BGH: Szene

BGH, Urteil vom 29.04.1999 – I ZR 152/96 – SZENE (OLG Hamburg)
MarkenG § 5 Abs. 3, § 15 Abs. 2

Zur Frage der Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne bei Werktiteln (hier: Rubriküberschrift in einer Tageszeitung).

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 29. April 1999 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Erdmann und die Richter Prof. Dr. Mees, Dr. v. Ungern-Sternberg, Starck, und Pokrant für Recht erkannt:

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 3. Zivilsenat, vom 27. Juni 1996 aufgehoben.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kammer für Handelssachen 16, vom 11. August 1995 abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

Tatbestand:

Die Klägerin verlegt das seit 1974 monatlich erscheinende Stadtmagazin „SZENE Hamburg“. Das Magazin berichtet schwerpunktmäßig darüber, was sich in dem jeweiligen Monat in der „Hamburger Szene“ – aufgeschlüsselt nach verschiedenen Sparten wie Theater, Konzerte, Diskos usw. – tut und enthält einen ausführlichen Veranstaltungskalender. Von Beginn an erscheint „SZENE Hamburg“ mit einem Logo in den Farben schwarz, weiß und rot gemäß der nachfolgenden (Schwarz-Weiß-) Abbildung:

Die im Verlag der Beklagten erscheinende Hamburg-Ausgabe der BILD-Zeitung berichtet spätestens seit Ende 1993 regelmäßig in etwa zwei Ausgaben pro Woche auf einer besonderen Seite über Neuigkeiten aus der „Hamburger Szene“; dabei verwendete die Beklagte als Überschrift zunächst das nachfolgend wiedergegebene Logo:

Die Verwendung des Logos durch die Beklagte wurde durch eine von der Klägerin erwirkte einstweilige Verfügung des Landgerichts Hamburg vom 10. Januar 1994 verboten. Die Beklagte erkannte das Verbot aus dieser einstweiligen Verfügung als endgültige Regelung an.

Die Klägerin nimmt die Beklagte nunmehr auf Unterlassung auch bezüglich der Verwendung des neuen als Überschrift für die „SZENE Seite“ von BILD Hamburg entwickelten, im Verbotsausspruch des Landgerichts dargestellten Logos aus Marken- und Wettbewerbsrecht in Anspruch.

Sie hat geltend gemacht, jede Benutzung des Wortes „SZENE“ in anderen Druckwerken stelle eine Verwässerungsgefahr für ihren eingeführten Titel dar. Die Beklagte beute zudem in sittenwidriger Weise den von ihr aufgebauten guten Ruf, ihr positives Image aus. Die Anlehnung an den Titel der Klägerin werde auch durch die von der Beklagten praktizierte Übung deutlich, den Zusatz „INSIDE“ wegzulassen oder im Druckbild z. B. durch Fotos zu verdecken.

Die Beklagte ist dem entgegengetreten. Sie hat den Standpunkt vertreten, das Wort „SZENE“ sei wegen fehlender Unterscheidungskraft nicht titelschutzfähig. Die Rubriküberschrift „SZENE INSIDE“ unterscheide sich eindeutig von dem Zeitschriftentitel der Klägerin. Der Zusatz „INSIDE“ werde im Rubrikentitel nicht weggelassen. Darüber hinaus habe der Komplementär der Klägerin der weiteren Verwendung des SZENE-Logos durch die Beklagte für den Rubrikentitel von BILD Hamburg zugestimmt.

Das Landgericht hat die Beklagte unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel verurteilt, es zu unterlassen, in der Tageszeitung „BILD Hamburg“ die nachstehend wiedergegebenen Logos als Haupt- und/ oder Unter- und/ oder Nebentitel bzw. Rubrikbezeichnung zu benutzen bzw. mit diesen Kennzeichen zu werben bzw. werben zu lassen.

Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben (OLG Hamburg AfP 1997, 761).

Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

I. Das Berufungsgericht hat eine Werktitelverletzung gemäß § 5 Abs. 3, § 15 Abs. 2 MarkenG bejaht und dazu ausgeführt:

Der Klägerin stehe Schutz für den Titel „SZENE Hamburg“ zu. Dieser habe Unterscheidungskraft von Hause aus. Bis zum ersten Erscheinen der Zeitschrift der Klägerin vor mehr als 20 Jahren sei es nicht üblich gewesen, für Publikationen, in denen schwerpunktmäßig über den mit „Szene“ umschriebenen Ausschnitt aus dem soziokulturellen Leben einer Stadt berichtet wurde, den Titel „SZENE“ in Verbindung mit der jeweiligen Stadt zu verwenden.

Innerhalb des Gesamttitels „SZENE Hamburg“ habe der Bestandteil „SZENE“ die eigentliche Namensfunktion. Der Käufer des Stadtmagazins der Klägerin werde, wenn er es sich erspare, am Kiosk den vorstehenden Gesamttitel zu nennen, eine „SZENE“ verlangen und daraufhin ein Exemplar der Zeitschrift der Klägerin erhalten. Dafür, daß es nicht nur in seltenen Ausnahmefällen zu entsprechenden Abkürzungen des Titels kommen werde, spreche auch, daß in der graphischen Gestaltung des Titellogos der Bestandteil „SZENE“ deutlich im Vordergrund stehe. Deshalb werde der Verkehr dazu neigen, diesen Hauptbestandteil schlagwortartig als eigentlichen Titel aufzufassen, zumal der Zusatz „Hamburg“ lediglich die kennzeichnungsmäßig eher irrelevante lokalisierende Präzisierung zum Ausdruck bringe. Der Klägerin stehe daher Titelschutz gerade auch für den prägenden Bestandteil ihres Titels „SZENE“ zu. Dem stehe nicht entgegen, daß es sich bei „SZENE“ um ein Wort der Umgangssprache mit einem bestimmten Sinngehalt handele. Es beschreibe nicht die Zeitschrift selbst im Sinne einer Beschaffenheitsangabe, sondern gebe lediglich einen Hinweis auf deren Charakter und Inhalt.

Dem somit ungewöhnlichen und auch durch die lange Verwendung den beteiligten Verkehrskreisen allgemein bekannten Titel der Klägerin komme starke Kennzeichnungskraft zu. Die Klägerin könne daher eine Benutzung des Titels „SZENE“ durch die Beklagte untersagen, soweit diese die angegriffenen Logos kennzeichenmäßig benutze, weil die Benutzung geeignet sei, Verwechslungen mit dem geschützten Titel hervorzurufen.

In der Kennzeichnung einer besonderen Seite einer Zeitung in Form einer Rubriküberschrift liege eine kennzeichenmäßige Benutzung, wie auch allgemein anerkannt sei, daß Titelschutz nicht nur für Haupttitel, sondern auch für die Titel von Beilagen, Rubriken oder Kolumnen bestehen könne. Keine andere Seite von BILD Hamburg verfüge wie die mit „SZENE INSIDE“ bezeichnete Seite über eine solche in Form eines besonderen Logos gestaltete Überschrift. Diese erhalte ein eigenständiges Gewicht innerhalb der Zeitung. Diese Verselbständigung der „SZENE Seite“ werde dadurch noch vertieft und unterstrichen, daß das Logo auch außerhalb der Zeitung im Rahmen von Werbe- und/ oder Sponsoringaktivitäten benutzt werde.

Bei der Benutzung des angegriffenen Logos als Hinweis auf ein Sponsoring, wie in der Werbung für den „KNIX-Wettbewerb“, sei eine Verwechslungsgefahr mit dem Titel der Klägerin nicht von der Hand zu weisen. Die Verklammerung des Logos „SZENE INSIDE“ mit dem BILD-Logo sei nicht derart eng, daß mit Sicherheit die Fehlvorstellung ausgeschlossen werden könne, zu den diesen Wettbewerb präsentierenden Firmen, nämlich Radio Hamburg, RTL Nord Live und BILD, gehöre noch ein weiteres, „SZENE INSIDE“ genanntes Medienunternehmen. Die vollständige Übereinstimmung im prägenden Teil der Kennzeichnung „SZENE“ lasse die Möglichkeit offen und lege sie sogar nahe, daß es sich um gemeinsame, von der BILD-Zeitung und dem SZENE-Verlag geförderte Veranstaltungen bzw. Werbeaktivitäten handeln könnte. Die Unterschiede in der graphischen Gestaltung der einander gegenüberstehenden Logos könnten die Verwechslungsgefahr nicht ausschließen, da der Verkehr das originale Logo der Klägerin nicht gegenwärtig habe, wenn er dem „SZENE INSIDE“ -Logo der Beklagten begegne. Auch der Zusatz „INSIDE“ sei nicht geeignet, eine Verwechslungsgefahr in diesem Zusammenhang auszuschließen, da sich bei derartigen Werbeaktivitäten für den Verkehr durchaus auch die Vorstellung ergeben könne, daß der beteiligte SZENE-Verlag sein Logo hierfür in dieser Weise verfremde.

Eine Verwechslungsgefahr im engeren Sinne komme bei einer Benutzung der angegriffenen Logos innerhalb der BILD-Zeitung zwar nicht in Betracht. Auch die angegriffene Verwendung des Kennzeichens löse jedoch bei nicht unbeachtlichen Teilen des Verkehrs die Vorstellung aus, es bestünden geschäftliche Beziehungen zwischen den beiden Benutzern. Eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne setze eine Verwendung des Rubrikentitels „SZENE INSIDE“ in einer Weise voraus, daß für nicht unbeachtliche Teile des Verkehrs der Eindruck entstehe, diese Rubrik – die „SZENE Seite“ – werde in Kooperation mit dem Verlag der Klägerin gestaltet. Wie im Fall der Verwendung eines Kennzeichens für branchenferne Anbieter werde die Fehlvorstellung, es bestünden geschäftliche Verbindungen, zwar nur dann entstehen können, wenn hierfür gewisse Anstöße und/ oder gedankliche Brücken vorlägen. Im Streitfall ergebe sich für die angesprochenen Verkehrskreise aufgrund der auffälligen Verselbständigung des „SZENE-Teils“ der Anlaß, Kooperationsbeziehungen zwischen den Verlagen der Parteien für möglich und wahrscheinlich zu halten.

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen das der Beklagten auferlegte Verbot bestünden nicht, weil diese in der Freiheit der Berichterstattung über Geschehnisse und Phänomene der Hamburger Szene nicht gehindert sei. Ihr sei es auch nicht versagt, im Rahmen dieser Berichterstattung, den Begriff „SZENE“ zu verwenden. Das Verbot der (nur) titelmäßigen (kennzeichnungsmäßigen) Verwendung berühre die Pressefreiheit nicht.

II. Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

1. In nicht zu beanstandender Weise hat das Berufungsgericht allerdings die geltend gemachten Ansprüche nur nach §§ 5, 15 MarkenG geprüft (vgl. § 152 MarkenG), obwohl die Beklagte schon vor Inkrafttreten des Markengesetzes am 1. Januar 1995 die angegriffenen Bezeichnungen verwendet hat, so daß nach § 153 Abs. 1 MarkenG eine Verurteilung nur dann gerechtfertigt ist, wenn die Ansprüche der Klägerin auch schon nach dem früheren Recht (§ 16 Abs. 1 UWG) zugestanden haben. Der bisherige § 16 Abs. 1 UWG hat – wie das Berufungsgericht unausgesprochen zugrunde gelegt hat – ohne grundsätzliche sachliche Änderungen Eingang in die jetzt maßgebenden §§ 5, 15 MarkenG gefunden (vgl. BGH, Urt. v. 12. 11. 1998 – I ZR 84/ 96, WRP 1999, 519, 520 = MarkenR 1999, 136 – Max, m. w. N.).

2. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht auch angenommen, dem Titel „SZENE Hamburg“ komme von Hause aus Unterscheidungskraft zu. An die Unterscheidungskraft eines Zeitungs- oder Zeitschriftentitels sind grundsätzlich nur geringe Anforderungen zu stellen, weil auf dem Zeitungs- und Zeitschriftenmarkt seit jeher Zeitungen und Zeitschriften unter mehr oder weniger farblosen Gattungsbezeichnungen angeboten werden (BGH, Urt. v. 16. 7. 1998 – I ZR 6/ 96, GRUR 1999, 235, 237 = WRP 1999, 186 – Wheels Magazine, m. w. N.). Hieran gemessen hat das Berufungsgericht dem Klagetitel zutreffend Unterscheidungskraft zugesprochen. Zwar handelt es sich bei dem Wort „Szene“ um ein solches der Umgangssprache mit fest umrissenen Begriffsinhalten, zu denen auch, wie das Berufungsgericht festgestellt hat, ein charakteristischer Lebensbereich, nämlich ein Ausschnitt aus dem soziokulturellen Leben einer Stadt, gehört. Wird dieser Begriff als Titel einer Druckschrift verwendet, so liegt darin die Übertragung seiner ursprünglichen Sinnbedeutung. Weil es nach den weiteren nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts vor mehr als 20 Jahren nicht üblich gewesen ist, für Publikationen, in denen schwerpunktmäßig über den mit „Szene“ umschriebenen Lebensbereich berichtet wird, die Bezeichnung „SZENE“ in Verbindung mit der jeweiligen Stadt zu verwenden, kann auch – anders als die Revision meint – von einem Freihaltungsbedürfnis an dem Wort „Szene“ für derartige Publikationen im Zeitpunkt der Ingebrauchnahme des Klagetitels nicht die Rede sein.

Zu Unrecht meint dazu die Revision, für die (ursprüngliche) Unterscheidungskraft des Klagetitels komme es auf den Kollisionszeitpunkt mit der angegriffenen Bezeichnung an. Die Frage der ursprünglichen Unterscheidungskraft ist, weil nur einer unterscheidungskräftigen (und nicht freihaltungsbedürftigen) Bezeichnung ohne weiteres der Werktitelschutz nach § 5 Abs. 3 MarkenG zukommt, zugleich für den Beginn des Schutzes mit der Aufnahme der Benutzung von Bedeutung. Für sie kommt es deshalb – wie das Berufungsgericht zutreffend zugrunde gelegt hat – allein auf den Zeitpunkt der ersten Benutzung an.

Rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht des weiteren von einer Stärkung der ursprünglich normalen Kennzeichnungskraft des Klagetitels ausgegangen, weil dieser sich durch die kontinuierliche Verbreitung der Zeitschrift der Klägerin über einen Zeitraum von mehr als 20 Jahren hinweg den angesprochenen Leserkreisen eingeprägt hat. Keinen Erfolg hat die Revision mit ihrer Rüge, das Berufungsgericht habe eine Schwächung des Klagetitels nach seiner Ingebrauchnahme durch später aufgekommene Titel mit dem Bestandteil „Szene“ (z. B. Motorrad-, Musik-, Opel-Szene, Golf-, Foto-Scene) zu Unrecht unberücksichtigt gelassen. Das Berufungsgericht hat dazu ausgeführt, daß eine Berührung mit der Region Hamburg, auf die das Interesse der Klägerin sich von vornherein beschränke, insoweit nicht vorliege. Es hätte dazu auch heranziehen können, daß die Beklagte über den Umfang der Benutzung dieser jüngeren Titel, insbesondere auch in der Region Hamburg, nichts vorgetragen hat und schon deshalb eine Schwächung des Klagetitels nicht in Betracht gezogen werden kann.

3. In nicht zu beanstandender Weise hat das Berufungsgericht des weiteren angenommen, daß der Klagetitel in seinem Gesamteindruck, auf den es bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr im Kennzeichenrecht ankommt, durch den Bestandteil „SZENE“ geprägt werde, dem die eigentliche Namensfunktion zukomme.

4. Das Berufungsgericht hat eine Verletzung des Werktitelrechts der Klägerin durch die Verwendung der angegriffenen Bezeichnung bejaht. Das ist nicht frei von Rechtsfehlern.

a) Soweit die Klägerin den geltendgemachten Unterlassungsanspruch auch auf das Verbot der Verwendung der angegriffenen Bezeichnung als Haupt-, Neben- oder Untertitel gerichtet hat, fehlt es, was das Berufungsgericht ungeprüft gelassen hat, schon an der erforderlichen Begehungsgefahr.

Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, daß die Beklagte die angegriffene Bezeichnung bereits als Haupt-, Neben- oder Untertitel benutzt hat, so daß von einer Wiederholungsgefahr nicht ausgegangen werden kann. Es fehlen aber auch Feststellungen dazu, daß die Beklagte entsprechende ernsthafte Vorbereitungsmaßnahmen getroffen hat, aus denen entnommen werden könnte, daß die angegriffenen Handlungen unmittelbar bevorstehen, so daß auch das Bestehen einer Erstbegehungsgefahr nicht angenommen werden kann.

b) Bezüglich der angegriffenen Verwendung als Rubriküberschrift fehlt es an einer Verwechslungsgefahr zwischen der Benutzungsform der Beklagten und dem Werktitel der Klägerin.

aa) Zutreffend ist das Berufungsgericht allerdings davon ausgegangen, daß nicht in jeglicher Verwendung des Klagetitels oder einer verwechselbaren Bezeichnung schon eine Rechtsverletzung i. S. von § 15 Abs. 2 MarkenG zu erblicken ist, sondern daß es – wie zur Zeit der Geltung des § 16 UWG, der durch die Regelung in §§ 5, 15 MarkenG abgelöst worden ist – auf eine titelmäßige Verwendung ankommt, da bei Erlaß des Markengesetzes – wie bereits ausgeführt – eine grundsätzliche Änderung gegenüber der früheren Rechtslage nicht beabsichtigt war. Eine derartige Verwendung liegt vor, wenn eine Kennzeichnung in einer Weise benutzt wird, daß ein nicht unerheblicher Teil des angesprochenen Verkehrs in ihm die Bezeichnung eines Druckwerkes zur Unterscheidung von anderen Werken sieht (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt. v. 23. 3. 1979 – I ZR 50/ 77, GRUR 1979, 564, 567 = WRP 1979, 462 – Metall-Zeitung; Urt. v. 26. 5. 1994 – I ZR 33/ 92, GRUR 1994, 908, 910 = WRP 1994, 743 – WIR IM SÜDWESTEN, m. w. N). Hierzu zählt – wovon das Berufungsgericht im Grundsatz zutreffend ausgegangen ist – nicht nur eine Verwendung als Titel für eine Zeitung oder Zeitschrift als Ganzes, sondern auch eine Verwendung für einen Teil, sofern es sich bei diesem Teil nur innerhalb der Druckschrift um eine besondere, nach ihrer sonstigen äußeren Aufmachung und ihrem Gegenstand und Inhalt in gewissem Umfang selbständig gestaltete Abteilung handelt (RGZ 133, 189, 191 – Kunstseiden-Kurier).

Das Berufungsgericht hat seine Beurteilung insoweit auf die konkrete Gestaltung der entsprechenden Seite von BILD Hamburg in der Art einer – sonst auf keiner anderen Seite vorkommenden – Rubrik und die Verwendung der Bezeichnung auch bei bestimmten Werbemaßnahmen gestützt. Ob diese tatrichterliche Würdigung – wie die Revision unter Hinweis auf die typographische Hervorhebung auch anderer Seiten oder Rubrikenüberschriften wie „Nachrichten“, „News“, „Thema des Tages“ in BILD Hamburg meint – aus Rechtsgründen beanstandet werden kann, bedarf im Streitfall keiner abschließenden Prüfung.

bb) Dem Berufungsgericht kann nämlich in seiner Beurteilung, die angegriffene Bezeichnung sei als Rubriküberschrift in BILD Hamburg mit dem Klagetitel verwechselbar, nicht beigetreten werden.

Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr im eigentlichen (engeren) Sinn hat das Berufungsgericht zutreffend verneint, aber gemeint, es bestehe eine (unmittelbare) Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn, weil beim Verkehr bei der Begegnung mit der angegriffenen Bezeichnung als Rubriküberschrift in BILD Hamburg die Vorstellung ausgelöst werde, es bestünden geschäftliche Beziehungen zwischen den Parteien als den Benutzern der Bezeichnungen. Das ist nicht frei von Rechtsfehlern.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes dienen Werktitel i. S. des § 5 Abs. 3 MarkenG grundsätzlich (nur) der Unterscheidung eines Werkes von anderen; einen Hinweis auf den Hersteller oder Inhaber des Werkes stellen sie regelmäßig nicht dar (BGHZ 120, 228, 230 – Guldenburg, m. w. N.; BGH GRUR 1999, 235, 236 – Wheels Magazine). Sie sind daher in der Regel nur gegen die Gefahr einer unmittelbaren Verwechslung im engeren Sinn geschützt (vgl. Ingerl/ Rohnke, Markengesetz, § 15 Rdn. 81). Allerdings kann der Verkehr unter bestimmten Voraussetzungen mit einem Werktitel gleichzeitig auch die Vorstellung einer bestimmten betrieblichen Herkunft verbinden, wie dies in der Rechtsprechung für bekannte Titel regelmäßig erscheinender periodischer Druckschriften bejaht worden ist (vgl. BGH, Urt. v. 22. 10. 1969 – I ZR 47/ 68, GRUR 1970, 141 f. – Europharma; Beschl. v. 10. 5. 1974 – I ZB 2/ 73, GRUR 1974, 661, 662 – St. Pauli-Nachrichten; GRUR 1999, 235, 237 – Wheels Magazine; WRP 1999, 519, 521 – Max; vgl. auch: BGHZ 102, 88, 91 – Apropos Film; 120, 228, 230 – Guldenburg; BGH GRUR 1994, 908, 910 – WIR IM SÜDWESTEN). Denn die Bekanntheit eines solchen Titels und das regelmäßige Erscheinen im selben Verlag legen die Schlußfolgerung nahe, daß er im Verkehr jedenfalls teilweise auch als Hinweis auf die betriebliche Herkunft verstanden wird.

Von einem solchen Verständnis des Klagetitels durfte das Berufungsgericht im Streitfall jedoch nicht ohne weiteres ausgehen. Hierzu hätte es Feststellungen zur Bekanntheit des Titels „SZENE Hamburg“ der Klägerin bedurft, die das Berufungsgericht in Ermangelung entsprechenden Vortrags der Klägerin nicht getroffen hat. Die allgemeinen Erwägungen des Berufungsgerichts zur Frage der Stärkung der Kennzeichnungskraft des Klagetitels durch kontinuierliche Benutzung über mehr als 20 Jahre ersetzen diese Feststellungen nicht. Sie beziehen sich nur auf den Klagetitel als Zeitschriftenbezeichnung und ihnen kann keine so große Bekanntheit des Klagetitels entnommen werden, daß der Verkehr diesem zugleich ausnahmsweise eine Angabe über die betriebliche Herkunft entnimmt.

c) Soweit das Berufungsgericht – unausgesprochen – davon ausgegangen ist, daß es sich bei der angegriffenen Verwendung der Bezeichnung „Szene INSIDE“ in der Werbung für den KNIX-Wettbewerb um eine titelmäßige Benutzung handelt, ist das nicht frei von Rechtsfehlern. Aus der angegriffenen Werbung wird wegen des Fehlens eines Bezugs zu einem titelschutzfähigen Werk für den angesprochenen Verkehr, auf dessen Vorstellung es, wie bereits ausgeführt, ankommt, nicht erkennbar, daß es sich insoweit um die Verwendung eines Werktitels handelt.

Das Berufungsgericht hat aber auch eine Verwechslungsgefahr (im weiteren Sinn) zwischen der angegriffenen Bezeichnung und dem Klagetitel bezüglich der Verwendung in der Werbung für den KNIX-Wettbewerb nicht rechtsfehlerfrei für gegeben erachtet. Insoweit kann auf die vorstehenden Ausführungen unter II. 4. b) bb) Bezug genommen werden.

5. Das angefochtene Urteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 563 ZPO).

a) Das Berufungsgericht hat – von seinem Standpunkt aus folgerichtig – ungeprüft gelassen, ob im Streitfall ein erweiterter Titelschutz für bekannte Werktitel nach § 5 Abs. 3, § 15 Abs. 3 MarkenG in Betracht kommt. Insoweit bedarf es indessen keiner Aufhebung und Zurückverweisung, da der Senat selbst entscheiden kann. Nach § 15 Abs. 3 MarkenG ist es untersagt, einen im Inland bekannten Titel oder einen ähnlichen Titel – auch ohne daß Verwechslungsgefahr im Sinne von § 15 Abs. 2 MarkenG besteht – zu benutzen, sofern die Benutzung die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung des Titels ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt. Dem unstreitigen Sachverhalt und dem Klagevorbringen lassen sich keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür entnehmen, daß diese besonderen Schutzvoraussetzungen vorliegend erfüllt sein könnten. Die Klägerin, die ihre Klage jedenfalls nicht ausdrücklich auch auf § 15 Abs. 3 MarkenG, sondern insoweit lediglich auf § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt der Rufausbeutung und -beeinträchtigung gestützt hat, hat zur Begründung eines wettbewerbsrechtlichen Schutzes zwar näher zur Bekanntheit ihres Titels vorgetragen. Es kann jedoch auf sich beruhen, ob das Vorbringen für die Annahme eines hinreichenden Bekanntheitsgrades im Sinne von § 15 Abs. 3 MarkenG genügt. Denn das sonstige Klagevorbringen reicht jedenfalls nicht, um den Vorwurf einer unlauteren Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft oder der Wertschätzung zu rechtfertigen. Allein aus einer – für die Prüfung in der Revisionsinstanz zu unterstellenden – Bekanntheit des Klagetitels ergibt sich noch nicht, daß vorliegend eine Rufausnutzung und -beeinträchtigung unter den von der Klägerin in den Vordergrund gestellten Gesichtspunkten des Imagetransfers und der Verwässerung in Betracht kommt. Es müßten konkrete Umstände dafür vorliegen, daß es aufgrund der hier lediglich in Rede stehenden (keine Verwechslungsgefahr begründenden) Benutzung des Titels des monatlich – in einer von der Klägerin für das Jahr 1995 mit monatlich ca. 37. 500 angegebenen Auflage – erscheinenden Stadtmagazins als Rubriküberschrift in der Tageszeitung der Beklagten zu einer solchen Rufausnutzung und -beeinträchtigung kommt. Hinreichende Anhaltspunkte, die eine solche Annahme rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich.

b) Auch ein ergänzender außerkennzeichenrechtlicher Titelschutz scheidet vorliegend aus. Die Klägerin hat den geltend gemachten Unterlassungsanspruch zwar maßgebend auch auf § 1 UWG gestützt und das Landgericht hat ihn unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Annäherung an fremde Werbung für begründet erachtet. Das Berufungsgericht, das die Prüfung von seinem Standpunkt aus offenlassen konnte, hat jedoch zu Recht in Zweifel gezogen, ob neben der Neuregelung des § 15 Abs. 3 MarkenG noch Raum für einen ergänzenden Schutz nach § 1 UWG ist.

Im Streitfall, in dem eine vor dem Inkrafttreten des Markengesetzes am 1. Januar 1995 begonnene Benutzungshandlung zu beurteilen ist, muß der in die Zukunft gerichtete Unterlassungsanspruch sowohl nach dem alten als auch nach dem neuen Recht gegeben sein (§ 153 Abs. 1 MarkenG). Der Senat hat inzwischen zum Schutz der bekannten Marke nach § 14 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG entschieden, daß daneben nicht unbeschränkt wettbewerbsrechtliche Ansprüche herangezogen werden können, da sich der Schutz der bekannten Marke im Markengesetz als eine umfassende spezialgesetzliche Regelung darstellt, mit der der bislang von der Rechtsprechung entwickelte Schutz fixiert und ausgebaut werden sollte. Die neue Schutzmöglichkeit ist an die Stelle der bisherigen getreten und läßt jedenfalls in ihrem Anwendungsbereich – ungeachtet der Regelung des § 2 MarkenG – für eine gleichzeitige Anwendung des § 1 UWG oder des § 823 BGB keinen Raum (vgl. näher BGHZ 138, 349, 351 f. – MAC Dog, m. w. N.). Für den erweiterten Schutz der bekannten geschäftlichen Bezeichnung nach § 15 Abs. 3 MarkenG gilt nichts anderes. Auch der Anwendungsbereich dieser Regelung darf grundsätzlich nicht über § 1 UWG ausgedehnt werden. Ein Titelschutz aufgrund wettbewerbsrechtlicher oder bürgerlich-rechtlicher Vorschriften kommt daher nur in einem sehr beschränkten Umfang in Betracht, so insbesondere bei Beeinträchtigungen aus Verwendungen, die mangels Benutzung im Sinne des § 15 Abs. 3 MarkenG kennzeichenrechtlich nicht erfaßbar sind, oder aus dem außergeschäftlichen Verkehr stammen (vgl. Ingerl/ Rohnke, Markengesetz, § 15 Rdn. 71, 105; a. A. Fezer, Markenrecht, 2. Aufl., § 2 Rdn. 2 ff. und § 15 Rdn. 135). Dem Klagevorbringen lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, daß im Streitfall besondere von der markengesetzlichen Regelung nicht erfaßte wettbewerbsrechtliche Umstände in Frage stehen könnten.

III. Danach war das angefochtene Urteil aufzuheben und auf die Berufung der Beklagten in Abänderung des landgerichtlichen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

(Unterschriften)

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