende Betonung auf dem Mittelvokal „a“ kann kein wesentliches Gewicht haben, sie sorgt vielmehr in der jüngeren Marke „Ta- da –lis“ noch für besondere Beachtung des Anfangskonsonanten „d“ der betonten Mittelsilbe „-da-„, der in der Widerspruchsmarke keine Entsprechung hat.

Gegenüber diesen geringen Übereinstimmungen sind die Unterschiede in den vorderen Markenteilen besonders markant. So werden insbesondere die beiden unterschiedlichen Anfangssilben „Ta-“ und „Ci-“ sowie der in der jüngeren Marke sich daran anschließende Konsonant „d“ wegen ihrer deutlich unterschiedlichen Klangeigenschaften – einmal ein heller Vokal „i“ gegenüber einem dunklen Vokal „a“, zum anderen ein harter Sprenglaut „T“ gegenüber einem weichen Zungenlaut „C“ – sicher wahrgenommen und führen zu einem nicht verwechselbaren klanglichen Gesamteindruck der Marken.

In schriftbildlicher Hinsicht halten die Vergleichsmarken in allen üblichen Wiedergabeformen ebenfalls einen ausreichenden Abstand ein. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Marken im Schriftbild erfahrungsgemäß mit etwas größerer Sorgfalt wahrgenommen werden als im eher flüchtigen Klangbild, das häufig bei mündlicher Benennung entsteht (vgl. BPatG GRUR 2004, 950, 954 – ACELAT /Acesal). Zudem steht beim schriftlichen Markenvergleich der Fachverkehr, der aufgrund seiner beruflichen Praxis und Erfahrung im Umgang mit Arzneimittelmarken über ein erhöhtes Unterscheidungsvermögen verfügt, im Vordergrund (vgl. BGH a. a. O. Indorektal/Indohexal). Unter diesen Voraussetzungen sind auch bei einer schriftlichen Wiedergabe die Abweichungen in den Wortanfängen so deutlich, dass eine Unterscheidbarkeit der Marken gewährleistet ist.

4. Entgegen der Ansicht der Widersprechende kann auch der in der Widerspruchsmarke sowie in der angegriffenen Marke identische Wortbestandteil „-alis“ keine Verwechslungsgefahr begründen.

Verwechslungsgefahr kommt nur dann in Betracht, wenn dieser Bestandteil die Widerspruchsmarke allein kollisionsbegründend prägt, indem er eine selbständig kennzeichnende Funktion aufweist, und die übrigen Markenteile für die angesprochenen Verkehrskreise in einer Weise zurücktreten, dass sie für den Gesamteindruck vernachlässigt werden können (vgl. BGH GRUR 2000, 233, 234 RAUCH/ELFI RAUCH; GRUR 2004, 778, 779 – URLAUB DIREKT; GRUR 2004, 865, 866 – Mustang; BGH GRUR 2008, 719, 722 (Nr. 37) idw Informationsdienst Wissenschaft; Ströbele/Hacker, MarkenG 9. Aufl., § 9 Rdn. 279 ff. m. w. N.). Bei der Frage der Prägung des Gesamteindrucks durch Bestandteile ist kein Unterschied zwischen der älteren und der jüngeren Marke zu machen (vgl. Ströbele/Hacker a. a. O. § 9 Rdn. 289).

a) Fraglich erscheint im vorliegenden Fall, ob sich die Grundsätze zur selbständig kollisonsbegründenden Prägung von Einzelbestandteilen auf die hier vorliegende formal einteilige ältere Marke anzuwenden sind. So erscheint es bei dem zusammengeschriebenen Wort in Normalschrift „Cialis“ schon zweifelhaft, ob es sich aus mehreren getrennten Bestandteilen zusammenfügt (vgl. BGH GRUR 2008, 905, 907 (Nr. 26) – Pantohexal), da es sich bei dem Bestandteil „Ci-“ lediglich um eine Anfangssilbe handelt und bei dem Suffix „-alis“ lediglich um einen un- selbständigen Anhang, so dass die jüngere Marke nicht als mehrteilige Marke sondern als in sich geschlossener, einheitlicher Phantasiebegriff erscheint (vgl. BGH GRUR 2003, 963 – AntiVir/AntiVirus; BPatG GRUR – 12 – 2002, 438, 440 – WISCHMAX/Max; Ströbele/Hacker a. a. O. § 9 Rdn. 248).

b) Aber unabhängig von dieser Frage und bei Anwendung der Grundsätze zur Würdigung der Bestandteile mehrgliedriger Marken auf den vorlie- genden Fall, kann eine prägende Bedeutung der Endung „-alis“ für den Gesamteindruck der Widerspruchsmarke „CIALIS“ nicht festgestellt werden.

Wie oben erläutert, handelt es sich bei dem Suffix „-alis“ um einen unselbständigen Bestandteil, der dem Verkehr als gebräuchliche Wortendung aus lateinischen Begriffen und medizinischen Fachbegriffen bekannt ist. Auch wenn beschreibende und kennzeichnungsschwache oder schutzunfähige Zeichenelemente bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr nach dem Gesamteindruck angemessen mit zu berücksichtigen sind, kann allein die Übereinstimmung in solchen kennzeichnungsschwachen oder schutzunfähigen Bestandteilen eine markenrechtlich relevante Verwechslungsgefahr nicht begründen (BGH GRUR 2007, 1071, 1073 (Nr. 36) – Kinder II; Ströbele/Hacker a. a. O. § 9 Rdnr. 279, 283 m. w. N.). Somit kann hieraus schon aus Rechtsgründen keine Verwechslungsgefahr hergeleitet werden.

Aber selbst dann, wenn dem Verkehr der Bestandteil „-alis“ nicht als gebräuchliches Suffix bekannt sein und er ihn als eigenständigen Bestandteil werten sollte, ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der andere Bestandteil „Ci-“ demgegenüber für den Gesamteindruck der Widerspruchsmarke zurücktreten würde. Eine hinreichende Prägung des Gesamteindrucks durch einen Markenbestandteil kann nämlich auch dann nicht angenommen werden, wenn sich dieser Bestandteil als lediglich gleichgewichtig mit den anderen Markenteilen darstellt (vgl. BGH GRUR 1999, 52, 53 – EKKO BLEIFREI; Ströbele/Hacker a. a. O. § 9 Rdnr. 281).

5. Anhaltspunkte für das Vorliegen anderer Fälle der Verwechslungsgefahr ergeben sich nicht. Entgegen der Ansicht der Widersprechenden können die Grundsätze des EuGH aus der „THOMSON-LIFE“- Entscheidung zur selbständig kennzeichnenden Stellung einer älteren Widerspruchsmarke in einer jüngeren Kombinationsmarke vorliegend nicht herangezogen werden, da die Widerspruchsmarke „CIALIS“ nicht mit einem Bestandteil in der jüngeren Marke übereinstimmt (vgl. auch Ströbele/Hacker a. a. O. § 9 Rdnr. 276).

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bietet der Streitfall keinen Anlass (§ 71 Abs. 1 MarkenG).

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