BGH: Stüssy II

BGH, Urteil vom 23.10.2003 – I ZR 193/97 – stüssy II (OLG Düsseldorf)
MarkenG § 24 Abs. 1; EG Art. 28, 30

Vertreibt ein Markeninhaber seine Markenware im Europäischen Wirtschaftsraum im Rahmen eines ausschließlichen Vertriebssystems und gibt es in allen Ländern der Europäischen Union und des Europäischen Wirtschaftsraums jeweils nur einen Alleinvertriebsberechtigten (Generalimporteur) für besagte Waren, der nach den getroffenen Vereinbarungen verpflichtet ist, die Ware nicht an Zwischenhändler zum Weitervertrieb außerhalb seines jeweiligen Vertragsgebiets abzugeben, obliegt im Markenverletzungsprozeß dem Markeninhaber der Nachweis, daß von einem angegriffenen angeblichen Markenverletzer in den Verkehr gebrachte Originalwaren ursprünglich von ihm selbst oder mit seiner Zustimmung erstmals außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums in den Verkehr gebracht worden sind.

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 23. Oktober 2003 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Starck, Pokrant und Dr. Büscher für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil des 20. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 8. Juli 1997 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Tatbestand:

Die STUSSY Inc. in Irvine (Kalifornien) ist Inhaberin der Marke Nr. 1 134 289, Wort-/ Bildzeichen „stüssy“, eingetragen seit 1989 für „Bekleidungsstücke, insbesondere Hemden, Shorts, Badeanzüge, T-Shirts, Trainingsanzüge, Westen, Hosen“.

Diese Artikel werden weltweit unter der Marke „Stüssy“ (oder auch „Stussy“) in den Verkehr gebracht; sie tragen keine besonderen Unterscheidungsmerkmale, anhand derer sie einem bestimmten Vertriebsgebiet zugeordnet werden könnten. Nach dem Vortrag der Klägerin gibt es in allen Ländern der Europäischen Union und des Europäischen Wirtschaftsraums jeweils (nur) einen Alleinvertriebsberechtigten (Generalimporteur) für „Stussy“ -Artikel, der vertraglich verpflichtet ist, die Ware nicht an Zwischenhändler zum Weitervertrieb außerhalb seines jeweiligen Vertragsgebiets abzugeben.

Die Klägerin, Groß- und Einzelhändlerin für Bekleidung, ist nach dem Händlervertrag vom 1. Mai 1995 Inhaberin der ausschließlichen Vertriebsrechte für Waren der STUSSY Inc. in Deutschland. In einem Vertrag über Warenzeichendurchsetzung vom 1. Mai 1995 und in einer weiteren undatierten Erklärung hat die STUSSY Inc. die Klägerin dazu ermächtigt, Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche gegen Dritte wegen Verletzung der Klagemarke im eigenen Namen gerichtlich geltend zu machen.

Die Beklagte zu 1, deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2 ist, bringt „Stussy“ -Artikel in Deutschland auf den Markt, die sie nicht von der Klägerin bezogen hat.

Die Klägerin hat behauptet, bei den von der Beklagten zu 1 vertriebenen Artikeln handele es sich um ursprünglich in den USA in Verkehr gebrachte Ware, deren Vertrieb in Deutschland oder einem anderen EU-Mitgliedstaat die Markeninhaberin nicht zugestimmt habe. Die Klägerin hat die Beklagten deshalb auf Unterlassung, auf Auskunftserteilung betreffend Handlungen seit dem 1. Januar 1995 sowie auf Feststellung der Schadensersatzverpflichtung seit dem 1. Januar 1995 in Anspruch genommen.

Die Beklagten sind dem entgegengetreten und haben geltend gemacht, die Markenrechte der Klägerin seien für die in Frage stehenden Waren erschöpft, und zwar für die Zeit vor dem 1. Januar 1995 nach dem zur Zeit des Warenzeichengesetzes geltenden Grundsatz der weltweiten Erschöpfung, nach diesem Zeitpunkt gemäß § 24 Abs. 1 MarkenG. Die Beklagte zu 1 beziehe ihre (Original-) Ware aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union bzw. des Europäischen Wirtschaftsraums, wo sie von der Markeninhaberin bzw. mit deren Zustimmung in den Verkehr gebracht worden sei. Das im Wege eines Testkaufs im Oktober 1996 bei der Beklagten zu 1 erworbene Bekleidungsstück mit dem Aufdruck „Sport 96“ aus der Produktion der Markeninhaberin habe die Beklagte zu 1 von einem in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union bzw. des Europäischen Wirtschaftsraums ansässigen Zwischenhändler bezogen, von dem sie, die Beklagten, annähmen, daß er es von einem „Stussy“ -Vertragshändler erworben habe. Zur Benennung von Lieferanten seien sie, die Beklagten, nicht verpflichtet, jedenfalls solange nicht, als die Klägerin nicht die Lückenlosigkeit des behaupteten Vertriebssystems darlege und beweise.

Das Landgericht hat den Klageanträgen weitgehend entsprochen.

Die Berufung der Beklagten hat zur Klageabweisung geführt (OLG Düsseldorf Mitt. 1998, 372).

Mit der Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Durch Beschluß vom 11. Mai 2000 hat der Senat dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften nach Art. 234 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 3 EG folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt (BGH GRUR 2000, 879 = WRP 2000, 1280 – stüssy):

Sind Art. 28, 30 EG dahin auszulegen, daß sie die Anwendung nationaler Rechtsvorschriften erlauben, nach denen ein wegen des Vertriebs von Originalware aus einer Marke in Anspruch genommener Verletzer, der sich auf die Erschöpfung des Markenrechts im Sinne von Art. 7 der Ersten Richtlinie des Rates 89/ 104/ EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken vom 21. Dezember 1988 beruft, darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen hat, daß die von ihm vertriebene Ware zuvor erstmals bereits vom Markeninhaber selbst oder mit seiner Zustimmung im Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht worden ist?

Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat hierüber durch Urteil vom 8. April 2003 wie folgt entschieden (EuGH GRUR 2003, 512 = WRP 2003, 623 – Van Doren + Q.):

Eine Beweisregel, nach der die Voraussetzungen der Erschöpfung des Rechts aus der Marke grundsätzlich von dem vom Markeninhaber belangten Dritten, der sich auf die Erschöpfung beruft, zu beweisen sind, da diese eine Einwendung darstellt, ist mit dem Gemeinschaftsrecht, insbesondere mit den Artikeln 5 und 7 der Ersten Richtlinie 89/ 104/ EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken in der durch das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 geänderten Fassung, vereinbar. Die Erfordernisse des namentlich in den Artikeln 28 EG und 30 EG verankerten Schutzes des freien Warenverkehrs können jedoch eine Modifizierung dieser Beweisregel gebieten. So obliegt dem Markeninhaber insbesondere dann, wenn er seine Waren im Europäischen Wirtschaftsraum über ein ausschließliches Vertriebssystem in den Verkehr bringt, der Nachweis, daß die Waren ursprünglich von ihm selbst oder mit seiner Zustimmung außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums in den Verkehr gebracht wurden, wenn der Dritte nachweisen kann, daß eine tatsächliche Gefahr der Abschottung der nationalen Märkte besteht, falls er den genannten Beweis zu erbringen hat. Gelingt dem Markeninhaber dieser Nachweis, obliegt es wiederum dem Dritten, nachzuweisen, daß der Markeninhaber dem weiteren Vertrieb der Waren im Europäischen Wirtschaftsraum zugestimmt hat.

Entscheidungsgründe:

I. Das Berufungsgericht hat die geltend gemachten markenrechtlichen Ansprüche verneint und dazu ausgeführt:

Auch wenn es sich bei der Geltendmachung der Erschöpfung des Markenrechts – ebenso wie etwa bei der Erschöpfung des Patentrechts – um eine Einwendung handele, für deren Voraussetzungen grundsätzlich der sich darauf Berufende, regelmäßig also der als Verletzer Angegriffene, die Darlegungslast trage, entbinde dies doch den Anspruchsteller nicht von jeglichem Tatsachenvortrag zur „Zustimmungslage“.

Allerdings gebe es Fälle wie den vorliegenden, in denen das – grundsätzlich vom Kläger darzulegende – Fehlen der Zustimmung des Markeninhabers zur Markenbenutzung in seinen tatsächlichen Merkmalen mit den Voraussetzungen des Erschöpfungseinwands aus § 24 Abs. 1 MarkenG zusammenfalle. Insoweit gelte dann – auch – der Grundsatz, daß derjenige, der sich auf einen Erschöpfungstatbestand wie § 24 Abs. 1 MarkenG berufe, dessen tatsächliche Voraussetzungen darzulegen und zu beweisen habe.

Bei Abwägung beider – im Streitfall teilweise widerstreitender – Grundsätze erscheine es sachgerecht, wegen des teilweisen tatsächlichen Zusammenfallens der Tatbestandsmerkmale des § 14 Abs. 2 und Abs. 5 MarkenG mit denen des Erschöpfungseinwands aus § 24 Abs. 1 MarkenG die Anforderungen an die Darlegungen des Klägers zu § 14 Abs. 2 MarkenG nicht zu hoch anzusetzen, zumal im Streitfall die in Frage stehenden – auch – entlastenden Tatsachen überwiegend aus der Sphäre des Verletzers stammen dürften. Danach sei zu verlangen, daß der Kläger Umstände vortrage, die einige Anhaltspunkte dafür böten und eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür begründeten, daß die in Frage stehenden Markenwaren aus Importen stammten, die ohne die Zustimmung des Markeninhabers in der Europäischen Union oder im Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr gebracht worden seien.

Diesen Anforderungen genüge das Vorbringen der Klägerin nicht. Sie habe weder in erster Instanz noch in der Berufungsinstanz derartige wahrscheinlichkeitsbegründende Tatsachen vorgetragen.

II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben im Ergebnis keinen Erfolg. Mit Recht hat das Berufungsgericht der Klägerin gegen die Beklagten keine markenrechtlichen Ansprüche zugebilligt.

1. Zutreffend ist die Annahme des Berufungsgerichts, seit dem Inkrafttreten des Markengesetzes liege eine Markenverletzung darin, gekennzeichnete Markenware im Inland zu vertreiben, wenn diese nicht zuvor vom Markeninhaber oder mit dessen Zustimmung erstmals im Inland oder sonst in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums in Verkehr gebracht worden ist (BGHZ 131, 308, 312 f. – Gefärbte Jeans; BGH GRUR 2000, 879, 880 – stüssy). Nur in diesem Fall und nicht, wenn das erste Inverkehrsetzen außerhalb dieses Raumes erfolgt, ist das Markenrecht nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften im Sinne der zwingenden Vorschrift des Art. 7 Abs. 1 MarkenRL (§ 24 Abs. 1 MarkenG) erschöpft (EuGH GRUR 1998, 919, 921 Tz. 26 – Silhouette; Urt. v. 1. 7. 1999 – Rs. C-173/ 98, GRUR Int. 1999, 870, 872 Tz. 21 = WRP 1999, 803 – Docksides/ Sebago; Urt. v. 20. 11. 2001 – Rs. C-414/ 99 bis C-416/ 99, GRUR Int. 2002, 147, 150 Tz. 32 f. = WRP 2002, 65 – Zino Davidoff und Levi Strauss; GRUR 2003, 512, 513 Tz. 25 f. – Van Doren + Q.).

Im Streitfall ist ungeklärt, in welchem Gebiet die fragliche Ware erstmals durch die Markeninhaberin oder mit ihrer Zustimmung in den Verkehr gebracht worden ist, im Europäischen Wirtschaftsraum oder außerhalb dieses Gebiets.

2. In nicht zu beanstandender Weise ist das Berufungsgericht weiter davon ausgegangen, daß die Voraussetzungen der Erschöpfung des Markenrechts, bei der es sich um eine Einwendung handelt, grundsätzlich von den Beklagten dargelegt und bewiesen werden müßten. Denn die Vorschrift des § 24 Abs. 1 MarkenG, die wie die Regelungen der Verjährung (§ 20 MarkenG), der Verwirkung (§ 21 MarkenG), der Erlaubnis zur Benutzung des Namens und beschreibender Angaben (§ 23 MarkenG) oder des Benutzungszwangs (§§ 25, 26 MarkenG) in dem Abschnitt über Schranken des Markenschutzes enthalten ist, muß als eine von mehreren Ausnahmevorschriften verstanden werden, deren Voraussetzungen nach den allgemeinen Regeln grundsätzlich der als Verletzer Angegriffene darzulegen und zu beweisen hat (BGH GRUR 2000, 879, 880 – stüssy, m. w. N.).

3. Der Auffassung des Berufungsgerichts, daß die Klägerin im Streitfall zur „Zustimmungslage“ hätte vortragen müssen, soweit die Voraussetzungen der markenrechtlichen Erschöpfung mit der Tatbestandsvoraussetzung des § 14 Abs. 2 MarkenG, daß die angegriffenen Handlungen „ohne Zustimmung des Markeninhabers“ erfolgten, zusammenfielen, kann in dieser Allgemeinheit allerdings nicht beigetreten werden, da eine auch nur teilweise Übereinstimmung der Tatbestandsvoraussetzungen von § 14 Abs. 2 und § 24 MarkenG nicht gegeben ist (BGH GRUR 2000, 879, 881 – stüssy).

4. Die Revision der Klägerin hätte mithin auf der Grundlage des nationalen Rechts wegen fehlenden hinreichenden Vortrags der Beklagten zu den Voraussetzungen des § 24 Abs. 1 MarkenG an sich Erfolg (vgl. BGH GRUR 2000, 879, 881 – stüssy); sie ist aber gleichwohl zurückzuweisen, weil sich die klageabweisende Entscheidung des Berufungsgerichts aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 561 ZPO).

a) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften gebieten die Erfordernisse des namentlich in den Art. 28 und 30 EG verankerten Schutzes des freien Warenverkehrs eine Modifizierung der oben dargestellten Beweisregel, wenn diese es einem Markeninhaber ermöglichen könnte, die nationalen Märkte abzuschotten und damit die Beibehaltung von etwaigen Preisunterschieden zwischen den Mitgliedstaaten zu begünstigen (EuGH GRUR 2003, 512, 514 Tz. 37 f. – Van Doren + Q.). Danach obliegt dem Markeninhaber insbesondere dann, wenn er seine Waren im Europäischen Wirtschaftsraum über ein ausschließliches Vertriebssystem in den Verkehr bringt, der Nachweis, daß die Waren ursprünglich von ihm selbst oder mit seiner Zustimmung außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums in den Verkehr gebracht wurden, wenn der Dritte nachweisen kann, daß eine tatsächliche Gefahr der Abschottung der nationalen Märkte besteht, falls er den genannten Beweis zu erbringen hat (EuGH GRUR 2003, 512, 514 Tz. 42 – Van Doren + Q.).

b) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, die auf dem Vortrag der Klägerin beruhen, an dessen Richtigkeit zu zweifeln kein Anlaß besteht, ist davon auszugehen, daß die STUSSY Inc. ihre Markenware im Europäischen Wirtschaftsraum über ein ausschließliches Vertriebssystem in den Verkehr bringt. Die Klägerin ist nach dem Händlervertrag vom 1. Mai 1995 Inhaberin der „ausschließlichen Vertriebsrechte“ für Waren der STUSSY Inc. in Deutschland. Nach ihrem eigenen Vortrag gibt es in allen Ländern der Europäischen Union und des Europäischen Wirtschaftsraums jeweils (nur) einen Alleinvertriebsberechtigten (Generalimporteur) für besagte „Stussy“ -Artikel, der nach den getroffenen Vereinbarungen verpflichtet ist, die Ware nicht an Zwischenhändler zum Weitervertrieb außerhalb seines jeweiligen Vertragsgebiets abzugeben. Daraus folgt die Gefahr einer Abschottung der nationalen Märkte. Mit diesem System kann die Markeninhaberin nämlich verhindern, daß die in Rede stehende Ware im Binnenmarkt grenzüberschreitend vertrieben wird, und hierdurch die Beibehaltung etwaiger Preisunterschiede zwischen den Mitgliedstaaten begünstigen.

c) Im Streitfall bestünde auch eine tatsächliche Gefahr der Abschottung der nationalen Märkte, sofern die Beklagten den genannten Beweis erbringen müßten. Konkretes Streitobjekt ist ein Bekleidungsstück mit dem Aufdruck „Sport 96“ aus der Produktion der Markeninhaberin, von dem die Beklagten behaupten, es von einem in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union bzw. des Europäischen Wirtschaftsraums ansässigen Zwischenhändler bezogen zu haben, von dem sie, die Beklagten, annähmen, daß er es von einem „Stussy“ -Vertragshändler erworben habe. Beweisen ließe sich diese Behauptung – ihre Richtigkeit unterstellt – nur, wenn die Beklagten den Zwischenhändler benennen und auch dessen Bezugsquelle, also einen Vertragshändler mit Vertriebsberechtigung, ermitteln und benennen würden. Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, daß in einem solchen Fall die Markeninhaberin – schon um ihr Vertriebssystem aufrecht zu erhalten – auf ihren Vertragshändler einwirken würde, derartige Lieferungen an den die Beklagte zu 1 beliefernden Zwischenhändler künftig zu unterlassen. Nötigte man daher im Streitfall die Beklagten, aus Beweisgründen ihre Bezugsquellen zu offenbaren, so gäbe man damit – das Vorbringen der Beklagten hier als richtig unterstellt – der Markeninhaberin ein Mittel an die Hand, die nationalen Märkte weiterhin in der Weise abzuschotten, daß grenzüberschreitende Lieferungen im Gemeinsamen Markt nachhaltig und erfolgreich unterbunden würden (EuGH GRUR 2003, 512, 514 Tz. 40 – Van Doren + Q.).

d) Aus diesem Grund ist im Streitfall aus dem gemeinschaftsrechtlichen Gesichtspunkt der Vorschriften der Art. 28, 30 EG die sich aus § 24 Abs. 1 MarkenG ergebende Beweislastregelung dahin zu modifizieren, daß der Klägerin der Nachweis obliegt, daß die streitgegenständliche Ware ursprünglich von der Markeninhaberin selbst oder mit deren Zustimmung außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums in den Verkehr gebracht wurde.

Insoweit ist die Klägerin, wovon das Berufungsgericht zutreffend ausgegangen ist, beweisfällig geblieben. Die von der Revision erhobene Rüge, das Berufungsgericht habe insoweit nur eine unzureichende Sachaufklärung betrieben, greift nicht durch. Die Revision macht geltend, die Klägerin habe vorgetragen und unter Beweis gestellt, daß die Beklagten (von ganz geringfügigen Mengen abgesehen) keine Ware erhalten habe, die erstmals mit Zustimmung der Markeninhaberin im Gebiet des Europäischen Wirtschaftsraums in Verkehr gebracht worden sei und daß sie in erheblichem Umfang Handel mit originalen STUSSY-Produkten betrieben. Diesem Vortrag mußte das Berufungsgericht nicht nachgehen, weil mit ihm der der Klägerin obliegende Nachweis nicht erbracht werden könnte. Allein die Tatsache, daß die Beklagten mit Originalprodukten handeln, läßt den Schluß, daß diese von der Markeninhaberin oder mit ihrer Zustimmung zuvor außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums in den Verkehr gebracht worden sind, nicht zu. Es kann nach der allgemeinen Lebenserfahrung bei unstreitig weltweitem Vertrieb der fraglichen Bekleidungsstücke, die keine Merkmale enthalten, aus denen erkennbar wird, in welchem Gebiet sie erstmals in den Verkehr gebracht worden sind, nicht davon ausgegangen werden, daß es sich bei in Deutschland vertriebenen Produkten regelmäßig um solche handelt, die erstmals außerhalb der Gemeinschaft oder des Europäischen Wirtschaftsraums in Verkehr gesetzt worden sind.

III. Danach war die Revision mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

(Unterschriften)

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