BGH: GALLUP Beschluss vom 06.10.2005 – I ZB 20/03

BGH, Beschluss vom 06.10.2005 – I ZB 20/03GALLUP (Bundespatentgericht)
MarkenG § 26 Abs. 1

Der Umstand allein, dass die Marke lediglich auf einer ganz geringen Anzahl von Waren – hier: zehn jährlich bzw. monatlich erscheinenden Druckschriften – angebracht wird, lässt dann nicht auf eine Scheinbenutzung schließen, wenn es für die Waren nur einen sehr speziellen Abnehmerkreis gibt.

Der Umstand, dass die mit der Marke gekennzeichnete Ware unentgeltlich abgegeben wird, steht der Annahme einer rechtlich relevanten Benutzung der Marke nur dann entgegen, wenn die Abgabe keinen Bezug zu einer geschäftlichen Tätigkeit aufweist.

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 6. Oktober 2005 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Ullmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm, Pokrant und Dr. Schaffert beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde der Widersprechenden wird der Beschluss des 33. Senats (Marken-Beschwerdesenats) des Bundespatentgerichts vom 24. Juni 2003 aufgehoben.

Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde wird auf 50.000 € festgesetzt.

Gründe:

1
I. Gegen die Eintragung der von der Markeninhaberin am 9. Dezember 1992 für die Dienstleistungen „Marktforschung, Meinungsforschung, Sozialforschung“ angemeldeten Wortmarke Nr. 2 913 956

GALLUP

hat die Widersprechende aus ihrer für die Bundesrepublik Deutschland mit dem Zeitrang vom 15. Februar 1947 für die Waren „Imprimés et écrits, ainsi que périodiques et rapports concernant l’étude de l’opinion publique, ainsi que les problèmes sociaux, économiques, politiques, statistiques, religieux, techniques et hygiéniques, de même que des sujets d’art, d’horticulture, d’agriculture et de sylviculture, d‘ élevage, de pêche et relatifs à l’étude du marché et de la publicité“ international registrierten Wortmarke Nr. 2R 132 442

GALLUP

Widerspruch eingelegt. Die Markeninhaberin hat die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke bestritten. Außerdem hat sie geltend gemacht, eine Bekanntheit des Zeichens „GALLUP“ zum Zeitpunkt der Anmeldung der Streitmarke sei allein auf ihre jahrzehntelange Tätigkeit als Vertretung von GALLUP zurückzuführen.

2
Die zuständige Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Löschung der Streitmarke angeordnet.

3
Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Markeninhaberin hat zur Zurückweisung des Widerspruchs geführt (BPatGE 47, 101).

4
Mit der (zugelassenen) Rechtsbeschwerde verfolgt die Widersprechende ihr Löschungsbegehren weiter. Die Markeninhaberin beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.

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II. Das Bundespatentgericht hat den Widerspruch für unbegründet erachtet und hierzu ausgeführt:

6
Soweit der Widerspruch auf § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG (Kollision der eingetragenen Marke mit einer älteren Marke) gestützt sei, habe die Widersprechende die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke auf die Nichtbenutzungseinrede der Markeninhaberin hin nicht ausreichend glaubhaft gemacht. Den von der Widersprechenden vorgelegten Unterlagen sei zwar zu entnehmen, dass diese auch auf eigenes Risiko Meinungsumfragen durchführe, nicht aber, dass sie für die entsprechenden Druckwerke das Zeichen „GAL-LUP“ nach Art einer Marke verwendet habe. Die unentgeltliche Verteilung der Zeitschrift „THE GALLUP REVIEW“ an die Kunden des Unternehmens stelle aber keine Markenbenutzung im geschäftlichen Verkehr dar, und für die jährlich bzw. monatlich erscheinenden Sammlungen von Umfrageergebnissen in „The Gallup Poll – Public Opinion“ und „The Gallup Poll – Monthly Magazine“ könne eine ernsthafte Benutzung der Widerspruchsmarke nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden.

7
Soweit der Widerspruch durch das Ankreuzen des entsprechenden Feldes im amtlichen Formblatt auch auf § 42 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG (Agentenmarke) gestützt sei, hätte er durch die Geschäftsherrin erfolgen müssen. Die erst im Jahr 1994 als deutsche Konzerntochter gegründete Widersprechende sei zwar Inhaberin der Widerspruchsmarke, nicht aber Geschäftsherrin eines Agentenverhältnisses mit der Markeninhaberin. Selbst wenn sie von ihrer Konzernmutter als Geschäftsherrin zur Anspruchsgeltendmachung ermächtigt wäre, müsste diese Inhaberin der Widerspruchsmarke gewesen sein; dafür sei aber nichts dargetan.

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III. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Bundespatentgericht hat die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke zu Unrecht als nicht ausreichend glaubhaft gemacht angesehen.

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1. Die Rechtsbeschwerde rügt ohne Erfolg, das Bundespatentgericht habe dadurch, dass es über die Beschwerde ohne mündliche Verhandlung entschieden habe, gegen das Verfahrensgrundrecht des rechtlichen Gehörs sowie gegen § 69 Nr. 3 MarkenG verstoßen.

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a) Die Anordnung einer mündlichen Verhandlung war nicht wegen des Antrags einer der Beteiligten geboten (§ 69 Nr. 1 MarkenG). Die Markeninhaberin hatte ihren diesbezüglichen Antrag nur hilfsweise für den Fall gestellt, dass ihren sonstigen Anträgen nicht entsprochen werden sollte. Dieser Fall ist nicht eingetreten; denn das Bundespatentgericht hat der Beschwerde der Markeninhaberin stattgegeben. Die Widersprechende hatte keinen Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt.

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b) Die Anordnung einer mündlichen Verhandlung war auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Sachdienlichkeit (§ 69 Nr. 3 MarkenG) erforderlich, weil das Bundespatentgericht die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke abweichend von der Auffassung des Deutschen Patent- und Markenamts beurteilt hat.

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aa) Das Bundespatentgericht entscheidet über Beschwerden in Markensachen grundsätzlich ohne mündliche Verhandlung. Unter dem Gesichtspunkt der Sachdienlichkeit (§ 69 Nr. 3 MarkenG) zwingend geboten ist eine mündliche Verhandlung allein dann, wenn die tatsächlichen und/ oder rechtlichen Fragen des Falles nicht anders sachgerecht erörtert werden können (vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Aufl., § 69 Rdn. 9). Dementsprechend ist die Anordnung einer mündlichen Verhandlung nicht immer schon dann unabdingbar, wenn das Bundespatentgericht mit seiner Beschwerdeentscheidung von der Auffassung abweicht, die das Deutsche Patent- und Markenamt in der angefochtenen Entscheidung vertreten hat (vgl. BGH, Beschl. v. 20.1.2000 – I ZB 50/97, GRUR 12 2000, 894 = WRP 2000, 1166 – Micro-PUR). Ebensowenig gibt der Umstand, dass sich die Parteien im Beschwerdeverfahren nicht zur Sache geäußert haben, für sich genommen Anlass zur Anberaumung einer mündlichen Verhandlung.

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bb) Das Absehen von einer mündlichen Verhandlung hat auch nicht den Anspruch der Widersprechenden auf Gewährung des rechtlichen Gehörs verletzt. Die Bestimmung des Art. 103 Abs. 1 GG garantiert den Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens, dass sie Gelegenheit erhalten, sich zu dem der rechtlichen Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt und zu der Rechtslage zu äußern. Dazu gehört es, dass die Beteiligten bei Anwendung der von ihnen zu verlangenden Sorgfalt erkennen können, auf welchen Tatsachenvortrag und auf welche rechtlichen Gesichtspunkte es ankommen kann (BVerfGE 86, 133, 144 f.; BVerfG NJW-RR 1996, 253, 254). Dagegen verlangt das Gebot rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG grundsätzlich nicht, dass das Gericht vor dem Erlass seiner Entscheidung auf seine Rechtsauffassung hinweist; denn ein Verfahrensbeteiligter muss schon von sich aus alle vertretbaren rechtlichen Gesichtspunkte in Betracht ziehen (vgl. BVerfGE 74, 1, 5; 86, 133, 145; BVerfG NJW-RR 1996, 253, 254; BGH GRUR 2000, 894 – Micro-PUR). Dementsprechend musste die Widersprechende im Streitfall damit rechnen, dass die Beurteilung der rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke ebenso wie bereits bei der Entscheidung des Deutschen Patent- und Markenamts im Mittelpunkt der Beschwerdeentscheidung stehen würde. Das Bundespatentgericht brauchte zur Wahrung des rechtlichen Gehörs auch nicht vorab darauf hinzuweisen, dass es den Streitfall anders beurteilte als das Deutsche Patent- und Markenamt (vgl. BVerfGE 74, 1, 5; BVerfG NJW-RR 1996, 253, 254).

14
Dem Anspruch auf rechtliches Gehör ist allerdings nur dann hinreichend Rechnung getragen, wenn das Gericht erst nach einer angemessenen Frist entscheidet, innerhalb deren für die Verfahrensbeteiligten Gelegenheit zur Äußerung in der Sache besteht (vgl. BGH, Beschl. v. 12.12.1996 – I ZB 8/96, GRUR 1997, 223, 224 = WRP 1997, 560 – Ceco; Beschl. v. 1.2.2000 – X ZB 27/98, GRUR 2000, 597, 598 = WRP 2000, 642 – Kupfer-Nickel-Legierung). Dies war vorliegend aber der Fall. Das Bundespatentgericht hatte mit Schreiben vom 23. Januar 2003 darauf hingewiesen, dass es beabsichtigte, nach Ablauf eines Monats zur mündlichen Verhandlung zu laden oder in der Sache abschließend zu entscheiden.

15
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde rechtfertigt der Umstand, dass die Markeninhaberin ihre Beschwerde nicht begründet hatte, keine gegenteilige Beurteilung. Das Bundespatentgericht hatte bereits in seinem Schreiben vom 23. Januar 2003 – mehr als fünf Monate vor dem Erlass seiner mit der Rechtsbeschwerde angefochtenen Entscheidung – ausdrücklich darauf hingewiesen, dass nach Ablauf eines Monats eine abschließende Entscheidung in der Sache ergehen könnte. Die Widersprechende durfte daher keineswegs darauf vertrauen, dass sie spätestens in einer mündlichen Verhandlung Gelegenheit haben würde, ergänzend vorzutragen und Rechtsausführungen zu machen (vgl. dazu BGH, Beschl. v. 28.8.2003 – I ZB 5/00, GRUR 2003, 1067 = WRP 2003, 1444 – BachBlüten Ohrkerze).

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Allerdings ist es grundsätzlich sinnvoll, einen im Verfahren bislang noch nicht näher behandelten Widerspruchsgrund, dessen Erörterung dem Bundespatentgericht – wie vorliegend seine Ausführungen in dem mit der Rechtsbeschwerde angefochtenen Beschluss zeigen – als erheblich erscheint, zum Gegenstand einer mündlichen Verhandlung zu machen.

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2. Das Bundespatentgericht hat jedoch dadurch, dass es seine Entscheidung ohne rechtlichen Hinweis auf den weder vom Deutschen Patent- und Markenamt noch von den Verfahrensbeteiligten angesprochenen Widerspruchsgrund des § 42 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG (Agentenmarke) gestützt hat, die Verfahrensrechte der Widersprechenden verletzt und gegen das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs verstoßen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG erfordert – wie bereits ausgeführt wurde (vgl. zu vorstehend 1. b) bb)) – insbesondere, dass die Beteiligten bei Anwendung der von ihnen zu verlangenden Sorgfalt erkennen können, auf welchen Tatsachenvortrag und auf welche rechtlichen Gesichtspunkte es ankommen kann. Für die Parteien war es überraschend, dass das Bundespatentgericht angenommen hat, der Angriff der Widersprechenden gegen die Streitmarke sei im Hinblick auf den Widerspruchsgrund des § 42 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG begründet. Die Frage, ob die Entscheidung des Bundespatentgerichts auf dem in dieser Hinsicht gegebenen Verfahrensmangel beruht, braucht jedoch nicht entschieden zu werden, weil der mit der Rechtsbeschwerde angefochtene Beschluss jedenfalls aus den zu nachstehend 3. dargestellten Gründen keinen Bestand hat.

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3. Das Bundespatentgericht hat den Widerspruchsgrund des § 42 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG (Kollision der eingetragenen Marke mit einer älteren Marke) zu Unrecht verneint.

19
a) Die Markeninhaberin hat die rechtserhaltende Benutzung der länger als fünf Jahre eingetragenen Widerspruchsmarke bestritten (§ 116 Abs. 1 i. V. mit § 43 Abs. 1, § 115 Abs. 2 MarkenG). Das Bundespatentgericht hat eine rechtserhaltende Benutzung während der letzten fünf Jahre vor seiner Entscheidung nicht als glaubhaft gemacht angesehen. Es ist dabei zu Recht davon ausgegangen, dass die Frage der Benutzung der Widerspruchsmarke nach § 43 Abs. 1 MarkenG – abweichend von dem das patentamtliche und das patentgerichtliche Verfahren ansonsten beherrschenden Grundsatz, dass der Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen ist – dem Beibringungs- und Verhandlungsgrundsatz unterliegt (vgl. BGH, Beschl. v. 14.5.1998 – I ZB 9/96, GRUR 1998, 938, 939 = WRP 1998, 993 – DRAGON).

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b) Anders als im Verletzungsverfahren und im Löschungsverfahren ist die rechtserhaltende Benutzung in den Fällen des § 43 MarkenG nicht gemäß § 286 ZPO voll zu beweisen, sondern lediglich i. S. des § 294 ZPO glaubhaft zu machen. Der insoweit zu führende Nachweis ist bereits dann als erbracht anzusehen, wenn eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit des behaupteten Sachverhalts spricht (vgl. BGHZ 156, 139, 142 m. w. N.). Davon bleibt unberührt, dass in dieser Hinsicht der Widersprechende die Verantwortung für die vollständige Glaubhaftmachung trägt und verbleibende Zweifel zu seinen Lasten gehen (vgl. BPatG GRUR 1996, 981, 982 – ESTAVITAL, m. w. N.; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., § 43 Rdn. 26).

21
c) Eine Marke wird ernsthaft benutzt, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion – die Ursprungsidentität der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen wurde, zu garantieren – benutzt wird, um für diese Waren und Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern, unter Ausschluss symbolischer Verwendungen, die allein der Wahrung der durch die Marke verliehenen Rechte dienen. Die Frage, ob die Benutzung der Marke ernsthaft ist, ist anhand sämtlicher Umstände zu prüfen, die belegen können, dass die Marke tatsächlich geschäftlich verwertet wird; dazu gehören insbesondere Verwendungen, die im betreffenden Wirtschaftszweig als gerechtfertigt angesehen werden, um Marktanteile für die durch die Marke geschützten Waren oder Dienstleistungen zu behalten oder zu gewinnen, die Art dieser Waren oder Dienstleistungen, die Merkmale des Marktes sowie der Umfang und die Häufigkeit der Benutzung der Marke (EuGH, Urt. v. 11.3.2003 -Rs. C-40/01, Slg. 2003, I-2439 = GRUR 2003, 425 Rdn. 43 – Ansul/Ajax).

22
d) An diesem Maßstab gemessen hat das Bundespatentgericht die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke zu Unrecht als nicht hinreichend glaubhaft gemacht angesehen.

23
aa) Die Widersprechende hat sich zur Glaubhaftmachung der Benutzung der Widerspruchsmarke u. a. auf die jährlich bzw. monatlich erscheinenden Sammlungen von Umfrageergebnissen in den Druckschriften „The Gallup Poll – Public Opinion“ und „The Gallup Poll – Monthly Magazine“ gestützt. Das Bundespatentgericht ist insoweit mit Recht davon ausgegangen, dass eine titelmäßige Verwendung eines Zeichens für seine rechtserhaltende Benutzung genügen kann (vgl. BGH, Urt. v. 23.1.2003 – I ZR 171/00, GRUR 2003, 440, 441 = WRP 2003, 644 – Winnetous Rückkehr; Ingerl/Rohnke aaO § 26 Rdn. 35). Das ist hier hinsichtlich der in Rede stehenden Druckschriften der Fall. Der Verkehr versteht „GALLUP“ als Herkunftshinweis auch zur Unterscheidung der so betitelten Druckschriften von Druckschriften anderer Unternehmen. Es besteht im Übrigen kein Anlass zu zweifeln, dass die Widersprechende der Benutzung ihrer Marke durch ihre Konzernmutter gemäß § 26 Abs. 2 MarkenG zugestimmt hat.

24
Seiner Annahme, eine ernsthafte Benutzung sei deshalb nicht gegeben, weil die beiden Druckschriften in Deutschland lediglich von zehn Bibliotheken regelmäßig bezogen würden, kann nicht zugestimmt werden. Hierbei bleibt unberücksichtigt, dass es für die betreffenden Druckschriften nach der Natur der Sache nur einen sehr speziellen Abnehmerkreis gibt. Es kann deshalb aus der geringen Auflage nicht auf eine bloße Scheinbenutzung geschlossen werden.
Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang insbesondere auch, dass die beiden Zeitschriften nach der von der Widersprechenden vorgelegten eidesstattlichen Versicherung ihrer Operation Managerin über die ISBN-Nummer in Buchhandlungen zu erhalten sind.

25
bb) Nicht entschieden zu werden braucht die Frage, ob die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke im maßgeblichen Zeitraum allein schon im Hinblick auf die zu vorstehend aa) dargestellten Umstände zu bejahen wäre. Es kommt nämlich noch hinzu, dass sich die Widersprechende zur Glaubhaftmachung der Benutzung der Widerspruchsmarke des Weiteren insbesondere auf den Titel der Zeitschrift „THE GALLUP REVIEW“ bezogen hat.
Das Bundespatentgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass auch insoweit keine Veränderung des kennzeichnenden Charakters der Widerspruchsmarke vorliegt. Die Ernsthaftigkeit der Benutzung kann aber nicht mit der vom Bundespatentgericht gegebenen Begründung verneint werden, die unentgeltliche Verteilung einer Kundenzeitschrift an aktuelle und potentielle Unternehmenskunden stelle keine Markenbenutzung im geschäftlichen Verkehr dar. Für die Beurteilung einer rechtlich relevanten Benutzung einer Marke im geschäftlichen Verkehr kommt es in der Regel nicht darauf an, ob die so gekennzeichnete Ware gegen Entgelt vertrieben wird. Eine davon abweichende Sicht käme nur dann in Betracht, wenn der unentgeltliche Vertrieb keinen Bezug zu einer geschäftlichen Tätigkeit aufwiese und sonach allenfalls „symbolischen“ Charakter hätte.
Davon kann bei einer an 500 aktuelle oder potentielle Kunden gerichteten Direktwerbung schon deshalb keine Rede sein, weil die von den umworbenen Kunden akquirierten Aufträge zu Meinungsumfragen jeweils einen erheblichen Umfang haben. Es kommt hinzu, dass das werbende Unternehmen eine auch international nicht unbedeutende Stellung auf dem Gebiet der Meinungsforschung hat.

26
4. Auf die vom Bundespatentgericht zum Widerspruchsgrund des § 42 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG (Agentenmarke) aufgeworfenen Rechtsfragen kommt es sonach nicht mehr an.

27
IV. Danach war der angefochtene Beschluss aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Bundespatentgericht zur Beurteilung der Verwechslungsgefahr zurückzuverweisen.

Unterschriften

Vorinstanz:
Bundespatentgericht, Entscheidung vom 24.06.2003 – 33 W(pat) 205/01

BGH Volltext

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