BGH: Schuhpark Urteil vom 03.04.2008 – I ZR 49/05

BGH, Urteil vom 03.04.2008 – I ZR 49/05Schuhpark (OLG München)
MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 und 6

a) Eine aus beschreibenden Begriffen zusammengesetzte Marke, die Unterscheidungskraft durch die Kombination der Bestandteile erlangt, kann auch dann über nur geringe originäre Unterscheidungskraft verfügen, wenn die Verwendung der Wortzusammenstellung bisher im Verkehr nicht zu beobachten ist.

b) Die nationalen Gerichte sind im Verletzungsverfahren an die Beurteilung des Ausmaßes der originären Unterscheidungskraft der Marke durch die europäischen Gerichte im Widerspruchsverfahren nach der Gemeinschaftsmarkenverordnung nicht gebunden.

c) Markenverletzungen, die Organe oder Mitarbeiter einer auf einen anderen Rechtsträger verschmolzenen Gesellschaft begangen haben, begründen regelmäßig keine Wiederholungsgefahr für den Rechtsnachfolger. Aus der Verschmelzung des Unternehmens, in dem die Markenverletzung begangen worden ist, folgt auch keine Erstbegehungsgefahr bei dem übernehmenden Unternehmen.

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 3. April 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Bornkamm und die Richter Pokrant, Prof. Dr. Büscher, Dr. Bergmann und Dr. Koch für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 29. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 13. Januar 2005 unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die auf die Untersagung der Bezeichnung „Jello Schuhpark“ gerichtete Klage (Antrag zu 1) und die hierauf rückbezogenen Anträge zu 2 bis 4 sowie der Antrag zu 5 abgewiesen worden sind.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Die Klägerin vertreibt mit Schwerpunkt im Norden und Westen Deutschlands Schuhwaren. Sie ist Inhaberin der für „Stiefel, Halbstiefel, Hausschuhe, Schuhe, Slipper, Pantoffeln, Sandalen, Überschuhe, Überstiefel, Gummischuhe, Holzschuhe“ mit Priorität vom 14. November 1979 eingetragenen Wortmarke Nr. 1 007 149 „Schuhpark“.

2
Die Beklagte, die unter „Jello Schuhpark GmbH“ firmierte, betrieb seit 1996 Schuhmärkte in Süddeutschland. Sie verwendete die Bezeichnung „jello Schuhpark“ mit der Aufschrift „jello“ im gelben Kreis wie nachstehend beispielhaft wiedergegeben:


(Anlage B 4 S. 1)


(Anlage B 5 S. 3)


(Anlage K 9)


(Anlage K 10)

3
Die Klägerin hat geltend gemacht, die Beklagte verletze die Klagemarke „Schuhpark“ durch die Verwendung der Bezeichnung „jello Schuhpark“.

4
Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für Schuhwaren die Bezeichnung Schuhpark – wie aus der Anlage K 10 der Klageschrift ersichtlich – isoliert und/oder in Verbindung mit der Bezeichnung jello zu benutzen;

2. für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das Verbot nach Ziffer 1 die gesetzlichen Ordnungsmittel anzudrohen;

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin denjenigen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin seit dem 14. Januar 2003 durch den Gebrauch der unter Ziffer 1 genannten Bezeichnungen durch die Beklagte entstanden ist;

4. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin hinsichtlich des ab 14. Januar 2003 getätigten Umsatzes mit Schuhwaren und der ab diesem Zeitpunkt unter diesen Bezeichnungen getätigten Werbemaßnahmen (Art und Weise der Werbung und finanzieller Aufwand für die Werbemaßnahmen) Auskunft zu erteilen;

5. die Beklagte zu verurteilen, den Firmenbestandteil Schuhpark der im Handelsregister des Amtsgerichts L. eingetragenen Firma – HRB – löschen zu lassen.

5
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, zwischen den Zeichen der Parteien bestehe keine Verwechslungsgefahr. Etwaige Ansprüche der Klägerin seien verwirkt.

6
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt, ohne allerdings die Beschränkung auf die Ausführungsform nach der Anlage K 10 in den Urteilstenor aufzunehmen.

7
Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das landgerichtliche Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

8
Dagegen richtet sich die (vom Senat zugelassene) Revision der Klägerin.

9
Während des Revisionsverfahrens wurde die Beklagte auf die L. GmbH verschmolzen. Die Klägerin hat daraufhin den Rechtsstreit hinsichtlich des Klageantrags zu 5 in der Hauptsache für erledigt erklärt. Mit ihrer Revision erstrebt sie weiterhin die Verurteilung der Beklagten nach den Klageanträgen zu 1 bis 4. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

10
A. Das Berufungsgericht hat die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche nach § 14 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 und 6 MarkenG, § 242 BGB verneint. Hierzu hat es ausgeführt:

11
Das Landgericht habe unter Verstoß gegen § 308 Abs. 1 Satz 1 ZPO mehr als beantragt zugesprochen, weil es die Beschränkung des Klageantrags zu 1 bei der isolierten Verwendung der Bezeichnung „Schuhpark“ auf die konkrete Ausführungsform (Anlage K 10) unberücksichtigt gelassen habe.

12
Der Klägerin stünden aber auch im Übrigen die mit den Klageanträgen verfolgten markenrechtlichen Ansprüche nicht zu. Zwischen der Klagemarke und der von der Beklagten verwendeten Bezeichnung bestehe keine Verwechslungsgefahr i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Zwischen den für die Klagemarke eingetragenen Waren und den von der Beklagten unter den angegriffenen Zeichen vertriebenen Waren bestehe Warenidentität. Die Klagemarke verfüge nur über unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft. Der Begriff „Schuhpark“ sei an eine beschreibende Angabe angelehnt. Das Markenwort „Schuhpark“ bezeichne eine größere Einrichtung, in der Schuhe erhältlich seien.

13
Zwischen den sich gegenüberstehenden Zeichen bestehe nur eine geringe Ähnlichkeit. Es stünden sich die Klagemarke „Schuhpark“ und die Bezeichnung „jello Schuhpark“ gegenüber. Die mehrteilige Kennzeichnung „jello Schuhpark“ werde nicht allein durch „Schuhpark“ geprägt. Zum Gesamteindruck dieser Kennzeichnung trage auch „jello“ bei.

14
In Anbetracht der geringen Kennzeichnungskraft und der geringen Zeichenähnlichkeit bestehe trotz Warenidentität keine Verwechslungsgefahr.

15
B. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg, soweit der Verbotsantrag und die hierauf bezogenen Anträge zu 2 bis 4 sich gegen die Verwendung der Bezeichnung „jello Schuhpark“ richten und soweit der Klageantrag zu 5 abgewiesen worden ist. Dagegen ist die Revision gegen die Abweisung des Klageantrags über das Verbot der isolierten Verwendung der Bezeichnung „Schuhpark“ und die hierauf bezogenen Anträge zu 2 bis 4 zurückzuweisen.

16
I. Der Unterlassungsantrag ist in der gebotenen Auslegung hinreichend bestimmt i.S. von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Das Berufungsgericht hat den Klageantrag zwar nicht näher ausgelegt. Das ist jedoch unschädlich. Bei dem Klageantrag handelt es sich um eine Prozesserklärung, die das Revisionsgericht selbständig auslegen kann (BGH, Urt. v. 29.6.2000 – I ZR 128/98, GRUR 2001, 80 = WRP 2000, 1394 – ad-hoc-Meldung).

17
Mit dem Klageantrag zu 1 erstrebt die Klägerin zum einen ein Verbot der isolierten Verwendung der Bezeichnung „Schuhpark“, wie sie nach ihrer Ansicht in der Abbildung der Anlage K 10 zum Ausdruck kommt. Zum anderen begehrt die Klägerin die Unterlassung der Benutzung der Bezeichnung „jello Schuhpark“. Dieser allgemein gefasste Teil des Verbotsantrags enthält als Minus auch die konkrete Verletzungsform, bei der die Beklagte die Bezeichnung mit Wort-/Bildbestandteilen („jello“ im gelben Kreis mit dem davon abgesetzten Wortbestandteil „Schuhpark“) verwendet. Dies folgt jedenfalls aus dem Vorbringen der Klägerin in der Klageschrift, das zur Auslegung des Verbotsantrags heranzuziehen ist (vgl. BGH, Urt. v. 4.10.2007 – I ZR 143/04, GRUR 2008, 84 Tz. 19 = WRP 2008, 98 – Versandkosten).

18
II. Zu Recht hat das Berufungsgericht den Klageantrag zu 1 und den hierauf bezogenen Ordnungsmittelantrag zu 2 insoweit zurückgewiesen, als sie gegen die isolierte Verwendung der Bezeichnung „Schuhpark“ gerichtet sind. Es fehlt die für den Unterlassungsanspruch nach § 14 Abs. 5 MarkenG erforderliche Begehungsgefahr.

19
Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte die Bezeichnung „Schuhpark“ nicht isoliert verwandt hat. Dies gilt auch für die Fassadengestaltung, wie sie in der Anlage K 10 abgebildet worden ist. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nimmt der Verkehr die Bestandteile „jello“ und „Schuhpark“ in der Fassadengestaltung nicht isoliert wahr, sondern fasst sie als einheitliche Bezeichnung auf. Dagegen wendet sich die Revision nicht. Ein Rechtsfehler ist insoweit auch nicht ersichtlich. Der Unterlassungsanspruch ist ebenfalls nicht unter dem Gesichtspunkt einer Erstbegehungsgefahr begründet. Hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass eine isolierte Verwendung der Bezeichnung „Schuhpark“ durch die Beklagte ernstlich und unmittelbar bevorsteht, bestehen nicht.

20
Die Annexansprüche (Klageanträge zu 3 und 4) – bezogen auf eine isolierte Verwendung der Bezeichnung „Schuhpark“ – sind danach ebenfalls in diesem Umfang nicht gegeben.

21
III. Dagegen hält die Beurteilung des Berufungsgerichts, ein markenrechtlicher Unterlassungsanspruch nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 5 MarkenG wegen der Verwendung der Bezeichnung „jello Schuhpark“ für Schuhwaren durch die Beklagte scheide wegen fehlender Verwechslungsgefahr mit der Klagemarke „Schuhpark“ aus, einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

22
1. Entgegen der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgetragenen Ansicht der Revisionserwiderung sind markenrechtliche Ansprüche gegen die Verwendung der Bezeichnung „jello Schuhpark“ nicht schon deshalb ausgeschlossen, weil ein rein firmenmäßiger Gebrauch keine Benutzungshandlung i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MarkenG darstellt. Eine Benutzung „für Waren oder Dienstleistungen“ i.S. von Art. 5 Abs. 1 der Markenrechtsrichtlinie ist nicht gegeben, wenn ein Firmenzeichen nur für die Bezeichnung eines Geschäfts verwendet wird (vgl. EuGH, Urt. v. 16.11.2004 – C-245/02, Slg. 2004, I-10989 = GRUR 2005, 153 Tz. 64 – Anheuser Busch; Urt. v. 11.9.2007 – C-17/06, GRUR 2007, 971 Tz. 21 – Céline; BGH, Urt. v. 13.9.2007 – I ZR 33/05, GRUR 2008, 254 Tz. 22 = WRP 2008, 236 – THE HOME STORE). Mit dem Unterlassungsbegehren wendet sich die Klägerin aber nicht gegen rein firmenmäßige Benutzungshandlungen, bei denen es an einer Verbindung zwischen dem firmenmäßig genutzten Zeichen und den von der Beklagten vertriebenen Waren fehlt. Die Klägerin begehrt das Verbot nur im Zusammenhang mit der Verwendung der angegriffenen Bezeichnung für Schuhwaren.

23
2. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist es Dritten untersagt, ohne Zustimmung des Markeninhabers im geschäftlichen Verkehr ein Zeichen zu benutzen, wenn wegen der Identität oder der Ähnlichkeit des Zeichens mit der Marke und der Identität oder der Ähnlichkeit der durch die Marke und das Zeichen erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht. Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht zu ziehenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Zeichen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH, Urt. v. 28.6.2007 – I ZR 132/04, GRUR 2008, 258 Tz. 20 = WRP 2008, 232 – INTERCONNECT/T-InterConnect). Bei dieser umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist auf den durch die Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (EuGH, Urt. v. 12.6.2007 – C-334/05, GRUR 2007, 700 Tz. 35 – Limoncello). Das hat das Berufungsgericht im Ansatz auch seiner rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt.

24
3. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass zwischen den Waren, für die die Klagemarke geschützt ist, und den unter der angegriffenen Bezeichnung vertriebenen Waren Identität besteht.

25
4. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Kennzeichnungskraft der Klagemarke sei unterdurchschnittlich. Sie sei eng an eine beschreibende Angabe angelehnt. Der Bestandteil „Schuh“ sei für die geschützten Waren rein beschreibend. Den Bestandteil „Park“ fasse der Verkehr im Zusammenhang mit gewerblichen Leistungen als einen Hinweis auf eine große Einrichtung auf. Die Klagemarke verweise deshalb auf einen größeren Geschäftsbetrieb, in dem Schuhe erhältlich seien. Diese Ausführungen des Berufungsgerichts zur Kennzeichnungskraft der Marke „Schuhpark“ lassen keinen Rechtsfehler erkennen.

26
a) Einer Klagemarke, die sich für die beteiligten Verkehrskreise unschwer erkennbar an einen beschreibenden Begriff anlehnt, kommt im Regelfall von Hause aus keine durchschnittliche, sondern nur eine geringere Kennzeichnungskraft zu (BGH, Urt. v. 8.11.2001 – I ZR 139/99, GRUR 2002, 626, 628 f. = WRP 2002, 705 – IMS).

27
b) Allerdings hat das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften angenommen, dass die Klagemarke „Schuhpark“ normal kennzeichnungskräftig ist (EuG, Urt. v. 8.3.2005 – T-32/03, GRUR Int. 2005, 583 Tz. 43 – JELLO SCHUHPARK). Die Klägerin jenes Verfahrens hatte nach den Feststellungen des Gerichts erster Instanz nicht nachgewiesen, dass die Bezeichnung für eine ausgedehnte Verkaufsstätte für Schuhe üblich geworden sei oder es in Deutschland große Verkaufsflächen mit der Spezialisierung ausschließlich auf den Verkauf von Schuhen gebe. Das Gericht erster Instanz hat deshalb angenommen, dass die Kombination der Wortbestandteile der Klagemarke ungewöhnlich und neuartig ist und über eine gewisse Originalität verfügt.

28
c) Die unterschiedliche Einstufung der Kennzeichnungskraft der Klagemarke durch das Berufungsgericht und das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften im Widerspruchsverfahren nach der Gemeinschaftsmarkenverordnung beruht danach nicht auf abweichenden rechtlichen Maßstäben, sondern auf einer unterschiedlichen Beurteilung der Verkehrsauffassung. Die Beurteilung der Verkehrsauffassung ist jedoch Aufgabe des Tatrichters. In der Revisionsinstanz ist die tatrichterliche Beurteilung der Verkehrsauffassung nur darauf hin zu überprüfen, ob der Tatrichter den Prozessstoff verfahrensfehlerfrei ausgeschöpft und seine Beurteilung der Verkehrsauffassung frei von Widersprüchen mit den Denkgesetzen und den Erfahrungssätzen vorgenommen hat (BGH, Urt. v. 29.6.2006 – I ZR 110/03, GRUR 2006, 937 Tz. 27 = WRP 2006, 1133 – Ichthyol II).

29
Die gegen die Annahme einer unterdurchschnittlichen Kennzeichnungskraft gerichteten Rügen der Revision greifen nicht durch. Zwar kann eine zusammengesetzte Marke, deren Bestandteile für sich genommen nicht unterscheidungskräftig sind, Unterscheidungskraft durch die Kombination der Bestandteile erlangen (EuGH, Urt. v. 12.2.2004 – C-265/00, Slg. 2004, I-680 = GRUR 2004, 680 Tz. 41 – BIOMILD; BGH, Beschl. v. 11.5.2000 – I ZB 22/98, GRUR 2001, 162, 163 = WRP 2001, 35 – RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Davon ist auch das Berufungsgericht ausgegangen und hat zutreffend die Kennzeichnungskraft der zusammengesetzten Marke seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Entgegen der Ansicht der Revision kommt es auch nicht darauf an, dass eine Vielzahl von Marken mit dem Bestandteil „PARK“ für unterschiedliche Waren und Dienstleistungen eingetragen sind. Das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist bereits überwunden, wenn der angemeldeten Marke nicht jede Unterscheidungskraft fehlt (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG).

30
Schließlich steht der Annahme einer geringen Kennzeichnungskraft der Klagemarke auch nicht entgegen, dass das Berufungsgericht keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob die Verwendung der Wortkombination „Schuhpark“ in Deutschland üblich geworden ist. Zwar folgt regelmäßig daraus, dass ein Markenwort üblicherweise im Verkehr für die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen verwendet wird, dass es von Hause aus nicht unterscheidungskräftig ist; umgekehrt ergibt sich aus dem Umstand, dass eine Wortzusammenstellung im Verkehr nicht verwendet wird, nicht ihre Unterscheidungskraft (vgl. EuGH, Urt. v. 21.10.2004 – C-64/02, Slg. 2004, I-10031 = GRUR 2004, 1027 Tz. 37 u. 46 – DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT).

31
5. Den Grad der Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Zeichen und die Verwechslungsgefahr i.S von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG hat das Berufungsgericht dagegen nicht rechtsfehlerfrei bestimmt.

32
a) Das Berufungsgericht hat angenommen, dass die Klagemarke und die angegriffene Bezeichnung nur geringe Zeichenähnlichkeit aufweisen. Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg.

33
aa) Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist der jeweilige Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Zeichen zu berücksichtigen. Das schließt nicht aus, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer komplexen Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (EuGH, Urt. v. 6.10.2005 – C-120/04, Slg. 2005, I-8551 = GRUR 2005, 1042 Tz. 28 f. – THOMSON LIFE; BGH, Beschl. v. 13.10.2004 – I ZB 4/02, GRUR 2005, 326, 327 = WRP 2005, 341 – il Padrone/Il Portone). Weiter ist nicht ausgeschlossen, dass ein Zeichen, das als Bestandteil in eine zusammengesetzte Marke oder eine komplexe Kennzeichnung aufgenommen wird, eine selbständig kennzeichnende Stellung behält, ohne dass es das Erscheinungsbild der zusammengesetzten Marke oder komplexen Kennzeichnung dominiert oder prägt (EuGH GRUR 2005, 1042 Tz. 30 – THOMSON LIFE; BGH, Urt. v. 5.4.2001 – I ZR 168/98, GRUR 2002, 171, 174 = WRP 2001, 1315 – Marlboro-Dach; Urt. v. 22.7.2004 – I ZR 204/01, GRUR 2004, 865, 866 = WRP 2004, 1281 – Mustang). Bei Identität oder Ähnlichkeit dieses selbständig kennzeichnenden Bestandteils mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang kann das Vorliegen von Verwechslungsgefahr i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zu bejahen sein, weil dadurch bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck hervorgerufen werden kann, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (EuGH GRUR 2005, 1042 Tz. 31 – THOMSON LIFE; BGH GRUR 2008, 258 Tz. 33 – INTERCONNECT/T-InterConnect; Urt. v. 20.9.2007 – I ZR 6/05, GRUR 2007, 1071 Tz. 35 = WRP 2007, 1461 – Kinder II).

34
bb) Das Berufungsgericht hat angenommen, das Zeichen „jello Schuhpark“ werde nicht allein durch den Bestandteil „Schuhpark“ geprägt. Diesem fehle als Sachhinweis ein bestimmender Einfluss auf den Gesamteindruck. Ob das Wort „jello“ den Gesamteindruck der kollidierenden Bezeichnung präge, könne dahinstehen. Da dieses Wort in der eingliedrigen Klagemarke nicht vorkomme, sei nur von geringer Zeichenähnlichkeit auszugehen. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

35
(1) Mit Erfolg rügt die Revision, das Berufungsgericht habe bei der Beurteilung des Gesamteindrucks der Bezeichnung „jello Schuhpark“ den Vortrag der Klägerin nicht berücksichtigt, der inländische Verkehr fasse den Begriff „jello“ nicht als das englische Wort für Wackelpudding auf. Er verwechsle „jello“ vielmehr mit dem Wort „yellow“ (gelb) der englischen Sprache oder setze ihn wegen einer identischen Aussprache mit diesem Wort gleich. Von einem entsprechenden Verkehrsverständnis ist auch das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften in dem Widerspruchsverfahren gegen die Anmeldung der Marke „JELLO SCHUHPARK“ ausgegangen (EuG GRUR Int. 2005, 583 Tz. 46 – JELLO SCHUHPARK). Trifft dieses Verkehrsverständnis zu, ist nicht ausgeschlossen, dass der Gesamteindruck der angegriffenen Bezeichnung „jello Schuhpark“ durch den Wortbestandteil „Schuhpark“ geprägt wird und das Wort „jello“ in den Hintergrund tritt oder zumindest der Gesamteindruck durch den Bestandteil „Schuhpark“ maßgeblich mitbestimmt wird.

36
(2) Die Bestimmung des Gesamteindrucks der von der Beklagten verwendeten Wort-/Bildkombination („jello“ im gelben Kreis mit dem davon abgesetzten Wortbestandteil „Schuhpark“) ist ebenfalls nicht frei von Rechtsfehlern. Das Berufungsgericht hat hierzu anhand der Anlagen K 9 und K 10 nur festgestellt, der Verkehr fasse dieses Zeichen als einheitliche Kennzeichnung auf. Damit ist aber nicht ausgeschlossen, dass der Bestandteil „Schuhpark“ in dem Wort-/Bildzeichen eine selbständig kennzeichnende Stellung behält, ohne dass er das Erscheinungsbild der komplexen Kennzeichnung prägt (vgl. EuGH GRUR 2005, 1042 Tz. 30 – THOMSON LIFE; BGH GRUR 2004, 865, 866 – Mustang). Im Streitfall kommt dies in Betracht, wenn der Verkehr „jello Schuh-park“ als eine besondere Ausstattungslinie der Inhaberin der Klagemarke auffasst. Ein entsprechendes Verkehrsverständnis hatte die Klägerin in den Tatsacheninstanzen geltend gemacht (hierzu auch EuG GRUR Int. 2005, 583 Tz. 46 – JELLO SCHUHPARK).

37
Die erforderlichen Feststellungen zum Verkehrsverständnis wird das Berufungsgericht im wiedereröffneten Berufungsverfahren nachzuholen und auf der Grundlage dieser Feststellungen die Zeichenähnlichkeit neu zu bewerten haben.

38
b) Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangen, es sei davon auszugehen, dass zwischen der Klagemarke und der angegriffenen Bezeichnung „jello Schuhpark“ nicht nur geringe Zeichenähnlichkeit besteht, so ist, wenn nicht schon eine unmittelbare Verwechslungsgefahr i.S. von § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zwischen den Kollisionszeichen anzunehmen ist, eine Verwechslungsgefahr im weiteren Sinn gegeben, wenn bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck hervorgerufen wird, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen zumindest aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen.

39
6. Im wiedereröffneten Berufungsrechtszug wird das Berufungsgericht auch zu prüfen haben, ob die für einen Unterlassungsanspruch erforderliche Begehungsgefahr nach der während des Revisionsverfahrens erfolgten Verschmelzung der Beklagten auf die L. GmbH noch gegeben ist. Nach der Rechtsprechung des Senats begründen Wettbewerbsverstöße, die Organe oder Mitarbeiter einer auf einen anderen Rechtsträger verschmolzenen Gesellschaft begangen haben, keine Wiederholungsgefahr für den Rechtsnachfolger (BGHZ 172, 165 Tz. 11 – Schuldnachfolge). Aus der Verschmelzung des Unternehmens, in dem ein Wettbewerbsverstoß begangen worden ist, folgt auch keine Erstbegehungsgefahr bei dem übernehmenden Rechtsträger (BGHZ 172, 165 Tz. 14 – Schuldnachfolge). Diese Grundsätze gelten im Regelfall auch für eine Markenverletzung, die von Organen oder Mitarbeitern des übernommenen Unternehmens begangen worden ist. Die Klägerin wird danach im Berufungsrechtszug Gelegenheit haben, nach der Verschmelzung der ursprünglichen Beklagten auf die L. GmbH zu einer Begehungsgefahr vorzutragen.

40
IV. Die vollständige Abweisung der auf Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzverpflichtung gerichteten Klageanträge zu 3 und 4 kann ebenfalls keinen Bestand haben, weil markenrechtlich relevante schuldhafte Verletzungshandlungen der Beklagten nicht ausgeschlossen sind.

41
V. Die Klage nach dem Klageantrag zu 5 auf Einwilligung in die Löschung des Bestandteils „Schuhpark“ in der Firma der Beklagten hat die Klägerin einseitig für erledigt erklärt. Der erstmals in der Revisionsinstanz gestellte Antrag auf Feststellung der Erledigung der Hauptsache ist zulässig. Während des Revisionsverfahrens ist auch ein erledigendes Ereignis eingetreten, weil die Beklagte auf die L. GmbH verschmolzen wor den ist (§ 2 Nr. 1 UmwG). Dadurch ist der Störungszustand entfallen, auf dessen Beseitigung der Anspruch auf Einwilligung in die Löschung des Firmenbestandteils „Schuhpark“ gerichtet ist.

42
Für die Entscheidung über die Begründetheit des Feststellungsantrags kommt es darauf an, ob der Klägerin bis zur Verschmelzung der Beklagten der aus den markenrechtlichen Bestimmungen abgeleitete Anspruch auf Einwilligung in die Löschung nach § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zustand (zum Beseitigungsanspruch: BGH, Urt. v. 21.2.2002 – I ZR 230/99, GRUR 2002, 898, 900 = WRP 2002, 1066 – defacto).

(Unterschriften)

Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 17.06.2004 – 4 HKO 17288/03
OLG München, Entscheidung vom 13.01.2005 – 29 U 4387/04

BGH Volltext

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